Dass Oberst Roderich Kiesewetter “den Krieg nach Russland tragen” will und als Sicherheitsrisiko eigentlich sofort in einer Heilanstalt ruhiggestellt werden müsste, hatten wir hier schon notiert. Sein Kollege Norbert Röttgen (CDU) hat sich jetzt aufgeschwungen, derart verantwortungslose (und verfassungswidrige) Kriegshetze zur Staatsräson zur erklären. Hören wir mal rein (Bundestagsdebatte am 21.2.24)
“Wir brauchen Konsequenzen! Das ist das, was die grausamen Verbrechen verlangen.(…) Ich möchte Ihnen vier Vorschläge machen, wo und wie wir Konsequenzen ziehen können und müssen, die Putin beeindrucken werden:
Erstens. Putin muss diesen Krieg verlieren, und das muss als Ziel der deutschen Politik benannt werden.
Das muss von der gesamten Bundesregierung, von allen Mitgliedern der Bundesregierung unter Einschluss des Bundeskanzlers so als Ziel deutscher Politik formuliert werden, meine Damen und Herren. Das beeindruckt Putin.”
Der Endsieg gegen Russland war schon einmal “Ziel deutscher Politik”. Das Ergebnis ist bekannt. Und wenn es nicht so ernst wäre: “Wie Rodi und Nobi es besser machen als Adi” …und 100 Jahre zuvor der kleine Napo seiner Riesenarmee – wäre einen toller Comic oder Stoff für einen bekannten olivgrünen Kinderbuchautor.
“Zweitens. Die Unterstützung der Ukraine mit Munition und Waffen muss jetzt hochgefahren werden. Wir müssen jetzt Waffen und Munition liefern, damit die Ukraine sich verteidigen kann. Das muss jetzt geschehen. (…)”
Seit 2014 wurde diese Unterstützung hochgefahren und die ukrainische Armee zur größten Landstreitmacht Europas aufgerüstet. Diese ist mittlerweile zu strategischen Operationen nicht mehr fähig und nahezu aufgerieben. Es fehlt nicht nur an Munition und Waffen, sondern vor allem an Soldaten die sie einsetzen können. Röttgen aber will noch weitermachen, bis auch der letzte ukrainischen Volkssturm verheizt ist.
Drittens. Wir müssen endlich die bekannten Lücken und Löcher im europäischen Sanktionssystem schließen. Wir wissen es: Es ist unzureichend in der Konzeption und in der Umsetzung. (…)
Richtig: die Konzeption, der Plan, die Idee, ein Land, das über die größte Landmasse und den größten Rohstoffreichtum der Erde verfügt, mit Sanktionen in die Knie zwingen zu wollen, war von Beginn idiotisch. Deshalb steht als Ergebnis eben auch statt “Russland ruinieren” (A.Baerbock) jetzt “Deutschland deindustrialisieren” auf dem Programm.
“Viertens. Westliche Länder haben 300 Milliarden Dollar russisches Staatsvermögen eingefroren. Dieses Geld muss eingezogen werden, um damit die Verteidigung und den Aufbau der Ukraine zu finanzieren. Das ist eine schwierige völkerrechtliche Frage, eine Frage elementarer Gerechtigkeit. Wir müssen dieser Gerechtigkeit Genüge tun. Ich schlage vor, dass wir die Gesetze, die dieses Einziehen erlauben, „Nawalny-Gesetze“ nennen, meine Damen und Herren. Das wären vier Konsequenzen.”
Super Idee: 300 Milliarden stehlen und das Gesetz nach einem verurteilten rassistischen Betrüger/Kremlkritiker (siehe zu Nawalny , ab Min. 24:00, 3.JT *101 ) benennen, um “elementare Gerechtigkeit” herzustellen. Passt nahtlos in den auf Fake und Fälschung begründete Magnistky-Act, mit dem einst in den USA die Sanktionen gegen Russland losgetreten wurden.
Ob Röttgen selbst auf die Idee der Namensgebung gekommen ist oder ob sie ihm von seinen transatlantischen Stichwortgebern gesteckt wurde, wissen wir nicht. Beeindrucken könnte ein solcher Milliarden-Raub Putin freilich nur insofern, als er definitiv bestätigen würde, dass es sich bei den “Volksvertretern” des Westens um eine Bande von Kriminellen und bei ihrer “regelbasierten Ordnung” um einen Mafiakodex handelt – doch den “Krieg verlieren” wird er deshalb nicht. Die logische Konsequenz wäre stattdessen eine “Schockwelle” im internationalen Finanzsystem, vor der die Bankenindustrie jetzt warnt, denn welches Land wird künftig noch vertrauensvoll Geld in Europa oder den USA deponieren, wenn es nach Gusto gestohlen werden kann ?
Vor zwei Jahren notierte ich hier zehn Punkte warum ich “noch immer “Putinversteher” bin” , die beiden letzten lauteten:
9) Wir hatten den Algorithmus hier schon zitiert: Russland kann sich den Bruch mit Europa leisten. Europa kann es nicht. Die USA wollen nur kassieren. Das scheint man vor allem in Deutschland nicht verstanden zu haben, die Schwachköpfe der Regierungs-Ampel und in Brüssel plappern immer noch transatlantische Textbausteine nach, statt einzusehen, dass allein Europa der Verlierer sein wird, wenn es zu einem völligen Bruch kommt. Und dass es einem Selbstmord auf Raten – der Zukunft einer heruntergekommenen,verarmten Kolonie – gleichkommt, dem US-Imperium und seiner Doktrin der globalen Alleinherrschaft weiter zu folgen. Wer die Zukunft der Industrienationen Europas mit Fracking-Gas von Uncel Sam und Windrädern sichern will gehört in die nächste Klapsmühle, aber nicht in ein Parlament.
10) Wie es weitergeht auf dem Schlachtfeld Ukraine ist schwer zu prognostizieren nachdem die Entmilitarisierung, was technisches Gerät betrifft, im Blitzkrieg weitgehend erledigt ist. Unklar ist auch, wie die Ankündigung Putins einer “Entnazifierung” erreicht werden soll – ohne Invasion und Besatzung, die Russland unter allen Umständen vermeiden will. Greiftrupps nach den Tätern von Odessa und den Köpfen der Neonazi-Brigaden werden aber wohl schon unterwegs sein. Am Ende wird möglicherweise (wie einst in Jugoslawien) eine Teilung des Landes stehen – mit östlichen, russlandfreundlichen Republiken, einer neutralen Ukraine in der Mitte und einem nazi-durchseuchten “Banderastan” im Westen, mit dem sich dann Polen und die EU herumschlagen dürfen. Die halbe Weisse Fahne, die Zelensky jetzt geschwenkt hat, könnte eine Teilung noch verhindern, wenn er bzw. eher eine neue Regierung die “Entnazifierung” selbst in die Hand nehmen, sich aller Faschisten im Parlament entledigt und den Hakenkreuz-Brigaden den Prozess macht.
Insofern bin ich bis auf Weiteres noch immer Putinversteher, halte die NATO mehr denn je für überholt und abschaffungswürdig und plädiere für eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa, die Russland und China einschließt, Abrüstung auf allen Seiten und Friedens-und Handelsverträge von Lissabon bis Peking ermöglicht. Peace!
Zwei Jahre, riesige Leichenberge und Flüchtlingswellen später, wird der als Friedenskandidat ins Amt gewählte Zelensky noch immer davon abgehalten, die Weisse Fahne zu schwenken. Von seinen westlichen Sponsoren und ihren Lautsprechern wie Röttgen, Kiesewetter, Strack-Zimmermann, von der Leyen & Co. Deren Reden und Parolen man für die Nachkriegszeit gut archivieren sollte. Sie wollten diesen Krieg seit dem Putsch in Kiew 2014, sie wollten acht Jahre keine Lösung in Minsk, sie wollten vor zwei Jahren keinen Friedensvertrag in Istanbul, sondern Russland ruinieren, Putin beseitigen und den Krieg gewinnen. Und sie kommen einfach nicht runter von diesem Trip und raus aus der Sackgasse: die russische Ökonomie wächst, Putin hat 80% Zustimmung und der Krieg ist verloren. Ein paar Dutzend weitreichende TAURUS-Raketen, die ein paar Nadelstiche auf russischem Gebiet verursachen können, werden daran nichts ändern – nur Russland animieren, ebenfalls weiter zu schießen.
Die 1000 km lange Front bricht gerade an allen Ecken zusammen, allein in den letzten Tagen waren hunderte ukrainische Soldaten glücklich, in Gefangenschaft zu geraten, während über 2500 ihrer Kollegen getötet wurden. Sich dieser Realität einer militärischen Übermacht zu stellen und zu kapitulieren, statt die Blutmühle bis zum letzten Tropfen auszuquetschen, wäre das humanitäre Gebot der Stunde. Doch je offensichtlicher die Niederlage wird, desto verrückter hyperventilieren die Apologeten des Kriegs in Endsieg-Propaganda und manischer Anti-Putin-Hysterie – denn selbstverständlich sind nicht eigenes Unwissen, Inkompetenz und Fehlplanung für diese Niederlage verantwortlich, sondern allein der ultraböse Herrscher Kreml.
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Mathias Bröckers : Vom Ende der unipolaren Welt, Fifty-Fifty (Oktober 2022), 288 Seiten, 20 Euro