The Substance

Die Berichterstattung über LSD ähnelt in der Regel dem Bericht eines Außeriridischen, der den Straßenverkehr auf der Erde untersucht und  dabei nur auf den Unfallstationen recherchiert. Er wird zu dem Ergebnis kommen, dass die Erdlinge, die sich freiwillig mit ihren Autos auf solche Horrortrips zu begeben, bei denen jährlich zigtausende ums Leben kommen,  definitiv verrückt sein müssen. Seinen Artgenossen, die über diesen Bericht erstmals von der auf der Erde verbreiteten Droge “Auto” und ihren schrecklichen Folgen hören, können sich diesem Urteil nur anschliessen – solange sie von den Millionen unfallfreier Reisen noch nie gehört haben, die den Horror der Unfälle in Relation setzen. Denn es ist wahr, was Timothy Leary einst sagte, dass nämlich die psychedelischen Drogen wie LSD in Jahrzehnten weniger Schäden und Leid verursacht haben als Alkohol an einem einzigen Wochenende. Und dass LSD-Reisen in den Weltraum der Seele unter Beachtung der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen millionenfach nicht nur  völlig unfallfrei verlaufen sind, sondern absolut bereichernd und beglückend. Doch nachdem LSD 1966 zuerst in Kalifornien und später weltweit illegalisiert und Dr. Leary von Richard Nixon zum “Staatsfeind Nr. 1” erklärt worden war, gelten solche Aussagen als unkorrekt und verboten. Die Zeigefinger mit Verweis auf Unfallstation und Irrenhaus werden seitdem in der Bericherstattung aber derart massiv und hysterisch eingesetzt, dass man sich Terrence McKennas Schlußfolgerung nur anschliessen kann, nach der “LSD offenbar Psychosen vor allem bei denen erzeugt, die es noch nie genommen haben.”

Solchem ebenso kenntnisfreien wie alarmistischen  Expertentum zu entkommen und sich nüchtern und faktengesättigt über das Lyserdsäurediehtylamid zu informieren, machen jetzt zwei Veröffentlichungen möglich  – die ausgezeichnete Biographie Albert Hofmann und sein LSD: Ein bewegtes Leben und eine bedeutende Entdeckung von Dieter Hagenbach und Lucius Werthmüller, die noch ausführlicher zu würdigen sein wird. Und der Film “The Substance – Albert Hofmann’s LSD” von Martin Witz, der gestern abend in Berlin Premiere hatte und demnächst in einigen deutschen Kinos läuft. Ein Dokumentarfilm, der nichts unterschlägt – gleich zu Beginn schildert der 100-jährige Albert Hofmann den Horror, wahnsinnig geworden oder schon gestorben zu sein, der  ihn bei seinem ersten, vielfach überdosierten Selbstversuch überkam; die LSD-Versuche der CIA und der Militärs kommen ebenso vor wie die aus dem Ruder laufenden Massenintoxinationen und Vietnamproteste in San Francisco 1966 ff.  – doch der auf propagandistische Zeigefinger und raunenden Alarmismus aus dem Off vollständig verzichtet. So können sich die Zuschauer selbst ein Bild machen – und wundern sich, nachdem sie am Ende die erstaunlichen Statements von Schwerkranken gehört haben, die ihre Depression und Todesangst nach einer einzigen Sitzung dem Psilocybin (dem LSD-verwandten und auch von Albert Hofmann entdeckten Wirkstoff der “heiligen Pilze”) in den Griff bekamen, warum diese Medikamente nicht schon längst in allen Hospizen  angewendet werden.

Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet wäre ohne Frage das Militär. “Es wäre einen Versuch wert”, hatte Albert Hofmann auf meine Frage geantwortet, ob der Weltfrieden eintreten würde, wenn wenn alle Generäle einen erfolgreichen LSD-Trip unternehmen würden. Wenn man diese beiden Videos über die Acid-Tests des Miltärs anfang der 60er Jahre sieht kann man diese Aussage eigentlich nur unterschreiben.

3 Comments

  1. Ich bekam die Hofmann-Biographie unlängst zum Geburtstag – wirklich ein sehr gutes Buch über einen großartigen Forscher und Naturwissenschaftler und eine tatsächlich weltbewegende Entdeckung. Denn wie wollen wir erforschen, was unser Normalbewußtsein ist ohne es je “von außen” – aus einem erweiterten Zustand heraus – betrachtet zu haben.

    Den Film habe ich kürzlich in der Schweiz schon gesehen – er bietet zwar nicht die Tiefe und den Umfang des Buchs, ist als Einstieg in die Beschöftigung mit dem Thema aber gut geeignet. Wie Herr Bröckers richtig sagt, ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit deutlichen Hinweisen, dass es sich bei LSD nicht um ein Spielzeug oder einen Partyspaß handelt.

  2. Ein wenig naiv, den allgemeinen Weltfrieden erreichen zu wollen, indem man nur den Generälen etwas LSD verabreicht. Kriege entstehen etwas anders als durch streitsüchtige oder frustrierte Generäle.
    Was mich aber schon lange interessiert angesichts des Kampfes von Herrn Bröckers für die Anwendung von LSD – wieviel eigene Erfahrungen hat er denn schon damit? Meine eigene Erfahrungen beschränken sich leider – oder zum Glück! – nur auf die Patienten, die nach LSD-“Anwendung” in unserer Klinik gelandet sind. Prosit!

  3. @Brainling

    am Wocheende war soch die Doku, wo sie sogar Albert Hofmann interviewen.

    hast ihn anscheinend nicht gehört. Sonst würdest du nicht den Schwachsinn von immer schreiben.

    Albert Hofmann war den verbot von LSD, weil er es als zu gefährlich ansah.

    “und wundern sich, nachdem sie am Ende die erstaunlichen Statements von Schwerkranken gehört haben, die ihre Depression und Todesangst nach einer einzigen Sitzung dem Psilocybin”

    man weiß, dass nicht das LSD, sondern die Therapie dazu, die Leute heilt. Später hat man entdeckt, dass sie Therapie auch ohne LSD wirkt. Es gibt nur kaum Therapeuten, die das können. LSD hilft nicht ohne den Therapeuten. Es kann sogar schaden.

    ansonsten haben psychedelischen Drogen ungefähr so viel geholfen, wie sie auch geschadet haben. Plus/Minus nichts. Es gibt nicht weniger Irre.

    Bei Alk ist es anders. Davon sind schon viele zerbrochen. Gehölfen hat es noch keinen.

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