Schluss mit Lobbyismus!

Obwohl das weltweit frei vagabundierende Spekulationskapital ein Krisenrisiko ersten Ranges ist, gelingt es nicht eine Finanztransaktionssteuer einzuführen; obwohl schneller fahrende Autos mehr klimaschädliche Abgase emittieren, gibt es kein Tempolimit auf der Autobahn. Selbstverständliche Dinge wie Hallenbäder oder Glühbirnen verschwinden, ungesunde Lebensmittel werden nicht deutlich gekennzeichnet, Flugzeuge verpesten steuerfrei die Luft, immer mehr Kinder werden mit Psychopharmaka gedopt, der aussichtslose »Krieg gegen Drogen« wird ständig weiter geführt, in den Städten stirbt der Einzelhandel, stattdessen spriessen Spielhallen wie die Pilze. Vertreter bestimmter Industrieverbände sind direkt in Ministerien angestellt; Minister lassen sich sich Finanzgesetze von externen Bankberatern schreiben, Politiker wechseln nach Ablauf der Amtszeit nahtlos in Großkonzerne und durch die Drehtür wieder zurück in ein Amt… Warum das alles geschieht ? Darauf gibt es eine kurze Antwort: Lobbyismus!

In den nächsten Tagen erscheint ein neues Buch  50 einfache Fragen auf die es nur eine Antwort gibt: Schluss mit Lobbyismus!  das diesem Phänomen anhand von fünfzig Beispielen auf den Grund geht. Und deutlich machen, dass wir heute zu Recht neben Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung sowie den Medien als vierter Gewalt von einer “fünften Gewalt” des Lobbyismus sprechen müssen. Eine Entwicklung, bei der es sich – wie die Herausgeberin, taz-Chefredakteurin Ines Pohl,  im Vorwort des Bands schreibt – ”genau betrachtet aber um einen Rückschritt in autokratische Systeme handelt, wo einst priveligierte “Hofschranzen” in den Vorzimmern der Macht »antichambrierten«, um ihre Partikularinteressen durchzudrücken.”
Ich habe  mit Jürgen Gottschlich die Redaktion des Bandes gemacht und auch einige Beiträge beigesteuert – unter anderem einen über eine Lobbygruppe, die ebenso unsichtbar wie einflußreich ist: die Bilderberger.


Das “Hotel de Bilderberg” in Oosterbeck bei Amsterdam war 1954 der erste Tagungsort, die von Prinz Bernhard der Niederlande eingeladenen Teilnehmer waren internationale Spitzenfunktionäre aus der Finanzwelt, dem Militär und der Politik und sie verpflichteten sich zu einem Schweigegebot über die Inhalte ihrer Konferenz. An diesem Procedere hat sich seit über fünf Jahrzehnten wenig geändert: die nach dem ersten Tagungsort “Bilderberg-Konferenz” genannte Veranstaltung findet jährlich in wechselnden Luxushotels statt, die Teilnehmerlisten lesen sich wie ein Who is Who der sogenannten Wirtschafts- und Finanzelite und berichtet wird darüber seit fünfzig Jahren so gut wie nichts. Da sich auch die handverlesenen Journalisten, die an der als “privates Treffen” deklarierten Konferenz teilnehmen dürfen, seit jeher an das Schweigegebot halten, werden über das turnusmäßige Stelldichein der globalen Elite offiziell nur Allgemeinplätze bekannt.

Was aber haben die CEOs der Wall Street Banken mit den Finanzministern etlicher EU-Länder, mit den Industriemagnaten, dem Hochadel und Politikern der westlichen Welt “privat” zu besprechen? Nichts Gutes, lautet die landläufige Antwort darauf – und so stehen den spärlichen Berichten über diese Treffen ein ganzer Berg von Gerüchten und Mutmaßungen gegenüber, die “Bilderberg” zu einer Top-Chiffre von Verschwörungstheorien machen. Schon in einem der ersten Berichte in der deutschen Presse überhaupt, der 1976 in der Zeitschrift “Quick” erschien, wurden die Bilderberger als “heimliche Weltregierung” bezeichnet und diesen dubiosen Nimbus haben die Organisatoren seitdem ebenso häufig bestritten wie auch durch ihre fortgesetzte Geheimhaltungsstrategie weiter ausgebaut. Was die Teilnehmer als ganz normale akademische Konferenz bezeichnen, deren “off the record” – Status nur eine offenere Diskussion als bei offiziellen Tagungen ermögliche, sehen Kritiker als konspiratives Jahrestreffen einer vermeintlichen Weltelite, die hinter den Kulissen die Fäden der globalen Politik zieht: die mächtigste Lobbygruppe der Welt.

Tatsächlich ist die Bilderberg-Konferenz ein klassisches Kind des Kalten Kriegs, eingerichtet zur Festigung der transatlantischen Verbindungen der USA und Westeuropas, finanziert von der CIA und amerikanischen Bankiers und Industriellen wie David Rockefeller. Bekannt wurde anhand veröffentlicher Tagesordnungs-Protokolle auch, dass Vereinbarungen wie die ersten europäischen Wirtschaftsverträge, ebenso wie Institutionen wie EWG, EU und Euro bei den Bilderberg-Treffen Thema waren bevor sie politische Realität wurden. Und schaut man sich die Liste aufstrebender junger Politiker wie Bill Clinton, Tony Blair, Helmut Kohl oder Angela Merkel an, die auf eine Bildbergerkonferenz geladen wurden und kurz darauf zu hohen Ämtern kamen, dann könnte man den elitären Club tatsächlich für so etwas wie einen Weihetempel der Macht halten. Die Kaderschmiede einer globalen Schattenregierung. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die Worte des Bilderberg-Mitgründers und Veterans David Rockefeller, der mit seinem Adlatus Henry Kissinger zum Stammpersonal der Konferenz zählt und auf dem Treffen in Baden-Baden 1991 sagte: “Wir sind der Washington Post, der New York Times, dem Time Magazine und anderen großen Publikationen dankbar, deren Direktoren seit fast vierzig Jahren unseren Treffen beigewohnt und ihre Versprechen der Verschwiegenheit gehalten haben. Es wäre für uns unmöglich gewesen, unseren Plan für die Welt zu entwickeln, wenn wir während dieser Jahre dem Licht der Öffentlichkeit ausgesetzt worden wären. Inzwischen aber ist die Welt höher entwickelt und darauf vorbereitet, einer Weltregierung entgegenzugehen. Die supranationale Souveränität einer intellektuellen Elite und der Weltbanker ist mit Sicherheit der nationalen Selbstbestimmung, so wie sie in vergangenen Jahrhunderten praktiziert wurde, vorzuziehen”.
Zwanzig Jahre später, nachdem die “supranationale Souveränität” der Banker zu einer Krise geführt hat, in der die europäischen Nationen gezwungen werden, ihre nationale ökonomische Selbstbestimmung aufzugeben, dürfte deutlich geworden sein, warum der Rockefellersche “Plan für die Welt” nur unterhalb des Radars der Medien und der Öffentlichkeit gedeihen konnte: er bedeutet in der Konsequenz die Aufgabe demokratischer Volkssouveränität zu Gunsten einer globalen Plutokratie. Sind die 130 Teilnehmer der Bilderberg-Konferenzen deshalb eine Art Parlament der neuen Weltordnung? “Die Leute, die auf der Suche nach der Weltregierung sind, werden diese nicht bei den Bilderbergern finden. Die Vorstellung, dass dort eine Gruppe verschwörerisch sitzt und die Weltabläufe bestimmt, ist nicht tragbar”, sagt Anderas von Bülow, der als Minister der Regierung Helmut Schmidts die Konferenz einmal besuchte. Entscheidungen werden dort nicht getroffen, aber: „Es wird der Gleichschritt der westlichen Welt gewährleistet.” Entschlüsse werden in kleinen Kreisen gefällt und auf den Bilderberg-Konferenzen „an gehorsam ausführende Einheiten weitergeben”, so von Bülow, sie dienen – wie auch die Versammlungen von Bilderberg-Ablegern wie der „Trilateralen Kommission” oder des „Council of Foreign Relations” – dem „Transfer bereits gefällter Entscheidungen.” Diese Netzwerke sind keine Entscheidungsgremien, sondern Institutionen der „politischen Landschaftspflege”, des Mainstreamings von Meinungen, die der Öffentlichkeit dann als „alternativlos” präsentiert werden – und sind insofern ein klassisches Instrument des Lobbyismus.
Dessen schlechter Ruf und die dank des Internets wacheren Augen der Öffentlichkeit haben mittlerweile dazu geführt, dass sich der diskrete Machtzirkel Bilderberg selbst ein wenig Offenheit verordnet hat. Auf der Webseite bilderbergmeetings.org werden seitdem die Teilnehmerlisten und Themen der Konferenz veröffentlicht. Mit echter Transparenz hat das noch immer wenig zu tun und solange die Mainstream-Medien sich investigativ in diskreter Zurückhaltung üben, wird die auch nicht zu haben sein. Immerhin kann die Durchsicht der Teilnehmerlisten und der Agenda angesichts der geballten Präsenz von Hochfinanz, Großindustrie und Adel schnell verdeutlichen, welche Interessen dieser Club der globalen Elite vertritt – und dass in ihrem “Plan für die Welt” Demokratie und Gemeinwohl keine Priorität genießen. George Monbiot vom britischen „Guardian” hat dieses „private” Networking der Eliten in seinem Buch „United People” auf den Punkt gebracht: „Da nun alles globalisiert wurde außer der Demokratie, können die Herrschenden dieser Welt ihren Geschäften nachgehen, ohne auch nur die geringste Rücksicht auf uns nehmen zu müssen.”

Auszug aus: 50 einfache Fragen auf die es nur eine Antwort gibt: Schluss mit Lobbyismus! , hrsg. von Ines Pohl, Westendverlag, 225 Seiten, 14,99 EURO

8 Comments

  1. Kapitalismus bedeutet, dass die Intelligenten und Starken ihre Intelligenz und Stärke nutzen, um die Einfältigen und Schwachen zu beherrschen und über den Tisch zu ziehen bis es quietscht – und weil Letztere glauben, das hat schon seine Richtigkeit, wählen folglich nicht nur die allerdümmsten Kälber ihre Schlächter immer wieder selber.

    Lobbyismus ist dabei nur (ein) Mittel zum Zweck. Die Forderung, Lobbyismus innerhalb des Kapitalismus abzuschaffen ist so, wie den Hund zu bitten, die Wurst zu bewachen.

    Was die Bilderberger betrifft: ich dachte bisher, die sind nicht etwa Lobbyisten – also diejenigen, die versuchen auf die Entscheider (mehr oder weniger heimlich) Einfluss auszuüben – sondern sie sind Vertreter der kapitalistischen Systemadministration höchstselbst. Ein Kissinger geht nicht Klinken putzen, sondern lässt Vollzug melden.

  2. was ist das!?

    “frei vagabundierende Spekulationskapital”

    meinst du das, was man früher “Weltfinanzjudentum” nannte?

    Warum musst du dir irgendwelchen neuen Namen für altbekannte Begriffe ausdenken?

    immer das selbe zu schreiben, was schon irgendwelche Nazis geschrieben haben. Nur mit neuen Wörten für allte Begriffe, ist mehr als langweilig….

    und auch so altbacken. Wäre es eine TV-Sendung, würde Obama folgendes dazu sagen: “ich hab diese Sendung bereits vor 50 Jahren in SChwarz/Weiß gesehen”

    Danke Bröckers für das Dejavu!

    und was hast du z.B. gegen Lobbyisten, die sich für Furschung und Entwicklung stark machen? oder für alternative Energien? oder Ökö Agrukultur?

    sind das auch alles Böse Sith, die uns Gerechte und Gute Menschen untergraben wollen?

    was ist mit Tierschützen? auch Lobby?

    ach ist das hier Lame geworden

  3. Was ist denn bei euch im Osten los?

    “Selbstverständliche Dinge wie Hallenbäder oder Glühbirnen verschwinden”

    wir haben hier sowohl Hallenbäder als auch Glühbirnen.

    kein Wunder, dass du so durchdrehst, wenn du den ganzen Tag im Dunklen sitzt.

    keine HAllenbäder. Das ist ja Höchststrafe. Ich bin jeden Freitag hier:
    http://www.arriba-erlebnisbad.de/

    Top Bad!

    Bröckers, ich will hoffen, dass ihr zumindest noch Fittnessstodios und Saunas habt. Sonst ist es tatsächlich sinnlos weiterzuleben. Für mich zumindest.

  4. der ist ja auch witzig:

    “Warum das alles geschieht ? Darauf gibt es eine kurze Antwort: Lobbyismus! ”

    ich glaube nicht…. die Antwort heißt: Demokratie!

    das besondere an Demokratie ist nämlich, dass sich jeder nach eingenem Ermessen an der politischen Entscheidungen beteiligen kann und soll. Es gibt Menschen wie die europäischen Bauern, die sich unverhältnissmäßig mehr für ihre Interessen einsetzen als z.B. die Kiffer Europas.
    Deswegen gibt es für die Bauern sehr viele Subventionen und Extra-Wurste und für uns Kiffer gibt es nichts.

    Liegt aber an uns. Wenn wir alle nach Brüssel fahren würden und mit unseren Tracktoren alle Strassen sperren, würden die Hanf legalisieren. ABer wir sind zu faul. Die Bauern sind es nicht.

    es ist also nicht Lobbyismus sondern einfacher Einsatz.

    Mann Bröcki, darauf kann man auch alleine kommen…

  5. Das ist nicht OffTopic denn nach Verknüpfung folgender Meldungen kam mir zwangsläufig die VT vom Lobbyismus hoch:

    EZB kauft unbegrenzt, na wie gut das ein Rabbiner beleidigt und geschlagen von vier Tätern, wenn nicht hätte man es glatt erfinden müssen, so kaufen wir allen Rabit und Schabbesgoi die wertlos spanische Staatsanleihen mit vollem Wert und Zins ab.

  6. … ob das mal nicht die am 11. September 2001 in NY tanzenden Araber waren? (Aber wer wird den guden Dienst verdächtigen wollen?) Reine Hypothese!

  7. wieso eigentlich? Man müßte sich nur im klaren sein, wer wenn wofür bezahlt. Das würde reichen. Lobbyismus ist nicht zu vermeiden, weil stets Menschen ihre Mittel einsetzen werden, um ihre Ziele zu erreichen. Dies verhindern zu wollen ist genauso utopisch wie Schwarzarbeit zu bekämpfen. Beides sind Auswüchse des bürokratischen Staates. Im normalen Zustand gäbe es kein Lobbyismus sondern eine bezahlte Dienstleistung, der Politiker würde vom Unternehmer Geld dafür bekommen, bestimmte Gesetze durchzusetzen. Profitieren davon würde niemals nur der Unternehmer. Durch bekanntgabe dieser Situation würde die Motivation des Politikers bekannt werden. Er würde dann nur bewußt von den Menschen gewählt werden, die von diesem Lobbyismus profitieren. Die Lösung liegt also nicht im Verbieten, denn das bewirkt nur, daß weniger Wähler Bescheid wissen, wer den Politiker wofür bezahlt, weil bezahlt wird er auf jeden Fall. Schwarzarbeit ist übrigens auch nichts schlimmes, außer vielleicht für den Staatsbürokraten, dem sein Monopol auf Steuererpressung geschwächt wird. Es ist stets die Schwarzarbeit, die die staatliche Verschwendung abfedert.

  8. Mein unlieber “Gast” “Weltfinanzjudentum” der Begriff geht fehl, der Termini ist ungeeignet und möglicherweise von einigen Finanzmafiosi selbst kreiert worden.
    Die Schnittmenge zwischen Finanzoligarchie und Juden ist eben nicht Identität, es gibt Finanzoligarchen welche NichtJuden und Juden welche nicht zur Kosher Nostra der Finanzoligarchie gehören.

    Darum solltest Du unlieber “Gast” das der Blank-fein 1%-Reich Bourgeoisie dienende Schutzschild aus tatsächlichen & eingebildeten Antisemitismus meiden.

    Sie mögen es als nervig empfinden ständig auch auf das jüdische Proletariat verweisen zu müssen, aber sonst schreien die Antisemitismus-warner (die Fußtruppen der Hedgefonds) dass die Kritik am Bourgeois nur erfolgt weil der Bourgeois ein Jude sei.

    Und wenn wie “ohne” schrieb die EZB unbegrenzt Anleihen aufkauft dann werden sich sicher die großen Blankfein Soros & Co. gesundstossen

    Griechische Staatsanleihen: Hedgefonds erzielen hohe Renditen …

    Griechische Staatsanleihen: Vierstellige Rendite – Anleihen – FAZ.net

    aber auch für Kleine wie Merkel und Gauck werden sicher Brosamen abfallen.

    Christian Wulff welcher den ESM Rattingfonds nicht unterschrieb bekommt ja auch eine deutliche Erhöhung seines Ehrensoldes (als Schweigegeld?).

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