Die Titelverteidigerin

Die Doktorspiele des Lügenbarons Guttenberg und seiner Putativ-Promotion hatten wir auf diesen Blog vor zwei Jahren ausführlich gewürdigt.  Die Dreistigkeit, mit der der Freiherr im Copy-Paste-Verfahren sein Machwerk abgekupfert, sich von der CSU-Universität Buyreuth durch großzügige Spenden ein “summa cum laude” erschwindelt und diese Scharade dann auch noch so lange verteidigt hatte, bis dank Guttenplag auch dem letzten halbwegs Lesefähigen die hemmungslose Abschriftstellerei aufgefallen war – dies qualifizierte den damaligen Verteidigungsminister geradezu als  Phänotypen eines Hochstaplers, Blenders und Bauernfängers. Dass er  mit einem Strafbefehl über 20.000 Euro für seine Verstöße gegen das Urheberrecht glimpflich davonkam und sich danach in die USA absetzte, ist wahrscheinlich noch nicht das Ende vom Lied – in der CSU wünschen sich schon jetzt nicht wenige ein Comeback des populären Aufschneiders. Zwar protestieren derzeit Studierende von US-Universitäten noch lautsatrk, wenn ihnen dieser überführte Schwindler als Vortragsreisender angeboten wird, aber wenn in ein paar Jahren noch ein bißchen Gras über die Sache gewachsen ist, muß mit einem Wiederkehrversuch des falschen Doktors in die Politik durchaus gerechnet werden.

Das ist bei Anette Schavan schon des Alters wegen nicht zu befürchten, die ihren Posten als Wissenschaftsministerin nicht halten kann, auch wenn sie sich derzeit als Titelverteidigerin noch kämpferisch gibt.  Wie ein Blick auf die Plagiate in ihrer Dissertation zeigt  hat Frau Schavan anders als der schamlose Baron nicht seitenweise aus anderen Werken 1:1 kopiert und – zumindest nach dem aktuellen Stand – auch etwas weniger abgekupfert als Guttenberg, sie hat sich mehr Mühe gemacht, ihre Plagiate zu tarnen und umzuschreiben. Aber das ist auch schon alles, was man ihrer Arbeit zu Gute halten kann – oder auch nicht, weil diese Verschleierungstaktik zeigt, dass der Betrug System hatte.   Dass die Universität Düsseldorf daraus den Schluss zieht ihr den 1980 verliehenen Titel abzuerkennen ist nur konsequent. Da Schavan mittlerweile aber mit vier Ehrendoktortiteln überhäuft wurde – der Letzte kam von der Uni Jerusalem – muß sie aber ihren Ausweis nicht ändern lassen. Den h.c.,  immerhin,  hat sie dem Doktor sub omni canone Guttenberg voraus… (Foto: Süddeutsche Zeitung Magazin)

9 Comments

  1. ja,ja, schadensfreude ist das größte, was? Ist es denn überhaupt klar, was da passierte? Da wurde eine vor 30 Jahren geschriebene Arbeit mit heutigen Mitteln analysiert. Damals mußte alles auf einer Schreibmaschine geschrieben werden, es gab keine digitalen Inhalte in denen man suchen konnte, es gab nur echte Bücher, die man sich normalerweise aus der Fernleihe für eine kurze Zeit ausgeliehen hat und die man mit eigenen Augen lesen mußte um davon was abzuschreiben. Das jetzt mit modernen Suchmaschinen zu traktieren ist mehr als unfair. Und was ändert das an der Leistung von Frau Schavan, was immer das ist (bei einem Politiker weiß ich nie, was er wirklich geleistet hat)? Wird sie jetzt anders bewertet, weil ihr der Doktortitel aberkannt wurde. Wenn jemand lebenlang unfallfrei Auto fährt, dann wird man auch nicht hinterher das in Frage stellen, oder? Man wird nicht sagen, er wäre schlecht gefahren, weil er keinen Führerschein hatte. Und wenn jemand einen Autounfall baut, soll es dann eine Rolle spielen, ob er dabei den Führerschein hatte oder nicht? Soll jemand weniger bestrafft werden, weil er einen Führerschein hatte oder mehr?

  2. All das ist aber nicht das entscheidende Problem, @Stefan Miller.
    Nicht, ob sie sich auch anderer kluger Köpfe bediente um eine eigene Arbeit zu erstellen, sondern ob sie das in ihrer Arbeit erwähnte und es nicht als ihren eigenen Gehirnschmalz ausgab – das ist hier die Frage.

  3. Öffentliche Fälle wie Guttenberg, Koch-Mehrin und Schavan halten der gesamten Gesellschaft nur den Spiegel vor. In der Tendenz geht es darum, mit möglichst geringem Aufwand (an der Grenze der Legalität oder darüber hinaus) möglichst viel zu erreichen. Wer das am besten beherrscht, wird am schnellsten Karriere machen und die wichtigsten Posten besetzen. Mühsam erarbeitete fachliche Qualifikation ist da eher hinderlich, denn wer sich zu sehr mit Sachfragen beschäftigt, hat
    keine Zeit für die Imagepflege.

    Die Folgen der Herrschaft von Blendern und Selbstdarstellern können wir beobachten: am neuen Berliner Fluchhafen, an der Elbphilharmonie in Hamburg, an abgewirtschafteten Großbanken – man bekommt nichts mehr auf die Reihe.

    Irgendwann wird die Diskrepanz zwischen schönem Schein und Realität so groß, dass das Land nicht mehr funktioniert und zusammenbricht. Die Konkursmasse wird dann von den Chinesen gekauft…

  4. @Stefan:
    Das ist ja auch Sinn und Zweck aller Übungen: Mit dem geringsten Aufwand den größten Profit rausschlagen.
    Wenn die beiden Fragen: Auf wessen Kosten? und: Zu wessen Nutzen? geklärt sind (also r i c h t i g beantwortet), wären wir wohl schon ein bisschen weiter…

  5. Lektüre-Empfehlung für alle, die weitergehendes Interesse daran haben, das hier grassierende Schavan-/ Guttenberg-/ Koch-Merin- etc. etc.- Ideenklau-/ Themen- und Imagetransfer-/ Kompetenz- und Autoritäts- bzw. Machtausweisfälschungs- Phänomen stringent dem “System M” zuzuordnen:
    Gertrud Höhler, Die Patin, Wie Angela Merkel Deutschland umbaut: Orell Füssli 2012 Zürich.

    -p-

  6. neeeiiiiin…. jetzt gibt es wieder 2-3 Wochen das Gutenberg Gelaber…..

    Bröcker. Alle Information ist frei für jeden. Es ist völlig egal in welcher Hinsicht. Man muss schon konsequent bleiben…

  7. @Berndchen

    das entscheidene Problem, ist dass es Leute gibt, die glauben, keiner war auf dem Mond.

    und das genau die Leute sind, die Bröckers Theorien glauben.

    Leider denkt Bröckers, dass diese Leute dämlich sind…. das ist das Problem. Er mag seine Fans nicht….

  8. Lieber Mathias!
    Ich glaube, das Thema ist hier falsch am Platz, da es an der Lebenswirklichkeit Ihrer Leser vollkommen vorbei geht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer Ihrer Gäste, von mir mal abgesehen, überhaupt einen akademischen Abschluss vorweisen kann. Von daher fordert es unqualifizierte Kommentare geradezu heraus. Weil es sich bei Ihrer Glosse genauso verhält, bitte ich darum, zum Thema Verschwörungstheorien zurückzukommen. Danke!

    M.N.

  9. Ja, Herr Lehrer.
    Jeder glaubt irgendwas.
    Der eine ist gläubig, der andere Gläubiger, ich bin am gläubigsten. Ich glaub’, mein Hamster bohnert.
    Und Sie? Sind Sie Glaubenslehrer?

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