Das Unwort des Jahrhunderts

01“You should see the world as a conspiracy run by  very closely-knit group of nearly omnipotent people – and you should think of these people as yourself and your friends.”

Robert Anton Wilsons “Lexikon der Verschwörungstheorien”, das ich im Jahr 2000 auf Deutsch herausgegeben hatte, war die erste Monografie, die sich hierzulande einem Thema widmete, das mittlerweile geradezu inflationäre Verbreitung gefunden hat. An einer Fortsetzung, die sich der Verlag damals wünschte, konnte Bob Wilson  wegen seiner Erkrankung nicht mehr arbeiten, also machte ich mich alleine daran, den Strukturen von historischen Verschwörungen und den Behautpungen/Hypothesen/Theorien weiter nachzugehen. Sowie dem Einsatz solcher Theorien zum Zwecke der Propaganda und als immer wiederkehrendes Strickmuster zur Konstruktion von Sündenböcken/Feinden/Kriegsgegnern.  Aus dieser Beschäftigung mit der Geschichte und Struktur des Verschwörungswesens riss mich dann der 11. September 2001 und seine Folgen, die mein aktuelles Studienobjekt nun gleichsam live und auf freier Wildbahn präsentierten. So entwickelte sich die geplante Fortsetzung und Vertiefung des “Lexikons der Verschwörungstheorien” zum Tagebuch der Beobachtung einer Verschwörung – zuerst auf Telepolis im Netz und dann im Sommer 2002 als Buch: “Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9.”

“Es ist an der Zeit, das Verschwörungsdenken, dieses Schmuddelkind der Erkenntnistheorie, in den Status einer kritischen Wahrnehmungswissenschaft zu erheben. Und eine allgemeine Theorie der Verschwörungstheorien zu entwerfen, die als Wegweiser in diesem Minenfeld dienen kann”, hatte ich dort geschrieben und dann einige Thesen über Verschwörungen und Verschwörungstheorien formuliert – in der Hoffnung auf den Einzug von ein wenig analytischer Vernunft: dass  reale Verschwörungen unbestreitbar existieren und dass die anhand von Indizien erfolgende Bildung von Hypothesen über solche möglichen Verschwörungen ein vollkommen rationales Verhalten darstellen.  Verschwörungstheorien also keineswegs und per se “verrückt”, “irrational”, “paranoid” sind, sondern auch ein unverzichtbares Werkzeug der Aufklärung – etwa für jeden Kriminalisten, der anhand von Spuren, Indizien, Hinweisen nach möglichen Tätern suchen muss. Wie auch immer – die Hoffnungen, die ich auf  die Vernunft und die Entwicklung  wissenschaftlichen “Konspriologie” setzte, waren naiv, stattdessen entwickelte sich “Verschwörungstheorie” zum Unwort des Jahrhunderts und machte Karriere als universell verwendbare Diskurskeule, mit der jeder Zweifel an “offiziellen” Verlautbarungen unmittelbar eliminiert kann.

Der inflationäre Gebrauch des Begriffs in den Medien hat zu einer Flut von Publikationen geführt,  wobei das Niveau einer objektiven wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Phänomen aber erschreckend niedrig geblieben ist. Wie etwa naive mathematische Modelle, nach denen ein größere Menge Beteiligter nie etwa länger geheimhalten können, oder die im Dutzend vorliegenden küchenpsychologischen Erklärungen, dass die Normalbürger die komplexe Welt von heute einfach überfordert und sie deshalb anfällig sind für den Glauben an geheime übermächtige Strippenzieher und Sündenböcke. Und kaum eine Veröffentlichung spart mit Scherzen über die Pathologie dieser irren Gläubigen, die aufgrund sektenartiger Hermetik auch längst widerlegten Verschwörungstheorien anhängen.  Seltenst erwähnt wird indessen  die lange Liste bestätigter realer Verschwörungen (von Air America bis ZR-Rifle), was indessen auch Sinn macht, denn was fängt man zB mit den noch gestern als “paranoide Anti-Amerikaner” klassifizierten Verschwörungsspinnern an, wenn sich heute die flächendeckende NSA-Spionage als wahr herausstellt ? Da wird auch das an der Uni Tübingen jetzt eingerichtete “Forschungsnetzwerk” überfragt sein, das sich mit der Realität von Verschwörungen, verdeckten Operationen, Geheimdiensten usw. denn auch gar nicht weiter beschäftigt, sondern nur den “Theorien” auf den Grund gehen will. Man muß kein Verschwörungstheoretiker sein um vorherzusagen, dass dabei nichts Vernünftiges herauskommen kann…. keine Abkehr vom Kampfbegriff, sondern eher ein Update der psycholgischen Kriegsführung

Da war RAW vor 20 Jahren fraglos schon weiter – und schon deshalb freue ich mich hier kund zu tun, dass sein schon länger vergriffener Klassiker, das  “Lexikon der Verschwörungstheorien”,  im Herbst 2016 in einer Neuauflage im Westenverlag erscheinen wird. Darin auch das Gespräch, das ich mit ihm im Herbst 1999 führte ( hier ein Auszug ).

5 Comments

  1. ich erninnere mich an ein Interview mit Wilson von 2005. Zitat:
    “Richard Metzger: You have studied the Illuminati for years. Have you come to any conclusion about their aims?
    Robert Anton Wilson: Usually when people ask me that question, I give them some kind of a put-on, but I can’t think of a good and original put-on that I haven’t done several times before. So I’ll tell you the truth, for once.”
    Also er ergibt klar zu, daß er niemals die Wahrheit sagt. Wie kann man so jemanden dann ernst nehmen. Auch das berühmte Illuminatus Buch (Ich habe keine 50 Seiten geschafft und es weggeworfen, Schrott kann ich nicht ab.) mit dem dämlichen Cover. Echt jetzt? Und sein Tod fand bequemerweise am 01.11 (oder 11.01) statt. Ja nee, iss klar. Die lieben solche Zahlen. 2007 addiert sich sogar zu 9, aber sei’s drum. Wilson ist ein Psy-Op Agent, wie es im Buche steht und alles von dieser Ecke stinnkt nach “Intelligence”, und zwar nicht nach der aus “IQ” sonder der aus “CIA”. Wer mehr Details lesen möchte, dem empfehle ich: http://mileswmathis.com/anton.pdf. Ich hoffe,werte Herr Broeckers wird mein Kommentar nicht wieder löschen, nur weil er Wilson persönlich kennenlernen dürfte und ich hiermit seinen Tod in Frage stelle.

  2. Mensch, Miller

    Ausgerechnet dem von Ihnen zitierten – und sehr blind(wütig) interpretierten – Interviewausschnitt lassen sich – für normale Geister – zwei nüchterne Dinge entnehmen:

    Wilson gesteht – und das gerade dokumentiert seine grundsätzliche Ehrlichkeit (und nicht etwa seine “Psy-Op-Agenten”-Verlogenheit) -, noch dazu unter der witzigen Prämisse, Leute mit ihrer allzubequemen, an sich schon ihre eigene Faulheit (und damit Unfähigkeit, die Wahrheit zu verknusen) demonstrierende Dauerfragerei nach “dem Ziel der Illuminatenverschwörung” auch gern einmal auf den Arm zu nehmen, dass er keine große Lust hat, sich mit einer allzu simplen Antwort darauf endgültig in die Nesseln zu setzen.

    Was haben Sie eigentlich?

  3. @Pecas: Miller ist doch hier der Hyper-Paranoiker und hält alles – außer sich selbst – für gehirngewaschen, gesteuert und gefälscht. Er kennt ALLE Fakten und weiß ALLES besser, auch dass es keinen Terrorismus gibt sondern ALLES nur vorgespielt wird. Tolle Wurst, dieser Vogel, und als Vollpfosten natürlich völlig beratungsresistent…

  4. Ich denke “Stefan Miller” ist selbst eine Fälschung.
    Wenn nicht Diskordianer.
    Schön wie er immer wieder versucht die Diskussion weg vom Inhalt der Artikel zu lenken.

    Miller, Sie können sich als enttarnt betrachten.^^

  5. lieber pecas und Obi, ist nicht “agnosticism about everything” das Leitmotto von Wilson selbst? So weit gehe ich jedoch nicht. Ich stelle nicht komplett alles in Frage sondern lediglich, das, was mir sogenannte Massenmedien vermitteln. Denn diese Massenmedien wurden im letzten Jahrhundert mit gigantischen Aufwand weltweit ausgebaut nicht um uns zu informieren, sondern im Gegenteil. Zugleich wurde uns vom klein auf eingetrichtert, genau diesen Massenmedien zu vertrauen. Ich denke da an irgendwelche imaginären journalistischen Kodexe, Standards, Verpflichtungen zur Wahrhaftigkeit und ähnliche Chimären. Deswegen lauschen alle Menschen auf der ganzen Welt zu jeder vollen Stunde den “Nachrichten” zu. So wurden wir alle konditioniert. Aber zurück zur Wilson. “Is,is,is—the idiocy of the word haunts me” Er wollte das Verb “to be” aus dem Wortschatz streichen. Nichts ist wie es ist. Das selbe haben auch die Macher der Matrix-Filme versucht. Das ist Psy-Op vom feinsten. Ich empfehle Euch, die englische Wikipedia Seite über wilson aufmerksam zu studieren und den vielen Verweisen nachzugehen. Er ist am (01.)11.2007 gestorben, 11, 9, 99, 33 sind die Lieblingszahlen der “Intelligence”, und zwar nicht der aus IQ sondern der aus CIA. Die 23 nicht zu vergessen. Er ist gestorben in Capitola, CA., einer Stadt gennannt nach einem Charakteur aus dem Buch “Hidden Hand” der Autorin E. D. E. N. Southworth. Das Buch Illuminatus sollte ursprünglich “Sex Magicians” heissen. Gegen Ende der 60-er arbeitete Wilson zusammen mit Leuten wie: Alan Watts, William Burroughs, Allen Ginsberg, Tim Leary und Ram Dass. Alles PSy-Op Agenten vom feinsten. usw. Nicht schlecht für einen, der beim Playboy angefangen hat. Die Kette ist lang und der Platz hier spärlich. Das könnt Ihr auch gern selber nachrecherchieren. Mein Zitat habt Ihr leider nicht verstanden. Er gibt darin indirekt zu, daß er permanent lügt, niemals die Wahrheit sagt und daß die ganze Idee hinter Illuminatus eine Täuschung ist.

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