Aus den geheimen JFK-Akten (1)

Dass in den letzten, nach mehr als einem halben Jahrhundert nun zur Veröffentlichung kommenden Akten zum Kennedy-Mord wohl keine “smoking gun” gefunden wird, hatten wir hier schon des Öfteren betont. Hoch interessant sind die bisher geheimen Unterlagen aber dennoch, weil sie zahlreiche Mosaiksteine enthalten, mit denen schon bestehende Szenarien belegt ( oder verworfen ) werden können. Professor John Newman, einer der führenden Experten in der Auswertung historischer Geheimdienstakten, fühlt sich deshalb derzeit “wie ein Kind im Bonbonladen”, weil er nun Akten im Klartext erhält, die er bisher nur stark redigiert oder überhaupt nicht einsehen konnte.
Ein kleiner Mosaikstein wurde jetzt in den ersten Paketen der veröffentlichten Akten schon entdeckt: der Mann, der den vorgesehenen Auftrittsort JFKs in Dallas und die Route des Autokorsos kurzfristig änderte – und am Dealey Plaza auf sämtliche Sicherheitsbestimmungen wie versiegelte Fenster und Scharfschützen auf den Dächern verzichtete –  der Bürgermeister von Dallas,  Earle Cabell, war seit 1956 Agent der CIA. 
Ich werte das als ein “Bingo” für meine Darstellung der Rolle, die CIA und der Militärgeheimdienst bei diesem Attentat und seiner Vertuschung spielten. Hier dazu eine Passage aus “JFK – Staatsstreich in Amerika”, in der die dubiose Rolle von Earle Cabell schon kurz erwähnt wird:

“Das erste Verhör von Oswalds Ehefrau Marina nach dem Attentat wurde nicht, wie eigentlich zu erwarten, von der Polizei in Dallas, vom Secret Service oder vom FBI geführt, sondern von Jack Crichton, einem Reserveoffizier des Militärgeheimdienstes…(..)Von Peter Dale Scott wissen wir, dass das 488th Army Intelligence Detachment in Dallas eine wichtige Rolle in der ersten Phase der Vertuschung spielte, bei der Oswald der Tat bezichtigt und in Verbindung mit Kuba und der Sowjetunion gebracht wurde. Diese von Jack Crichton geführte Spionageeinheit arrangierte die falschen Übersetzungen der Aussagen von Marina Oswald.(…) Die 488. Geheimdienstreserve schickte am Tag der Ermordung auch ein Kabel mit den Falschbehauptungen raus, dass Oswald 1959 »nach Kuba« übergelaufen und ein »eingetragenes Mitglied der kommunistischen Partei« sei.
An die 50 Mitglieder des Dallas Police Departements gehörten der 488. Einheit an, darunter auch der örtliche Deputy Chief George Lumpkin, der Crichtons Stellvertreter war und in dem ersten Wagen des Kennedy-Autokorsos fuhr, der aus unerklärlichen Gründen vor dem Texas School Book Depository anhielt.
Jack Crichton, der sich vor dem ersten Verhör von Marina Oswald mit dem rechtsextremen Ölmagnaten H.L. Hunt getroffen hatte, war außerdem der Geheimdienstchef der Dallas Civil Defense, die ein Notfallzentrum unter dem Gesundheits- und Wissenschaftsmuseum von Dallas unterhielt – und hatte Zugriff auf ein geheimes Kommunikationsnetzwerk mit direkter Verbindung zu den Spitzen des Militärgeheimdiensts in Washington. Dass das dortige Telefonnetz direkt nach den Schüssen merkwürdigerweise für eine Stunde ausfiel und zivile Behörden von jeder Kommunikation abschnitt, macht die Relevanz dieses militärischen Telefonnetzes deutlich.
Crichton stand nicht nur in enger Verbindung mit H.L. Hunt und weiteren Ölmagnaten in Texas, sondern auch mit Gruppen von Exilkubanern und mit George H.W. Bush, mit dem er 1959 Geld für das Kommando “Operation 40” zum Sturz Castros aufgetrieben hatte. Für den Lufteinsatz bei der geplanten Invasion sollte Crichtons texanischer Freund General Charles Cabell zuständig sein, seit 1953 Vizedirektor der CIA, der von Kennedy nach der Schweinbucht-Operation gefeuert wurde. Sein Bruder Earle Cabell war von 1961 bis 1964 Bürgermeister von Dallas und unter anderem für die Route des Autokorsos verantwortlich.

UPDATE: Markus Kompa berichtet auf Telepolis ebenfalls über den neuen Aktenfund.

3 Comments

  1. Auch dieser Name findet sich in der grandiosen Doku “Everything is a rich man’s trick” auf Youtube, auf die ich gerne nochmals verweisen möchte. Danke, Herr Bröckers, für die Info und seien wir gespannt, was sich noch Weiteres ergibt…

  2. Kurze Nachfrage: “James” oder “Jack” Crichton?

    Sie schreiben hier beide Namen im Buchausschnitt. Handelt es sich hierbei um zwei Personen oder ist der erste – James – ein Vertipper?

    Mit Jack Crichton wird üblicherweise John Alston Crichton gemeint. Siehe auch hier:
    https://en.wikipedia.org/wiki/Jack_Crichton

    Bonusfrage: War H.L. Hunt wirklich rechtsextrem, wie Sie schreiben oder ein “normaler konservativer” Ölbaron, der auf politische Richtungen scheißt und diese nur benutzt, so lange sie seinem Profitstreben dienen?

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