Zum internationalen Tag der Verschwörungstheorie

Es jährt sich wieder der 11. September, ein Tag der seit nunmehr 16 Jahren in das Weltgedächtnis eingebrannt ist – mit der Erinnerung an 3.000 Tote, mit den pulverisierten Wahrzeichen der Weltmacht USA und mit den Folgen, die als „War On Terror“ bis heute wirksam und spürbar sind. Neben dem Gedenken an diesen Schrecken ist der 11. September mittlerweile aber auch so etwas wie der „Internationale Tag der Verschwörungstheorie“ geworden.

“Hüten wir uns vor Verschwörungstheorien, die mit frevelhaften Lügen von den wahren Schuldigen ablenken”, hat George W. Bush nach den Anschlägen in einer Rede vor den „Vereinten Nationen“ verkündet – um aber dann darauf zu verzichten, eine offizielle Untersuchungskommission einzusetzen, die das Verbrechen aufklärt und die „wahren Schuldigen“ ermittelt. Begründung: Man müsse jetzt alle Kapazitäten nutzen um künftige Terroranschläge zu verhindern und könne diesen deshalb jetzt nicht aufklären. Erst nach massiven Protesten von Familien, die Angehörige im World Trade Center verloren hatten, lies sich 15 Monate später die Regierung herab, den Massenmord untersuchen zu lassen. Und richtete eine Kommission ein, die „Set to fail“ war – zum Scheitern verurteilt, wie der Titel des Buchs lautete, das die beiden Kommissionsvorsitzenden später veröffentlichten. Sie verfügten nur über einen Bruchteil des Budgets, das zwei Jahre vorher zur Aufklärung von Bill Clintons Affäre mit einer Praktikantin aufgewendet wurde, sie konnten keine Zeugen gerichtlich vorladen und durften den wichtigsten Kronzeugen, den in Guantanamo einsitzenden Khalid Scheich Mohamed, nicht einmal sprechen.

Dieser war dort 182 Mal der Folter durch Waterboarding unterzogen worden und seine so gewonnenen Aussagen wanderten 1:1 in den Abschlussbericht der Kommission, als wichtigste Quelle für den harten Kern der Legende: dass nämlich der Chefterrorist Osama Bin Laden aus der Höhle Tora Bora tatsächlich 19 “Hijacker” entsandte, die dann ganz allein und nur dank ihrer magischen Teppichmesser mit zwei Flugzeugen drei Türme pulverisierten.

Wenn die Historiker der Zukunft irgendwann den Beginn des „postfaktischen Zeitalters“ rekonstruieren und feststellen, dass 2004 ein welterschütternder Massenmord durch einen auf Foltergeständnissen basierenden Untersuchungsbericht „aufgeklärt“ wurde und dieses Märchen von Medien und Politik als Realität verkauft werden konnte, dann markiert das Datum 9/11 einen entscheidenden Wendepunkt. Nicht für das Projekt des seit Mitte des 20. Jahrhunderts expandierenden amerikanischen Imperiums, das mit den Anschlägen nur einen weiteren Push für neue Feindbilder und Eroberungen erhielt, sondern für das seit über 200 Jahren laufende Projekt Aufklärung, den Austritt des Menschen aus selbstverschuldeter Unmündigkeit.

Unabdingbar für dieses einst von Kant definierte Projekt war eine kritische Öffentlichkeit, die nach den Regeln der Vernunft über Wahres und Falsches entscheidet. Keine ex cathedra von Päpsten und Kaisern verkündeten Fiktionen, sondern vernunftgeprüfte Fakten, kein Glauben, sondern Wissen, sollten den aufgeklärten Diskurs bestimmen – und eine freie Presse den Autoritäten und der Macht auf die Finger schauen. Soweit die Theorie – in der Praxis jedoch wurde die Nichtaufklärung des Jahrhundertverbrechens und die auf Folter basierende offizielle 9/11- Legende von der Presse klaglos hingenommen und verbreitet. Die „wahren Schuldigen“ standen von Tag eins an fest; jegliche Zweifel, Skepsis und kritische Nachfragen wurden als „frevelhafte Verschwörungstheorien“ der ewigen Verdammnis anheim gegeben.

Das postfaktische 21. Jahrhundert, so werden die künftigen Historiker feststellen, versuchte eine Art Rollback ins dogmatische Mittelalter, wo eine hochheilige Inquisition die Glaubensvorschriften der Kirche vor dem „Frevel“ jeder Kritik sicherte. Die „frevelhaften“ Kritiker wurden damals Ketzer oder Hexen genannt und exkommuniziert oder gleich mit Gewalt beseitigt. Mit Foltergeständnissen wurde Politik gemacht – und dank des Niedergangs des politischen Journalismus und nahezu flächendeckender Gehirnwäsche des Publikums funktioniert das 500 Jahre später schon wieder bzw. noch immer. Als hätte es ein Projekt Aufklärung und eine Presse als kritische und kontrollierende vierte Säule der Demokratie nie gegeben. Sie war mit denen Türmen des World Trade Center zusammengebrochen – und hätte es nicht das schwer kontrollierbare Internet gegeben, wäre die Welt komplett mit der Dunkelheit der Desinformation überzogen worden. So aber konnten die Zweifel an der offiziellen Geschichte an die Öffentlichkeit kommen, das Netz übernahm die plötzlich verwaiste Rolle der vierten Gewalt – um von der ehemals freien Presse sofort in die Schmuddelecke „Verschwörungstheorie“ geschoben zu werden. Wer sich aber dort nur ein paar Stunden informierte konnte sehr schnell feststellen, was die größte, krudeste und gefährlichste Verschwörungstheorie des beginnenden 21. Jahrhunderts war. Es war das Märchen von Osama und den 19 Teppichmessern….

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6 Comments

  1. Wenn man nur die von Ihnen gut recherchierte WTC Conspiracy liest, fragt man sich, warum die Presselandschaft all die offenen Fragen und Hintergründe nicht weiter verfolgte? Und das vor dem Hintergrund, dass die Offizielle Version als Grund für den darauf folgenden weltweiten (nicht legitimierten) Krieg gegen den Terror benutzt wurde.

  2. Lieber, lieber Mathias Bröckers,
    als Leserin der meisten ihrer Artikel auf TP und auch als Käuferin ihrer Bücher möchte ich mich für ihren unermütlichen Einsatz bei der Wahrheitsfindung zum 11/9-Komplex bedanken.
    Ich finde, sie haben als einer der ganz Wenigen, der 4.Säule der Demokratie alle Ehre gemacht.
    Verglichen mit den sogenanten Auflärungs-Journalisten der MSM ( zBsp. Herrn Leyendecker mit seiner Suada “Affen der Angst -Nichts verkauft sich heute so gut wie miserable Bücher über die große Weltverschwörung. Sind wir noch zu retten?”)
    generieren sie sich ja zu einer wahren Geistesgröße.
    So genug der Lobhundelei.
    Bleiben sie einfach ein ehrlicher, tiefgründiger und machmal auf eine liebenswürdige Art linkischer Investigativ-Journalsit der alten Schule !!!

  3. Apropos Postfaktisches Zeitalter: Wir erinnern uns noch alle an die BBC, die an 9/11 den Einsturz von WTC 7 lange vor dessen Kollaps vermeldete. Zur Beschreibung dieser Form innovativer Berichterstattung möchte ich (falls es noch niemand getan hat) offiziell den Begriff “präfaktisch” anmelden. Damit erhielte “postfaktisch” – das Wort des Jahres 2016 – eine sinnvolle Ergänzung.

    Bekanntlich brach die TV-Verbindung zur Reporterin damals augenblicklich zusammen. Das war natürlich keine Verschwörung oder Zensur, sondern lässt sich naturwissenschaftlich erklären: Die Technik der BBC war seinerzeit noch nicht für modernen präfaktischen Journalismus ausgelegt. Denn damit die Wirkung (Berichterstattung) der Ursache (Einsturz) zeitlich vorausgeht, benötigt man zwingend überlichtschnelle Informationskanäle zur Umgehung der Gesetze der Kausalität. Entsprechende Anwendungen entwickelt die NSA vermutlich aber erst jetzt.

  4. @Stefan
    War das damals wirklich so? Brach die BBC-Übertragung mit der Journalistin Jane Standley in New York wirklich kurz nach dem “Faux Pas” zusammen?
    Das wäre mir neu, obwohl ich doch einiges zu dem Thema gelesen habe.

    1. @kreuzrotter
      Herrje, das sollte erkennbar eine Glosse sein, keine Reportage. Also nicht alles auf die Goldwaage legen, auf die 20 min kommt es hier nicht an.

      Übrigens hat ein Brite der BBC wegen dieser Fake News die TV-Gebühren verweigert und vor Gericht gewonnen. Wenn die Gerichte in der BRD ähnlich entschieden, würde bei ARD & ZDF bald der Geldfluss versiegen…

      http://www.neopresse.com/gesellschaft/brite-gewinnt-prozess-gegen-bbc-wegen-911-verschleierung/

  5. Die als globale Wahrheit konstruierte Legende von 9/11 war in der Größenordnung vielleicht neuartig, aber eine Zäsur für die Glaubhaftigkeit der “vierten Säule” doch wohl eher nicht.
    Dass Systemmedien – vor allem die mit der Hegemonialmacht verbandelten – in der Lage sind, und waren, beliebige Narrative in Zeitungen, Geschichtsbüchern und Köpfen zu etablieren, dürfte spätestens seit dem “Überraschungsangriff” auf Pearl Habor oder dem Golf von Tonkin klar sein.

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