Die geheimen JFK-Akten (9): No “come along with Russia”!

Dieser Tage wurde ich wieder einmal gefragt, warum ich mich immer noch mit dem Kennedy-Mord beschäftigen würde, das wäre doch ein Fass ohne Boden und so lange her, dass selbst eine vollständige Aufklärung heute gar nichts mehr nützen würde. Was das Fass betrifft, stimme ich teilweise zu, was die Aufklärung angeht aber gar nicht. Für die Weltmacht USA und das “amerikanische Jahrhundert”  war der 22. November 1963 ein entscheidendes Datum, ein Wendepunkt, der die von Kennedy angekündigte und schon eingeleitete Wende – den Rückzug aus Vietnam und ein Ende des Kalten Kriegs – rückgängig machte. Mit den folgenden (und ebenfalls bis heute ungeklärten) Morden an Martin Luther King und Robert Kennedy, der JFKs Erbe antreten wollte, war das Rollback komplett und mit den charismatischen Reformern unter der Erde auch jede Wende zu einer friedlicheren, kooperativeren Politik der Vereinigten Staaten definitiv beerdigt.
Seitdem regiert was Kennedys Vorgänger Eisenhower in seiner Abschiedsrede den “militärisch-industriellen Komplex” genannt und vor seiner Einflußnahme gewarnt hatte. Der bekam nach Kennedys Tod was er wollte – einen gigantischen Krieg in Südostasien, bei dem die Air Force allein über Laos, einem kleinen Land von Reisbauern, mehr Bomben abwarf als über Deutschland im Zweiten Weltkrieg – und sorgt seitdem mit immer gigantischeren Budgets überall auf der Welt dafür, dass dieses Bombengeschäft weiter läuft.
Mit JFK, der mit einem Erdrutschsieg für weitere vier Jahre im Amt bestätigt worden wäre und seinem Bruder Bobby als Präsident für weitere vier oder acht Jahre danach,  hätte Amerika sowohl innen,- wie außenpolitisch einen deutlich anderen Kurs genommen. Deshalb war dieser “Königsmord” ein so einschneidendes Ereignis und deshalb ist die Ermittlung seiner Hintergründe und Hintermänner bis heute von so großer Wichtigkeit, denn die Folgen erschüttern die Welt bis heute – mit einer brutalen imperialistischen Politik, die nur eine Alternative kennt: Pax Americana oder Bombenteppich.
Diese Politik, so hatte er in seiner “Friedens”-Rede im Juni 1963 deutlich gemacht,  wollte JFK beenden.  Nach dem folgenden Besuch in Deutschland und der umjubelten “Ich bin ein Berliner”-Rede vor dem Rathaus Schöneberg hatte Kennedy  seinen Beratern angekündigt, dass er nach der Wiederwahl nach Moskau zu reisen werde, um einen Friedensvertrag mit der Sowjetunion zu schliessen. Was die Schüsse von Dallas verhinderten.
Merkwürdigerweise sitzt nun 54 Jahre später ein Präsident im Weißen Haus, der sich nicht nur verhindert sieht, dem Gesetz nachzukommen, nach dem sämtliche Kennedy-Akten bis zum 26.10.2017 veröffentlicht sein müssen – gerade mal 58 von über 3000 Geheimdokumenten lagen zum Stichtag vor –  sondern auch daran, nach Moskau zu reisen, um sein im Wahlkampf verkündetes Vorhaben zu starten: “to come along with Russia”.  Paul Craig Roberts – einst  unter Reagan im Finanzministerium und ehemaliger Herausgeber des “Wall Street Journals” – fragt, warum Trump eine Normalisierung der Beziehung zu Russland “schier unmöglich gemacht wird”.  :

Warum ist die Opposition gegen eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen unseres Landes mit einer Atomsupermacht wie Russland derart groß? Warum sind selbst die heimischen Grünen auf den Anti-Trump-Propagandazug aufgesprungen? Sind sich die Grünen den Auswirkungen, die ein nuklear geführter Krieg auf unseren Planeten haben würde, nicht mehr im Klaren? Und warum sind die verrückten und inhaltlich haltlosen Bemühungen zur Amtsenthebung eines US-Präsidenten, der die bilateralen Beziehungen zu Russland zu normalisieren beabsichtigte, derart groß? Und warum werden solche Fragen nicht im öffentlichen Diskurs aufgeworfen? Das Versagen der politischen Führung, der Konzernmedien und der intellektuellen Schicht Amerikas sowie ein Mangel an politischer Führung in unserem Land sind komplett. Der Rest der Welt wird Mittel und Wege finden müssen, um Washington zu quarantänisieren, bevor Washington das Leben auf unserem Planeten zerstört.

So himmelweit die Unterschiede zwischen Kennedy und Trump sind ist die Parallele doch unübersehbar: “to come along with Russia” ist damals wie heute verboten, es unterminiert das Geschäftsmodell der Rüstungsindustrie…

Mehr zum Thema in der aktualisierten Neuauflage von “JFK – Staatsstreich in Amerika”

6 Comments

  1. Um einen Schwenk der amerikanischen Politik zu veranlassen bräuchte es Druck von der Straße, aber dazu fehlt dem “Amerikaner” der Durchblick bzw. eine Initialzündung. Ich befürchte aber, wenn es soweit kommen würde, kommt der Heimatschutz zum Einsatz.

  2. Gute Zusammenfassung warum der JFK-Fall tatsächlich relevant ist – und bleibt!
    Wer sich intensiver damit beschäftigen will, hier ist die komplette neunteilige Serie “The Men Who Killed Kennedy”

    http://www.federaljack.com/the-men-who-killed-kennedy/

    – die letzte Folge, in der L.B.Johnson als einer der führenden Köpfe des Komplotts präsentiert wird, wollte der “History Channel” seinerzeit nicht ausstrahlen. Er kommt imho aber der Wahrheit recht nahe. Das belegte auch schon der ehemalige “Weltbühne”-Reporter Joachim Joesten, der nach dem Mord in Dallas recherchiert hatte, eines der ersten Bücher über Lee Harvey Oswald als “Sündenbock” schrieb – und später eines über LBJ.
    http://spartacus-educational.com/JFKjoesten.htm

  3. Die Bedeutung des unaufgeklärten JFK-Mordes geht noch etwas weiter: Denn durch ihn wird die Behauptung, im Westen herrsche Demokratie, besonderes klar der Lüge überführt. Auch wenn ich mich wiederhole: Diese Pseudodemokratie ist nur eine Farce, wenn die Wähler zwar handelnde Amtspersonen austauschen dürfen, aber damit nicht grundlegend Einfluss auf die Politik nehmen können.

    Der US-Präsident soll eigentlich nur Reden ablesen, die ihm andere vorgeben sowie den Grüßaugust spielen (bei Bush jun. war das besonders deutlich zu sehen). JFK hat sich an diese inoffizielle “Arbeitsplatzbeschreibung” offenbar nicht gehalten (und Trump scheint das auch schwer zu fallen).

    In Oliver Stones Film sagt Staatsanwalt Garrison vor Gericht sinngemäß: “Wenn der gewählte Präsident, der den Souverän vertritt, einfach erschossen wird, dann ist das Faschismus.” Und solange der Fall JFK nicht hundertprozentig aufgeklärt ist, muss man annehmen, dass dieser Faschismus sowie die ihn tragenden Kräfte hinter den Kulissen weiterhin straflos ihr Unwesen treiben.

  4. auch interessant:

    “Anders als angekündigt, gab Präsident Donald Trump die Geheimakten zur Ermordung Präsident John F. Kennedys nicht vollständig frei. Er habe keine andere Wahl gehabt, sagte Trump, nachdem die US-Geheimdienste von ihm verlangt hatten, ihnen noch mehr Zeit zu geben, um den Rest der Akten zu bearbeiten – aus “Sicherheitsgründen”. Ex-CIA Analyst Ray McGovern meint, Präsident Trump sei nun lange genug im Amt gewesen, um die Spielregeln kennenzulernen. Er scheint ebenso eingeschüchtert worden zu sein wie sein Vorgänger Obama – durch den Tiefen Staat.”

    https://www.rubikon.news/artikel/der-jfk-triumph-des-tiefen-staates-uber-trump

  5. Talking about Kennedy, people come up to me: “Bill, quit talking about Kennedy, man. Let it go. It’s a long time ago, just forget about it.” And I’m like, alright, then don’t bring up Jesus to me. As long as we’re talking shelf life here. “Bill, you know Jesus died for you.” Yeah, well, it was a long time ago. Forget about it! How about this. Get Pilate to release the fucking files. Quit washing your hands, Pilate. Release the goddam files. Who else was on that grassy Golgotha that day? “Bill, it was just, you know, huh, taking over of democracy by a totalitarian government, let it go.”

    Bill Hicks

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