FAZ not amused: Volksverhetzung

Da der FAZ-Artikel, der unser Buch als “rassistische Esoterik” bezeichnet mittlerweile auch online zugänglich ist, können Leser  die Komikerqualitäten des Rezensenten Reinhold Veser selbst nachvollziehen. Dass hinter der schrillen Aufegregtheit das Bellen eines betroffenen Hundes steckt, wird schon in der rhetorischen Eingangsfrage ziemlich deutlich: “Wie nennt man es, wenn jemand über die Sprache eines anderen Volkes schreibt, diese sei eine „Neuerfindung“, die „als Bauernsprache keine Worte für die Tiere hat, die nicht auf Feld und Flur leben“? Volksverhetzung?”  Die “rassistische Esoterik” in der Überschrift war ja schon stark, aber jetzt gleich zum Einstieg auch noch Volksverhetzung, zwar mit vorsichtigem Fragezeichen aber doch deutlich insinuiert. Das ist schon toll. Und wäre auch ein ernstzunehmeder Vorwurf, wenn wir uns das mit der “Bauernsprache” ausgedacht hätten, um gegen das Volk der Ukraine zu hetzen. Aber das haben wir nicht. Vielmehr haben wir uns in dem kurzen Abschnitt zur Geschichte der Ukraine und in dem noch kürzeren über die ukranische Sprache auf einen der bekanntesten Söhne der Stadt Kiew, den weltberühmten Schriftsteller Michail Bulgakow gestützt. Hier ist die Passage:

Der in Kiew aufgewachsene Arzt und Schriftsteller Michail Bulgakow beschrieb diese schreckensreichen Jahre in seinem autobiografisch geprägten Roman “Die weiße Garde”, in dem er aus seiner tiefen Abneigung gegen die roten Revolutionäre keinen Hehl macht, den entstehenden ukrainischen Nationalismus aber noch viel furchtbarer findet, vor allem weil er »die russische Bevölkerung terrorisiert mit einer scheußlichen Sprache, die es gar nicht gibt«. In dieser Neuerfindung liegt für Bulgakow die Wurzel des Nationalismus, und schon in seinem ersten Roman erweist sich der spätere Autor von “Der Meister und Margarita” als der satirische Großmeister der Weltliteratur, wenn er die neue Sprachverwirrung mit beißendem Spott beschreibt:
»Vorgestern fragte ich diese Kanaille Doktor Kurizki, der kann seit November vorigen Jahrs plötzlich kein russisch mehr. Früher Kurizki, jetzt ukrainisch Kuryzky. Ich frage ihn also, wie Kater (russisch Kot) auf ukrainisch heißt, das wußte er noch (Kit), aber als ich ihn fragte, wie der Wal (russisch Kit) heißt, glotzt er mich an und schweigt.«
Die Etablierung des Ukrainischen, das nichts anderes als Russisch mit ein paar abgeleiteten Vokalen ist und als Bauernsprache keine Worte für die Tiere hat, die nicht auf Feld und Flur leben, die Einführung dieses Dialekts als Nationalsprache war für den Wortkünstler Bulgakow nicht ein neuer, patriotischer Anfang, sondern ein Rückschritt in einen beschränkten, bornierten Nationalismus. Fast ein Jahrhundert später ist der von Bulgakow thematisierte Sprachenstreit immer noch hochaktuell: Bei einer Debatte über das von Präsident Janukowitschs »Partei der Regionen« eingebrachte Gesetz, dass Minderheitssprachen in den Regionen als zweite Amtssprachen genutzt werden können, flogen noch 2012 im Kiewer Parlament nicht nur schlagkräftige Argumente, sondern auch die Fäuste. (Seite 35)

Aus diesen Sätzen abzuleiten, dass sich Bröckers und Schreyer der Volksverhetzung schuldig gemacht haben, ist schon irre – und funktioniert auch nur, weil die Quelle Bulgakow einfach unterschlagen wird. Dies aber – das aus dem Zusammenhang gerissene, irreführende  Zitieren – kann nicht mehr mit komischer Verrücktheit entschuldigt werden. Es verletzt nicht nur – einem selbst erklärten Qualitätsblatt wie der FAZ eigentlich unwürdig – grundlegende journalistische Regeln, sondern erfüllt auch den Tatbestand der Demagogie. Tut also selbst genau das, was es den Autoren zu Unrecht vorwirft. Und ist einmal mehr ein Beispiel für den Niedergang des Journalismus, den wir in unserem Buch beklagen.

PS.: Was den ukrainischen Nationalismus betrifft hat Regierungschef Jazenuk bei seinem Besuch gerade eine Kostprobe abgeliefert, die an rechtsradikaler  Geschichtsklitterung  kaum zu überbieten ist: “Wir können uns alle sehr gut an die sowjetische Invasion der Ukraine und Deutschlands erinnern.” Wir vermuten mal dass es im Erinnerungskastl von Herrn Veser ähnlich tickt…

SPIEGEL sei Dank: MH-17-Absturz geklärt!

Das Recherchebüro CORRECT!V war mir bis dato nicht aufgefallen, doch es scheint ein Laden zu sein, dessen Namen man sich nicht merken muß. Es arbeitet mit dem “Allgemeen Dagblad” und dem “Spiegel” zusammen – und hat jetzt in den Absturz der MH-17 in der Ukraine geklärt: Putin war’s. Wer sich die ebenso aufwändige wie nichtssagende Bilderstrecke nicht ansehen möchte, kann hier bei Telepolis  eine Zusammenfassung der Recherche lesen.   Die Beweiskette dürftig zu nennen, wäre stark übertrieben – sie ist schlicht lachhaft, wie Telepolis-Leser Merkur 59 in einer kurzen Wortanalyse zeigt:

glaubt

anonym bleibender Luftwaffenexperte versichert

könne sich nur gehandelt haben

könne, müsse, wie schon einmal passiert sei

seien

Wenn das der Fall ist, hätte man

wären hätte müssen

Der Bericht suggeriert, dass dies vielleicht auch deswegen geschehen
sei

wären geworden

könnte es also sein

mit der Möglichkeit, dass dies … sein könnte

Womöglich war sich die Nato aber nicht so sicher

abgefeuert worden sein könnte

will einen Zeugen getroffen haben

—–

Soweit die Sachlage. Fazit: der Russe wars!

 Update: Hier wird die “dichte Beweiskette” sachlich auf Dichtigkeit überprüft: CORRECT!V korrigiert

FAZ not amused: “Rassistische Esoterik”

An Beschimpfungen bin ich ja viel gewohnt, aber “rassistische Esoterik” ist neu. So überschreibt der FAZ-Redakteur Reinhard Veser seine Rezension von “Wir sind die Guten” (FAZ, 6.1.2015, noch nicht online)und der Mann schäumt derart mit heißer Luft, dass es schon eine Freud ist – unfreiwillig komisch.. Hier eine kleine Stellungnahme auf unserer Website zum Buch.

Je Suis Charlie

Die Zeichnung bringt auf den Punkt, was heute in Paris geschehen ist. So unklar noch ist, wer die schreckliche Tat wirklich begangen hat, scheint eine “islamistische” Motivlage ziemlich deutlich zu sein – weshlab sowohl Islamisten als auch Islamhasser, wie der Postillon vermerkt, den Anschlag “ganz großartig” finden. Alle anderen, also alle normalen Menschen, können sich nur traurig und mit Grausen abwenden. Und allen Muslimen, Juden, Christen, Buddhisten, Hindus zurufen: Satire darf alles ! Wer Witze über seinen persönlichen Wunderglauben mit Feuer und Schwert bekämpfen will gehört weggesperrt – auslachen hilft bei solchen Wahnsinningen nicht. Doch so laut wir “Satire darf alles!” und “Jetzt erst recht!” rufen – so deutlich sollte uns diese Zeichnung von Ruben L. Oppenheimer auch mahnen, das schreckliche und noch ungeklärte Verbrechen nicht sofort zu instrumentalisieren und den Fehler zu wiederholen, Terror mit Terror zu bekämpfen.

Update: Pepe Escobar zur Frage Blowback oder False Flag

Further Up On The Road

“2014 könnte interessant werden: 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs, 75 Jahre nach Beginn des Zweiten, 25 Jahre nach dem Mauerfall….und immer noch nix dazugelernt ? Schaun wir mal, wie sich der Kalte Krieg – “böser” Putin (trotz freigelassener Oligarchen,Pussy-Tussis und Snowden-Asyl) vs. “guter” Obama (trotz NSA, Drohenmorden und Guantanamo) weiter entwickelt. ARD, CNN & Co. sind auf jeden Fall durch RT.com zu ergänzen, wie überhaupt  beim Medienkonsum die Sensibilisierung des persönlichen BB (Bullshit & Brainwashing) -Detektors dringender denn je angeraten ist…”

So lautete vor einem Jahr an dieser Stelle die Prognose… und sie lag schon recht gut, denn auf die rhetorische Eingansfrage, ob die Welt noch immer nix dazugelernt kann man heute mit einem eindeutigen “Nö” antworten. Der Krieg zwischen Ost und West ist heiß geworden und hat in der Ukraine schon tausende Menschenleben gefordert. Diese Eskalation – und der permanent im roten Bereich drehende BB-Detektor angesichts der Darbietung dieses Konflikts in den “Leitmedien”- waren  der Grund, warum ich mich Anfang Mai kurzer Hand entschloss, ein Buch darüber zu schreiben. Die Penetranz des Schwarz-Weiß-Films mit dem alleinigen Schurken Putin war ebensowenig auszuhalten wie die völlige Unterschlagung der geschäftlichen und militärischen Agenda von USA/NATO/EU. Weil ich mit Paul Schreyer gleich einen perfekten Ko-Autor fand konnte “Wir sind die Guten” sehr schnell fertigestellt werden  und schon am 1. September erscheinen. Dass es mittlerweile seit 16 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste ist  – obwohl es abgesehen von einer kurzen Erwähnung in der “Süddeutschen”  in den großen Zeitungen nicht rezensiert wurde – spricht nicht nur Bände über den verwahrlosten Zustand der Leitmedien, die eines der meistgelesenen politischen Sachbücher des Jahres einfach ignorieren weil es nicht in ihr Narrativ paßt, sondern auch über den Verlust  an Deutungs,- und Interpretationshoheit, den diese Medien dank des Internets erfahren haben. Um ein Buch, eine Idee, eine Meinung einem großen Publikum bekannt zu machen,  braucht es die Leitartikler und Feuilletons von FAZ bis taz einfach nicht mehr und merkwürdigerweise scheinen es die Journalisten zu sein, die das als Letzte merken  – sie wundern sich immer noch, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung ihre Berichterstattung in Sachen Ukraine als wenig objektiv und einseitig empfindet. Da kommt der Pegida-Schlachtruf “Lügenpresse” – recycelt aus dem PR-Arsenal von Joseph Goebbels – gerade recht, um sich mit spitzen Fingern von diesem “Mob” zu distanzieren – und die nur zu berechtigte Kritik mit dumpfem Rassismus und Rechtsradikalismus zusammenzurühren und als “Verschwörungstheorie” – auch 2014 ein Dauerbrenner in der Liste der Unwortedes Jahres  –  zu entsorgen. Von Selbstkritik und Besserungsbeteuerungen war jedenfalls nach den vernichtenden Umfrageergebnissen in Sachen Medienvertrauen wenig bis nichts zu hören. Es wird also weiter sinken und wir können die BB-Warnung  von vor einem Jahr nur verschärft wiederholen.

Was den neuen Kalten Krieg betrifft, bin ich pessimistisch – nicht nur militärische Aufrüstungsprogramme  auch eine allgemeine geistige Mobilmachung sind im vollen Gange. Die Vereinigten Staaten sind pleite, ihre Staatsschulden haben sich in wenigen Jahren mehr als verdoppelt – wären sie in der EU, die “Pleite-Amis” müßten noch vor den Griechen von der Troika gefeuert werden; zudem haben sie sich mit dem gegen Russland gerichteten Drehen an der Ölpreis-Schraube ins eigene Knie geschossen: die Fracking-Blase – die mit Abermilliarden kreditierte heimische Öl-Exploration – droht zu platzen: wenn der Ölpreis noch länger auf dem aktuellen Niveau von 60 $/Barell verharrt, steht ein neues Finanzdesaster ähnlich der 2008 geplatzten “Housing-Bubble”   ins Haus. Zudem wankt die globale Herrschaft des Petro-Dollar, denn China und Russland haben zum Jahresende begonnen ihre Geschäfte in Landeswährung abzurechnen. Das kommt, nicht nur wegen des 725 Milliarden $  Pipeline-Deals der beiden Länder, einer tektonische Plattenverschiebung im globalen Wirtschaftssystem gleich – die anglo-amerikanische Finanzherrschaft ist ernsthaft angeknackst, wenn Russland und China – der Rohstoffriese und der Wirtschaftsriese, die knapp ein Drittel des globalen BSP generieren –  sich  der Kontrolle durch die westliche Hochfinanz entziehen. Und wie das so ist, wenn Imperien an Einfluß verlieren, bleibt als Lösung nur Krieg – zumal wenn man, wie die USA,  von dem Ziel einer  globalen “Full Spectrum Dominance” nicht lassen will. Dass der nächste Krieg für dieses Ziel in Europa stattfinden müßte und die EU in der Ukraine kräftig mit dabei ist, das Pulverfass dafür scharf zu machen  – was zwar ganz im Sinne der anglo-amerikanischen Strategie, nicht aber im Sinne Europas sein kann – hat in Brüssel offenbar noch niemand gemerkt. Dass dieses Schlafwandeln endlich aufhört – statt wie vor 100 Jahren zum großen Knall zu führen – ist vielleicht der wichtigste politische Wunsch für 2015.

Ansonsten schauen wir – mit Musik  – was uns im neuen Jahr Further Up On The Road erwartet, wir hören noch einmal die alten Begleiter, die uns verlassen haben – Johnny Winter, Jack Bruce, Joe Cocker – vergiessen mit diesen wunderbaren Fingerpickern ein paar Tears in Heaven und beschliessen die kleine Neujahrsansprache mit einem Good Spliff . Danke für die Aufmerksamkeit und alles Gute für’s Neue Jahr.

 

Vom Niedergang des Journalismus

PropagandaEinen Essay von Wolf Reiser – “Freiwild – Über Zähmung, Verwahrlosung und Niedergang des Journalismus”, erschienen in “Lettre International” Nr. 107 und nur gedruckt erhältlich – möchte ich, bevor ich über die Feiertage mal ein paar Tage offline gehe, allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs zur Lektüre empfehlen. Er erzählt aus der Perspektive eines freien Journalisten wie es mit unserer Branche in den letzten Jahrzehnten abwärts ging – und die “Unerbittlichkeit des Adlers” der  “auf die unsortierten Trümmer der Ruinenlandschaft herabschaut” ist ebenso erhellend wie deprimierend. Erhellend weil einem Adlerauge die aktuelle Desinformation und “vorauseilende Gleichschaltung” der Leitmedien in Sachen “Majdanwahn und Klitscho-Hype” natürlich nicht verborgen bleiben kann; deprimierend weil alles in dieser Ruinenlandschaft der Medien so kaputt, so verkommen und so aussichtlos ist, wie Wolf Reiser es beschreibt. Als Alters,- und Branchengenosse, der sich seit 25 Jahren als “Freier”  durchschlägt, habe ich diesen Niedergang genau so erlebt, bis hin zu dem entscheidenden Knacks im System:

“Im Nachinein ist es so, daß mit den ungeklärten Vorgängen von 9/11 der Tod des freien Journalismus einsetzte. Wer auch immer seither der offiziellen Version Zweifel entgegensetzte, landete in der Schmuddelecke des Verschwörungswahns. Wer die Nagelprobe nicht bestand konnte die Karriere als fester wie freier Journalist beenden.”

Ich konnte damals meine bescheidene “Karriere” als Autor bei verschiedenen ARD-Radios freiwillig beenden –  nachdem “meine” Redakteure mir gesagt hatten: “Du kannst alles machen außer 9/11” – weil ich mich als erster auf genau dieses welterschütternde Thema stürtzte und im Alleingang eine Artikelserie für Telepolis und ein Buch schrieb, das ein internationaler Bestseller wurde. Damit war zwar der Lebensunterhalt als “Freier” für’s erste gesichert, ebenso sicher war aber auch ein  Platz in der “Schmuddelecke des Verschwörungswahns”.  Also nix mehr mit Edelfeder, “seriöser” Journalist und “renomierter” Autor – die neue Inquisition duldet (wie die alte) keine Abweichler. Wie damals etwa auf das Märchen von der Jungfrauengeburt muß heute auf das Märchen von Osama und den 19 Teppichmessern geschworen werden – wer darauf besteht, dass es sich um ein Märchen handelt, fliegt. Weshalb der Springer-Verlag nach 9/11 sicherheitshalber “Die Unterstützung des transatalntischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.” in Vertragswerke aufgenommen hat, damit jeder neu eingestellte Redakteur weiß, um was es bei der “Journalismus” genannten Produktion des Hauses geht. Dass derlei “deformative Betriebsanleitungen” (Wolf Reiser) auch anderweitig existieren ist wahrscheinlich und wenn  sich dann, wie unlängst in einer Umfrage ermittelt, nahezu zwei Drittel der Bevölkerung von den Leitmedien in Sachen Ukraine schlecht oder einseitig informiert fühlen, ist das natürlich kein  Thema in eben jenen Medien. Sie schalten lieber die Kommentarfunktionen ab.

Dass Wolf Reiser keine Lösungen weiß – auch mir fällt außer der Forderung, dass aus Gerüchteküchen wieder Rumorkliniken werden müssen nichts ein – ist kein Drama; es gilt, die Tragödie, deren Trümmer er detailgenau inspiziert und eloquent beschreibt, überhaupt erst einmal wahrzunehmen, anzunehmen, ernstzunehmen. Ich habe deshalb vor zehn Jahren mit diesem Blog begonnen, der zwar überhaupt nichts einbringt, aber mittlerweile im Monat etwa 25.000 Besucher hat, die 100.000 Artikel lesen. Das entspricht ja quasi schon der Gemeinde einer kleinen Lokalzeitung – und wenn dann in der künftigen Digitalen Räterepublik Deutschland so ein kleiner Lokalredakteur aus der Kultursteuer mit sagen wir mal 10 Cent pro Besucher bezahlt wird, müßte man sich um den Journalismus, die Meinungsvielfalt und die politische Willensbildung keine Sorgen machen. Womit wird uns  bei der Empfehlung dieses grandiosen Abgesangs auf eine verwahrloste Branche doch noch mit einer positiven Vision aus der Affäre ziehen. Schließlich ist Weihnachten.  Und schließlich kann – mit Werner Finck  – “unsere Aufgabe nicht in unserer Aufgabe bestehen”, weil wir – mit Wolfgang Neuss – “nie aufhören von unten anzufangen”. All You Need Is Love. Frohes Fest!

Die erfolterten 9/11-Geständnisse

300Am 11. Dezember hatte ich schon darauf hingewiesen, welchem eigentlichen Zweck die geheimdienstlich irrelevanten und ineffektiven Grausamkeiten dienten, die der Folterbericht des US-Senats enthüllt, –  der Produktion der 9/11-Legende durch “Zeugenaussagen”: Foltern für die Propaganda – und dazu eine Passage aus 11.9. – Zehn Jahre danach gepostet, über den “Kronzeugen” Khalid Scheich Mohamed (KSM), der nach 183 “Waterboarding”-Sitzungen genug erzählt hatte, um das Narrativ von Osama und den 19 “Hijackern”  als Alleintätern “wasserdicht” zu machen. Neben KSM, dessen “Aussagen” ein Viertel aller Quellenangaben im offiziellen 9/11 Report lieferten, ist der in Guantanamo ebenfalls dauerhaft gefolterte Abu Zubeida der wichtigste Zeuge in Sachen “Al Qaida” – und auch dieser hat seinen Peinigern irgendwann genau das erzählt, was sie hören wollten – auch wenn er nie Mitglied von “Al Qaida” war.

Paul Schreyer hat heute  auf TP  einen  sehr lesenswerten Artikel über den Spiegel, die Folter und 9/11 veröffentlicht,und dabei ebenfalls auf die oben zitierten Zusammenhänge verwiesen:  “In dieser Woche titelt der Spiegel markig “Die dunkle Seite der Macht – Wie Amerika seine Werte verlor”. Dass aber nicht nur der atlantische Partner, sondern auch das Blatt selbst sich in dieser Hinsicht kritische Fragen gefallen lassen muss, ist im aktuellen Heft kein Thema. Als den beiden Spiegel-Redakteuren Georg Mascolo und Holger Stark im Herbst vor elf Jahren die Resultate von CIA-Folterverhören der angeblichen 9/11-Planer zugespielt wurden, konstruierte das Nachrichtenmagazin daraus eine Aufsehen erregende Titelgeschichte. Auf dem Cover der Ausgabe vom 27. Oktober 2003 prangte in großen Lettern: “Das Geständnis – Was die Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September nach ihrer Gefangennahme den US-Ermittlern verrieten”.”

Das erinnerte mich daran, dass ich zu dieser Coverstory doch schon bei Erscheinen etwas geschrieben hatte , und siehe da, das Netz vergisst nichts – hier ist der Kommentar (noch im Uralt-Webdesign) : Propaganda aus dem Off -Mit seiner Titelgeschichte “Das Geständnis” markiert “Der Spiegel” (27.10.2003) einen neuen journalistoiden Tiefpunkt . Erst knapp ein Jahr später, Ende Juli 2004, konnten die Protokolle, die den Spiegel-Schurnalisten offensichtlich von der CIA gesteckt worden waren, von deutschen Behörden eingesehen werden, die befanden , dass sie “praktisch nutzlos” waren. Das waren sie für eine kriminalistische Ermittlung der Verbrechen in der Tat; nicht aber für ihren wahren Zweck, nämlich eine Legende zu unterfüttern: das Propaganadamärchen von  Harry Plotter und den Teppichmessern des Schreckens.

Ich habe den Folter-Report noch nicht ausführlich studiert und nachrecherchiert, um abschließend darüber zu urteilen (was bei 560 veröffentlichten Seiten von über 6000 ohnehin schwer wird) – Thierry Meissan ist damit schon durch befindet “Der Kongress Bericht über Folter bestätigt, dass al-Kaida am 11. September nicht beteiligt war”.  Dass deswegen nun eine neue 9/11-Ermittlung fällig wird, wäre aber wohl zuviel Vertrauen in den Restbestand des  Rechtsstaats USA, der seine Folterknechte ja auch nicht zu bestrafen gedenkt. Dass indessen dem ehemaligen Nachrichtenmagazin “Spiegel” nicht zu trauen ist, war spätestens am 27. Oktober 2003 klar, als es das erfolterte “Geständnis” als Realgeschichte verkaufte – und es bestätigt dieses Mißtrauen, wenn es heute über die “dunkle Seite”und die verlorenen Werte Amerikas schreiben kann ohne die eigene Mittäterschaft in diesem kriminellen Spiel einzugestehen.

Der CIA-Folterreport

17.12.14 20:36-BildschirmkopieLetzten Mittwoch mailte ein pensionierter Freund aus der Buchbranche, dass er als Ex-Verleger manchmal Phantomschmerzen habe, wenn spannende Buchprojekte auftauchten und niemand würde sie realisieren – wie jetzt zum Beispiel der Folterreport des US-Senats. Ob ich mich nicht mal dahinter klemmen und für eine schnelle Übersetzung sorgen könnte. Noch am selben Abend gab ich den Vorschlag an den Westend-Verlag weiter und zwei Stunden später meldete sich Westend-Chef Markus Karsten: “Mathias, wir machen das!” Am Donnerstag wurde ein Team von Übersetzern ans Werk gesetzt, am Freitag mit Wolfgang Nešković – ehemaliger Bundesrichter und als MdB von 2005 bis 2012 Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums der Geheimdienste – ein idealer Herausgeber gefunden, der dem Bericht eine umfassende Erläuterung voranstellen und die Bedeutung für Deutschland und Europa aufzeigen wird. Am Montag wurde das Cover entworfen, am Dienstag die Texte für die Ankündigung,  die gestern auf der Website des Verlags veröffentlicht wurde – und am 19. Januar wird der ca. 800 Seiten starke Report in den Buchhandel kommen.

Niemand will Kriege. Warum werden sie dennoch dauernd geführt ?

stopnatoFür Abrüstung, Völkerverständigung und Frieden zu demonstrieren scheint derzeit zwar nötiger denn je,  aber nur “Verschwörungstheoretiker, Antisemiten und Neurechte verschiedener Couleur” tun das und wer sich nicht als “Wirrkopf” beschimpfen lassen will bleibt besser zu Hause . Selbst wenn der Redner auf der Abschlußkundgebung in bester pazifistischer Tradition spricht – und man ihm nur das vorwerfen kann, was damals Heiner Geißler den noch friedensbewegten “Grünen”  unüberbietbar unverschämt ins Stammbuch schrieb, dass nämlich “die Pazifisten Auschwitz erst möglich gemacht” hätten. So weit gehen die oben verlinkten Zuschreibungen aus der links-liberalen Presse zwar noch nicht, aber weit ist es nicht mehr, dass Pazifisten mit Holocaustleugnern in einen Topf gemschmissen werden. Von Leuten, die als Mitglieder unserer “Wertegemeinschaft” von sich behaupten, dass auch sie natürlich keinen Krieg wollen, aber…
Zu der Frage, warum niemand Kriege will und sie dennoch dauernd geführt werden, habe ich vor zwei Jahren einmal das Folgende notiert:

“Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg; weder in Rußland, noch in England, noch in Amerika, und ebenso wenig in Deutschland. Das ist klar….. Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt.  Das Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land.”
Dass einer der führenden Nazis und größten Kriegstreiber des 20. Jahrhunderts, der designierte Nachfolger Hitlers und Oberkommandierende der Luftwaffe Hermann Göhring , bei seiner Vernehmung im Nürnberger Prozess 1946 diese Aussage machte, nimmt ihr nichts von ihrer zeitlosen  Richtigkeit.  Die Nazis hatten mit dem Mythos vom “Volk ohne Raum” und der Angst vor einer aggressiven “jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung”  propagandistisch ein  Klima geschaffen, das die Mehrheit der Deutschen willig in den Krieg ziehen lies – und ohne die Schaffung eines solchen Bedrohungszenarios kann bis heute kein Krieg vom Zaum gebrochen werden. Auch der sogenannte Kalte Krieg von 1945 bis 1989, der in mörderischen  Stellvertreterkriegen in den entlegendsten Ecken der Welt ausgetragen wurde,  konnte nur geführt werden,  weil auf beiden Seiten eine Kirche der Angst permanent die Gebetsmühlen der Propaganda drehte und das Volk in Furcht vor dem “Feind” versetzte. Dass die “Massenvernichtungswaffen” des Irak nicht nur vorhanden sind, sondern Europa “in 45 Minuten erreichen können”, wie der britische Premier Tony Blair beschwor, und  dass die Bundesrepublik  nach Ansicht des deutschen Verteidigungsministers gezwungen ist, ihre “Freiheit am Hindukusch” zu verteidigen, sind zwei aktuelle Beispiele  der Panikmache, mit der Regierende ihre ahnuhngslose Bevölkerung in Kriege treiben.

Die Methode funktioniert in der Tat, zu jeder Zeit und in jedem Land. Doch wer sorgt eigentlich dafür, dass sie immer wieder angewendet wird ?  Die unverblümte Antwort, die General Smedley Butler, bei seinem Tod 1940 der höchst dekorierte Marine der us-amerikanischen Armee,  auf diese Frage gegeben hat ist ebenso eindeutig  wie zeitlos richtig:

“Es gibt keinen Gaunertrick, den die militärische Gang nicht auf Lager hat. Sie hat ihre Spitzel, die mit dem Finger auf die Feinde zeigen, sie hat ihre ‚Muskelmänner‘ zur Vernichtung der Feinde, sie hat ein Gehirn, das die Kriegsvorbereitungen trifft, und einen Big Boss, den supernationalistischen Kapitalismus. Es mag merkwürdig anmuten, dass ausgerechnet ich als Angehöriger des Militärs einen solchen Vergleich wage. Aber die Wahrhaftigkeit zwingt mich dazu. Ich habe dreiunddreißig Jahre und vier Monate als Mitglied der agilsten Militärmacht dieses Landes, der Marineinfanterie, im aktiven Dienst verbracht. Ich habe in allen Rängen gedient, vom Leutnant bis zum Generalmajor. Und einen Großteil dieser Zeit war ich ein erstklassiger Muskelmann für das Big Business, für die Wall Street und die Banker. Kurzum, ich war ein Gangster des Kapitalismus. Ich ahnte damals, dass ich nur ein Teil eines großen Gangsterplans war. Jetzt weiß ich es.”

(“War is a Racket, 1935)

Butler Smedleys Kollege im Generalsstand, US-Präsident Eisenhower, drückte sich in seiner  Abschiedsrede 1961  zwar etwas staatsmännischer aus  und sprach nicht von Gangstern, sondern vom “militärisch- industriellen Komplex” , doch  seine  explizite Warnung geht in dieselbe Richtung :

“Wir in den Regierungsgremien müssen uns vor unbefugtem Einfluss durch den militärisch-industriellen Komplex schützen….Wir dürfen es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet….Nur wachsame und informierte Bürger können die angemessene Mischung der gigantischen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen erzwingen, so dass Sicherheit und Freiheit zusammen wachsen und gedeihen können.“

Fünf Jahrzehnte später kann man nur feststellen, dass die Wachsamkeit und Informiertheit der Bürger nicht ausgereicht hat, eine friedliche Außenpolitik der USA zu erzwingen – etwa sechs Millionen Menschen, so schätzt der Politologe John Tirman vom Massachusetts Institute of Technology (MIT),  sind seit 1945 durch Kriege der US-Armee um’s Leben gekommen. Für die laufenden Kriege im Irak und Afghanistan liegt die Zahl der getöteten Zivilisten bei mindestens 650.000 bzw. 100.000 in Afghanistan.

Wenn das niemand will, warum lassen sich dann doch immer Koalitionen der Willigen schmieden, die dieses massenhafte Morden veranstalten ? Es ist der “unbefugte Einfluss” der “gigantischen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie” auf die Politik und auf die großen Medien. Diese übernehmen als Erfüllungsgehilfen die Aufgabe, “dem Volk zu sagen, es würde angegriffen”, indem sie die von Think Tanks und Strategen ausgebrüteten Kriegslügen unter das Volk bringen. Dann werden Aluminiumrohre auf der Titelseite des  “New York Times” als Langstreckenwaffen dargestellt, um den Angirff auf Irak zu legitimieren;  oder, wie nach den 9/11-Anschlägen, gefälschte Videos von jubelnden Palästinensern weltweit auf allen TV-Kanälen ausgestrahlt, um die Niedertracht des “Feinds”  zu demonstrieren. Die Liste ließe sich um viele Beispiele erweitern und zeigt, dass sich nichts geändert hat, seit die Nazis einen Überfall auf den Sender Gleiwitz inszenierten und dann behaupteten: “Ab 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen.”

Dass sich Menschenmassen wie eine verängstigte Schafherde leicht in eine Richtung treiben lassen, wenn sie mit einem Bedrohungszenario konfrontiert werden – diese natürliche Reaktion ist der Grund für den Erfolg bellizistischer Panikmache. Sie ist ebenso “natürlich” wie die Gier, die durch die gigantischen Budgets der “Verteidigungsmaschinerie” erzeugt wird. Diese psycholgischen Komponenten – die Empfänglichkeit für Angstszenarien und die Unersättlichkeit menschlicher Gier – lassen sich nicht qua Vernunft einfach abschalten. Eine Transparenz der Einflussnahme der “Verteidigungs”,- und “Sicherheits”-Lobby auf Politik und Medien kann nur ein erster Schritt dahin sein. Solange der nicht vollzogen ist bleibt nur  die Wachsamkeit und Informiertheit der Bürger, die Eisenhower forderte. Sie besteht vor allem darin, sich von Feindbildern und Angstszenarien nicht weiter dumm machen zu lassen.