Eine Verteidigung amerikanischer Werte
( Eine erste Fassung dieses Beitrags erschien in Goedart Palm/Florian Roetzer(Hrsg.) : "Terror, Medien Krieg", Heise-Verlag 2002 - eine weitere in meinem Buch "Verschwörungen,Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11. September", Verlag Zweitausendeins.)Auf die Frage: »Wie hältst du's mit Amerika?« müsste ich mich derzeit als Antibushist offenbaren. Da »Antibushismus« noch kein geläufiger Begriff ist und der »Bushismus« als Gefahr noch nicht allgemein akzeptiert, bedarf die antibushistische Haltung vielleicht einiger Erklärungen. Um es kurz zu machen, könnte man sagen, dass sich der Antibushist zum Antiamerikaner verhält wie der Antizionist zum Antisemiten: Das »Anti« zielt also nicht auf ein Volk, seine Kultur, Werte und Religion, sondern auf eine bestimmte Politik und die Mittel ihrer Durchsetzung.
Da in Kriegszeiten solche Differenzierungen nur Verwirrung stiften, hat Bush II nach dem 11.9. denn auch umgehend klar gemacht, dass man ab sofort nur noch Bushist oder Terrorist sein kann und nichts dazwischen. Damit wurde der Antibushismus gleichsam schon vor seiner Geburt zu einem Unding erklärt. Seit aber die Opfer der Anschläge auf WTC und Pentagon auf afghanischem Boden schon weitaus zahlreicher sind als auf amerikanischem - und der Sheriff nicht aufhört, auf seiner Jagd nach dem ultimativ Bösen Unschuldige platt zu machen -, spätestens seitdem wird aufrechter Antibushimus im globalen Dorf zur ersten Bürgerpflicht.
Unlängst saß ich auf einem Podium zusammen mit einem leitenden Redakteur der "Welt", der die neue Präambel in den Arbeitsverträgen des Springer Verlags, in der die Journalisten eine Ergebenheitsadresse an USA und NATO unterschreiben müssen, eine »Selbstverständlichkeit« nannte. Meinen Einwand, dass sich Bush innenpolitisch derzeit nicht nur verhalte wie Hitler nach dem Reichstagsbrand, sondern auch die »Schriftleiter« heute wie damals stramm stehen, wies er entrüstet von sich. Vielleicht weil er meine antibushistische Haltung mit dem üblichen Antiamerikanismus verwechselte.
Dabei hatte ich meine Weisheit einer Medienanalyse der Columbia University entnommen, die einen entscheidenden Wandel in der US-Kriegsberichterstattung festgestellt hatte: Während sich bei früheren Kriegen die Militärsprecher tendenziell jubelnd und positiv, aber die Medien eher zurückhaltend und kritisch geäußert hätten, seien jetzt die Militärs die Bedenkenträger und die Medien zu »Cheerleaders« geworden. Wer hüpfend und grinsend Fähnchen schwingt, unterschreibt Ergebenheitsadressen an das »Team« natürlich blind. Der Antibushist freilich, der einst aus Amerika »free speech«, »free press« und den Glaubenssatz von den Medien als unabhängiger vierter Gewalt im Staate übernahm, wendet sich mit Grausen.
Die amerikanischen Armeen vergangener Jahrhunderte galten wegen ihrer Freizügigkeit in der Frontberichterstattung als Vorbild für eine moderne Mediendemokratie, aber seit Vietnam gilt eine immer striktere Zensur, und schon Papa Bushs Golfkrieg fand so ziemlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Heute protestiert dagegen nur noch ein einziger Medienvertreter: der Pornozar Larry Flynt (Hustler- Magazin). Der an den Rollstuhl gefesselte Verleger, der sich einst mit einer Prozesswelle um die Freiheit der amerikanischen Bürger, ein Schamhaar in der Zeitung zu betrachten, verdient machte, hat Verteidigungsminister Rumsfeld wegen Behinderung der Frontberichterstattung verklagt.
Wie die besten Hockeyspieler der Welt längst nicht mehr aus dem britischen Mutterland dieses Sports kommen, sondern aus Pakistan, Indien oder Australien, scheinen auch die amerikanischen Tugenden und Werte heute in den Kolonien stärker präsent zu sein als in Amerika selbst. Im Lande selbst haben freie Rede, freie Presse und unabhängige Berichterstattung überlebt: durch Exterritorialisierung ins Internet. Der ganze Rest der Medien freilich übt sich in der größten Gehirnwäscheoperation der Geschichte. So forderte CNN-Chef Walter Isaacson seine Mitarbeiter in einem Memo auf, die Leiden in Afghanistan herunterzuspielen: Es sei »pervers, den Fokus zu sehr auf die Zwischenfälle und das Leid in Afghanistan zu richten«; wenn schon leidende Zivilisten gezeigt werden müssten, dann nur »im Kontext der Terrorattacke, die großes Leid in den USA verursachte«. Der CBS Nachrichtenchef Dan Rather ging noch weiter: »George Bush ist der Präsident. Er trifft die Entscheidungen - und wie es sich für einen Amerikaner gehört: Wo immer er mich haben will, ich reihe mich ein, sag mir nur, wo.«
Nach Ansicht von Andrew Stroehlein, eines kritischen Beobachters des verschwundenen unabhängigen US-Journalismus gehört dieses Statement »zum Erschreckendsten, was von einem leitenden Nachrichtenmenschen in der Geschichte des amerikanischen Journalismus je gesagt wurde«. Der »Führer« jedenfalls hätte an solchen Schriftleitern seine helle Freude gehabt. Und der CBS- Nachrichtendirektor ist beileibe nicht der einzige Medienmacher von derart goebbelsartigem Kaliber - selbstdenkende Kommentatoren und Kolumnisten sind an der Einheitsfront von Patriotismus und Zensur allenthalben abserviert worden. Dass freilich ein »Sittenstrolch« wie Larry Flynt nicht umgehend ins KZ wandert, sondern den Verteidigungsminister immerhin verklagen darf, macht schon noch einen Unterschied aus zwischen Deutschland nach dem Reichstagsbrand und Amerika nach dem WTC-Anschlag.
Andererseits: ausgerechnet Flynt als Held der antibushistischen Bewegung, der sich von einer psychologischen Operation wie den Ereignissen vom 11.9. nicht irre machen lässt und auf der Autonomie öffentlicher Unbewusstseinsbildung besteht - politisch unkorrekter geht's kaum.
Es scheint mir an der Zeit zu sein, für den Politikstil des als »mitfühlenden Konservativen« angetretenen Bush und seine Propagandakompanien einen neuen Terminus zu finden. Wie wär's mit »compassionate fascism«?
Wenn die Entscheidung, wieviel »Schamhaar« der Öffentlichkeit zugemutet werden kann - etwa in Form »obszöner « Opferbilder aus Afghanistan, in Berichten über die langjährigen Geschäftsverbindungen der Familien Bush und Bin Laden, über die enge Komplizenschaft der CIA mit dem pakistanischen ISI, den Taliban und den lokalen Heroinbaronen, über die Rolle von Unocal, Haliburton und anderer Konzerne in Piplineistan -, wenn die Recherche- und Veröffentlichungsentscheidung über solche Fakten nicht unabhängigen Berichterstattern unterliegt, sondern den Direktiven des Propagandaministeriums und seiner Cheerleader, dann ist das Bushismus in Reinkultur.
Wenn ein nationaler »double standard« der Gerechtigkeit für Inländer und Ausländer, für »Kriegsgefangene« und »Kombattanten«, beschlossen wird, und Abgeordnete vor den TV-Kameras freudig bekunden, dass sie die einzelnen Paragraphen des »Patriot Act« gar nicht gelesen, aber »selbstverständlich « zugestimmt hätten - that's bushism.
Wenn der »Freedom Of Information Act« im Handstreich außer Kraft gesetzt wird ( Justizminister Ashcroft stellte es im Dezember 2001 allen Behörden frei, Ersuchen nach Aktenfreigabe unter Hinweis auf die »nationale Sicherheit« abzulehnen), die Veröffentlichung von Präsidentenakten aus der Ära Reagan/Bush und der Iran-Contra-Affäre unterbunden wird (von Bush II im November 2001), die Aufklärung der Enron-Korruption des Weißen Hauses unter Hinweis auf die »nationale Sicherheit« blockiert wird (so Dick Cheney im Januar 2002), dann ist das bushistische Geheimpolitik.
Dabei kommt einem Martin Luther King in den Sinn: »Bedenkt immer, dass alles, was Hitler getan hat, legal war!«
Es gibt jetzt »keine Republikaner und Demokraten, sondern nur noch Amerikaner«, so Bush II in seiner »Achse des Bösen«-Rede, frei nach Kaiser Wilhelm vor dem Ersten Weltkrieg.
Seit ich den Antibushismus als Haltung entdeckt habe, verstehe ich besser, warum bei Äußerungen wie dieser mein Frühstück den Rückwärtsgang einzulegen droht: Als Mitte der 50er Jahre in der ehemaligen US-Zone geborener Deutscher bin ich wahrscheinlich einfach amerikanischer, als es das Imperium in Washington derzeit erlaubt. Kein Wunder eigentlich, war doch die Bundesrepublik dank Nürnberger Prozesse und Marshallplan der treueste und dankbarste Vasallenstaat der USA. Der vorbildlich demokratische Onkel Sam bescherte uns die ersten Kaugummis, Colas, Levi's-Jeans - »Texas-Hosen« nannte sie meine Großmutter -, und die GIs brachten nicht nur Camels und Marlboros, sondern später auch Jimi Hendrix-Platten und Marihuana. Auf AFN lief die Wolfman Jack Show - wer hörte da noch deutschen Rundfunk?
Lange Haare, Sit-Ins, Demos, Happenings . . . alles Direktimporte aus den USA - eine Kultur, die den militarisierten Teutonen den Stechschritt austrieb, die Autoritätshörigkeit, die Führermentalität. Bob Dylan: »Don't follow leaders,watch the parkingmeters!«, Timothy Leary: »Question authority! Think for yourself !«, Little Richard: »A Wop Bopa Loo Bop . . .« Die Wiedertäufer, die unsere Körper alphabetisierten und den Geist zum Tanzen brachten, sie kamen aus Amerika; und sie impften den Kindern der Generation Stalingrad eine Dosis amerikanischer Werte ein - Freiheit, Demokratie, Selbstverantwortung -, die sie immun machen sollte gegen jeden Faschismus. Und gegen den Antiamerikanismus. So waren wir mit Kerouac »on the road«, weinten im Kino vor Wut, als die Bushisten die »easy rider« Dennis Hopper und Peter Fonda abknallten - und wurden zu amerikanischen Patrioten, ohne je einen Fuß in dieses Land gesetzt zu haben.
Dass hinter den Kulissen damals schon ein ganz anderer politischer Film lief, dass mit den Morden an den Kennedys und Martin Luther King ein bushistischer Putsch eingesetzt hatte, dass die Politik Amerikas seitdem dabei war, sich von den Werten und der Kultur, die uns in der westdeutschen Kolonie gerade infiziert hatten, immer weiter zu entfernen - all dies war damals für mich noch nicht zu erkennen. Dass die Studenten bei den Vietnam-Demos »USA-SA-SS« skandierten, leuchtete mir dennoch ein: ein verarmtes Volk von Reisbauern mit Napalm zu bombardieren - nazimäßiger schien es ja kaum zu gehen. Dass der bewunderte Kulturbringer und Befreier vom Faschismus nun selbst seine »imperialistische Fratze« zeigte, konnte den Glauben an die amerikanischen Werte freilich nicht erschüttern. Unter dem Motto »come together« kandidierte Tim Leary bei der kalifornischen Gouverneurswahl gegen Ronald Reagan und unterlag; die Beatles aber - dank amerikanischem Geist (und LSD) von britischen Proll- und Speed-Rockern zu kosmopolitischen Kulturköpfen gereift - machten aus seinem Motto und Programm einen Welthit. Kulturell siegten die amerikanischen Werte weltweit auf der ganzen Linie - politisch aber verkehrten sich die Verhältnisse im Land in ihr Gegenteil. Was mit dem Kennedymord begann, setzte sich über Reagan und Bush I fort und erlebt mit Bush II seinen vorläufigen Höhepunkt. 83 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung - seit Roosevelt im Zweiten Weltkrieg erzielten Präsidenten solche Quoten nur in totalitären Staaten.
»Wer heute eine vernünftige faschistische Diktatur schaffen wollte, würde dafür wohl das amerikanische Modell wählen«, wird Noam Chomsky , einer der letzten Weisen des alten antibushistischen Amerikas, zu wiederholen nicht müde. Wie das »amerikanische Modell« aussieht, führt Bush II uns derzeit vor: »freie Wahlen«, an denen zwei Drittel der Bevölkerung nicht einmal teilnehmen, Wahlfinanzierungs- und Auszählungsmethoden wie in der letzten Bananenrepublik, Gleichschaltung des öffentlichen Unbewusstseins und der Medien durch einen unerhörten Terrorakt, Ausrufung des Ausnahmezustands und der Mobilmachung, umgehende Benennung des Feinds, der unheimlichen Bedrohung, die von ihm ausgeht, und der Maßnahmen, die dagegen ergriffen werden.
Was dann geschah, hat Mark Twain, ein anderer Weiser der alten amerikanischen Kultur - und Frontberichterstatter des us-amerikanischen Kubakriegs unter Teddy "The Rough Rider" Roosevelt -, schon 1916 beschrieben:
»Als nächstes wird der Staatsmann billige Lügen erfinden, die die Schuld der angegriffenen Nation zuschieben, und jeder Mensch wird glücklich sein über diese Täuschungen, die das Gewissen beruhigen. Er wird sie eingehend studieren und sich weigern, Argumente der anderen Seite zu prüfen. So wird er sich Schritt für Schritt selbst davon überzeugen, dass der Krieg gerecht ist und Gott dafür danken, dass er nach diesem Prozess grotesker Selbsttäuschung besser schlafen kann." ('Der geheimnisvolle Fremde,' 1916)
Wenn die Footballstars vor dem Superbowl-Match Sätze aus der Verfassung vorlesen, wird das sie und ihr Millionenpublikum auch besser schlafen lassen, obwohl die »Gänseblümchenpflücker « der Air-Force-Geschwader derweil weiter Zivilisten in Afghanistan schlachten. Währenddessen ist es für Medien und Kongress nicht einmal mehr eine Frage, warum am 11. September alle Air-Force Geschwader am Boden blieben und eine entführte Maschine in aller Seelenruhe aufs Pentagon zusteuern ließen. Während also die Aufklärung des Kriminalfalls vom 11.9. - die Ermittlung der wahren Vorgänge, Täter und Hintermänner - im Nebel des Kriegs verschwindet, wird auch die konkrete Personalisierung des Bösen in Gestalt von Osama Bin Laden zunehmend unwichtig und weicht einer abstrakten Weltverschwörung durch eine »Achse des Bösen« und den »Terror« überhaupt. Wer wird, nach dem Schock vom 11. September, nicht glauben, dass ein Krieg gegen diesen Terror gerecht ist? Die groteske Selbsttäuschung besteht unterdessen darin, dass der jetzt in Afghanistan und demnächst gegen die »Achse des Bösen« geführte Krieg wirklich gegen den Terror gerichtet ist. Bisher wurde jedenfalls keiner der Täter des 11. September gefangen, dafür aber Tausende unschuldige Zivilisten ums Leben gebracht.
Waren das noch Zeiten, damals im Dezember 2000, als Dabbeljus politische Vision - »Wenn dies eine Diktatur wäre, wäre es ein ganzes Stück leichter, zumindest solange ich der Diktator bin« - für Erheiterung im Publikum sorgte. Angesichts des Schocks vom 11.9. stimmen ihm die meisten jetzt sogar zu, wenn der die »homeland security« dem Militär unterstellt. Und 91 Prozent der Befragten unterstützen bei www.vote.com die größte Aufrüstung der Waffenarsenale seit dem Zweiten Weltkrieg - und die gigantischste Neuverschuldung seit den fatalen »Reagonomics«, die Amerika vom größten Gläubiger der Welt zum größten Schuldner machten.
Jetzt kann der in der Clinton-Ära gerade wieder auf Konsolidierungskurs gebrachte Großpleitier USA dank des neuen Megafeinds »Terror« dem ohnehin desaströsen Weltschuldenkarussell ungestraft weiter Billionenlasten aufdrücken und die Rezession mit »war business« auf Pump überspielen. Dass die bushistische Ökonomie - Steuersenkungen hier, Aufrüstung da - nicht aufgehen kann, versteht zwar jedes Kind, der Psychoschock des WTC-Crashs sitzt aber so tief, dass selbst die Anwendung der Grundrechenarten die komplexe Lage nur weiter verwirrt und man sich lieber in grotesker Selbsttäuschung an den Leithammel hält. Dass Bush II über Nacht vom kaum ernst genommenen Halbintelligenzler zum weisen Führer der zivilisierten Welt aufstieg - auch dies verdankt sich allein der Nachhaltigkeit der Katastrophe.
Doch keine Frage: Der Mann ist sympathisch. Dass er sich verspricht und manchmal dummes Zeug redet, dass er sich vorm Militär gedrückt, lieber einen getrunken und gekokst hat, dass er als Geschäftsmann eher ein Loser war - all das verschafft dem Präsidenten als Mann des Volkes Sympathiepunkte. Dass ihn die multiple Herausforderung von Fernsehen, Football, Bier und Brezel bisweilen überfordert - auch das bringt ihn den Herzen der Wähler näher, als es sein spröder Vater war. Das Allzumenschliche rettet ihn nicht nur vor Enrongate - sein Vorgänger, der vergleichsweise unsympathische Clinton, wurde wegen vergleichsweiser Lappalien skandalmäßig da ganz anders gejagt -, es macht Bush II auch zum idealen Präsentator der beinharten geopolitischen Machtpolitik,zu der kluge CIA-Köpfe wie Brzezsinki ("Die einzige Weltmacht") und Huntington ("Kampf der Kulturen") - eingedenk ihrer machttheoretischen Vorbilder von Machiavelli bis Carl Schmitt - das Drehbuch geschrieben haben. Der Plot vom 11.9., wer immer für dessen Durchführung verantwortlich war, hat diesem hemdsärmligen Söhnchen von nebenan eine Souveränität beschert, wie sie kein Imperator der Geschichte je für sich in Anspruch nehmen konnte.
Aber der Antibushismus verschanzt sich nicht in einem Kleinbonum, sondern ruft zum Kampf gegen die »Römer« auf, auch wenn der ohne mirakulösen Zaubertrank so gut wie aussichtslos ist. Kaiser Bush wie auch sein Falke Wolfowitz haben mehrfach deutlich gemacht, dass es »either with us or with the terrorists«, nur entweder /oder, geht. Wenn es aber gemeinsam gegen den Terror gehen soll, muss die globale Gemeinschaft ihrem Weltsheriff klar machen, dass er mit »Dead or Alive«-Texasmethoden nicht weit kommt.
Es muss unabhängige internationale Gerichte geben, die seine Polizeiarbeit überwachen. Terrorhäfen wie Saudi-Arabien und Israel können nicht ausgespart bleiben, nur weil der Sheriff dort Geschäfte macht. Die Heroin- und Kokainproduktion zur Finanzierung von Hilfssheriffs kann künftig ebensowenig geduldet werden wie Koranschulen und Terrorlager zu ihrer Ausbildung. Die notorische Öl-Sucht, die die USA zu einem rasenden, gewalttätigen Junkie gemacht hat, kann geheilt werden. Kurz: Die globale Pax Americana hat - anstelle einer bushistischen New World Order - nur dann eine dauerhafte Chance, wenn sie nicht mit Gewalt und in Konkurrenz zum Rest der Welt, sondern in Kooperation mit ihr entsteht.
Die amerikanischen Werte, die den Deutschen einst den Faschismus austrieben, scheinen als kulturelle und ethische Plattform dazu bestens geeignet. Ebenso wie die ökonomischen und geldwirtschaftlichen Prinzipien, die von 1945 - 1965 der westlichen Welt tatsächlich so etwas wie »Wohlstand für alle« brachten. Die Bodenlosigkeit des Casino-Kapitalismus der »Junk Bonds« und »Derivate« indessen, dem die Loslösung des Dollars vom Goldstandard in den 70er Jahren Tür und Tor geöffnet hat und der uns aktuell die Gigapleite des Megazockers Enron sowie des aufgeblasenen Telekomriesen WorldCom beschert - dieses Sinnbild der kriminellen, korrupten und asozialen Qualität bushistischer Ökonomie kann niemals ein Modell für die globale Wirtschaft werden.
Gegen diese Art von Raubrittertum, da sind sich auch die zaghaftesten Antibushisten einig, hilft nur die »Methode Obelix«: »Wir beginnen mit den Frischlingen, leiten über zu den römischen Patrouillen und kommen schließlich zu den Wildschweinen.«
Mathias Broeckers
Mai 2002