Profiteure der Prohibition

Die FAZ berichtete am Montag  ebenso sachlich wie ausführlich aus dem “Land des Lächelns”, dem US-Budensstaat Colorade einen Monat nach der Legalisierung von Cannabis, in der Schweiz läßt die “Eidgenössische Kommission für Drogenfragen” (EKDF) ein neues Regulierungskonzept ausarbeiten, ein solches Uruguay hat als erster Nationalstaat der Welt bereits schon beschlossen, der Deutsche Hanfverband gewinnt bei einem Mainstream-TV-Sender  eine Castingshow und eine Million Euro für den Kampf gegen die Hanf-Prohibition…. nach Jahrzehnten der Tabuisierung scheint der Bann, mit dem der böse Zauberer Harry Anslinger  die Hanfpflanze vor mehr als  70 Jahren belegte, langsam aber sicher zu brechen.

Anslinger war natürlich kein Zauberer, sondern nur ein tüchtiger Bürokrat und der erste “Drogenzar” der USA,  doch die Anti-Hanf-Kampagne, die er mit Hilfe des Pressemagnaten Hearst und Geld des Chemiekonzerns Dupont entfachte, hatte ohne Frage magische Qualität und muß zu den erfolgreichsten Desinformations,- und Propaganda-Operationen aller Zeiten gezählt werden.  Sie spukt bis heute in vielen Köpfen herum – und wie zu Anlingers Zeiten finden die Behörden noch immer willige Experten und Gutachter, die ihnen die Richtigkeit der Prohibtion “wissenschaftlich” bestätigen.  Und der große Fleischtopf des einst von  Harry Anslinger auf den Weg gebrachte  International Narcotics Controllboard (INCB) bei den “Vereinten Nationen”,  an dem sich heute Bürokraten aus aller Welt laben, sorgt dafür, dass Offizielle in jedem Land der Welt den Anfang vom Ende der Hanfverbote “mit großer Sorge” o.ä.  kommentieren und kritisieren. Die Drogenverfolgung ist ihr Business und Hanf, solange er auf dem Index steht und die meist konsumierte illegale Substanz weltweit ist, eine Säule ihres Geschäfts. Und so will das INCB ganz im Geiste seines manischen Gründervaters Anslinger die Hanf-Prohibtion nicht einmal für medizinische Zwecke aufgehoben wissen.

Auch wenn die Herren der INCB-Zentrale in Wien also wohl die letzten sein werden, die die weiße Fahne für ein Ende des Drogenkriegs hissen – umhin kommen werden sie über kurz oder lang nicht. Selbiges gilt auch für die hiesigen Politiker und Bürokraten, die zwar noch einige Jahre mit gezogener Hanfbremse weiter fahren und die Prohibition als “alternativlos” erklären können, doch die schon erwiesenen und künftig noch deutlicher absehbaren Erfolge von Entkriminalisierung und Regulierung des Markts machen die Alternativen zunehmend unübersehbar und unleugbar. Die wissenschaftlichen Experten für Recht und Ordnung in Deutschland – die Strafrechtsprofosseren – haben das schon erkannt und einen dringenden Appell an die Bundesregierung verfasst, das geltende Betäubungsmittelgesetz zu reformieren. Die GroKo aus CDU, CSU und SPD hat indessen keinerlei Reformpläne in ihren Koalitionsvereinbarungen und so steht zu erwarten, dass für die gescheiterte Drogenpolitik nur ein dumpfes “Weiter so!” und keinerlei Besserung in Sicht ist.

Es sei denn, ein mutiger Jurist vom Schlage eines Wolfgang Nescovic, der sich als Berufungsrichter des Lübecker Landgerichts Anfang der 90er Jahre weigerte, weiter nach den wissenschaftlich widerlegten Grundlagen des Betäubungsmittelgesetzes Urteile zu fällen und das BtmG auf den Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts brachte, bringt 20 Jahre nach diesem “Haschisch-Urteil” die höchsten Richter erneut dazu, die Angemessenheit strafrechtlicher Bestimmungen in Sachen Cannabis erneut zu überprüfen. Anders als mit einem energischen Wink aus Karlsruhe wird das Zentralkommitee der GroKo-Einheitspartei nur schwer zu bewegen sein, von der gescheiterten Politik des Verbietens, Verfolgens und Verhaftens Abstand zu nehmen.

“Sicherlich ist Marihuana eher harmlos. Aber die Sache war ein Beispiel dafür, dass ein Verbot die Autorität des Staates stärkt”, bekundete Harry Anslinger am Ende seiner Karriere, nachdem schon aktenkundig geworden war, dass 95 % der “zweifelsfreien Quellen”, die er für die nationale und internationale Durchsetzung der Hanf-Prohibition angeführt hatte,  aus Boulevardzeitungen stammte. Auf einem Niveau, von dem sich die Verbotspolitik bis heute kaum entfernt hat, was recht einfach erkennen ist, wenn man etwa die (voodoo-)wissenschaflichen Weisheiten des Prof. Dr. Rainer Thomasius, einem als “Experten” immer wieder gehörten Prohibitionisten, überprüft: “Die Einstiegsdrogentheorie ist zwar nicht belegt. Aber widerlegt ist sie auch nicht.” Was für die Jungfrauengeburt natürlich ebenso gilt wie für kleine grüne Männchen vom Mars…

Die eigentlichen Profiteure des “war on drugs” sind freilich nicht solche stets vorhandenen professoralen Mietmäuler, sondern eher die auf untenstehendem Cartoon abgebildeten Herrschaften. Sowie eher kleine Fische wie der Discounter Lidl, der dieser Tage die Fachbücher für den Indoor-Anbau aus seinem Online-Shop zurückzog, als das Angebot ruchbar wurde. Ebenso erschrocken reagierte der Elektrokonzern Philips, nachdem ihm ein TV-Bericht vorgworfen hatte, mit seinem “Greenpower”-LED-Lampen illegale Cannabiszüchter zu beliefern  – worauf das Unternehmen bekundete, dass man Endkunden in der Cannabiszucht nicht beliefere,  und die „Greenpower“-Lampen im Philips-Prospekt zum „City Farming“ ausschließlich zur wachstumsfördenden „Tageslichtverlängerung“ bei der Erdbeer-, Gurken- und Tomatenzucht beworben werden.

Nun kann ein Lampenhersteller genausowenig kontrollieren, ob unter seinen Lampen Gurken oder Marihuana wachsen, wie ein Messerproduzent, ob sein Produkt zum Mittagessen oder zum Mord verwendet wird. Warum also ein solcher gigotter und schreckhafter Alarm um Lampen, unter denen auch Gurken wachsen, oder um Bücher, die in jedem Buchladen erhältlich sind ?  Es scheinen dies noch immer Nachwirkungen Anslinger-Ära zu sein – und es wird Zeit, diesen Bann endlich zu brechen. Und den großen und kleinen Profteuren der Prohibition das Handwerk zu legen. Denn wenn der Anbau zum Eigenbedarf legal wird, braucht es weder spezielle Bücher noch besondere Lampen: Sonne, Erde, Wasser und ein Hanfkorn im Blumenkasten reichen dann völlig aus.

 

31.01.14 15:53-Bildschirmkopie

7 Comments

  1. Ich halte ebenfalls die gegenwärtige Verbotspolitik für einen fatalen Fehler. Andererseits wird sich zeigen, wie sich die Situation bezüglich der Alkohol- und Drogenabhängigen entwickelt. Ich sehe diese Menschen beruflich als Patienten, und das ist nicht lustig.

  2. Danke Herr Broeckers, wie immer ein sehr ausführlicher und sachlicher Bericht. Die Bücher, Die Drogen Lüge sowie auch Hanf, sind wirklich zu empfählen. Alle Pflanzen die unter den Namen “Droge” verdeckt werden, sollten sofort frei gegeben werden. Niemand hat das Recht einem eine Pflanze, ein Gewächs aus Gottes Natur, zu verbieten. Geschweige den die argen Strafen die deswegen ungerecht verteilt werden. Es ist ein Skandal.

  3. “Denn wenn der Anbau zum Eigenbedarf legal wird, braucht es weder spezielle Bücher noch besondere Lampen: Sonne, Erde, Wasser und ein Hanfkorn im Blumenkasten reichen dann völlig aus.”

    Diese Argumentation finde ich nicht gelungen. Denn wenn Cannabis legalisiert wird, wird es zuerst auf dem medizinischen Weg, dann auf Ebene der Cannabis-Social-Clubs (wie in Spanien) geschehen. Ich vermute der Staat wird dann auch eine zulässige Grenze für die Aufzucht von Pflanzen (Indoor) festlegen – womit man wiederrum auf diese Grow-Led und Growbirnen angewiesen ist. Mit der Argumentation, dass große Elektro-Firmen und große Discounter Verluste machen ist dem Hanf nicht geholfen. Im Gegenteil, diese Firmen werden dann vehementer auf Prohibition setzen u. diese gegebenenfalls finanziell unterstützen. Auch wenn die Prohibition über kurz oder lang nicht mehr aufrechtzuerhalten ist.

    Meine Vorschlag “Man muss den anderen Firmen die sich nicht verhalten haben wie Phillips oder Lidl erklären, dass eine Entkriminalisierung ihr Schaden nicht sein wird. Wenn es erstmal legal wäre Indoor zu züchten, würden auch die Verkaufszahlen (wegen der Technik und dem Know-How das gebraucht wird) steigen. Nur sollten dann Cannabis-User nicht vergessen wer ihnen in die Suppe spucken wollte und die Querulanten und Angsthasen (Phillips sowie Lidl) konsequent boykotieren.

  4. Hallo Herr Bröckers,
    gerade habe ich in einem Artikel der New York Times entdeckt, dass aufgrund der sich verschärfenden Dürre im Südwesten der USA medizinisches Marihuana, d.h. Hanf, ins Visier von “Staatsschützern” geraten ist:

    “Severe Drought Has U.S. West Fearing Worst
    By ADAM NAGOURNEY and IAN LOVETTFEB. 1, 2014

    The crisis is unfolding in ways expected and unexpected. Near Sacramento, the low level of streams has brought out prospectors, sifting for flecks of gold in slow-running waters. To the west, the heavy water demand of growers of medical marijuana — six gallons per plant per day during a 150-day period — is drawing down streams where salmon and other endangered fish species spawn.”
    http://www.nytimes.com/2014/02/02/us/severe-drought-has-us-west-fearing-worst.html?_r=1

    Hier das Dokument, das das nachweisen soll: http://co.humboldt.ca.us/board/agenda/questys/mg218885/as218921/ai224352/do224464/bosagendaitem.pdf

    Da steht drin: “Industry accounts documents a 150 day watering period, at 6 gallons per plant per day, totalling 900 gallons per plant per season”. Also nur Wischiwaschi-Nachweise.

    Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen wie eine einzige Hanfpflanze, dieser lange Stengel an einem einzigen Tag sechs Gallonen, d.h. ca. 23 Liter Wasser verbrauchen soll. Das sind mehr als vier Eimer voll. Leider habe ich ihr Buch noch nicht, aber ich hatte anderswo gelesen, dass Hanf im Gegensatz zur Baumwolle nur mäßig Wasser benötigen soll.
    23 Liter Wasser halte ich selbst für einen Quadratmeter Pflanzen für zuviel (=23mm Niederschlag), auch im subtropischen Klima.

  5. Was ich noch zum Thema Marihuana loswerden wollte: Es ist schon erstaunlich welche Energie und welchen Einsatz die Polizei beim Aufdecken von “illegalen” Hanfplantagen aufwendet (gemeinsam mit z.B. Stromversorgern oder Landwirtschaftsüberwachungsfirmen mit Hilfe von Satelliten). Man könnte angesichts der sonstigen bescheidenen Ausstattungen (bis auf die Autos) bei der Polizei und deren sonstigen bescheidenen Erfolge (Herrhausen, Rohwedder, Buback, Beckurtz, NSU-Morde etc.) schon irgendwie auf die Idee kommen, dass es da ein eigenes Budget gibt, um den Drogenanbau klein zu halten bzw. den Marktpreis hoch.

  6. Jemand, der auch mit DEM Howard Marks (Mr.Nice) zu Tisch war, hatte mir mal eine “nette” Geschichte erzählt:
    Bekannte von ihm hatten Kiloweise Gras über die NL-Grenze in den Ruhrpott geschmuggelt. Bis eines Tages ein einzelner Polizist in Uniform bei deren Wohngemeinschaft klingelte. Der forderte diese auf, den Hanfhandel zu stoppen. Nicht, weil es illegal ist und der “Bulle” seinen Job machen muß. Sondern, weil durch ihren Handel andere Dealer Probleme bekamen, ihr (teueres) Gras dort abzusetzen. Der Polizist machte soviel Eindruck, daß diese ihr lukratives Zweit-Hobby sein ließen.
    Der Deutsche Staat = Mafia.

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