Olaf Scholz will laut ZDF Sonntagsgespräch in der Ukraine “zügiger zu einem Frieden” kommen. Ein guter Plan, könnte man sagen, wären da nicht gleichzeitig laut Website der Bundesregierung weitere Lieferungen von 20 Schützenpanzern MARDER und 77 Kampfpanzern LEOPARD neben vielem anderen Gerät “in Vorbereitung/Durchführung”. Darunter auch das neue IRIS-T Luftverteidigungssystem, das jetzt für die Bundeswehr feierlich in Dienst gestellt wurde, nachdem es sich laut Scholz schon als “Schutzwall” in der Ukraine bewährt hat. Klingt gut, ist aber nicht richtig: wie die amerikanische PATRIOT hat auch IRIS gegen die hyperschnellen russischen Raketen keine Chance. Das haben zuletzt die Attacken auf die Militärschule in Poltawa und Ziele in Lviv/Lemberg und anderen Orten, wo sich NATO-Ausbilder und Berater aufhielten, gezeigt. Schon gegen eine “kleine”, mit Mach 6 anfliegende IKSANDER gibt es keine Verteidigung, und gegen KINZHAL (Mach 10) und AVANGARD (Mach 20) schon gar nicht. Lesern dieses Blogs ist die Existenz dieser Raketen seit Jahren bekannt und nicht erst seit letzter Woche wurden sie gegen Militärziele, darunter etliche PATRIOT,-und IRIS-Syteme, in der Ukraine erfolgreich eingesetzt. Dennoch will Deutschland nicht nur 17 weitere IRIS-Systeme in die Ukraine liefern (Stückpreis 140 Millionen Euro) – auch wenn sie von einer russischen Lancet-Drohne (Stückpreis ca. 30.000 Euro) mühelos verschrottet werden kann – sondern mit Massen von diesen teuren Geräten auch einen “European Sky Shield” aufbauen. Prima Idee, aber nur wenn den Russen die Raketen ausgehen, da sie schon seit letztem Jahr Chips hat für ihre Raketen “aus ihren Waschmaschinen” (U.v.d.Leyen) plündern müssen. Ansonsten aber in etwa so hilfreich wie ein Maschendrahtzaun als Moskitonetz, also milliardenteurer High-Tech-Schwachsinn, den “Olaf der Dumme” (Gilbert Doctorow) und sein Oberkanonier Pistolius hier in Aussicht stellen – Ronald Reagans Star Wars Programm lässt grüßen.
Westliche Waffensysteme “sind auf dem modernen Schlachtfeld nicht überlebensfähig”, sagt Scott Ritter – der als ehemaliger UN-Waffeninspekteur etwas vom Fach versteht, anders als die Laptop-Bomber und Schreibtischgeneräle in Politik und Medien, die eine “Wunderwaffe” nach der anderen hochjubeln, die dann in der Realität des Kriegs versagt. Weil es dort vor den Wunderdingen auf dem Papier (Reichweite, Feuerkraft etc.), mit denen man sich dem Feind technisch überlegen glaubt, auf Zuverlässigkeit, Funktionalität, Wartungsarmut, Wetterfestigkeit und Nachschub ankommt. Die jetzt als neuester “game changer” gehypten F-16-Jets benötigen pro Flugstunde 17 Stunden Wartung und geschultes Fachpersonal, das in der Ukraine kaum vorhanden ist, weshalb sie aus Polen oder Rumänien starten und dorthin zurück müssten. Weil die F-16 potentiell nuklear bestückt sein können hat Russland angekündigt, dass bei ihrem Auftauchen auch die Startflughäfen mit einem Besuch von Mr.Kinzhal rechnen müssen; zu mehr als zu einer solchen Eskalation kann ihr Einsatz nicht führen, schon gar nicht zu einer Wende in diesem verlorenen Krieg.
Dass eine Niederlage der NATO und ihrer ukrainischen Proxy-Armee unausweichlich ist, scheint auch bei Olaf Scholz langsam durchzusickern, wenn er nicht mehr von “Entscheidung auf dem Schlachtfeld” redet, sondern “zügig zu einem Frieden” kommen möchte, zu Verhandlungen, bei denen “auch die Russen mit dabei” sein sollen. Statt für PR-Aktionen bei Pseudo-Verhandlungen wie unlängst in der Schweiz dafür sorgen zu wollen, das beide Konfliktparteien wieder am Tisch sitzen, ist immerhin ein Fortschritt; wenn der Kanzler jetzt auch noch kapiert, dass Zelenskys Gaga-“Friedenspläne” illusorisch sind, könnte es sogar etwas werden mit einer “zügigen” Friedensmission. Zuvor aber müssten die Waffenlieferungen gestoppt werden, damit das grauenhafte Gemetzel endlich endet. “Frieden schaffen mit immer mehr Waffen!” ist keine Lösung, und schon gar nicht mit “Long Range Missiles”, die Washington jetzt an Kiew liefern will, um damit Ziele im russischen Kernland anzugreifen. Was heißt: die Kriegsherren wollen weiter eskalieren und Deutschland als zweitgrößter Sponsor des Spektakels wird da nicht ausscheren: der Zug “Friedenskanzler” ist für Olaf “Zeitenwende” Scholz abgefahren, ihm bleibt mit seiner Außenministerin kaum mehr als eine “360-Grad-Wende”. Also weiter als führender Vasall dem Hegemon die Taschen stopfen, dort reichlich zweitklassige Waffen zu Höchstpreisen beziehen, sich die wichtigste Energieader ab,- und das teuerste Flüssiggas der Welt an-drehen zu lassen und in “dienender Führungsrolle” (R.Habeck) den Krieg weiter zu fördern und den Industriestandort Deutschland an die Wand zu fahren.
Nun habe ich Olaf Scholz ja immer noch für einen der Vernünftigsten gehalten in diesem rot-grün-gelben Gruselkabinett ( siehe hier das Video “Obmachtlos”, aus dem auch das Foto oben stammt). Der Mann war schließlich mal Juso, hat sich mit dem US-Imperialismus und seinen Methoden beschäftigt ebenso wie mit denen des Großkapitals, kennt die Ostpolitik Willy Brandts und Egon Bahrs, das standing Helmut Schmidts im “Erdgasröhrengeschäft” und weiß auch, dass ein Vizekanzler Fischer sofort mit in den Irakkrieg gezogen wäre, hätte nicht ein Gerhard Schröder derlei “Abenteuer” gestoppt. Scholz weiß also, dass man als sozialdemokratischer Kanzler – auch mit olivgrünen, transatlantischen Stiefelleckern als Vize – durchaus aufstehen und im deutschen Interesse dem Imperium die bedingungslose Gefolgschaft verweigern kann. Warum er es nicht tut und lieber die einst große SPD in Sachsen zur Kleinpartei schrumpfen lässt, ist rätselhaft. Zumal die Themen, mit denen die Oppositionsparteien entscheidend gepunktet haben und weiter punkten werden – Migration (AFD) Krieg (BSW) – für einen echten “Friedenskanzler” zusammen auf die Agenda gehören: wer mit der NATO und den USA permanent Kriege führt, Länder zerstört, Chaos anrichtet und Millionen in die Flucht treibt, produziert Migrantenströme; wer mit militarisierter Außenpolitik Milliarden verschwendet sorgt für für Unsicherheit im Inneren und wer in seinem Land nukleare Raketen stationiert macht sich zur Zielscheibe solcher Waffen. Also raus aus diesem “Sicherheitsbündnis”, das keine Sicherheit schafft, sondern nur wie der Schutzgeldeintreiber eines Mafia-Paten agiert – und hinein in ein neues Sicherheitsbündnis der europäischen Länder, unter Einbeziehung Russlands! Kein neuer Eiserner Vorhang Richtung Osten, kein permanenter Krieg, sondern Handel und Wandel mit der neuen multipolaren Welt.
Vor zehn Jahren – der Krieg in der Ukraine hatte schon begonnen, das Putsch-Regime in Kiew ging militärisch gegen die oppositionellen Bürger im Osten des Landes vor und die us-amerikanischen Armdrücker und IWF- “Hitmen” hatten Bulgarien gerade dazu gezwungen, die schon im Bau befindliche “South Stream”-Pipeline zu stoppen – hatte ich hier geschrieben: “Nach den von Washington angezettelten und durchgesetzten Sanktionen, mit denen sich die EU ins eigene Fleisch schneidet, ist das Ende von “South Stream” nun ein weiterer Schritt, mit dem sich Europa schwächt um der anglo-amerikanischen Dominanzdoktrin – Konfrontation und Kontrolle Russlands – Folge zu leisten.” Unter dem Titel “Armes Europa – South Stream versiegt” hatte nicht nur ich auf die drohende Gefahr einer solchen Konfrontation benannt, bei der Europa zum “nuklearen Schlachtfeld” würde, sondern auch einen ebenso “bescheidenen” wie geopolitisch weitreichenden Vorschlag präsentiert, den Pepe Escobar damals gemacht hatte. Nach zehn Jahren sinnlosem Gemetzel ist er aktueller denn je:
“Im Wesentlichen ist es sehr einfach. Es liegt an Deutschland. Und es dreht sich alles darum, Stalin rückgängig zu machen. Stalin nahm zu Beginn des Zweiten Weltkriegs Ostpreußen aus Deutschland heraus und zog den östlichen Teil Polens in die Ukraine. Die Ostukraine kam ursprünglich aus Russland; sie ist ein Teil von Russland und wurde von Lenin der Ukraine gegeben. Lassen Sie uns also Ostpreußen an Deutschland zurückgeben; der östliche Teil Polens geht an Polen zurück; und der Osten der Ukraine sowie die Krim – die Chruschtschow der Ukraine gab – kehren nach Russland zurück. Jeder bekommt seinen Anteil. Kein Stalin mehr. Keine willkürlichen Grenzen. Das ist, was die Chinesen als “Triple-Win-Situation” definieren. Natürlich würde das Empire of Chaos diese Lösung bis zum Tode bekämpfen; es gäbe kein Chaos mehr, das sich manipulieren ließe, um einen Kreuzzug gegen eine fingierte russische “Aggression” zu rechtfertigen. Der Ball ist in der Spielhälfte Deutschlands.”
Ein sozialdemokratischer “Friedenskanzler”, ein Olaf, der sich nicht länger zum Dummen machen läßt, müsste jetzt für eine solche Politik aufstehen – und ich würde wetten, dass sie nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern mehrheitsfähig ist. Peace!
*
Wenn Sie die Arbeit an diesem Blog unterstützen wollen: kaufen, empfehlen, verschenken Sie meine Bücher. Vielen Dank!
Erschienen am 10. Juni 2024
Mathias Bröckers : Vom Ende der unipolaren Welt,
Fifty-Fifty (Oktober 2022), 288 Seiten, 20 Euro