Als sich im vergangenen März nach einem Telefonat von Trump und Putin Verhandlungen über ein Kriegsende in der Ukraine abzeichneten, hatte ich in der Chronik des “Real Game of Thrones” über “EU-Zwerge im Rüstungswahn” notiert:
“Dass die beiden größten, mit Nuklear-Raketen ausgestatteten Mächte wieder mit einander reden und einen regionalen Konflikt beenden wollen, der zu einem zerstörerischen Weltkrieg eskalieren könnte, ist erstaunlicherweise nicht überall mit Erleichterung aufgenommen worden, sondern vor allem in Europa mit Entsetzen. “Frieden ist gefährlicher als Krieg” verkündete die Regentin Dänemarks und will jetzt dafür sorgen, dass der Krieg unbedingt weiter geht, zusammen mit der “Koalition der Willigen”, die in London zusammengetrommelt wird und für die sämtliche Herolde und Lautsprecher in der Europäischen Union ins Horn blasen. Und Donald als “Verräter” der Ukraine, Europas, der “Demokratie” und der “regelbasierten interationalen Ordnung” porträtieren, weil er ein Kriegsende verhandeln will. Die einst als “Friedensbündnis” gegründete “Europäische Union”, die den permanenten Kriegen unter den Königreichen ein Ende setzten wollte, mutierte gleichsam über Nacht zu einem Kriegsbündnis: wer weiter Nein zum Nuklearkrieg sagt, gilt jetzt als gefährlicher Russlandversteher, wer die orgiastische Verschuldung zur Aufrüstung beklagt als verantwortungsloser Wehrkraftzersetzer, wer verhandeln will als autokratischer Feind der “liberalen Demokratie”.
Diese Bruchstelle zwischen vermeintlichen “Autokraten” (=böse) und vermeintlichen “Liberalen” (= gut) wird in dem Theater über die Verhandlungen, das heißt dem Kampf über die Kontrolle der künftigen “Kolonie” Ukraine deutlich sichtbar: angeführt von den Briten (und ihrer nach wie vor mächtigen “Corporation of London”, dem autonomen “Vatikan” der internationalen Finanzspekulation ) stehen die EU-Krieger (mit Kanada und Australien) auf dem geopolitischen Schachbrett gegen das exzeptionalistische Königreich, das Riesenreich der Russen und die globale Großwerkstatt China.
Die drei Riesen wollen das sinnlose Schlachten in der Ukraine beenden und “Klein-Britannien” hält mit den EU-Zwergen dagegen, Frankreichs “Micron” genannter Mini-Napoleon will sein Dutzend Atomraketen gegen das größte Nukleararsenal der Welt in Anschlag bringen, der kommende deutsche Kanzler und Schwarzfelsen-Bruder Friedrich hat schon gedroht, mit der Wunderwaffe Taurus auf Moskau zu feuern und der deutsche Spionagechef will den Krieg mindestens noch fünf Jahre hinziehen, “um Europa sicherer zu machen”.
Dass Top-Dog Donald dann im August die EU-Chihuahuas zum Schwanzwedeln antreten lies und ihnen klar machte, dass er zwar nicht mehr den Pitbull gegen Russland spielen wird, sie aber weiter kläffen und knurren dürfen, wenn sie brav Waffen bei ihm kaufen, hat die “Koalition der Willigen” schwer frustriert. Dass wo das Können fehlt auch der beste Wille nicht zum Kriegserfolg führen – und sie alleine, ohne Rückendeckung des Imperiums, einfach nichts können – diese Realität ist für die Euro-Zwerge, die in früheren Jahrhunderten einmal große Nummern in der Weltpolitik waren, zu bedrückend, als dass sie für wahr und wirklich gehalten und akzeptiert werden könnte. Entsprechend jaulen sie in ihrem russophoben Realitätstunnel jetzt von Putin als “Raubtier” (v.d.Leyen) , und vom “Raubtier das fressen muss” (Macron). Wer Tyrannosaurus Rex ante portas bemühen muss um seine desaströse Politik zu rechtfertigen ist mit seiner Propaganda definitiv am Ende und im Kindergarten beim Kasper und dem Krokodil gelandet – einem Niveau, das wir hier schon am 18. Januar 2002 registriert haben: “Return of the Kremlmonster”.
Aber etwas anderes als den Tunnelblick auf eingebildete Raubtiere – ihren eigenen Schatten – haben die EU-Eliten nicht mehr zu bieten, schon gar nicht die Vision mit der die EU 2012 mit dem Friedensnobelpreis gekürt wurde. Sie wollen weiter Krieg, um jeden Preis, selbst um den Ruin ihrer Wirtschaft, ihrer Wohlfahrstaats-Reste, ihres gesellschaftlichen Zusammenhalts. Unterdessen fordert Polens Präsident 1,3 Billionen “Reparationen” von Deutschland für den Zweiten Weltkrieg, um damit den Dritten starten zu können, wird Panzer-Uschi von der Leyen, die eine bulgarische Munitionsfabrik besuchen will, mit “Nazi-Frau” -Protesten begrüßt, und verkündet Trump: “Wir geben kein Geld mehr für den Ukraine-Krieg”. Überteuerte Waffen dürfen die EU-Chihuahuas aber gern weiter bei ihm kaufen. Bravere und dümmere Vasallen kann ein Imperator sich nicht wünschen, auch wenn er wie Donald an schwerer Selbstüberschätzung leidet. Und offenbar noch immer glaubt, zusammen mit dieser Gurkentruppe (Bild unten) das imaginäre unipolare Weltreich erkämpfen zu können – gegen knapp 80% der Weltbevölkerung, deren Repräsentanten beim Treffen der Shanghai-Cooperation-Organsiation SCO (Bild oben) nicht nur zum 80. Jahrestag von Chinas Sieg über Japan, den Verbündeten des faschistischen Deutschland, gratulieren, sondern vor allem umfangreiche strategische und ökonomische Vereinbarungen treffen und Bündnisse schließen – für die kommende multipolare Welt, ein Wirtschafts-, Finanz- und internationales Politiksystem, das nicht mehr der Hegemonie der Westens unterliegt.
Dass keine westlichen Vertreter an Chinas Feier des Ende des Zweiten Weltkriegs teilnehmen, sondern sich offenbar entschieden haben, im Schlepptau des US-Imperiums lieber am Dritten Weltkrieg zu arbeiten und China, Russland, Indien zu konfrontieren und mit Sanktionen zu überziehen, statt Kooperationen zu suchen, kann nur als strategisches Armutszeugnis schlechthin gewertet werden. Obama und Biden haben Russland und China enger zusammen gebracht als je in ihrer Geschichte, und Trump mit seiner Zollpolitik dem Duo auch noch Indien beigesellt – was die geopolitischen Großdenker des imperialen Westens (von Mackinder bis Breszinski) im Grab rotieren lassen müsste. Und ihren außenpolitischen Apologeten in London und Washington klar machen, dass sie mit NATOstan gegen den vereinigten Rest der Welt stehen und statt Konfrontation besser Kooperation suchen sollten. Pepe Escobar:
” So sehr wir in der kommenden entscheidenden Woche auch neue Züge auf dem Schachbrett registrieren werden, am Ende kommen wir alle wieder auf das von Mackinder geprägte „The Grand Chessboard“ zurück, wie es der verstorbene Brzezinski skizziert hat.
Vor der Jahrtausendwende befürchtete man, dass eine Allianz zwischen Russland, China und Europa – vor der Konsolidierung der EU – es schaffen würde, Eurasien und damit die Welt laut Mackinder zu kontrollieren.
Nun können wir uns vorstellen, wie der Geist von Mackinder den neuesten Remix von Deep Purples „Made in Japan“ hört – dem größten Live-Rockalbum aller Zeiten, das in den frühen 1970er Jahren aufgenommen wurde … in Asien. In dieser neuen, auf Asien ausgerichteten Welt weisen die wichtigsten Akteure des Globalen Südens bei BRICS/SCO ein mehr als doppelt so hohes BIP wie die USA auf und ebnen den Weg für eine faktische Ablösung des US-Dollars durch die Ausweitung des Handels in ihren eigenen Währungen.
Selbst die vorherige US-Autopen-Regierung, die die Bombardierung der Nord Stream-Pipelines genehmigte – um sicherzustellen, dass Europa von teurem US-Erdgas und nicht von russischem Erdgas abhängig bleibt –, hat das Schachbrett nicht wesentlich verändert. Abgesehen davon, dass Europa serienmäßiges Harakiri begeht, seine eigene Deindustrialisierung vorantreibt und praktisch gesehen als geopolitischer Akteur nun tot ist. Es geht nur noch um das Imperium des Chaos gegen BRICS/SCO.”
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Erschienen am 10. Juni 2024
Mathias Bröckers: Inspiration – Konspiration – Evolution. Gesammelte Berichte aus dem Überall, Fifty-Fifty (Juni 2024), 464 Seiten, 30 Euro










