Dass “etwas faul ist im Staate Dänemark” wird nicht nur erinnert, weil einst der Herrscher dieses Königreichs ermordet wurde, um dem Prinzen Hamlet danach als Geist zu erscheinen und Rache einzufordern, sondern wurde seitdem auch von denen, denen Dänen bekannt sind, oft bestätigt. Ob sich das “something rotten” , wie es im Original des berühmten Schauspiels heißt, auf den heimtückischen Mord oder die mysteriöse Geistererscheinung oder beides bezieht, ist unter Historikern noch umstritten, die Äußerungen der aktuellen dänischen Regentin Mette – nach der “Frieden gefährlicher ist als Krieg” – lassen indessen darauf schließen, dass nicht die Geister, sondern die Staatsführer Dänemarks verrottet sind. Und damit im europäischen Konzert – samt Prachtexemplar “Tony”, dem olivgrünen Brüllaffen der teutonischen Regenbogenkrieger – keineswegs allein, wie wir im letzten Kapitel anhand der willigen Koalition der Unfähigen gesehen haben. Die mittlerweile, wie König Wladimir richtig vorhergesagt hatte, statt weiter über die Verhandlungen der großen Hunde zu kläffen, schon wieder brav mit dem Schwanz Richtung Donald wedeln. Doch der will keine Leckerli mehr rausrücken und hat dem “Grünen T-Shirt” Wolodymyr sogar den kompletten Futternachschub gestrichen, zumindest vorläufig, worauf dieser sich für den ungebührenden Auftritt nochmals entschuldigte und um einen sofortigen weiteren Empfang am Hof bat.
Doch diesen Bußgang wird der Imperator ihm wohl so bald nicht gewähren, selbst wenn er nun eilfertig den Vertrag über die Rohstoff-Tribute unterzeichnen und nicht mehr im Kostüm eines Straßenräubers antanzen will. Zur Unterschrift drängen ihn jetzt auch die EU-Krieger unter Leitung von Klein-Britannien, die kapiert haben, dass der Krieg ohne Unterstützung aus dem exzeptionalistischen Königreich nicht geführt werden kann und ihr Held im “Grünen T-Shirt” dem Untergang geweiht ist. Schon sollen ja Kundschafter des Imperiums unterwegs sein, um vor den seit einem Jahr überfälligen Wahlen den geeigneten Kandidaten für eine Übergangsregierung zu finden, die das Regime Wolodymyrs ablöst und die Verhandlungen König Donalds mit Wladimir nicht länger sabotiert.
Das sehen vor allem die Briten mit Argwohn, denn eine neue Regierung könnte ihren vier Tage vor Donalds Amtsantritt am 16. Januar geschlossenen “100 jährigen Freundschaftsvertrag” mit der Ukraine für ungültig erklären – und damit den britischen Zugriff auf die begehrten Seltenen Erden sowie auf ukrainische Infrastruktur wie Häfen. Ein ehemaliger Diplomat des Vereinigten Königreichs, Craig Murray, sagt dazu:
“Europäische Politiker, die mit russlandfeindlicher Rhetorik Karriere gemacht haben, stehen plötzlich mit nacktem Hintern da. Sie trommeln für den Krieg, drohen mit der Mobilisierung von Armeen, die sie nicht haben, und sind davon überzeugt, dass die Wahrung ihres eigenen Platzes in der sozioökonomischen Hierarchie die Gefahr der nuklearen Auslöschung wert ist. Lachen ist die beste Antwort auf ihre Anmaßung.”
Das gilt fraglos auch für den “Petit Roi” aus der ehemaligen Grande Nation, der unbedingt den Krieg fortsetzen und zwecks “Sicherheit” seinen “nuklearen Schutzschirm” über ganz Europa ausspannen will. Doch dabei ganz vergessen hat, dass ein Cocktail-Schirmchen gegen das hypersonische Gewitter einer nuklearen Supermacht nichts ausrichten kann. Und dass es nichts anderes als ein lachhaftes “Hase und Igel”-Rennen ist, jetzt ein Wettrüsten gegen zwei Riesen – den Rohstoff-Giganten Russland und den Produktions-Giganten China – zu starten. Und bei den Untertanen Angst und Schrecken verbreiten, dass “Europa bedroht” sei, weil der “böse” König Donald dabei ist, mit dem “ultrabösen” König Wladimir Frieden zu schließen.
Und weil er die Kosten für den NATOstan-Zirkus herunterfahren will, dessen Programm ja seit Jahrzehnten gar nicht mehr der Verteidigung des – ungefährdeten – Europas bzw. Nord-Atlantiks dient, wie er es im Namen trägt, sondern diversen – unprovozierten – Angriffskriegen in ganz anderen Weltgegenden. Stets im Interesse des Imperiums, das dafür auch über zwei Drittel der Kosten trägt, die König Donald bekanntlich herunterfahren will, mehr “Schutzgeld” von den Euro-Vasallen fordert und ansonsten schon andeutungsweise droht, den Laden einfach dicht zu machen. Statt aber nun diese brillante Idee aufzugreifen, an einer neuen “Sicherheitsarchitektur” für Europa zu arbeiten und dazu natürlich mit König Wladimir zu reden, will sich Franzosenkaiser Emmanuel – bei den Russen in Anspielung auf seinen bürgerlichen Namen “Micron” genannt – zum Schirmherr eines europäischen Mini-NATOstan aufschwingen und weiter gegen Russland kämpfen. Zusammen mit den Dummdeutschen, die sich von ihren selbst gewählten Regierenden aktuell zu Phantastilliarden von Schulden zwingen lassen, um “kriegstüchtig” unbedingt auch beim Dritten Weltkrieg vorn mit dabei zu sein. Schon grunzt der olivgrüne Gruftie Joschka – Ex-Außenminister und noch immer am Stahlgewitter-Syndrom leidende NATOstan-Schranze – man müsse dringend mobil machen und die Wehrpflicht wieder einführen , und die Kampfblätter titeln: “Europa fordert ein entfesseltes Deutschland”. Weil Klein-Britannien nichts zu bieten hat und der Micron-Napoleon nicht wirklich ernst genommen wird, scheint echter Bedarf an einem deutschen “Führer” vorzuliegen, sowie die große Frage, ob der designierte König Friedrich in diese Fußstapfen treten und die Deutschen entfesseln kann. Was nichts anderes heißt, als die Reste des Wohlfahrtstaats der Kriegswirtschaft zu opfern, um “in fünf Jahren” (so Minister Pistolius) Russland besiegen zu können.
Viele Beobachter in den europäischen Königreichen fragen sich, nachdem ihre Regierenden für diesen “Sieg” schon mehr als ein Million Ukrainer angestiftet und an der Front geopfert haben, welcher Dämon, Teufel oder Rachegeist sie reitet, es nunmehr im Panikmodus immer weiter zu versuchen und – mit ein paar Jahren Anlauf – sogar die eigenen Kinder und Enkel in die Blutmühle zu werfen. Nun gut, scheinen sich die Eurokraten zu denken: wem ich schon qua Geburt als Staatsbürger einen riesigen Schuldenberg auflasten kann, den kann ich bei Bedarf auch im Krieg verheizen, wenn die entsprechende “Gefährdungs”, – und “Bedrohunglage” ausgerufen wird. Was grundsätzlich zwar kein Problem darstellt, weil Heerscharen von Herolden und Lautsprechern, sogenannte “Pre$$titutes”, zur Verbreitung von Angst und Schrecken zur Verfügung stehen, aktuell aber Fragen nach einem passenden Horrormärchen aufwirft. Denn die Geschichte, dass ein als “Putin” bezeichnetes Monster mit seinen Horden morgen Berlin und übermorgen Paris überfällt, wenn “wir” es nicht in der Ukraine stoppen, wird von Donalds Friedensverhandlungen unterminiert. Ein “Feind”, der verhandelt und Frieden schließt, ist keine Bedrohung, gegen Monster, die gar nicht kommen, muss sich niemand verteidigen. Wenn Donald und Wladimir das tragische Schlachtfest beenden und sich auf eine militärisch neutrale, unbewaffnete Ukraine einigen, für deren Sicherheit sie beide garantieren, wenn also alsbald zwischen der Europäischen Union und dem russischem Riesenreich die Ex-Ukraine als neutrale “Schweiz des Ostens” liegen kann – wozu dann Ultra-Verschuldung für Aufrüstung, Mobilmachung, Krieg?
Weil viele Untertanen in den europäischen Reichen diese Frage stellen würden – und die Herrschenden keine vernünftige Antwort haben – ist ein “Ultraböser”, dem man natürlich nicht trauen kann, absolut unverzichtbar. Andererseits muss man aber diesen heimtückischen, ultra-starken Feind, der morgen zum Brandenburger Tor vorrücken wird, als im Grunde schwach und unterlegen darstellen, sodass es nur noch ein paar Phantastilliarden für Steroide braucht, um als militärischer Chihuahua auf Augenhöhe mit dem Dobermann zu kommen. Dass es mit dieser von Pathologen als Symptom von “Russophrenie” klassifizierten Doppelbotschaft zu schweren Mentalstörungen führen kann, und wie bei der eingangs zitieren dänischen Patientin – “Frieden ist gefährlicher als Krieg!” – zu akutem “Orwellismus”, ist kein Wunder.
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Erschienen am 10. Juni 2024
Mathias Bröckers: Inspiration – Konspiration – Evolution. Gesammelte Berichte aus dem Überall, Fifty-Fifty (Juni 2024), 464 Seiten, 30 Euro
