Am 1. Januar sind fünf weitere Staaten der “BRICS”-Wirtschaftsunion beigetreten, was weltökonomisch einer tektonischen Plattenverschiebung gleichkommt: der “globale Süden” schließt sich zusammen – mit dem Rohstoffriesen Russland und dem Produktionsriesen China on top – und lässt den G7-Club augenblicklich klein und überholt erscheinen: Märkte, Herstellungskapazitäten und Energieversorgung der Zukunft befinden sich weder in Europa noch in den USA, sondern in den BRICS-Ländern. Auch wenn eine gemeinsame Währung noch nicht aus dem Boden gestampft werden kann , wird der bilaterale Handel mit den “5-R” -Landeswährungen (Renmibi/Real/Rupie/Rubel/Rand) dem “Petrodollar” und dem haushoch überschuldeten US-Hegemon langsam aber sicher das Wasser abgraben.
In Europa gehen unterdessen auch ohne BRICS die Lichter schon aus:”Die Fabriken in der Eurozone beendeten das Jahr 2023 mit einer rückläufigen Entwicklung, nach 18 Monaten mit schrumpfender Produktion”, meldet Reuters., packt diesen Stand der De-Industrialisierung aber unter die Headline “Eurozone economy likely entered recession last year.” Was nach durchgehenden 18 Monaten Produktionsrückgang noch “wahrscheinlich”, “scheinbar” eine Rezession sein soll, können Ihnen die Neusprech-Linguistiker der Agentur likely erklären.
Dass sie eintreten und Realität wird, war in der bescheidenen Glaskugel dieses Blogs schon im Sommer 2022 zu lesen:
Vorgestern noch Export-Weltmeister, gestern noch viertgrößte globale Wirtschaftsmacht, heute erstmals mit negativer Handelsbilanz, und morgen vom Weltmarkt abgehängte Kolonie des niedergehenden US-Imperiums. So schaut´s aus, wenn Gas aus ist. Und billiges Öl boykottiert wird. Und nachhaltige, erneuerbare Energie erst einen Bruchteil des aktuellen Bedarfs decken und erst in 20-30 Jahren fossile Energieträger ersetzen kann. Und sich Deutschland und Europa von den USA in einen Krieg treiben lassen, der weder militärisch noch wirtschaftlich gewonnen werden kann, weil er von grundlegend falschen Voraussetzungen ausgegangen ist. Nämlich erstens, dass die russische Wirtschaft etwa auf dem Niveau von Italien liegt und Sanktionen in kürzester Zeit zum ökonomischen Zusammenbruch und einem Regierungswechsel führen; und zweitens, dass die von der NATO zur größten europäischen Landstreitmacht hochgerüstete und ausgebildete ukrainische Armee die Donbass-Region und die Krim militärisch erobern könnte. Tatsächlich aber hat sie nicht einmal gegen die zahlenmäßig unterlegene Truppen der “Speziellen Militäroperation” ein Chance und wird von der russischen Artilleriewalze systematisch zermürbt und zermahlen.
Womit wir bei dem von Beginn an ungewinnbaren Krieg sind, zu dem der Westen die Ukraine angetrieben und hochgerüstet und noch immer kein Einsehen in die Sinnlosigkeit hat, weitere Menschenleben und Dollarmilliarden dafür zu opfern. Der einstige Oberfalke und Chefberater von Präsident Zelenski, Aleksey Arestovich, plädiert mittlerweile nicht nur für einen Friedensschluss mit Russland, sondern auch dafür, dann gemeinsam die NATO-Staaten wegen Kriegsverbrechen zu verklagen. Auch wenn es dazu sicher nicht kommen, zeigt diese 180-Grad-Wende eines Spindoktors, wie verzweifelt und hoffnungslos die Lage in der Ukraine tatsächlich ist. Auch Springers “Welt”, allzeit rühriges Kampfblatt für alle US-Kriege, muss jetzt erstaunt feststellen dass der Iwan nicht über rostige Kalaschnikows, sondern überlegene, hypersonische Waffen verfügt. Ja sowas! Nachdem man das Publikum zwei Jahre lang mit Leoparden, Geparden und anderen Wundertieren im Siegesrausch gehalten und Fake News über “Russlands Schwäche” verkündet hat, kommt man jetzt damit um die Ecke, dass gegen Kinzhal & Co. kein Kraut gewachsen ist, weil kein Regierungssitz, kein Hauptquartier, keine Waffenfabrik auf der Welt gegen einen Einschlag dieser Raketen verteidigt werden kann. Auch wenn die ukrainische Luftabwehr in ihren Meldungen stets mehr Raketen abfängt als überhaupt verschossen wurden kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den Tagen über den Jahresbeginn hunderte vorallem in Munitions,-und Waffenfabriken überall im Land eingeschlagen sind und ein Ende dieses Feuerwerks nicht abzusehen ist.
Jacques Baud, auf dessen ausgezeichnete Analysen ich hier schon häufiger hingewiesen habe, hat ein neues Buch geschrieben. Hier (auf englisch) der Vorabdruck des Kapitels “The Russian Art of War” – Wie der Westen die Ukraine in die Niederlage führte, in dem er zusammenfasst:
“Der Grund, warum die Russen in der Ukraine besser sind als der Westen, ist, dass sie den Konflikt als einen Prozess sehen, während wir ihn als eine Reihe von Einzelaktionen betrachten. Die Russen sehen die Ereignisse wie einen Film. Wir sehen sie als Fotografien. Sie sehen den Wald, während wir uns auf die Bäume konzentrieren. Deshalb setzen wir den Beginn des Konflikts auf den 24. Februar 2022 oder den Beginn des Palästinakonflikts auf den 7. Oktober 2023. Wir ignorieren die Zusammenhänge, die uns stören, und führen Konflikte, die wir nicht verstehen. Deshalb verlieren wir unsere Kriege…”
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Auch Israel, das auf den Hamas-Anschlag mit völkermörderischen Bombardements reagierte, kann in diesem Krieg nur verlieren, denn die “Teile und Herrsche”-Strategien des Westens funktionieren nicht mehr:
“Jahrzehnte westlich geprägter Erzählungen, die dazu dienten, Differenzen in Westasien auszunutzen, Zwietracht unter den unzähligen Gemeinschaften der Region zu säen und westliche außenpolitische Ziele über die Köpfe der streitenden Einheimischen hinweg durchzusetzen liegen nun in Trümmern”.
So Sharmine Narwani auf The Cradle: “Für Washington und seine Verbündeten wird es keine Erleichterung geben, wenn sich der Krieg ausweitet. Je mehr sie daran arbeiten, die Hamas zu besiegen und den Gazastreifen zu zerstören, und je mehr sie den Jemen, den Irak und Syrien mit Raketen beschießen und die Widerstandsachse belagern, desto wahrscheinlicher ist es, dass die arabische Bevölkerung die Narrative “Sunniten gegen Schiiten”, “Iran gegen Araber” und “Säkulare gegen Islamisten”, die die Region jahrzehntelang gespalten und zerstritten gehalten haben, aufgibt.”
Zu der Klage gegen Israel wegen Völkermords, die Südafrika beim Internationale Strafgerichtshof eingereicht hat, wird kommende Woche eine erste Anhörung stattfinden. Dies könnte, so der britische Ex-Diplomat Craig Murray, eine Wende bedeuten:
“Wenn Sie heute die Polizei bitten, gegen den britischen Premierminister Rishi Sunak wegen Beihilfe zum Völkermord zu ermitteln, wird sie Sie auslachen und sagen, dass es keinen Völkermord gibt. Nach einem Urteil des Internationalen Strafgerichtshof können sie das nicht mehr tun. Nun bin ich nicht naiv. So wie unsere Machthaber glauben, dass ihnen Karim Khan vor dem Internationalen Strafgerichtshof den Rücken freihält, so glauben sie auch, dass ihnen im Vereinigten Königreich die Bestimmung, dass jede Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalstaatsanwalts erfolgen muss, den Rücken freihält.” So sieht es, was die Strafverfolgung betrifft, auch in Deutschland aus. Wo aus politischen Gründen ja auch die Nordstream-Attacke als “Terroranschlag unter Freunden” mit Augenzwinkern durchgewunken wird. Und so wundert es nicht, dass die deutsche Regierung jetzt “prüft” die Koalition der Willigen unterstützen wird, die im Roten Meer als “Wächter des Wohlstands” dafür sorgen sollen, dass die Houthi-Milizen im Jemen keine Frachtlieferungen nach Israel blockieren. Da bei der Operation mit 2 Millionen Dollar-Raketen auf 2000 Dollar-Drohnen gefeuert werden soll und Anlieger des Roten Meers auch über Hyperschallraketen verfügen, gegen die es keine Verteidigung gibt, droht hier ein weiteres militärisches Debakel
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Ende August war ich mit dem “gefährlichsten Anführer” der Querdenker (Die Zeit) und seinem Rechtsbeistand Ralf Ludwig in Klausur. um mir von Michael Ballweg seine abenteuerliche Geschichte erzählen zu lassen: von einem “unpolitischen” Menschen, der eigentlich nur auszog um sein Recht auf Versammlungs,-und Debattenfreiheit zu verteidigen – und die größte außerparlamentarische Opposition der Bundesrepublik auf die Straße gebracht hat: für den Erhalt der Demokratie und des Grundgesetzes, gegen diktatorische Hygieneverordnungen, für die offene Debatte fragwürdiger Maßnahmen und gegen die Total-Desinfizierung des Meinungskorridors.
Dafür hat ihn die Staatsanwaltschaft Stuttgart unter der fadenscheinigen Anklage des Betrugs verhaftet, neun Monate in Untersuchungshaft gehalten und sein gesamtes Vermögen arrestiert. Das Landgericht Stuttgart hat dann Anfang Oktober sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen und will kein Strafverfahren eröffnen, denn es gibt keine Betrogenen und keinen Betrüger. Doch nicht nur die Staatsgewalt hat Michael Ballweg mit falschen Vorwürfen schikaniert und ins Gefängnis werfen lasse, auch die Medien haben mit Falschbehauptungen und Diffamierungen operiert. Genug für mehr als nur eine “Richtigstellung” – so der Titel des Buchs, das im Dezember erschienen ist – die von den Großmedien, die Ballweg zu Unrecht beschuldigten, freilich nicht als notwendig betrachtet wird. Zumindest ist mir von dieser Seite bis dato keine Rezension des Buchs bekannt. Auch den “Angeklagten” zu Wort kommen zu lassen – mit solchen Old-School-Grundsätzen fairer Berichterstattung hat die Journaille unserer Tage nichts mehr am Hut.
Anders der Kollege Norbert Haering, der das Buch in zwei Teilen besprochen hat, mit einer Replik von Michael Ballweg: “Das Buch ist ein wichtiges, kurzweiliges und schockierendes Zeitdokument. Ballwegs konstruktive Haltung zur Digitalisierung hat mich zum Widerspruch gereizt.”
Die Debatte um “digitalen Aktivismus” vs. Digitalskepsis haben wir bei unseren Gesprächen nicht geführt, mir ging es darum, den zum Staatsfeind Nr.1 abgestempelten und nach Stammheim verfrachteten Michael Ballweg zu Wort kommen zu lassen. Die dezentralen Peer-to-Peer-Server und das apple- und googlefreie Handy, an denen er arbeitet, finde ich höchst richtig und wichtig. Gleichwohl sind auch die Einwände Norbert Haerings relevant und diskussionswürdig. Vielleicht sollten wir dazu auch einmal eine Gesprächsrunde machen….
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