“The Germans to the front” (2)

“Der SPIEGEL war gestern mal wieder ganz außer sich. In Wilhelmshaven stieß ein deutscher Einsatzgruppenversorger in See. Zusammen mit einer deutschen Fregatte wird er die Welt umrunden und dabei auch – mit gehörigem Abstand – China passieren. Deutschland zeige Zähne und sende eine Warnung an China aus, so der SPIEGEL. Man fühlt sich in wilhelminische Zeiten zurückversetzt. Der extra nach Wilhelmshaven angereiste Verteidigungsminister Pistorius beruhigt – es ginge nur um die Sicherung deutscher Handelswege. Für so einen Spruch musste Bundespräsident Köhler vor gerade einmal 14 Jahren zurücktreten. Wie schnell sich die Zeiten doch geändert haben. Dass ausgerechnet Deutschland nun wie ein Zwerg auf Steroiden unter Größenwahn leidet und im Indopazifik eine Kanonenbootpolitik probt, ist jedoch kaum mehr als eine bittere Farce. Sind unsere politischen und medialen Eliten der kollektiven Selbstbesoffenheit verfallen?”

Warum das eine rhetorische Frage ist, erläutert Jens Berger in seinem Artikel:

“Es ist fraglich, ob Deutschlands Seestreitkräfte überhaupt über der Wahrnehmungsschwelle Chinas liegen. Neben den 120 Fregatten verfügt China auch noch über 52 Zerstörer und Kreuzer und drei Flugzeugträger – Deutschland hat keines dieser Waffensysteme. Es ist so, als „drohe“ ein Dreijähriger einem Schwergewichtsboxer. Doch so absurd die ganze Sache ist, so überzeugt wird sie vom SPIEGEL vorgetragen. Handelsrouten, Menschenrechte, blabla – Deutschlands Seestreitkräfte sollen sogar Taiwan und „unsere Verbündeten im Westpazifik“, also Australien und Neuseeland, gegen die bösen Chinesen verteidigen. Auf die Idee, dass Deutschland mit solchen peinlichen Aktionen nur mehr und mehr in den amerikanischen Rückzugskampf aus dem indopazifischen Raum hineingezogen wird und damit seine eigenen Interessen denen der USA opfert, kommt natürlich niemand.”

Es kommt für den Super-Vasallen Deutschland einfach nicht mehr in Frage, Pfiff und Befehl seines Herrchens zu überhören. Wer sich demütig die Energie-Adern wegbeißen lässt, hat denn auch kein Problem damit, sich als kleiner Kläffer im Westpazifik lächerlich zu machen, oder wie unlängst im Roten Meer, wo die Fregatte “Hessen” der US-Operation “Wohlstandssicherung” Folge leistete und mit millionenteuren Luftabwehrkanonen auf die Spatzen der Huthi-Drohnen feuerte. Um  nachdem das Pulver “erfolgreich” verschossen war – ohne an der  Seeblockade der Yemeniten irgendetwas zu ändern – nach ein paar Wochen wieder heimwärts zu schippern.
Dass bei der lustigen Seefahrt deutscher Süßwassermatrosen gen China ebenfalls nichts Nennenswertes herauskommt, weil die Bundesmarine als “Zwerg auf Steroiden” eher für Lachnummern als für den Kriegsfall taugt, ist absehbar. Und das ist gut so! Denn – man muss es angesichts der kollektiven Kriegsbesoffenheit immer wieder betonen – das deutsche Militär ist nach Gesetz und Verfassung eine reine Verteidigungsarmee und hat ( außer an Nord,-und Ostseeküste) auf den Weltmeeren nichts zu suchen. 
Nicht zum (Milch-)Zähne zeigen und schon gar nicht mit “boots on the ground” in der Ukraine, wie es Frankreichs Macron angekündigt – und wie es scheint jetzt zurückgerudert ist, nachdem das russische Außenministerium  den französischen und den Botschafter einbestellt und ihnen die unmittelbaren Konsequenzen eines solchen Schritts klar gemacht hat – unter Verweis auf die einige Tage zuvor angekündigten russischen Manövern mit taktischen Atomwaffen. Diese Botschaft scheint auch in NATOstan angekommen zu sein, wie der italienische “Corriere della Sera” berichtet:


„Keine Bodentruppen“. Dies ist laut „Corriere“ einer der Schlüsselsätze im ursprünglichen Entwurf des Dokuments, der auf dem Nato-Gipfel vom 9. bis 11. Juli in Washington verabschiedet werden soll. Der Hinweis bezieht sich auf die Ukraine: Das nordatlantische Bündnis wird keine Soldaten in die Schlacht schicken („no boots on the ground“). Die von den Vereinigten Staaten diktierte Strategie ändert sich nicht.”

Russland-Analytiker Gilbert Doctorow sieht darin den Versuch, die “Großmäuler”  in Paris und London zum Schweigen zu bringen. Der große Bruder aus Washington wird den Kleinen nicht helfen, wenn sie auf eigene Faust loslegen. Und seit ihren Botschaftern in Moskau offenbar gesteckt wurde, welche Ziele auch außerhalb der Ukraine mit einem Gegenschlag rechnen müssen, halten  sie den Mund. Details über diese Treffen sind nicht durchgesickert, aber Medwedew unplugged hat den undiplomatischen Klartext getwittert: “None of them will be able to hide either on Capitol Hill, or in the Elysee Palace, or on Downing Street 10. A world catastrophe will happen.”

Man kann nur hoffen, dass die Zwerge es beim verbalen Zähne zeigen belassen. Keiner von ihnen und nicht einmal NATOstan zusammen kann einen Krieg gegen Russland und China gewinnen. Larry Johnson:

“Das Fazit ist simpel: Die Vereinigten Staaten und die NATO sind weder ausgerüstet noch organisiert noch ausgebildet, um in einem Zermürbungskrieg gegen eine gleichwertige Macht wie Russland oder China zu bestehen. Einer der größten Mängel sind die kostspieligen, anfälligen Waffen, die das angeblich wichtigste Mittel der NATO zur Führung eines Krieges darstellen. Nehmen wir das gemeinsame Kampfflugzeug F-35. Es ist eine Spielerei und ein Truthahn, aber es hat die Aktionäre von Lockheed Martin reich gemacht.(..)Die Wartungszahlen für die F-35 und die F-16 sind ein Alptraum, wenn sie über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden sollen: Bei den F-35A kommt es alle 11 Flugstunden zu kritischen Ausfällen, und die Wartung der reinen Zelle (ohne Triebwerke und Systeme) beträgt 4,4 Mannstunden pro Flugstunde. Jedes F-35-Tarnkappenflugzeug hat jedes Jahr über 25 kritische Ausfälle. Die F-16 hatte 29,5 Flugstunden zwischen kritischen Ausfällen. Für jede Flugstunde benötigt die F-16 17 Stunden Wartung. Sie muss regelmäßig inspiziert, repariert und ausgetauscht werden, damit sie in der Luft sicher und zuverlässig bleibt. Die Vereinigten Staaten zeichnen sich durch die Herstellung sehr teurer Waffen aus – z. B. Flugzeugträger im Wert von 13 Milliarden Dollar und Abrams-Panzer im Wert von 10 Millionen Dollar, die pro Stunde Kampfeinsatz 8 Stunden Wartung erfordern. Diese Waffensysteme sind jedoch sehr anfällig für kostengünstige Gegenmaßnahmen, wie etwa eine Drohne oder eine Artilleriegranate, die den Abrams-Panzer außer Gefecht setzt.(…)”

So überteuert und untauglich die angeblichen Wunderwaffen und game changer  F-16 und F-35 sein mögen – (Scholz und Pistolius haben gerade Milliarden Schulden via “Sondervermögen” ihren Kindern und Enkeln aufgebürdet, um diesen Schrott kaufen !) –   da sie in der Lage sind weitreichende Nuklearraketen mit sich zu führen, würde ihr Auftauchen im russischen Radar  als potentieller Atomangriff gewertet und zu einem entsprechenden  Gegenschlag führen. Die “Zwerge auf Steroiden”, die den Krieg nach Russland tragen wollen, tanzen auf Messers Schneide.



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Mathias Bröckers : Vom Ende der unipolaren Welt, ‎ Fifty-Fifty (Oktober 2022),  288 Seiten, 20 Euro

7 Comments

  1. “Das Fazit ist simpel: Die Vereinigten Staaten und die NATO sind weder ausgerüstet noch organisiert noch ausgebildet, um in einem Zermürbungskrieg gegen eine gleichwertige Macht wie Russland oder China zu bestehen”

    Völlig korrekt… nur warum lassen Nato & Co nicht locker und keinerlei Diplomatie walten…für eine halbwegs vernünftige Konflikt-Lösung ?
    “Kompromiss ist wenn beide Seiten gleich unzufrieden sind”–Henry Kissinger

    Das Gameplay ist umgekehrt :

    Russland und China ( Werden vom Westen bis aufs Blut provoziert ) in den Stand versetzen die USA auf eigenem Territorium militärisch anzugreifen –Keine zivilen Ziele—Keine Invasion mit Boots on the Ground ( Old School ) …2-3 EMP-Schläge
    in der Erdatmosphäre reichen…US-Basen-Militär-Silos etc alles bekannt und sämtliche Elektronik für den “US-Strike Back” ist dann sofort komplett tot ( Inklusive alles was digital gestützt ist wie das globale Finanzsystem )

    Dann kommen die Neo-Cons aus dem Bunker und sagen : ” Russland und China haben uns getäuscht…unser US-Militär ist zerstört…jetzt ” Europeans to the Front”…
    und die Neo-Cons packen dann die ” Secret Weapons” aus…gleichzeitig bauen die darauf, dass China Russland angreift ( Back-Stabbing )….so dass am Ende der Nummer… im neuen kalten Krieg… nur noch die Ex-USA gegen China übrig sind
    und gegeneinander stehen

    Europa + Russland….die gibt’s dann nicht mehr

    Motto :
    A WAR TO END ALL WARS
    Auf den ” Menschen” ( Zu viele Co2-Verbrecher)
    kommt’s bekanntlich eh nicht an

  2. Das kleine Arschloch Pistorius. Dieser Furz war doch schon als OB von Osnabrück überfordert.

  3. Wir werden ohnehin ständig angelogen und alle paar Jahre werden die Fronten gewechselt. Die vermeintlichen Linksparteien z.B. waren traditionell palästinenserfreundlich, wie die SED und die KPDSU und jetzt kloppen sie mit Knüppeln auf ihrer eigenen Klientel herum.

    Wie die neue Militärgeschichte endet, spielt vielleicht nur eine untergeordnete Rolle. Die Kriege sind sowieso nicht koscher und werden wahrscheinlich geführt, um ein Bedrohungsszenario für ein EU-Militär unter einem Befehl zu haben.
    Die Rechnung ist natürlich brüchig, weil sie nichts über die Moral der Truppen aussagt, aber wenn alle Mitglieder ihr Militär zusammenlegen und alle Waffen nach innen geliefert werden, dann hat es ein größeres stehendes Heer als die USA und eine größere militärische Schlagkraft.
    Jemand hatte das mal ausgezählt. Und der Traum von einer gemeinsamen Militärmaschine wurde ja schon unter Schröder und Fischer geträumt.

  4. die Chinesen haben auch Alien-Technik und das bessere Essen. NATO und Co. haben auf Dauer keine Chance. Obwohl wir uns erstmal um Taiwan, Philippinen, Vietnam und Co. kümmern müssen. Die müssen auch erstmal zurück ins Reich wie die Ukraine, weil auf der anderen Seite machen die nur Unfug. hilft niemanden

  5. Seltsame Nachrichten aus Germanistan:

    Ein 49-Jähriger ukrainischer Familienvater in Deutschland will Frau und Kinder wegen vorrückender russischer Truppen hierher nachholen. Jetzt wird wegen Schleusung strafrechtlich gegen ihn ermittelt – weil Visa für einen langen Aufenthalt fehlen,
    https://www.stern.de/gesellschaft/regional/bayern/migration–ukrainer-will-familie-nach-deutschland-holen–wird-angezeigt-34688608.html

    Die Familie habe den Beamten gesagt, dass Frau und Kinder länger in Deutschland bleiben wollten. Dafür wäre laut Bundespolizei aber ein Visum nötig gewesen. Nur bei Kurzaufenthalten bis zu 90 Tagen müssten Ukrainer diese nicht zusätzlich zum Reisepass vorzeigen.

    Also: Die Familie hat sich wohl nicht über die grüne Grenze geschlichen, sondern bei der Einreise einfach eine “Absicht” angegeben, für die ein “Zusatzpapier” fehlte.
    Wären sie mit der “richtigen Absicht” eingereist, hätte man sie einfach durchwinken dürfen.
    Weil ihnen eine “nachträgliche Absichts-Änderung” wohl nicht zugestanden wird, würde man normalerweise annehmen, dass dann einfach der “Antrag abgelehnt” (sprich: die Einreise verweigert) und die Leute zurückgeschickt werden.

    Die 46-Jährige und ihre Kinder konnten aber letztlich bleiben, weil ein Asylgesuch gestellt wurde – aber gegen die Frau und die Kinder werde “wegen versuchter unerlaubter Einreise” ermittelt.

    Grenzwertige Umstände eines fast erlaubten Grenzübertritts, der letztlich nicht erschlichen, sondern von den fragenden Beamten zugelassen wurde
    (“Wir lassen dich trotz rechtlichen Hindernissen rein, aber bestrafen deine Einreise”)?

    Da ergeben sich knifflige juristische Fragen:

    – Mussten diese ungeduldigen Ukrainer wissen, dass es mehr als 90 Tage dauern wird bis zum glorreichen Sieg über Putin? Wo doch Kiesewetter schon dabei ist, den “Krieg nach Moskau” zu tragen und somit die Stürmung des Kreml kurz bevorstehen muss?

    – Wird ukrainischen Familien nur noch Kurzurlaub aus dem Kampfgebiet zugestanden, aber keine unbefristete Abwesenheit?

    Vielleicht ist das ja “Tricksen” bei “normalen” Asylbewerbern so üblich wie die sich anschließenden haarspalterischen “Strafermittlungen”, aber hier muss ein Sonderfall vorliegen, denn sonst würde das Ereignis nicht durch alle Gazetten gehen.

    War da mal nicht was ab Frühjahr 2022 mit der erlaubten unbürokratischen Einreise Hunderttausender Ukrainer, die dann sofort das volle Bürgergeld bekommen und eine sofortige Arbeitserlaubnis?
    Wurde das inzwischen abgeschafft – und keiner hat es mitbekommen?

    Leider informieren die Medien darüber nicht und scheinen an solchen Fragen keinerlei Interesse zu haben.
    Eine mit dem Bundesadler geschmückte und daher wohl offizielle Seite gibt dagegen Infos zur besonderen Rechtslage für Ukrainer in der aktuellen Kriegszeit:

    “Wegen der besonderen Situation in der Ukraine wurde hierzu eine Ausnahmeregelung geschaffen: Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sind im Bundesgebiet vorübergehend vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit.
    Seit dem 5. März 2024 können folgende Personengruppen ohne Visum einreisen:

    1. Ukrainische Staatsangehörige mit biometrischem Pass
    2. Drittstaatsangehörige, die in der Ukraine internationalen oder gleichwertigen Schutz erhalten haben
    3. Personen, die über eine ukrainische ID-Karte verfügen, sofern sie im Modell 2015 vorliegt (befristet bis 23.02.2025).

    Die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung, gemäß der die visumfreie Einreise auch anderen Personen aus der Ukraine erlaubt war, ist am 4. März 2024 ausgelaufen. Die Verlängerung der Gültigkeit dieser Verordnung ist beabsichtigt, jedoch noch nicht in Kraft getreten.”

    https://www.germany4ukraine.de/hilfeportal-de/einreise-aufenthalt-und-rueckkehr/einreise-aus-der-ukraine-nach-deutschland

    Waren bloß die (an sich gültigen) Ausweise zu alt, um die hohen Anforderungen dieser brandneuen Verordnung zu erfüllen?
    (Motto: neuerer Ausweis – problemlose Einreise auch für Langzeit-Bleiber?)

    Oder laufen hier schon ganz diskret erste Schritte, um Ukrainer zurück an die Front zu bringen? (die berühmt-berüchtigten “Anreize”, von denen Kiesewetter nebulös spricht?)

    1. Ja. Die Schritte laufen schon seit längerem. Hab ich hier in der Matrix so eingestellt, weil der Iwan sich mittlerweile langweilt.

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