Das gute alte Bildungsfernsehen

Das Medienmagazin “Meedia” hat sich in einem ausführlichen Beitrag dem “kontroversen Youtube-Phänomen KenFM” gewidmet. Anders als bei den infamen Denunzierungen (“Antisemit”, “neu-rechts”, “Querfront”), mit denen Ken Jebsen und sein Kanal üblicherweise bedacht werden, hat sich der Autor das Programm von KenFM einfach mal angeschaut – also das getan, was Journalisten üblicherweise tun bevor sie über eine Sache oder eine Person schreiben: recherchiert. Und wer das nur ein wenig tut kommt in Sachen “KenFM” zu anderen Schlüssen als die Denunzianten: “Zu seiner Verfemung hat der ehemalige RBB-Moderator einiges beigetragen – unberechtigt ist sie trotzdem. Denn Jebsen ist vieles nicht, was man ihm vorwirft. Und er macht mitunter wirklich gutes Fernsehen.”
Das fand ich auch und führte deshalb ein langes Gespräch mit ihm, das im November 2016 als Buch erschien (Der Fall Ken Jebsen – Wie Journalismus im Netz seine Unabhängigkeit zurückgewinnen kann). Auch das hat Hendrik Steinkuhl, der Autor des “meedia”-Artikels gelesen, denn er kommt am Ende zu einer ähnlichen Einschätzung: “…Ken Jebsen (leistet) einen erheblichen kulturellen Beitrag für diese Gesellschaft. Vor allem sein Format „KenFM im Gespräch“ ist, wie Mathias Bröckers in seinem Buch „Der Fall Ken Jebsen“ zutreffend schreibt, „nichts anderes als das gute, alte Bildungsfernsehen.“ Jebsens Unterbrechungen und Suggestionen stören, trotzdem sind zum Beispiel die bereits erwähnten Interviews mit Michael Buback, mit Petra Wild oder Mosche Zuckermann besser als fast alles, was man im Deutschen Fernsehen zu sehen bekommt.”

Hohes Lob – aber der Autor spart auch nicht mit Kritik:  Jebsen sei “Verschwörungstheoretiker”, zu sehr “Aktivist” als Journalist und “unprofessionell”, weil er seinen Gesprächspartnern zu oft dazwischen quatscht. Letzteres hatten auch zahlreiche Zuschauer in den Kommentaren zu dem Gespräch über meine Bücher zum  45. und den 35. Präsidenten der USA (  “König Donald,” und “JFK”) moniert, das wir unlängst führten. Mich hat das nicht wirklich gestört – er ist halt einer, der sein Herz auf der Zunge trägt, der schneller spricht als sein Schatten und sich dabei auch mal vergaloppiert. Und doch allemal besser als die moderierenden Schnepfen, Flachpfeifen und Journalistendarsteller im Deutschen Fernsehen, die ihren kritischen Verstand, wenn sie denn je einen hatten, schon lange an der Garderobe deponiert haben…

5 Comments

  1. Und doch allemal besser als die moderierenden Schnepfen, Flachpfeifen und Journalistendarsteller im Deutschen Fernsehen, die ihren kritischen Verstand, wenn sie denn je einen hatten, schon lange an der Garderobe deponiert haben…
    Word! :-)))
    Aber okay, es gab und gibt natürlich auch Ausnahmen von der Regel: Hauser und Kienzle, Patrick Leclercq (RIP), Ulrich Tilgner, Jürgen Fliege (kein Journalist), Friedrich Küppersbusch, Wolfgang Herles, etc.

    Sogar interne Kritik gab es mal beim ZDF (wobei die genannten Journalisten, außer Herr Tilgner, glaube ich nicht soo kritisch waren) – nicht nur massive Kritik bei der ARD (Programmbeirat übt öffentlich Kritik an ARD):

    Auslandsberichterstattung. Einst ein Renommierfeld des ZDF, heute eine Baustelle: 2008 kam es gar zum Eklat, als mehrere erfahrene Auslandskorrespondenten – von Alexander von Sobeck, Uwe Kröger über Karin Storch und allen voran Ulrich Tilgner – öffentlich eine Entpolitisierung in den eigenen Sendungungen und ein Desinteresse an Auslandsthemen jenseits der Schlagzeilen-Aktualität kritisierten.
    http://www.mediummagazin.de/archiv/2009-2/09-2/was-nun/

  2. Puh, man muss ja schon dankbar sein, wenn man mal einen halbwegs differenzierten Text über Ken Jebsen in einem etablierten Online-Portal findet. Ja, und der Verschwörungstheoretiker-Vorwurf gehört halt immer dazu. Damit beweist man schliesslich Distanz und läuft nicht unmittelbar in Gefahr, als Jebsen-Versteher sofort ebenfalls zu den medialen Parias zu gehören.

  3. Jeder Ermittler bei der Polizei ist Verschwörungstheoretiker, und das beruflich.
    Und jeder Journalist, der auch nur im Ansatz journalistischem Anspruch genügen wollte, ist ein Verschwörungstheoretiker.
    Dieses Unwort überhaupt wertend zu benutzen zeugt schon von einer sehr unreflektierten Denkweise.
    Nur so am Rande.
    Ansonsten bin ich natürlich hell erfreut über die erste nicht ganz hirntote Einlassung auf den Fall Jebsen aus den Etablierten.

  4. Ich freue mich auch über den relativen Meedia-Geistesblitz zu Ken Jebsen. Und ja, klar, “KenFM im Gespräch” ist sein bestes Format für Leute, die sich auf ein Thema einlassen wollen. Seine große Stärke war die große Lücke bei den Etablierten, die erst einmal mutig gefüllt werden musste. Das hat Anerkennung verdient.
    Dass der Vorwurf des Verschwörungstheoretikers letztlich keiner ist, zeigt sehr schön der Fall Benno Ohnesorg:
    https://hintermbusch.wordpress.com/2017/06/02/lehren-aus-dem-2-juni-1967/
    Trotzdem sollte es ein Fingerzeig für Ken Jebsen sein, mit dem Vorwurf der Verschwörung möglichst sparsam umzugehen und ihn lieber implizit im Raum stehen zu lassen als ihn laut und explizit auszusprechen. Ausnahmen bestätigen die Regel.

  5. “Und doch allemal besser als die moderierenden Schnepfen, Flachpfeifen und Journalistendarsteller im Deutschen Fernsehen, die ihren kritischen Verstand, wenn sie denn je einen hatten, schon lange an der Garderobe deponiert haben…”

    Treffend beschrieben!

    Michael Poost
    Chefredaktion BNN

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