Reinhard Mey ist seit Jahrzehnten im Genre der deutschsprachigen Poeten/Singer/Songwriter ein überragender Kopf. Seinen 1986 erschienen Anti-Kriegs-Klassiker “Nein, meine Söhne geb` ich nicht” hat er unlängst mit einer Gruppe befreundeter Musiker noch einmal eingespielt, und es ist kein Zufall, dass er schon über 22 Millionen mal angehört wurde. Das Lied eines Vaters, der seine Söhne für das Leben und nicht zum Töten, für den Frieden statt zum Krieg erzieht, geht unter die Haut und ins Herz, es berührt – emotional, klar, wahr.
In der jährlichen SWR1-Hörer-Hitparade des Südwestfunks war der Song denn auch regelmäßig hoch platziert – im letzten Jahr auf Platz 13 von 1000 – kann aber in diesem Jahr nicht mehr gewählt werden, er wurde in der Nominierungsliste gestrichen. Zu “kontrovers” befand die Redaktion des öffentlich-rechtlichen Senders. Und weist darauf hin, dass man den Titel “selbstverständlich” per manueller Eingabe weiterhin wählen kann und er nicht aus politischen, sondern aus technischen Gründen aus der offiziellen Nominierungsliste gestrichen worden sei – um “Manipulationsversuche” auszuschließen.
Haben da im letzten Jahr etwa “russische Hacker” zugeschlagen und den Friedenssong in die Top-20 gepusht ? Und wenn nicht Putin, hat etwa der millionenstarke des Verein “Vater und Mutter gegen Kanonenfutter” die Hitparade unterwandert und alle anderen Fanclubs, die ihren Hit nach oben manipulieren, aus dem Feld geschlagen ?
Natürlich nicht. Gewählt und hoch geschätzt wurde und wird dieses Lied von den Menschen, die es gehört haben – nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt, wie die zahlreichen weltweiten Reaktionen von Youtubern und Podcastern zeigen: “heartbreaking”, “passionate”, “deep”, “most powerfull german song”. Nicht wenigen kommen beim Anhören die Tränen, auch wenn sie die Lyrik nur grob übersetzt mit englischen Untertiteln verstehen. Mit einer englischen Fassung könnte der gute Reinhard Mey auf die alten Tage sogar noch einen regelrechten Welthit landen. Was deutlich machen würde, wie tief die deutschen Staatsfunker in Zeiten der Kriegsertüchtigung schon gesunken sind, dass sie diesen Song verbannen, als “kontrovers”. Im vorigen Jahrhundert nannte man es glaube ich “wehrkraftzersetzend”….
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“Das klingt jetzt brutal, ich weiß: Aber nach Berechnungen der Bundeswehr werden im Kriegsfall pro Tag 1000 Soldaten an der Front sterben oder so schwer verwundet sein, dass sie nicht mehr kämpfen können. Die müssen ersetzt werden, und zwar auch maßgeblich durch Reservistinnen und Reservisten.” So der Präsident des Reservistenverbands der Bundeswehr Patrick Sensburg. Wir wissen nicht, wie die Bundeswehr zu ihren Berechnungen gekommen ist, vermuten aber, das hier kräftig schöngerechnet wurde. Weil die Wirklichkeit eines echten Kriegsfalls noch deutlich brutaler ausfallen dürfte, wie die Verluste der Ukraine bei der “Militärischen Spezial Operation” Russlands zeigen. Hier die Zahlen des russischen Verteidigungsministeriums vom 22.10.2025. Allein gestern hätten 1.525 Reservisten nachrücken müssen…
… wie schnell der Bundeswehr da das Kanonenfutter ausgeht, selbst wenn man mit Wehrpflicht und Mobilmachung endlich kriegstüchtig ist (“2030!” – Pistolius) , kann sich jeder Vater ausrechnen, der seine Söhne für diesen Wahnsinn bereit stellt.
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Wolfgang Neuss (1923-1989) – auch er überragender Großmeister der Berliner Poeten/Singer/Songwriter – schoß sich 1943 im Schützgraben in Russland in den Zeigefinger der linken Hand, um ins Lazarett zu kommen. “Selbstverstümmelung war und ist eine gute Friedensbewegung” hat er kommentiert, dass er spät, aber nicht zu spät, gemerkt hat, dass Krieg keine Lösung sein kann: “Die Angst trieb mich zum Fortschritt.”
Bei mir – in der “Mehr Demokratie wagen”-BRD 1971/72 – war es nicht Angst, sondern Einsicht, die mich eine weniger schmerzhafte Friedensbewegung machen lies, durch Kriegsdienstverweigerung. Für meine Entscheidung spielte damals auch eine Song ein wichtige Rolle, vorgetragen – wie Reinhard Meys “Söhne..” – als einfache, ruhige Ballade mit klarem, einfachen Text, aber für mich machtvoll, ergreifend und inspirierend: Donovans “Universal Soldier”. Als vor 15 Jahren die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, habe ich mich hier im Blog (Wehrdienst adé )auch an dieses Lied erinnert, und der taz für einen Artikel zur Feier des Tages ein Foto meines ersten Enkels zur Verfügung gestellt. Hugo ist mittlerweile 16 und wie ich die Lage sehe würde ich sagen: Meine Enkel kriegt ihr auch nicht!
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Erschienen am 10. Juni 2024
Mathias Bröckers: Inspiration – Konspiration – Evolution. Gesammelte Berichte aus dem Überall, Fifty-Fifty (Juni 2024), 464 Seiten, 30 Euro


Die Medien, vor allem auch die ÖR sind eben doch nur die PR-Abteilung der Kriegslobby.
Bei RT heißt es – verweisend auf die üblichen Verdächtigen – Medien zu kritisieren sei “rechts”. Wie diese Einschätzung zustande kommt, wird natürlich nicht erklärt. Die Medien sind selber rechts, ja rechtsradikal. Hier meine Begründung: Wer für Krieg trommelt, den Russen wieder zum Feindbild aufbaut, Hass schürt, ist ein ganz klassischer Nazi, einer von der schlimmen Sorte, weil er eben Andere zu Hass und Gewalt aufwiegeln möchte.
Abschließend: tolles Lied. Danke für den Hinweis!