Chips oder Trips ?

Als ich eben den Nachruf auf Marvin Minsky las, einen der Pioniere der “Künstlichen Intelligenz”, der 88-jährig verstorben ist, erinnerte ich mich an einen denkwürdigen Abend, den ich mit ihm und einigen weiteren Referenten der “ars electronica” – William Gibson, Jaron Lannier, Bruce Sterling und Timothy Leary  – 1990 in einer Kneipe in Linz verbracht hatte. Und die Tage davor und danach auf einer interessanten Konferenz über virtuelle Welten. Minskys Vorhersagen zur KI und einem Interface von Computer und Gehirn hatte ich seitdem als unsinnig abgespeichert, und mich nur noch an den lustigen Streit erinnert, den er in der Kneipe mit Leary ausfocht: wer denn nun der verrücktere Professor sei – er, der zwecks Bewusstseinserweiterung eher auf  Maschinen/Computer (Chips) oder Leary, der eher auf Pilze/LSD (Trips) setzt.

Viel mehr als diese Anekdote kam mir nicht ins Gedächtnis über diese Konferenz vor mehr als einem Vierteljahrhundert, bis mir dämmnerte, dass ich dort auch länger mit Jaron Lannier gesprochen und einige Monate später in Kalifornien seine VR-Maschinen ausprobierte, und auch noch ein Gespräch mit William Gibson geführt und über all das einen längeren Artikel geschrieben hatte. Und siehe da: obwohl das Internet wie wir es kennen noch nicht vorhanden war, war die “taz” schon digital und hat (aus ihrer Ausgabe vom 18.9,1990) alles fein säuberlich im Archiv festgehalten. Hier also ein quasi archäologischer Report aus der Frühzeit des “Cyberspace”, mit dem dieser Begriff  wahrscheinlich zum ersten Mal überhaupt in der deutschen Tagespresse auftauchte:

Postsymbolische Kommunikation
Digitale Träume, virtuelle Welten, Cyberspace – auf dem Symposion der “ars electronica” in Linz wurde das Medium des 21. Jahrhunderts vorgestellt  

Technologie und Underground
Ein Gespräch mit dem Erfinder des kybernetischen Weltraums, William Gibson  

9 Comments

  1. die ganze AI Geschichte kann man in die Tonne treten. Sie hat doch nichts zu Stande gebracht. Es gibt keine künstliche Intelligenz und die “intelligentesten” Robote, Programme, Maschinen, was auch immer, können nicht mal gescheit fremde Sprachen übersetzen. Dämliche Hollywood Filme, wie “Chappie” (neulich auf Sky mit Entsetzen geschaut) können nichts daran ändern. Wir wissen nichts über Intelligenz und wie man sie künstlich simuliert. Es gibt keine AI. Das was der künstlichen Intelligenz noch am nähsten kommt, sind gefärbte Blondinnen. Ende der Geschichte.

  2. Bei Ihnen gibt es ein Missverständnis dessen was AI ist und jetzt schon leistet.

    Das World Economic Forum erwartet AI entscheidungsberechtigt in Aufsichtsräten in nur 10 Jahren.

    http://www3.weforum.org/docs/WEF_GAC15_Deep_Shift_Software_Transform_Society.pdf

    Dabei spielt es keine Rolle daß diese AI nicht den 50er Jahren Sci-Fi Clichees entspricht, sondern nur darum ob die Algroithmen gewinnträchtigere Entscheidungen treffen können,
    oder das zumindest gegblaubt wird, und das können sie dank großer Datenmengen und “tiefer” Lernalgorithmen besser.
    Genau so wie ein Rechner-Klimamodell eine bessere Simulation liefern kann als man das mit Papier und Bleisstift oder aus dem Bauch heraus könnte.

    Und, zum Thema, wir haben unser Bewusstsein längst durch Maschinen erweitert, wie man auch an dieser Kommunikation sehen kann, und gerade daß das vielen gar nicht auffällt ist der Beweis dafür wie gut und nahtlos die Integration ist.

  3. @required: Sie sagen es doch selbst: es wird nur simuliert. Eine Simulation der Intelligenz ist aber nur eine Illusion, genauso wie es früher die sog. Expertensysteme gemacht haben. Man bekommt den Eindruck, es mit einem intelligenten System zu tun zu haben, aber es ist nur der Eindruck. Das hat mit Intelligenz nichts zu tun. Im Prinzip hat sich seit den primitiven Anfängen aus der Anfangszeit des Computers nichts geändert. Intelligenz wird nur vorgegaukelt. Die Intelligenz bleibt bisher stets exklusiv dem Operator des jeweiligen Programmes vorbehalten. Die besten Ansätze bisher beschränken sich auf Entscheidungen, die anhand von gespeicherten Statistiken getroffen werden. Das nennt man dann lernende Algorithmen oder auch in etwas anderer Form genetische Algorithmen. Mit künstlicher Intelligenz hat das nichts zu tun.

  4. Da stimmt im Prinzip, ist aber dann eine Frage dessen wie man Intelligenz definiert.
    Ein neuronales Netz eines Regenwurms macht nicht viel anderes als ein neuronales Netz im Rechner, ist er intelligent?
    Je nach dem wie man es sieht.

    Wichtig und sicher ist, daß dabei sehr mächtige Werkzeuge entstehen an die Aufgaben die sonst mit Intelligenz gelöst werden erfolgreicher und sehr viel mächtiger outgesourced werden können.
    Und werden.
    Und diese treffen Entscheidungen.

    Das verlinkte Paper ist übrigens auch in anderen Erwartungen interessant, zB wird in den nächsten 10 Jahren die Totalüberwachung des Finanzverkehrs via “Blockchain” Technik erwartet, Roboteriesierung von Dingen wie Apotheken, ampellose Städte aufgrund von automatisierter Zugangsberechtigung, usw. alles versteckt hinter den üblichen Euphemismen und Buzzwords wie “Smart City” etc.
    Auf diese Erwartungen baut das WWF.
    Sollte man also mal überfliegen.

  5. Interessante Debatte. Was ist… “Intelligenz”?
    – Soweit ich weiß, nicht das Gelbe vom Ei.
    Zur Illustration dieses Standpunkts ein paar Zeilen aus (m)einer Übersetzung eines vor kurzem (bei Shambhala, Boston and London, auf Englisch unter dem Titel The Lion’s Roar erschienenen) Texts,

    “(…) Kurz, wie wir den wesentlichen Punkt der abschweifenden Gedanken kennen,
    die Macht der unterscheidenden Intelligenz, sie rauscht dahin.

    Und obgleich Du weißt, wie Du Ruhe und Bewegung, beides, in die Meditation einbringst,
    ist doch der Wesenskern des „Wissers“ im harten Griff der Ego-Fixierung.
    Und Du irrst in Muster analytischer Befassung, und so weiter, ab.
    Das sind hochgradig unauffindbare und gefährliche begriffliche Verdunkelungen. (…)”

    Das Menschsein ist noch etwas ganz anderes als “Intelligenz”, hat ein viel “höheres” (um nicht zu sagen mächtigeres/triftigeres/freisinnigeres) Potenzial.
    Dass all die Heinis und Heininnen, die die Weltgeschicke “auf höchster Ebene” regulieren/bestimmen/bevormunden/vergewaltigen wollen, nicht den blassesten Schimmer davon zu besitzen scheinen, macht die Aussicht auf die Zukunft und die in ihr herrschenden Umstände nicht gerade rosiger.

    Sondern nachgerade beschissen.

  6. In der Tat.
    Wie Lem meinte, ein Intelligenter würde eher aus dem Fenster springen als sich zum Präsidenten der USA machen zu lassen…

    Ich hatte das Dokument oben übrigens auf Bruce Sterlings tumlbr gefunden fällt mir gerade wieder ein.

    Mal als Beispiel dafür wie mühelos vernetzt wir sind, komplex und dann auch wieder direkt.

  7. @ pecas am 29.01.2016 um 19:50 Uhr
    “Dass all die Heinis und Heininnen, die die Weltgeschicke “auf höchster Ebene”
    regulieren/bestimmen/bevormunden/vergewaltigen wollen, nicht den blassesten Schimmer davon zu besitzen scheinen, macht die Aussicht auf die Zukunft und die in ihr herrschenden Umstände nicht gerade rosiger.”

    Doch, die haben den Schimmer…nur halt keinen menschenfreundlichen…in Sachen ” Spiritualität”
    stehen sie für “The Dark Side aka Black Magik with a K”

    So wie der Mensch tierische und pflanzliche Nahrung vertilgt, um am Leben zu bleiben, vertilgen die und Ihre Bundesgenossen menschliches Leiden & Schmerzen
    aller Art, um sich zu erhalten und an Kraft zuzunehmen.

    Keine Chance da durchzublicken, solange man menschliches Tun und menschliche Geschichte, als eine nur rein “Menschliche”- Angelegenheit auffasst, die sich durch
    ” Erziehung”-” Aufklärung” und “Umverteilung” zum materiell Besseren wenden würde—Das hat nie geklappt und wird in Zukunft noch viel weniger klappen.
    https://www.youtube.com/watch?v=1_69nnf_SOY

  8. @gabor, Vermutlich haben Sie recht, aber dann scheint es mir wieder zielführender sowas trotzdem naturwissenschaftlich als Soziopathie usw zu betrachten statt sprituell als magisch dunkel, beide Betrachtungsweisen schließen sich aber nicht gegenseitig aus.

  9. Hallo Herr Bröckers,
    falls Sie ihn noch nicht gesehen haben, sollten Sie sich ihn unbedingt anschauen:

    “The Imitation Game”/”Ein streng geheimes Leben” über die Geschichte des Namensgebers des Turing Awards, Alan Turing, nach dem auch die Turing Maschine benannt ist – der Mann, der Enigma besiegte:

    The Imitation Game 2014 full movie
    https://www.youtube.com/watch?v=_SnlKLrLVyI

    Hauptdarsteller ist Benedict Cumberbatch (Sherlock Holmes, The Hobbit).

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