Im persischen Golf von Tonkin

Mitten im Kalten Krieg – am 4. August 1964 –  fuhr der US-Zerstörer Maddox vor der nordvietnamesischen Stadt Haiphong in den Golf von Tonkin. Es sollte, so schrieb der Geheimdienst-Historiker James Bradford, “als Provokateur zur See seinen scharfen, grauen Bug und die amerikanische Flagge so nahe wie möglich in den Bauch Nordvietnams stecken”. Und wurde dann auch prompt von nordvietnamesischen Schnellbooten mit Torpedos beschossen – so jedenfalls meldete es der Kommandeur der pazifischen Flotte und der  Militärgeheimdienst. Daraufhin Präsident Johnson schickte umgehend Bomber zu einem Vergeltungsschlag und erhielt zwei Tage später vom Kongress den Blankoscheck für weitere Bombardements. In der Folge eskalierte der Vietnamkrieg dann zu einem Desaster mit Millionen Toten auf vietnamesicher Seite und 60.000 getöteten US-Soldaten.

Den Torpedobeschuss im Golf von Tonkin aber hatte es nie gegeben, als  Beweis für den Angriff des kommunistischen Feinds, diente ein Foto mit drei unidentifizierbaren Schiffen (Foto: Wikipedia). Mit derartigen Wackelbildern kommt man aber heute nicht mehr ohne weiteres durch – wie die Reaktionen auf das von den USA veröffentlichte Video, auf dem sich ein angebliches Boot angeblicher iranischer Revolutionsgarden angeblich an dem in Brand geratenen Tanker zu schaffen machen und eine angeblich nicht gezündete Mine entfernen. Selbst die “Tagesschau”, eigentlich stets Seit an Seit mit Nato und Pentagon, äußerte deutliche Zweifel an der Beweiskraft der Bilder und an der eindeutigen Zuschreibung durch die USA. Auch andere Medien fühlten sich durchaus an die falschen Massenvernichtungswaffen des Irak, die falschen Brutkastenbabys des Kuweit-Feldzugs und an den Fake des Tonkin-Zwischenfalls erinnert.

Was genau vor der iranischen Küste geschah und wer für die Brände auf den beiden Tankern verantwortlich war, darüber kann nur spekuliert werden.  Gehen wir die üblichen Verdächtigen einmal durch:

1. Donald Trump

In Vietnam war 1964 ein Angriff  lange geplant und vorbereitet worden, der Tonkin-Zwischenfall wurde erfunden, um einen plausiblen Grund für seine Durchführung vorzuweisen. Dazu taugen die beiden aktuellen Attacken nicht, zumal kein Eigentum der USA, sondern einer japanischen und einer deutschen Reederei angegriffen wurde. Zudem haben einflussreiche Militärs und Generäle umgehend vor einem Krieg mit dem Iran gewarnt, der keinesfalls ein “cakewalk” werden würde. Bei einem Planspiel des Pentagon, das vor einigen Jahren einen Angriff auf Iran simulierte, waren in kürzester Zeit acht US-Kriegsschiffe und ein Flugzeugträger von iranischen Torpedos versenkt worden, mit etlichen Toten auf amerikanischer Seite – worauf man den simulierten Angriff abbrach. Dem US-Militär ist also ziemlich klar, dass ein Krieg mit einem Bombenhagel auf Teheran nicht schnell gewonnen werden kann, zumal Russland und China den Iran heute noch stärker unterstützen als es in dem “Millenial Challenge” genannten Planspiel vorgesehen war. Und ihr Commander in Chief Donald Trump, der gerade den Wahlkampf 2020 startet, kann aktuell allenfalls ein wenig Säbelrasseln gebrauchen – das macht sicher immer gut –  ein langwieriger, desaströser Krieg allerdings wäre jetzt Gift für seinen Wahlkampf.

2.Iran

Dass sich die Eliteeinheiten der iranischen Revolutionsgarde – von den USA unlängst als Terrororganisation eingestuft – mit billigen Schlauchbooten an japanischen Tankern just an dem Tag zu schaffen machen, an dem der japanische Präsident Abe zum Staatsbesuch in Teheran weilt – das scheint dann doch eher wie ein plumper Versuch, diplomatische Gespräche zu unterminieren. Wollte der Iran die Straße von Hormuz vor seiner Haustür – die wichtigste Tanker-Autobahn des globalen Ölhandels – wirklich blockieren, hätte er dazu ganz andere Mittel. Zudem steht die iranische Regierung nach der Kündigung der Nuklearverinbarungen durch die USA und der weiteren Verschärfung der internationalen Sanktionen unter starkem Druck und sollte wenig Interesse daran haben, diesen Konflikt jetzt mit solchen Anschlägen weiter anzuheizen. Immerhin hatte Teheran aber gedroht, dass bei einer Blockade iranischer Exporte auf diesem Weg niemand mehr Öl exportieren wird

3. Das “B-Team”

Mit Trumps Sicherheitsberater Bolton, Israels Bibi Netanyahu, Bin Salman aus Saudi Arabien und Bin Zayed aus den Emiraten wäre das “B-Team” der führenden Kriegstreiber im Mittleren Osten benannt. Dieser unheiligen Allianz, der ihr Debakel im Syrienkrieg noch nicht genug ist und die weiter gegen Iran marschieren wollen, wären Aktionen wie diese Angriffe auf die Tanker am ehesten zuzutrauen. Sie können immer Iran in die Schuhe geschoben werden und wenn sie weiter gehen und alsbald dann auch einmal richtige Schäden bis zum Versenken eines Schiffs angerichtet werden, kann der eher kriegsunwillige US-Präsident immer weiter unter Druck gesetzt werden. Zudem wird der Ölpreis sofort in die Höhe schiessen und wenn sich dann bis zum nächsten Sommer die Benzinpreise verdoppeln, dürfte es schwer werden für den Wahlkämpfer Trump. Die jüngsten Veröffentlichungen der New York Times über geplante Cyberattacken auf das russische Stromnetz um Putin von Unterstützung des Irans abzuhalten, wurden von Trump umgehend zurückgewiesen und als unwahr bezeichnet. Sie zeigen aber, dass auch  die führende Zeitung auf Seiten des “B-Teams” steht und den Konflikt weiter anheizen möchte.

Wer nun für diese Zwischenfälle im Golf von Oman konkret verantwortlich war, läßt sich aufgrund der derzeitigen Faktenlage nicht sagen. Dass Trump aber am allerwenigsten von einem Krieg mit Iran profitieren würde scheint ziemlich sicher. Die Lage aber bleibt weiter brenzlig: schon haben die Saudis amerikanischen Begleitschutz für ihre Öltanker angefordert. Wenn dann ein US-Schiff attackiert wird, könnte ganz schnell die Hölle los sein…

Auch als Podcast auf KenFM

10 Comments

  1. Danke für diese sehr gute Analyse der Hintergrundinformationen.
    Langsam wird es irgendwie ungemütlich. Vor allem wenn man damit versucht gleich mehrere Fliegen auf einen Schlag zu treffen, kann das alles noch mal sehr brenzlig werden. Ich hoffe, dass die Vernünftigen in diesem Spiel sich durchsetzen, sonst …oje

  2. Es wird schon seit Jahren mit Behauptungen und Anschuldigungen gearbeitet, welche von großen Teilen unserer Leitmedien ungeprüft über den Äther gesendet werden. Fakten werden aus dem Zusammenhang gerissen oder verschwiegen. Wichtig! Die Dauerberieselung muss weiter gehen. “Man muss eine Lüge nur oft genug wiederholen, damit sie zur Wahrheit wird!” Da es schwieriger wird, die Massen für einen Krieg gegen den Iran und damit evtl. auch gegen Russland zu begeistern, greift man zu bewerteren Methoden und zündelt so lange lange, bis man einen brauchbaren Grund hat die Militärmaschinerie in Bewegung zu setzen. Man sollt bei der Frage nach den Verursachern, immer an “Qui bono”? (Wem nützt es!) denken.

  3. Die Amerikaner sind im “Eigenen” Land, bisher von jeden Krieg verschont
    worden, den Sie in anderen Ländern so nachhaltig zu führen pflegen. Wenn
    Sie So einen Krieg in Ihrer Heimat, mit all den Grauenhaften Konsequenzen
    die Der mit sich bringt erleben, dann erst wissen Sie was ein richtiger Krieg ist!.
    Vorher besteht wenig Hoffnung, das bei Denen Vernunft einkehrt!
    Sie wähnen sich , eingeklemmt zwischen zwei Ozeanen in trügerischer
    Sicherheit und meinen so weiter machen zu können ,wie bisher, ohne jemals
    Konsequenzen befürchten zu müssen für Ihr schändliches Treiben in dieser Welt.

  4. Weshalb sollte eine Haftmine – unter der Gefahr des vorzeitigen Entdeckens – über der Wasserlinie angebracht werden? Die Besatzung des betroffenen Tankers, die statt dessen von Angriffen aus der Luft sprach, ist wahrscheinlich vom Kreml gekauft.

    Dass es ein Schiff mit deutsch-japanischem Zusammenhang traf, ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem Deutschland (Maas) und Japan (Abe) sich erdreisten, mit dem Pariastaat zu verhandeln und den Kriegshetzern damit das Geschäft vereiteln wollen, könnte auch eine Botschaft sein, die sich weniger an den Iran richtet…

    Ach nein, das ist Verschwörungstheorie, es gibt eine simplere Erklärung: Die sich dem Diktat des US-Imperiums entziehenden Schurken begehen ihre Untaten meist zum für sie selbst ungünstigsten Zeitpunkt: auch Putin hat den Anschlag auf die Skripals kurz vor der Fußball-WM in Russland und während der Nordstream-Verhandlungen befohlen, er lässt Regime-Kritiker in Kreml-Nähe meucheln (Nemzow) oder kurz bevor er zum Staatsbesuch nach Deutschland aufbricht (Politkowskaja).

    Das machen solche Schurken vermutlich nur, um der Welt zu demonstrieren, dass sie nicht nur böse sondern auch bescheuert sind, denn wären sie dies nicht, würden sie sich der Zwangsbeglückung durch das friedliebende, gütige und weise US-Imperium kaum entgegen stellen, nicht wahr?

  5. Im B-Team-Abschnitt ist ein Grammatikfehler.

    “und wenn sie weiter gehen und alsbald dann auch einmal richtige Schäden bis zum Versenken eines Schiffs angerichtet werden”

    ‘Angerichtet haben’ oder ‘anrichten werden’. Oder ist das Futur 4? 😀

    Mit antikapitalistischem Gruß und Dank

  6. Bin kein Fan von Mainstream-Talkshows, aber gestern war der bekannte Nahost-Fachmann Michael Lüders bei Markus Lanz zu Gast. Er hat Klartext zum Tanker-Zwischenfall gesprochen und ist als seriöser Experte – und nicht als NATO-Propagandist – aufgetreten. Sehenswert!

    https://www.youtube.com/watch?v=7QEihjnhIQY

    Offenbar hat die Schussfahrt (der aggressivsten Kreise des Imperiums) in den Orkus inzwischen so viel Fahrt aufgenommen, dass selbst das deutsche Mainstream-TV die unübersehbaren Tatsachen nicht mehr vollständig wegpropagieren möchte.

    Übrigens rechnet Lüders fest mit einer militärischen US-Attacke auf den Iran und betrachtet die jüngsten Ereignisse als Vorbereitung dazu. Spätestens wenn der Ölpreis sich dadurch verfünffacht hat, merkt es dann auch der letzte deutsche Michel…

  7. Der Deutsche “Michel” scheint keine Schmerzgrenze zu kennen!
    Der befindet sich im rassannten Schleudergang einer Gehirn Waschmaschiene,
    Die schon seit 70 Jahren immer mehr Fahrt aufnimmt. Selbst an den Weichspühler
    hat Er sich schon längst verschluckt!
    Es findet sich halt Niemand, der endlich den Stecker zieht!!

  8. …es gibt ja noch eine weitere [die uebliche] partei die and einem kriegerischen zwischefall starkes interesse haben kann und die dank deutscher hilfe auch ueber die noetige infrastruktur verfuegt: israel hat kampftaucher, die mit den unheimlich leisen deutschen u-booten bis direkt an die tanker gebracht werden koennten. israel hat auch in dieser uebergangszeit es noetig, mit einem weiteren streich der welt ‘seine’ faehigkeiten und bereitschaft trotz mp-wechsel darzulegen…

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