Frisch aus dem Archiv: Lüge in Kriegszeiten

Frisch aus dem Archiv und wieder mal aktuell hier ein Artikel vom 29. Juli 2014:
Am Beispiel des Ersten Weltkriegs formulierte Arthur Ponsonby 1928 die Strukturgesetze der Kriegspropaganda – sie gelten, wie die aktuelle Berichterstattung über die Ukraine zeigt, noch immer. Von Lord Arthur Ponsonby (1871-1946), einem britischen Politiker und Friedensaktivisten, stammt nicht nur das berühmte Diktum, dass das erste Opfer des Kriegs die Wahrheit ist – “When war is declared, truth is the first casualty”. In seinem 1928 veröffentlichten Buch “Falsehood in Wartime” (“Lüge in Kriegszeiten”) versuchte Ponsonby auch die Strukturelemente dieser Lügen und Fälschungen zu beschreiben, wie er sie am Beispiel des Ersten Weltkriegs beobachtet hatte:

Wir wollen den Krieg nicht.

Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung.

Der Führer des Gegners ist ein Teufel.

Wir kämpfen für eine gute Sache.

Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen.

Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich.

Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm.

Künstler und Intellektuelle unterstützen unsere Sache.

Unsere Mission ist heilig.

Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter.

In ihrem Buch über “Die Prinzipien der Kriegspropaganda” (Präzisionsschläge sorgen für Kollateralschaden) hat die Historikerin Anne Morelli 2004 diese von Ponsonby definierten Prinzipien auf ihre Gültigkeit abgeklopft und vom Zweiten Weltkrieg bis zu den Kriegen in Jugoslawien und Irak zahlreiche Belege dafür gefunden:

Wir schenken heute Lügenmärchen genauso Glauben wie die Generationen vor uns. Das Märchen von kuwaitischen Babys, die von irakischen Soldaten aus ihren Brutkästen gerissen wurden, steht dem von belgischen Säuglingen, denen man angeblich die Hände abgehackt hat (dies wurden den deutschen Soldaten im Ersten Weltkrieg zugeschrieben), in nichts nach.

Ponsonbys Prinzipien scheinen tatsächlich so etwas wie die zehn Gebote der medialen Kriegsführung darzustellen – und sind auch in dem aktuellen Konflikt um die Ukraine Punkt für Punkt zu beobachten. “Wir”, der Westen, USA/EU/NATO, wollen natürlich keinen Krieg, fordern aber von den Bürgern größere “Rüstungsanstrengungen” (Nato-Sprecher Rasmussen) und mehr “militärische Verantwortung” (Gauck) auf sich zu nehmen. Das gegnerische Lager (“Russen” und “Pro-Russen”) zwingt uns dazu, denn ihrer Führer sind echte Teufel (“Putin”) – die Titelseiten von “Newsweek” (Jetzt reicht es!) und “Spiegel” (SPIEGEL schließt Russland-Forum nach drei Stunden) in dieser Woche lassen keinen anderen Schluss zu. Wir dagegen kämpfen natürlich immer für die gute Sache: für “Mädchenschulen” in Afghanistan, für “Demokratie” im Irak, gegen einen irren “Diktator” in Libyen, den “Schlächter” Assad in Syrien und an der Seite der “Zivilgesellschaft” in der Ukraine. Für “Freiheit” und “Menschenrechte” betreiben wir “humanitäre Interventionen”, die durch ihre “Präzisionsschläge” die unvermeidlichen “Kollateralschäden” so gering wie möglich halten.

Dass die Kriege in den genannten Regionen statt Recht und demokratischer Ordnung eine Schneise der Verwüstung geschaffen haben, ein entstaatlichtes Chaos, in dem Warlords, kriminelle Banden und radikale Milizen Regie führen, liegt nicht an uns, sondern am Gegner. Der kämpft mit unerlaubten Waffen (“Terrorismus”, “Massenvernichtungswaffen”) und begeht mit voller Absicht Grausamkeiten, was wir natürlich nie tun würden. Oder nur aus Versehen und den für uns in Syrien agierenden “Freiheitskämpfern” verbotenes Giftgas liefern, um seinen Einsatz dann Assad als Überschreiten einer “roten Linie” in die Schuhe zu schieben – wobei die Aufdeckung dieser “False Flag”-Operation (Seymour M. Hersh: “Whose sarin?, The Red Line and the Rat Line) dann aber keine Schlagzeilen mehr wert ist, weil: siehe Punkt 1 – 4.

Allenfalls eine Kurzmeldung ist dann auch die Aussage des Leiters des holländischen Forensik-Teams wert, der den Absturz des MH-17-Flugs in der Ukraine untersuchte und den mit der Bergung befassten “Separatisten” eine hervorragende Arbeit bescheinigte. Weltweit Schlagzeilen macht das Bild eines Helfers, der – “menschenverachtend”, “brutal”, “grausam” – an der Absturzstelle einen Plüschhasen in die Kamera hält. Echte Barbaren, diese “Pro-Russen”, die zwar Ukrainer sind, aber in Form von “Pro-Russen” als untermenschlicher Feind identifiziert werden.

Dass der Gegner Russland enorme Verluste erleide und international “isoliert” sei, wird nahezu täglich auf den Wirtschaftsseiten vermeldet, wobei ausgeblendet bleibt, dass die Russen gerade für 400 Milliarden US-Dollar Gas nach China verkauft haben, mit den BRICS-Staaten eine Alternative zum IWF gründen und den Ausstieg aus dem Petro-Dollar beschlossen haben (BRICS-Staaten machen Weltbank und Währungsfonds Konkurrenz). Wer dann “isoliert” ist, wenn sich mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung der Finanzhegemonie der USA entzieht, wird sich erst noch weisen.

Was die Unterstützung durch Künstler und Intellektuelle betrifft, so beschränkt sich diese derzeit weitgehend auf Medienschaffende und Journalisten, die in Leitartikeln und Talkshows Stimmung machen. Von ihrer Verpflichtung zu objektiver Information haben sie sich weitgehend verabschiedet und präsentieren die Wirklichkeit als Schwarzweißfilm mit eindeutiger Rollenverteilung in Gute (USA, EU und Nato) und Böse (Putin und Russland) präsentieren. Zu diesem Zweck mutieren dann nicht nur Gerüchte zu Tatsachen, Vermutungen zu Ereignissen und Meinungen zur Wahrheit, sondern es werden auch unpassende Fakten verschwiegen und Interessen und Hintergründe der Akteure des Konflikts unterschlagen.

Das dröhnende Schweigen, mit dem USA/NATO/EU auf die Veröffentlichung von Radar- und Satellitendaten zum MH-17-Absturz durch den russischen Generalstab reagierte, spricht Bände – nicht nur in Bezug auf die Qualität der zuvor geäußerten wüsten Anschuldigung in Richtung Russland, sondern auch auf die Verkommenheit der westlichen Medien, die eine Aufklärung der Unglücksursache und eine Offenlegung der ukrainischen und amerikanischen Daten nicht einmal fordern. Geschweige denn, ihre Regierungen für diese Nicht-Aufklärung in irgendeiner Weise kritisieren. Stattdessen wird mit den oben zitierten Titelbildern die faktenfreie Propaganda um eine weitere Stufe eskaliert.

“Wie wird die Welt regiert und in den Krieg geführt? Diplomaten belügen Journalisten und glauben es, wenn sie’s lesen”, notierte der Wiener Schriftsteller Karl Kraus, nachdem auf eine Falschmeldung der deutschen und österreichischen Presse über einen französischen Bombenabwurf auf Nürnberg Ende Juli 1914 unmittelbar die Kriegserklärung an Frankreich erfolgt war. Dieser fingierte Bericht war für ihn die Urlüge und das Paradebeispiel für die Manipulation der Massen in Kriegszeiten, die Kraus dazu führte, “den Journalismus und die intellektuelle Korruption, die von ihm ausgeht, mit ganzer Seelenkraft zu verabscheuen”.

Wer derzeit die Medien unter Berücksichtigung der Strukturgesetze von Arthur Ponsonby beobachtet, kann sich diesem Abscheu nur anschließen.

8 Comments

  1. Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.” Otto von Bismarck Das ändert sich nie, wer sich ändern müsste sind die, die hören und das Gehörene verstehen sollten.

  2. Wenn es an der Zeit ist, das vom “mündigen Bürger” tatsächlich zumindest der Versuch eigenständigen Denkens einzufordern wäre, wie eben in Vorkriegszeiten, stellt sich leider heraus das die meisten von uns nie über das Stadium dümmlich-infantiler Idiotie hinausgekommen sind. Der Rest schaut wissentlich und angstvoll weg.

  3. Oberster Kriegshetzer im Weißen Haus, Jake Sullivan, will offenbar schon nächste Woche zuschlagen. Earlier Friday, Sullivan warned a Russian assault on Ukraine could begin soon, beginning with aerial bombings and missile attacks. He advised all Americans to depart the country for their own safety as quickly as possible.
    “Any American in Ukraine should leave as soon as possible, and in any event in the next 24 to 48 hours,” Sullivan said.
    Anstatt auf den Straßen in Berlin Putz zu machen, um Scholz und Baerbock zur Vernunft zu zwingen, verzetteln sich die kritischen Leute über einen Fetzen Stoff vor der Nase. Das ist die blödeste Ablenkung von wirklich fundamentalen Problemen, die man sich denken kann. Wer hat das wohl in Szene gesetzt? Hat da etwa die Intelligence Community wieder ihre dreckigen Finger drin?

    1. Schon möglich, wie auch im Irak, da suchen sie die Kampfstoffe noch heute. Wobei man Corona vielleicht auch unter diesem Aspekt sehen könnte. False flags sind deren Geschäft und Menschenleben kollaterale Schäden. Die drei “T” sind die Basis: tricksen, täuschen, tarnen. Wie schon George Friedman so treffend bemerkte “Die USA haben weder Freunde noch Feinde, die USA haben Interessen”. https://www.youtube.com/watch?v=QeLu_yyz3tc&t=3s Der Krieg gegen die Kleinsten nimmt auch so langsam richtig Fahrt auf. Pfizer hat den Antrag auf Genehmigung der zweifach Impfe für Babies und Kleinkinder bei der FDA zurückgezogen und will nun herausfinden, ob dreifach nicht besseren “Schutz” bewirkt.

  4. … man denke auch an die “Sender Gleiwitz”-Schote der Nazis. Damit begann der 2. WK. Zweifler an dieser “false flag” Operation wurden damals noch nicht “Verschwörungstheoretiker” genannt!

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