Bin soeben zurück vom sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park, wo heute der Sieg über Nazi-Deutschland gefeiert wurde. Es waren viele tausend Leute dort und bei bestem Frühlingswetter in guter Stimmung. In einem Marsch trugen Kinder und Enkel die Bilder ihrer Väter und Großväter, die beim Kampf um Berlin gefallen waren. Dass Russland die UdSSR in diesem Krieg mit mehr als 20 Millionen Toten die meisten Opfer gebracht hat, wird beim Jubel um die Befreiung derzeit ja gerne vergessen. An vielen Ecken des weitläufigen Geländes wurde gesungen, das russische Volkslied war ebenso vetreten wie ein paar junge Hippies, die mit John Lennos “Imagine” zur “Friedesfusion” aufriefen, viele hatten Blumen dabei mit denen sie die Grabstätten schmückten. Und ja, Russlands neue super-gefährliche Wunderwaffe, die “Nachtwölfe”, waren auch da und wurde von der Menge begeistert umringt. Die internationale Posse, die den Motorradausflug von ein paar Rockern mit exaltierten Medienberichten und Gerichtsverfahren in den letzten Wochen begleitet hatten – und den neue Kalten Krieg von seiner absurd-grotesken Seite zeigte – löste sich in Wohlgefallen und Beifall auf.
Ja, das hysterische Getue um die (sicherlich etwas provokante) Aktion der Nachtwölfe hatte schon etwas bizzarres, peinliches und lächerliches an sich.
Gut, daß die Biker unterwegs doch eine Menge Sympathisanten und einige von ihnen den Weg bis nach Berlin fanden.
Beeindruckend auch der Marsch des “бессмертный полк”, des “Unsterblichen Regimentes”, in Moskau, zu dem sich eine halbe Million Menschen einfand.
Das Dilemma der politischen Elite besteht darin, dass sie in dem Versuch, ihren Herren in Washington zu Willen zu sein, zwei sich widersprechende Ansätze verfolgen muss und dadurch immer unglaubwürdiger wird: Man soll so tun, als hätte man aus der Geschichte gelernt, aber man soll nicht wirklich die Lehren daraus ziehen.
Zum einen soll jede eigenständige Entwicklung zu mehr Souveränität und Emanzipation Deutschlands von der Vormacht verhindert und jede antidemokratische Zumutung hingenommen werden. Als Rechtfertigung dienen auch regelmäßige Hinweise auf die moralische Bürde der NS-Zeit.
Im Umgang mit Russland zeigt sich aber der verlogene und rein machtpolitisch bestimmte Charakter der staatlichen und öffentlich-rechtlichen Bekundungen zum Antifaschismus. Denn wäre er ernst gemeint, müsste man dessen Wiederaufleben in der Ukraine und den baltischen Staaten thematisieren und sich den Russen stärker verpflichtet fühlen, deren Opfergang damals so viel größer war als der westliche.
Da diese Konsequenz mit US-Interessen kollidieren würde, unterbleibt sie.
Statt dessen akzeptieren wir eine Vasallenregierung, deren Geheimdienst – von einem Wehrmachtsgeneral gegründet – den Amerikanern hilft, Deutschland, Europa, seine Wirtschaft und seine Bürger auszuspionieren.
Übrigens…
eine brillante Analyse der gleichgeschalteten Berichterstattung des deutschen Staatsfernsehens
auf
http://hinter-der-fichte.blogspot.de/2015/05/siegesparade-ard-und-zdf-mit-block-im.html