Staatlich kontrollierte Hanfmedizin

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Die Bundesregierung will endlich eine Cannabisagentur einrichten, die den staatlichen Anbau von Hanf zu medizinischen Zwecken organisiert und Cannabis auf Kassenrezept ermöglicht. In einer Meldung der “Welt” heißt es heute dazu:

“Die Cannabisagentur schreibt den voraussichtlichen Bedarf an Medizinalhanf nach den Vorgaben des Vergaberechts aus, vergibt in wettbewerblichen Verfahren Aufträge über die Belieferung mit Medizinalhanf an Anbauer und schließt mit diesen zivilrechtliche Liefer- beziehungsweise Dienstleistungsverträge”, steht in der Begründung des Gesetzestextes. Als Anbauer kommen landwirtschaftliche Betriebe und andere Unternehmen in Frage, die die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. “Die Cannabisagentur verkauft den Medizinalhanf anschließend insbesondere an Hersteller von Cannabisarzneimitteln, Großhändler und Apotheken.” Dabei legt die staatliche Stelle dann auch den Preis fest, den die Krankenkassen für das an die Patienten abgegebene Präparat zu zahlen haben – ausgeglichen werden damit auch die Kosten für die Arbeit der Cannabisagentur.”

Wann die neue Verordnung umgesetzt wird und Patienten ihre Hanfmedizin aus staatlich kontrolliertem Anbau ist noch unklar. Dass sich zwei in Sachen Drogenpolitik bis dato nicht durch Reformeifer aufgefallene Politiker – die Drogenbeauftragte Mortler (CSU) und Gesundheistminister Grohe (CDU) – zu diesem Schritt durchringen,  zeigt einerseits den wachsenden Eindruck, den die erfolgreichen Cannabisreformen in einigen europäischen Ländern und den USA jetzt offenbar langsam auch auf konservative Politiker macht; andererseits soll mit dem Staatsmonopol für den Anbau aber wohl auch verhindert werden, dass  sich immer mehr Patienten den Eigenanbau von Gerichten genehmigen lassen – weil sie sich die bisher nicht auf Kassenrezept erhältliche Cannabismedizin einfach nicht leisten können.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die aktuellen “Apothekenpreise” für Cannabisblüten und THC-Extrakt (Dronabinol) unter dem Monopol des Staats und der pharmazeutischen Industrie zugunsten der Patienten ändern. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist dieser Gesetzesentwurf auf jeden Fall, wenn auch nur ein kleiner. Was noch zu tun wäre,  hatte ich in  “Keine Angst vor Hanf”   2014 wie folgt notiert :

 

 

Über die Legalisierung für alle Erwachsenen mag noch einen Moment diskutiert werden, was jedoch Patienten betrifft, sind der Gesetzgeber und die zuständigen Behörden umgehend gefordert:

– das Betäubungsmittelgesetz für medizinischen Hanf zu ändern

– ein medizinisches Cannabisbüro zur bundesweiten Koordination einzurichten (ähnlich wie in den Niederlanden und Kanada)

– ein hausärztliches Attest für die Cannabisindikation einzuführen, das den Betroffenen den unbürokratischen Bezug beziehungsweise den Eigenanbau erlaubt (so wie in den USA)

– die Lizenzierung von Anbau,- und Abgabestellen für medizinischen Hanf

– die Erstattung der Cannabistherapie bei denKrankenkassen durchzusetzen

Diese Maßnahmen müssen nicht irgendwann, sondern sofort auf den Weg gebracht werden. Es geht hier nicht um eine Liberalisierung der Drogenpolitik, nicht um eine Debatte zum »Recht auf Rausch«, es geht um das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit. Es geht um leidende, teilweise schwerwiegend erkrankte Menschen, denen eine Pflanze, die ihre Leiden lindern kann, nicht länger vorenthalten werden darf. Auch nicht mit dem Hinweis, dass noch Forschungsbedarf bestehe, denn es gibt kaum eine Arzneipflanze, die länger und besser erforscht ist als Cannabis.

2 Comments

  1. Warum passiert das gerade jetzt?

    “Günther Weiglein ist einer der drei Patienten, die die Bundesopiumstelle erfolgreich auf Eigenanbau verklagt hatten. Wäre die Behörde auch im nächsten Prozess, der für 2016 angesetzt war, unterlegen, hätten Weiglein und seine Mitstreiter unter den Augen der Bundesopiumstelle ihr medizinisches Cannabis für weniger als zwei Euro pro Gramm selbst anbauen dürfen. Das galt es zu verhindern…” http://www.vice.com/de/read/alles-was-ihr-ueber-die-geplante-staatliche-cannabis-agentur-wissen-muesst-222

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