Die Putin/Trump-Verschwörung

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Den “National Enquirer” habe ich  bei Besuchen in den USA immer gern mal gekauft, wenn er mir an der Supermarktkasse mit irgendeiner mega-schrillen Headline ins Auge fiel – und wurde selten enttäuscht. Nicht nur was die Dichte von sensationsheischendem Bullshit betrifft, sondern auch im Aberwitz der noch sensationelleren Topstories. Jetzt aber hat die Mutter aller Käseblättter Konkurrenz bekommen und das von unerwarteter Seite: die “Washington Post”, seit Watergate quasi mit dem Mutterkreuz des Investigativjournalismus  ausgestattet, dümpelt neuerdings noch unter “National Enquirer”-Niveau.  Am 12. September setzte die WaPo die Story in die Welt, dass die am Vortag bei einer  9/11-Gedenkfeier zusammengeklappte Hillary Clinton Opfer eines Giftanschlags gewesen sein könnte. Einziger Beleg für den Leitartikel war der Tweet eines Pathologen, der meinte,man solle eine toxikologische Untersuchung machen, denn Mr. Trump und Mr. Putin sei alles zuzutrauen. Die “Post” fügte dann noch raunend hinzu, dass auch der Ex-KGB-Agent Litvinenko merkwürdig zu Tode gekommen sei und solche Morde schließlich nie “ohne Putins direkte Zustimmung” geschähen. Und  that’s it – fertig ist die Verschwörungstheorie.

Wie kommt es nun, dass eine einstige “Qualitätszeitung” derart ungeniert derart dumpfen Desinformationsmüll in die Welt setzt ? Wayne Madsen hat nur eine Erklärung dafür:

“The aim of the neoconservative war hawks who are embedded in Clinton’s campaign, as well as the Central Intelligence Agency-linked Post, is clear. President Putin is being set up by the neocons as the next Saddam Hussein, Muammar Qaddafi, and Bashar al Assad. Meanwhile, Trump is being portrayed as a modern-day Alger Hiss who owes ultimate loyalty to the Kremlin. It should be pointed out that Jeff Bezos, the owner of the Post, has a $600 million contract with the CIA to provide cloud computing services for the CIA. The deal makes The Washington Post, via interlocking close corporate links, a de facto CIA contractor.”

Operation Mockingbird – ick hör dir trapsen. Und doch ist man immer wieder überrascht, wie plump das alles läuft. “The CIA is smart, but it is not so smart, if something works they do it over and over again” schrieb mir unlängst ein Kollege aus den USA. Die Nummer, unliebsame Politiker als Agenten des Kreml zu denunzieren, ist seit den  50er Jahren einstudiert und wird schlicht wieder aufgekocht. Allein: es scheint nicht zu helfen. Trump lag in den Umfragen weit zurück und  steht jetzt nahezu gleichauf mit Clinton, in manchen “swing states” sogar schon vor ihr und selbst  19,5 % der afro-amerikanischen Wähler unterstützen ihn. Auch wenn die liberalen Medien es noch  nicht wahrhaben wollen: es droht mit The Donald im November eine ähnliche Überraschung wie mit dem Brexit: SNAFU USA.

Zumal weitere finstre Agenten der Putin/Trump-Verschwörung am Werke sind: Wikileaks hat gerade Dokumente geleakt, wieviel man der Partei spenden mußte, um als Botschafter oder  Staatssekretär bei der Obama-Regierung  ein Pöstchen zu bekommen.  Und Hollywood-Legende Oliver Stone hat mit seinem neuen Film einen weiteren Helden auf die Agenda gesetzt, der natürlich auch vom Kreml gesteuert ist: Edward Snowden. Während der “Guardian”, die “New York Times” und Glen Greenwalds ” The Intercept” zur Begnadigung des Whistleblowers aufrufen, fordert die “Washington Post” weiter die strafrechtliche Verfolgung ihres eigenen Informanten. Konsequent für ein de facto CIA-Vertragsunternehmen, aber auch ein historischer Tiefpunkt für ein Presseorgan: für die Veröffentlichung der Dokumente, deren Überbringer sie jetzt wie Chelsey Manning im Knast sehen will,  hatte sich die “Post” mit dem Pulitzerpreis 2013 auszeichnen lassen.

4 Comments

  1. ich hab ja gesagt, das ist alles scripted, nur eine billige Show, wie beim Wrestling z.B. Aber auch wie beim Wrestling redet man ständig vom “Sieger” und niemanden störts. Alles in den Medien ist scripted. Das ist der Glaube an die News, dem die meisten Menschen heute verfallen sind. Früher hat man der Sonntagspredigt des Pfarers in der Kirche gelauscht, heute ist das der Nachrichtensprecher. Selbe Prinzip. Wie kann das jemand beim Verstand überhaupt noch ernst nehmen entzieht sich meiner Vorstellungskraft.

  2. Absurde Phantasien wie die Trump-Putin-Connection sind ein Ausdruck der Verzweiflung der Elite. Es dürfte ihnen nicht mehr helfen.

    Weil das Establishment alles nur mit eigenen Werten – Geld und noch mehr Geld – messen kann, ist der Blick vernebelt. Sie wundern sich, dass die Leute ihnen die Gefolgschaft verweigern, obwohl die Konjunktur – der Fetisch der Neoliberalen – zuletzt wieder etwas mehr Kohle für das Fußvolk übrig lässt.

    Auch wenn man es in den Glaspalästen der Banken, Medien und Parteizentralen nicht begreift, gibt es “an der Basis” ein breites Bedürfnis nach Werten wie Gerechtigkeit, Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Sicherheit, Stabilität. Inzwischen spürt auch der Dümmste, dass der neoliberale Kapitalismus offensichtlich hierzu nichts liefern kann. Ich halte den Begriff “Mangelwirtschaft” daher für angebracht.

    Dass die Menschen jetzt überall Populisten wählen, ist vor allem eine Abwahl der Etablierten, die das Vertrauen verspielt haben und nicht mehr weiter wissen. Es ist auch ein Hilferuf, denn die Leute erkennen (leider erst jetzt), dass es bereits 5 nach 12 ist.

    Bisher kannte ich den Begriff “vor-revolutionäre Situation” nur aus dem Geschichtsbuch. Ich ahne jetzt, wie sich das anfühlen könnte. Die vielen gleichzeitigen fundamentalen Krisen (Finanzen, Krieg & Gewalt, Migrationsströme, Vertrauensverlust) die von den ratlosen Eliten verursacht wurden, werden kulminieren – auf die harte oder auf die weichere Tour.

    Kann nur hoffen, dass wir nicht Zeugen einer “Vorkriegszeit” sind. Wäre wohl nicht das erste Mal, dass die Eliten den Knoten der Probleme, die sie verursacht haben, mit dem Schwert zerschlagen wollen.

  3. wie können eigentlich millionen erwachsener menschen einen narzisstischen, rassistischen betrüger wie trump wählen? auf diese Frage gibt es nicht nur eine, sondern ein ganzes bündel von antworten. eine davon erscheint als verstörendste, sie wurde im august 2015 nach einer öffentlichen frage des magazins “the atlantic” von einem trump-anhänger selbst präziser und poetischer formuliert, als irgendein journalist es vermocht hätte: “wie der joker aus ‘batman – the dark knight’ möchte ich einfach die welt brennen sehen.”

    trump hat clinton desöfteren “trigger-happy” genannt. und: “personally, I think she’s an unstable person.”

    dabei ist es genau umgekehrt: das problem mit trump ist, dass man ihn leicht provozieren kann. kim jong-un muss nur twittern lassen, dass ivankas baby von ihrem vater gezeugt wurde, und prompt würde trump mit nuklearwaffen drohen. vor ein paar tagen sagte er, er an obamas stelle hätte die iranischen marinesoldaten beschießen lassen, nur weil die zuvor ungebührliche gesten in richtung der us-schiffe gemacht hatten. der typ riskiert einen dritten weltkrieg wegen lappalien. trump versteht die wichtigste lehre aus der jüngeren geschichte einfach nicht:

    During a national security briefing, Trump asked three times why America can’t just use its nuclear arsenal. Nuclear deterrence is about balance. Trump would be undoing six decades of proven deterrence theory. The whole point of nuclear weapons is to not use them.

    hillary ist charakterlich cooler und würde – wie obama – mit dem iran niemals einen krieg anfangen. sie legte sich neulich sogar fest, im irak werde es “nie mehr” us-bodentruppen geben. mit einem präsidenten trump wäre der nahe osten ein noch viel größeres pulverfass als bisher. warum wohl wünscht sich isis trump als us-präsidenten? trump will chevron beauftragen, das irakische öl zu plündern (“take the oil”). us-soldaten sollen die förderstätten vorher einnehmen. das ist doch total irre. in puncto bromance mit putin, sagte er:

    “If Putin says great things about me, I’m gonna say great things about him. He´s a better leader than Obama. He does have an 82% approval rating.”

    was für ein bullshit. hitler hatte nach der einnahme von paris vermutlich 95 Prozent zustimmung in deutschland. was hätte diese zahl bewiesen? dass seine politik richtig war? in russland sind neulich die mitarbeiter des einzigen unabhängigen umfrage-instituts levada zu ausländischen agenten erklärt worden. was will man da noch korrekt messen?

    There are a host of concerns about Trump, including his admiration for dictators. They include:

    — Vladimir Putin, of whom Trump said, “It is always a great honor, to be so nicely complimented by a man [Putin] so highly respected within his own country and beyond.”

    — Kim Jong-un, of whom Trump said, “And you have to give him credit. How many young guys — he was like 26 or 25 when his father died — take over these tough generals, and all of a sudden — you know, it’s pretty amazing when you think of it. How does he do that? Even though it is a culture and it’s a cultural thing, he goes in, he takes over, and he’s the boss. It’s incredible.”

    — The butchers of Tiananmen Square, of whom Trump said, “They were vicious, they were horrible, but they put it down with strength. That shows you the power of strength. Our country is right now perceived as weak.”

    — Saddam Hussein, of whom Trump said, “Saddam Hussein throws a little [chemical] gas, everyone goes crazy, ‘oh he’s using gas!'”

    http://www.realclearpolitics.com/articles/2016/09/11/the_comprehensive_case_against_donald_trump_131748.html

    Donald Trump.
    Donald T.
    Don T.
    Don’t.
    https://twitter.com/seanagnew/status/720091733921411073

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