Gaby Webers Kampf um Akten

Über Gaby Webers Recherchen zur “Operation Geschäftsfreund” der Regierung Adenauer, bei der es um die Finanzierung der israelischen Atomwaffenproduktion durch Deutschland ging, schrieb hier vor einem Jahr:

“Dass der Chef-Manager des Holocaust, Adolf Eichmann, nicht 1960 nach jahrelanger Fahndung des israelischen Mossad in Argentinien gekidnappt  werden mußte, sondern sein Aufenthaltsort und sein Job bei Mercedes Benz Argentinien, den er 1951 angetreten hatte, u.a. der “Organisation Gehlen” (BND-Vorläufer) und der CIA  lange bekannt waren, ist dank der langjährigen Recherchen von Gaby Weber mittlerweile kein Geheimnis mehr (hier ihre Videodokumentation “Desinformation – Ein Lehrstück über unerwünschte Geschichte”).   Dass bei dieser Deckung des NS-Verbrechers durch deutsche Dienste die “Operation Geschäftsfreund” eine Rolle gespielt haben könnte – die diskrete Forderung von Staatschef Ben Gurion an Adenauer, die israelische Atomwaffenproduktion mit 2 Milliarden Mark zu fördern um im Gegenzug vor Enthüllungen der NS-Verstrickung seines Kanzleramtschefs Globke verschont zu bleiben – ist wahrscheinlich ein Grund dafür, dass immer noch Teile der Eichmann,- und BND-Akten aus den 1950er Jahren geheim gehalten werden, deren komplette Freigabe Gaby Weber seit Jahren einklagt.”

Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht dazu entschieden und die Klage wegen einer Formalie abgewiesen: statt das Bundesarchiv hätte Gaby das Kanzleramt verklagen müssen. Zwar ist das Bundesarchiv die für alte Regierungsakten zuständige Institution,  aber es verfügt nicht über alle “Geschäftsfreund”-Akten, die in Parteistiftungen und den Archiven der Deutschen Bank “privatisiert” sind. Vor dem Verwaltungsgericht hatte Gaby Weber  geklagt, das Bundesarchiv zur Beschaffung dieser eigentlich ihm gehörenden Akten zu verpflichten – vergeblich. Da kann man nichts machen, meinten jetzt die Verfassungsrichter, die ich bisher noch immer für die letzte Bastion für Gerechtigkeit gehalten habe. Aber dieses Urteil  ist dann doch sehr merkwürdig:

“Insbesondere erstreckt sich der Informationszugangsanspruch von vornherein nicht auf Dokumente, die eine informationspflichtige Stelle für die Erfüllung ihrer Aufgaben zwar beschaffen könnte oder auch müsste, sich aber nicht beschafft hat.”

Wenn das Bundesarchiv die Akten eigentlich also haben müsste, aber nicht hat… dann sind und bleiben sie einfach weg ? Das kann und darf ja wohl nicht sein! Das sah wohl auch das Verfassungsgericht eigentlich so und wies darauf hin, dass staatliche Akten auch dann staatliche Akten sind, wenn sie bei einer privaten Stiftung liegen und dass die Bundesrepublik als Eigentümer die Herausgabe verlangen kann. Weil sie das in diesem Fall nicht tut, ist die Klägerin nun erneut an die Verwaltungsgerichte verwiesen um dies gerichtlich durchzusetzen – was viele weitere Jahre dauern wird. Über ihren seit Jahrzehnten während Kampf um Akten hat Gaby Weber jetzt einen kleinen Film gemacht:

5 Comments

  1. Verdienstvolle Journalistin….die Gaby Weber…..hochinteressant auch Ihre These, dass der Wiederaufbau nach 45 eben nicht dem Marshall-Plan oder Ludwig Erhard geschuldet war, sondern dass im Wesentlichen gewaschene Raubkohle der Nazis dies bewerkstelligte.
    ( CIA wird sich dabei wohl satte Provisionen eingesteckt haben )
    Wohkgemerkt….Gaby Weber kratzt nur an der Oberfläche, aber die hat es schon in sich.

  2. Auf diese Idee hätte damals auch die Stasi beim Zusammenbruch kommen können. Anstatt des letztlich erfolglosen Versuchs, Öfen und Schredder zu benutzen, hätte man eine Stiftung gründen und die geheimen Akten “privatisieren” sollen. Aber ich vermute, dass die Bundesregierung in der Frage, welche Akten sie sich beschafft und freigibt und welche nicht, sehr selektiv ist. Vom Dreck der anderen darf man ruhig erfahren; auf den eigenen krummen Geschäften bleibt natürlich der Deckel drauf. Das überrascht nicht unbedingt.

    Aber es wäre ehrlicher, dies offen so zu sagen, anstatt mit “Informationsfreiheitsgesetz” und weiteren Paragraphenmonstern oder Bürokratiephrasen einen Anspruch des Bürgers auf Rechtstaatlichkeit und Transparenz vorzutäuschen, der de facto nicht existiert.

    Dass Ehrlichkeit jedoch das allerletzte ist, womit man in diesem Staat zu rechnen hat, lernen wir jeden Tag aus den Nachrichten…

  3. Betr. Aktengäubigkeit; Aktenmanipulierung
    Jajaja, was nicht in den Akten steht … gilt in jeder bürokratischen Welt als nicht existent. So auch hier. Nichts gegen Aufklärungsversuche der Fr. Dr. Weber. Aber alles gegen die Aktengläubigkeiten. Die besonders ausgeprägt ist bei “Historikern” im Staat D. – Und achja: Akten, auch im Barch lagernde, sind manipulierbar, und sei´s nur, daß mal ´ne Seite, mal´n Dokument schlicht fehlt … auch wenn sie oder es da sein sollte und in Findbücher als da seiend verzeichnet ist.

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