Wenn ich im Ganzen so betracht’
Was Gerhard Seyfried so gemacht
Fasse ich das alles nicht
Es sei denn… in ein Gedicht.
Wie Albrecht Dürer einst den Hasen
Die Bullen mit den Knollennasen
Was Meister Bosch die Narrenschiffer
Sind ihm die Freaks, Anarchos, Kiffer
Ob die Enten von Carl Barks
oder die Lehren eines Marx
die von Groucho oder Kalle
bei Seyfried finden wir sie alle
Von Valentin bis Arnold Hau
Erstreckt sich hier ein Table-au
Das Wilhelm Busch und Heinrich Zille
Sowie den unrasierten Zwille
Die ganze Hippie-Kamerilla
Stadtindianer, Spaßguerilla
Umfaßt, beschreibt und illustriert
Und Wimmelbilder komponiert
Wo noch in den kleinsten Ecken
Witze, Gags und Lacher stecken
Oder dem Zwerchfell sehr zum Wohle
Eine komische Parole
Wo Wortwitz sich mit Kunst vereint
Sich “Haschisch!” auf “Gesundheit!” reimt
Wie Freakadellen und Buletten
Und Schlagstöcke mit Blumenketten
Hippie-Idyll und Bullenwannen
Verlierer, Loser, Pleiten, Pannen
Der Kampf, den man das Leben nennt
Gegen das Establishment
(Immer super radikal,
leider selten kompetent.)
Von Seyfried einst gezeichnet sein,
Wünschte sich schon F.W. Bernstein
Denn keiner so in Bilder bannte
Jene die man “Szene” nannte.
Ströbele wählen,
heißt Fischer quälen
schrieb er auf das Wahlplakat
und gewann so für die “Grünen”
erstmals ein Direktmandat
Doch ach, es ist ein hartes Brot
Die Comiczeichner leiden Not
Es ist nicht genug Geld zu machen
Mit Witzen und mit Bilder-Sachen.
Doch wie’s so ist in diesem Leben:
Es geht ständig was daneben
Drum belehrt man schon die Jugend:
Mach stets aus einer Not ne Tugend.
Und Seyfried fackelte nicht lang
Schafft sich ein neues Standbein an
Und erweitert sein Metier
Der Zeichner wird zum Romancier.
Doch halt, ich muß noch mal zurück
Wir reimtem erst noch “Hanf im Glück”
(Schwer bekifft in einem Stück)
Mit Hanflyrik von Kohl bis Nero
Erst danach schrieb er “Herero”
Mit langem Atem, Verve und Stil
Deutsch-freundlich und auch bimbo-phil
Episch, genau, gut recherchiert
Vom Feuilleton sehr wohl goutiert.
So schrieb der Comic-Veteran
Gleich einen weiteren Roman
Was ich meine ist euch klaro:
“Der schwarze Stern der Tupamaros”
Womit wir schon beim dritten sind,
Der kam bald raus, hieß “Gelber Wind”
Und erzählt wie ich herausfand
Von China und vom Boxeraufstand.
Die Comics zeigten bildermächtig
Die wilde Zeit nach Achtundsechzig
Die Bücher die vor hundert Jahren
Als wir hier noch Preußen waren
Vom Kiez bis Psychedelien
Subfuture, Junkie, Alien
Von China bis nach Afrika
Alles ist bei Seyfried da
Und noch etwas, nicht zu vergessen
Darauf ist er ganz versessen
Nein, es sind weder Bier noch Drogen
Auch “Geld” und “Frauen” wär gelogen
Denn er läßt alles stehn und liegen
Wofür andre sich verbiegen
Weil keine Leidenschaft reicht an
Die seine für die Eisenbahn
Nicht die eher ruinierte
Global kaputt-privatisierte
Nein, Gleise bau’n und Weichen stellen
Tut er stattdessen an Modellen
Statt an Comics und Romanen
Zu Schrauben an den Eisenbahnen
Wär sein einziges Vergnügen
Würde nur das Geld genügen.
Dann juckte ihn kein Drucktermin
Er gäb sich ganz dem Basteln hin
Wir Leser stünden dann im Regen
So hat die Not doch ihren Segen.
So wünschen wir dem Jubilar
Zwar künftig reichlich Honorar
Doch wiederum auch nicht zuuu fett
Sonst bastelt er von früh bis spät.
Denn lesen wollen wir – und lachen
Das läßt sich nur mit Büchern machen
Mit Seyfried-Comics und Geschichten
Und natürlich – mit Gedichten.
Ad multos annos, lieber Gerhard!
Schon in den Neunzehnhundertsiebzigerjahren, und auch danach immer wieder einmal, bis heute, waren die Seyfried-Zeichnungen, -Comics und -Plakate nicht weniger als herausragende Orientierungspunkte, oft die einzigen öffentlichen geistreichen Manifestationen weit und breit “in diesem unserem [anscheinend irgendwie von oben herab zu einer denn flächendeckenden Geistlosigkeit – und das hieß schon immer: Bösartigkeit – verdammten] Land” (H. Kohl).
Ein Symbol des Widerstands, also, gleichsam, dieser Mann.
!Gesundheit und – bitte – weiter diese Kraft!
Die Leere, in die das alles zu laufen scheint (und aus der feedback zwangsläufig unwahrscheinlich scheinen muss), ist so real, dass sie offenbar nur die Besten in ihre Inspiration mit einbeziehen können.
– Die anderen aber können kaum recht haben, can they?