Triumph des Wollens

Nach ein paar Wochen WM vermisse ich meine Fussballpause am globalen Lagerfeuer um 16.00 und um 20.00. Weil ich gerade an einer größeren Arbeit sitze, hatten die Spiele die Tage irgendwie schön strukturiert. Dass auch die deutsche Mannschaft wie zuvor schon Spanien, Italien und Frankreich dem Weltmeister-Syndrom zum Opfer fiel und früh ausschied, störte nicht weiter. Bei diesem Syndrom scheint es sich ja weniger um ein sportliches als um ein systemisches Problem zu handeln, weil man  die Turnierhelden, wenn sie ihre Schuldigkeit getan und den Titel geholt haben eben nicht einfach in die Wüste schickt, sondern ihnen schon ehrenhalber Stammplätze und Platzhirschstatus einräumt. Was den Aufstieg der Jungen und eine Auswahl der wirklich Besten naturgemäß erschwert. Und weil Platzhirsche oft nicht mehr so richtig wollen, weil sie ja schon mal hatten, kommen dann so saft,-und kraftlose Auftritte heraus wie gegen Mexiko, Schweden und Süd-Korea.

Fußball, so konnte man in vielen anderen Spielen dieser Weltmeisterschaft sehen, ist eben auch ein Triumph des Wollens und nicht nur der Paßgenauigkeit und des Ballbesitzes. Wer blasiert und bräsig die Kugel hin und herschiebt wie La Mannschaft kann keinen Blumentopf mehr gewinnen. Dass jetzt viele Teams ins  Viertelfinale gekommen sind, deren Marktwert nur einen Bruchteil dessen der ausgeschiedenen Teams wie Deutschland oder Spanien beträgt, ist ein gutes Zeichen: Wollen und Willen, Courage und Engagement,  Mannschaftsgeist und Teamspirit – immaterielle Eigenschaften, die sich nicht so einfach zusammenkaufen lassen – sind für den Ausgang der Spiele mindestens so wichtig wie der Marktwert der Spieler.

“Aufgabe des Fußballs ist es, den Nationalismus in Folklore zu verwandeln” hat der Spielmacher des FC Schmiere, Wolfgang Neuss, mal zu mir gesagt, als ich über das Fähnchen,-Hymnen und Nationalgehabe bei Weltmeisterschaften meckerte. Ein sehr kluger Satz, der mir dann sogar das ganze “Schland”-Getue beim “Sommermärchen” 2006  erträglich machte. Die These, dass dadurch Nazitum und AfD gefördert worden wären, halte ich für Quatsch. Richtig dagegen ist, das auch ideologisch aufgeladene Begriffe wie “Heimat, “Vaterland”, “Nation” nichts anderes sind als Folklore und der Fußball, bei dem nur mit Bällen statt mit Raketen geschossen wird und sich die feindlichen Lager statt mit Kanonen mit Fähnchen, Gesängen und Tschingederassabum “bekämpfen”,  kulturell und zivilsatorisch als großer Fortschritt gelten muß. Statt Mauern und Grenzen Dreier,-und Viererketten, statt exterritorialen “Transitzentren” Vorstopper, statt “Endlösung” Elfmeterschießen.

Das wahrscheinlich beste Spiel dieser WM haben wir schon ganz am Anfang gesehen: das 3:3 zwischen Portugal und Spanien war technisch, spielerisch und vom Unterhaltungswert ein absoluter Hochgenuss. Besser könnte es  vielleicht nur noch kommen, wenn Frankreich und Brasilien das Endspiel bestreiten. Das war von Beginn an meine Prognose. Weil ich mit meinen anderen  Tipps  meist schwer daneben lag ist aber auch  Uruguay vs. Kroatien als Finale möglich – ein Triumph des Wollens eben…  

10 Comments

  1. Sehe das alles recht ambivalent: Ja, der völkerverständigende Effekt der WM ist offensichtlich. Da merken z.B. selbst mit Mainstreampropaganda abgefüllte Schlachtenbummler aus dem Westen, dass “Putins Russland” nicht der Vorhof der Hölle ist, als der er ihnen zuhause eingehämmert wird.

    Und als TV-Ereignis sind die Spiele eines der letzten Programmelemente, dass noch authentisch, unvorhersehbar, bisweilen chaotisch sein dürfte – die Mächtigen also für den jeweiligen Moment ohne Informationsvorsprung sind – und wohl deshalb so großes Zuschauerinteresse auslöst. Alles andere ist ja geskriptet, selbst Nachrichten sind bekanntlich keine Realitätsabbildung, sondern zielgerichtet vorselektiert, gesäubert und zurechtgebogen, um in die Dauerberieselung der Tiefschlafagenda zu passen, mit der man die Menschen sediert (unterbrochen nur von als Journalismus getarnten, orwellschen Hassbotschaften, wenn wieder gegen unbotmäßige „Regimes“ irgendwo auf der Welt mobilgemacht werden soll).

    Also, die WM verschafft etwas Linderung im psycho-medialen globalen Irrenhaus. Einerseits. Andererseits waren Brot und Spiele schon immer Instrumente, die Völker bei Laune zu halten und von wirklich wichtigen Fragen abzulenken, die im Windschatten des zelebrierten Spektakels durch das Establishment (und vom „Pöbel“ unbehelligt) ausgekungelt werden.

    Ach ja: Da Schland und Spanien mit dieser 70%-Ballbesitz-Taktik rausgeflogen sind, frage ich mich, ob das langatmige Kurzpassspiel vorm gegnerischen Strafraum die Herren Millionäre auf Dauer nicht etwas träge und lauffaul gemacht hat. So träge, dass sie nicht mal mehr beim Konter mit zurücklaufen möchten und also selbst bei einzelnen Tempovorstößen des Gegners hilflos sind, wie man gesehen hat.

    Ein Zeichen für Trägheit (im Denken) ist auch das unvorbereitet sein von Funktionären und Aktiven darauf, dass die potentiellen Rivalen sich inzwischen auf die Spielweise der ballbesitzenden Favoritenteams eingestellt und Gegenmaßnahmen erdacht haben.

    Mehr Abwechslung täte vermutlich gut, in der Taktik, vielleicht auch beim (leitenden) Personal. Aber Löw, dem lt. Umfrage eine Mehrheit der Deutschen den Rücktritt empfiehlt, macht weiter. Ich frage mich, wann sollte bitteschön ein Bundestrainer denn zurücktreten, wenn nicht nach der peinlichsten Schlappe in der deutschen WM-Geschichte? Ist das der Fachkräftemangel? Jetzt also auch Jogi, der Alternativlose…

  2. Was ist an “Heimat” ideologisch aufgeladen? Heimat braucht der Mensch, er ist emotional an seine Heimat gebunden. Warum viel linke damit ein Problem haben verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Heimat scheint ja für diese was ganz Furchtbares zu sein. Dass globale Eliten dagegen sind sollte klar sein, da man Menschen ohne Halt viel leichter manipulieren kann.

    Heimatliebe ist kein Verbrechen!

    1. Ja, völlig richtig. Und interessanterweise machen sie sich mit der Mißachtung und Bekämpfung der Heimat zum Büttel des angeblich bekämpften Kapitalismus.

    2. Völlig richtig.
      Warum ist es Ziel der “linken” die Menschen zu entwurzeln. Wer keine Heimat hat weil sie ihm genommen wurde, egal ob er Flüchtling sein möchte oder dessen Kultur durch Menschen mit völlig anderer Kultur ist leichter lenkbar.
      Prof. Rainer Mausfeld beschreibt das in “Wie werden Meinung und Demokratie gesteuert? ” (https://www.youtube.com/watch?v=-hItt4cE0Pk) (ab ca. 32 min) glasklar. Warum machen Linke sich zum Büttel des angeblich bekämpften Kapitalismus? Vielleicht weil beide nur verschiedene Seiten der gleichen Münze sind und die selbe Herkunft haben?

  3. Habe mich gewundert, dass bei all der Negativen Darstellung des Gastgeberlandes, noch niemand von unseren MSM den Verdacht geäußert hat, das evtl. Machenschaften des Ultrabösen, hinter dem Ausscheiden unserer müden Millionärstruppe stecken könnte?? Vielleicht kommt ja auch ein neues Novitschok Syndrom auf Russland zu? Es sind ja wohl wieder mal zwei Personen, mit Vergiftungserscheinungen eingeliefert worden! Ich tippe mal, dass bald die ersten Verdächtigungen in Richtung Putin abgesondert werden. Hat mich eh gewundert das es Außenpolitisch so ruhig ist, während Putin sich in SEINER WM sond’! Ich hatte ja stark mit einer Offensive der Ukraine, auf ihre Landsleute im Osten, während der WM, gerechnet. Habe zum Glück nicht gewettet, aber noch sind 10 Tage Zeit!!! Um nochmal auf den Fußball zu kommen. Sehe das Thema Löw wie der @ Stefan. Unmittelbar nach dem Ausscheiden, ich saß im Zug nach Berlin, fielen mir dazu folgende Zeilen ein:
    “Titelverteidigung sollte es sein,
    nach drei müden Spielen fährt man nun Heim.
    Die Leistung war mager, die Spieler wirkten satt,
    ob der Jogi das mit zu verantworten hat?
    Viel Gelabber um Leistung, das kann er sehr gut,
    nur ist er derjenige, der’s nicht einhalten tut.
    Lässt Spieler zu Hause, welche eine Verstärkung wären,
    und hält fest an Besen, welche wenig noch kehren.
    So kam was kommen mußte, das Vorrundenaus,
    doch auf eines kann man sich verlassen, der Jogi fliegt nicht raus!”
    In diesem Sinne, Rule Britanina!

  4. Die letzten Tage von Jogi-und Angie im Führer-Bunker ?
    Dampf-Kessel DFB oder Hexenkessel Berlin-Mitte ?
    NEIN…nie im Leben..ad multos annos…bis “alles in Scherben fällt”…
    geh in Dein Wettbüro

    Bierhoff-Löw & Merkel :
    „Wir sind bereit für den neuen Weg…wollt Ihr den totalen neuen Weg ?…wollt ihr ihn noch totaler und noch brutaler..als ihr ihn Euch überhaupt erst vorstellen könnt…wollt Ihr den totalen neuen Weg ? “

    Der Amtseid vom Jogi :
    „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Fussballs widmen, seinen Tore mehren, Gegentore von ihm wenden, das Auswechselkontingent und die Gesetze des Video-Beweises wahren und verteidigen, meine Richtlininenkompetenz gewissenhaft erfüllen und Fairness gegenüber jedermann üben werde. So wahr mir der DFB helfe.“

    Das erste Statement
    „Es muss wieder mehr Ordnung in alle Formen der „Menschaft“ kommen, damit die Fans den Eindruck haben, Spielwitz und Klasse werden wieder hergestellt, Wir machen aus Rückständen Konter …man darf aber auch nicht über die Köpfe der Ehrenspielführer und Reservisten hinweg entscheiden…gib es doch auch kein Recht auf EM und WM-Qualifikation für immer…und last but not least “Ist mir doch egal “ Jogi Löw

    Der Amtseid der Angela Merkel :
    Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“

    Das erste Statement
    „Es muss mehr Ordnung in alle Formen von Migration kommen, damit die Menschen den Eindruck haben, Recht und Ordnung werden durchgesetzt….Wir machen aus Illegalität Legalität..man darf aber auch nicht über die Köpfe der Afrikaner -und Islam-Gläubigen hinweg entscheiden…gibt es doch auch kein Recht auf Wohlstand und Demokratie für immer…und last but not least: “Ist mir doch egal”
    Angela Merkel

    irgendwas übersehen ??

    1. Was sollen diese seltsamen Verweise an´s dritte Reich? Hat das irgendetwas mit der WM oder der heutigen Politik zu tun? Oder ist es einfach nur die völlig verschobene Wahrnehmung von “Linken” welche ÜBERALL Rechte, nein, Nazis wittern?
      Aber welche Daseinsberechtigung hätte diese Nazi-Erinnerer noch wenn sie dieses Thema nicht bedienen würden?
      Wohl keine, denn das Hauptthema der Linken – Kapitalismuskritik – ist ja inzwischen auch beim Antisemitismus angesiedelt.

  5. Das ganze Heimatgedönst nervt nur noch. Selbstverständlich haben die meisten Menschen eine Heimat, aber darüber muss man nicht öffentlich streiten. Gestritten wird nur, weil von einer bestimmten Seite der Heimatbegriff immer national beladen wird. Heimat hat nicht das Geringste mit nationalen Grenzen zu tun. Das ist vollkommen offensichtlich. Meine Heimat ist daher natürlich nicht Deutschland, sondern eine bestimmte Region in Deutschland (und wäre sie näher an irgendeiner Grenze, würde sie sich mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit auch auf ein oder ggf. gar mehrere andere Länder erstrecken). Darauf bezieht sich bei mir auch der Begriff “Patriotismus”, den ich nur als Lokalpatriotismus begreifen kann. Und da vielen womöglich das Elsass oder Salzburg oder der dänische Teil von Scghleswigauch in dieser Hinsicht oft viel näher als Sylt oder Berlin oder München oder das Allgäu oder Ostsachsen oder was auch immer.

    Heimat kann auch eine Wahlheimat sein, in der man sich nach gewisser Zeit wesentlich wohler fühlt als in der ursprünglichen. Das alles wissen die Intelligenteren unter den Heimatbeduselten natürlich, aber sie meinen, sie müssten die weniger Intelligenten z.B. als Wähler gewinnen – und dabei kommt dann immer wieder so ein Unsinn heraus, mit dem der Begriff unter anderem ideologisch beladen wird. Heimat lässt sich natürlich auch nicht von einem Ministerium aus steuern – das ist so ziemlich der größte anzunehmende Unsinn. Und mehr gibt es zu diesem Thema auch nicht zu sagen.

    Ich muss jetzt aber mal fußballerisch reingrätschen. Ein Finale Frankreich-Brasilien war schon nach der Vorrunde nicht mehr möglich, allenfalls ein Halbfinale, das heute aber auch geplatzt ist. Das beste Spiel war keinesfalls Portugal gegen Spanien, denn bei diesem Spiel war bereits zu sehen, dass genau diese beiden Mannschaften so wie die deutsche weit über ihren Zenit hinaus sind. Wobei die Portugiesen trotz des EM-Titels 2016 keine große Mannschaft hatten, es war mehr oder weniger der FC Ronaldo (und 2016 mogelten sie sich irgendwie zum Titel, was nicht verwerflich ist, aber nicht an der Spielstärke lag). Die Spanier konnten mich schon in diesem ersten Spiel überhaupt nicht überzeugen, was sich im weiteren Verlauf fortsetzte. Das TikiTaka hat sich bei dieser WM endgültig überlebt. Richtig ist nur, dass sowohl Portugiesen wie auch Spanier und weitere 29 Teams nicht nur angeblich wollten, sondern ihren Willen auch sichtbar machten. Dass es diesen Willen braucht, um weit zu kommen, ist allerdings nichts Neues. Mit (nur) Schönspielen kamen z.B. die Brasilianer in den 80ern nie weit.

    Nur die deutsche Mannschaft zeigte nichts von diesem Willen. Diese Mannschaft war tot und für mich die schlechteste des gesamten Turniers. Auch mit dem Abstand, den wir inzwischen haben, sehe ich das so. Selbst der glückliche Siegtreffer gegen Schweden löste überhaupt nichts aus, abgesehen von Sprüchen und Verbalattacken gegen die Schweden. Im Nachhinein klingt das alles nach Durchhalteparolen.

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