Kurze Geschichte eines Kampfbegriffs

Eigentlich hab ich zu diesem Thema schon alles gesagt und geschrieben, aber wenn mein Lieblingsmagazin aus der Schweiz,  der “Zeitpunkt”, anfragt, kann ich auch nicht Nein sagen. Und so ist im aktuellen Heft, das dem Schwerpunkt  “Öffentlich/Geheim” gewidmet ist, eine kurze Geschichte des Begriffs “Verschwörungstheorie” erschienen:

Es gibt Wasser auf dem Mars meldeten die Nachrichten Ende Juli 2018, nachdem Radarmessungen zum ersten Mal einen Beweis für ein Reservoir von H-2-O unter der Oberfläche des Planeten erbracht hatten. Für die Astronomen eine Sensation, denn mit dieser Entdeckung hat sich eine seit längerer Zeit gehegte Vermutung bestätigt, die bis dahin nur auf Indizien und Spuren beruhte. Wasser auf dem Mars – und damit auch die Möglichkeit von Leben – ist somit aus dem Bereich der Spekulation in den der Tatsachen gerückt. Aber auch schon bisher ist kaum jemand auf die Idee gekommen, die anhand von Indizien und indirekten Beweisen über Leben auf dem Mars nachdenkenden Astrophysiker als „Außerirdische“, „grüne Männchen“ oder als „Verschwörungstheoretiker“ zu bezeichnen. Auch wenn sie nichts anderes getan haben, als aufgrund von Spuren und Aussagen von „Augenzeugen“ (Bilder und Messdaten von Mars-Sonden) Hypothesen aufzustellen und dem Verdacht über vergangenes oder aktuelles Leben auf dem Mars nachzugehen.Dass Astrophysiker vor dem Verdikt verschont bleiben, verrückte Verschwörungstheoretiker zu sein, scheint aber nur damit zu tun zu haben, dass das Objekt ihrer Forschung ziemlich weit weg ist. Wer indessen einen näher liegendes Objekt wie etwa die vergangenen und aktuellen Verbrechen von Regierungen und Geheimdiensten zum Gegenstand einer Untersuchung macht, bleibt von diesem Vorwurf nicht verschont. Ich kennen mich da ein wenig aus, weil ich zwei Tage nach den Anschlägen des 11. September 2001 begonnen hatte, an der offiziellen Darstellung der Ereignisse öffentlich zu zweifeln. Die Argumente und Belege für diese Zweifel stellte ich in der Folge in einer 58-teilige Serie im Onlinemagazin „Telepolis“ zusammen und erweiterte sie im Sommer 2002 zu einem Buch, das ein Jahr danach noch eine Fortsetzung erhielt. Mit den dort dokumentierten Argumenten und Belegen setzten sich die Großmedien jedoch kaum auseinander, umso mehr aber mit dem Überbringer dieser Nachrichten. Seitdem bin ich „Verschwörungstheoretiker“, auch wenn ich mit keinem Wort eine „Theorie“ über 9/11 aufgestellt habe, ich bin „Antiamerikaner“, weil ich die offizielle 9/11 Legende der US-Regierung für ein unbewiesenes Märchen halte und bin „Antisemit“, weil ich die fünf vor den brennenden Türmen feiernden Israelis erwähnt habe, die in New York verhaftet und kurz darauf nach Hause abgeschoben wurden, wo sie in einer Talkshow auftraten und sagten, sie seien dort hingeschickt worden, um die Anschläge „zu dokumentieren“. Und ich bin für die Medien in einem Topf mit einem Haufen Spinnern, die an Ufos oder den lebenden Elvis glauben oder überzeugt sind, dass hinter den Masken von Angela Merkel und Theresa May Reptiloide stecken.

Kein guter Standort für einen Journalisten und Buchautor, der sich kritischer Aufklärung und skeptischer Vernunft verpflichtet fühlt – aber unvermeidlich. Wo sagenhafte Höhlenmärchen als rationale Erklärung, Geständnisse eines 182 mal gefolterten Kronzeugen als rechtsstaatliche Verbrechensermittlung und brennende Büromöbel als Ursache für den freien Fall von Wolkenkratzern gelten, sind Logik und Vernunft schlichtweg diskreditiert. Insofern unterscheidet sich das 21. Jahrhundert nicht vom Zeitalter der Inquisition, als rationale Argumente gegen die Dreifaltigkeit oder die Jungfrauengeburt als teuflischer Irrglauben gebrandmarkt und ihre Vertreter nur am Leben gelassen wurden, wenn sie abschworen.
Da eine derart martialische Bekämpfung von Ketzern und Dissidenten in unseren Zeiten kaum noch durchführbar ist, es aber nach wie vor gilt, bestimmte Dogmen zu verteidigten und Tabus zu errichten, setzt man heute auf psychologische Kriegsführung. Und so kam es , dass der neutrale Begriff „Verschwörungstheorie“ zu einem Kampfbegriff umfunktioniert und instrumentalisiert wurde….

Weiter geht’s hier (PDF) bzw. im Magazin “Zeitpunkt”

3 Comments

  1. Sachlichkeit und gesunder Menschenverstan, also genau das, was die Werte der Aufklärung ausmachten, sind leider in der Jetztzeit häufig nicht erwünscht. Das ist sehr bedauerlich, denn wenn Glaube, Ideologie, Moralvorstellungen und Religion die Vernunft und die Wissenschaft ersetzen, wird es langsam eng. Eine vernünftige Auseinandersetzung über die brennenden Probleme dieser Zeit und über so schreckliche Ereignisse wie den 11. September 2001 ist doch nur sachlich und auf Fakten basierend vernünftig möglich. Dies gilt insbesondere dann, wenn dieses Ereignis als Rechtfertigung für einen seit 17 (!) Jahren andauernden Krieg gegen “den Terror” dient, der Hunderttausende, wenn nicht Millionen Menschen das Leben gekostet hat und der Unsummen kostet. Ja, im Mittelalter hat es gereicht, zu behaupten, man hat die Apothekerwitwe Lieschen Müller in der Nacht auf einem Besen an seinem Fenster vorbeifliegen sehen. Vielleicht war der Denunziant nur scharf auf ihr Geschäft, die Apotheke. Meist hat es leider gereicht, dass dann ein peinliches Verhör stattfand. Und unter der Folter gesteht dann fast jeder fast alles. Fakten werden aber sachlich recherchiert. Früher hieß es, man sei vom Teufel besessen, heute heißt man “Verschwörungstheorethiker”. So ein Branding scheint zu reichen, um die berechtigte Aufklärung und Recherche zu verhindern. Mittelalter 2.0? Hoffentlich nicht.

  2. Vielfach werden “Verschwörungstheorien” – wenn sie nicht mehr toxisch wirken – Jahre später hochoffiziell als zutreffend eingeräumt. Bei solchen Gelegenheiten feiert sich die Medienbranche, die zuvor jahrelang Skeptiker diskreditierte, als soo investigativ. Man sollte all diese Fälle mal in einem Sammelband herausgeben.

    Beispiel wäre die Feststellung, dass 16 Jahre Kanzlerschaft Kohls vor allem ein von der Industrie über „schwarze Kassen“ gesponsertes Projekt waren, bei dem der Dicke internen Widerspruch und Konkurrenz mithilfe seiner geheimen Schatztruhe einfach wegkaufen konnte. Was wohl die Gegenleistungen Kohls gewesen sind?

    https://www.tagesspiegel.de/medien/neue-recherchen-zur-cdu-parteispendenaffaere-helmut-kohls-ehrenwort-war-ein-ablenkungsmanoever/20660598.html

    Absolut hermetisch ist der Staats- und Sicherheitsapparat aber auch vorher nicht:

    Spannend wird es nämlich immer dann, wenn die Verwerfungen und Widersprüche innerhalb der Behörden so unerträglich werden, dass sich Insider mit Gewissen (wie E. Snowden u.a.m.) als Whistleblower betätigen.

    Oder wenn sich Machtkämpfe im Apparat zeigen wie jetzt beim VS-Chef Maaßen, dessen Amt zunächst leugnete, einen Spitzel in der Nähe vom angeblichen(?) Breitscheidtplatzattentäter Amri platziert zu haben. Jede Verdächtigung, die Dienste wären auch dort nicht weit gewesen, sei natürlich nur wirre Verschwörungstheorie.

    Jetzt stellt sich diese Theorie vorzeitig als wahr heraus, durchgestochen vermutlich vom Staatsapparat selbst. Weshalb? Weil Chefagent Maaßen mit der bösen AfD geplaudert und dadurch den Zorn von Teilen des Establishments erregt hat und somit selbst auf die Abschussliste gerät….

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article181358632/Verfassungsschutz-V-Mann-im-Umfeld-von-Amri-bringt-Maassen-unter-Druck.html

    In Zeiten, in denen das morsche System unter Druck gerät – und das geschieht jetzt ganz offensichtlich – werden die Risse, die es durchziehen, immer größer und es fängt an zu “leaken”.

  3. Um an den Kommentar von @Stefan anzuknüpfen. Man sieht die Verwerfungen im System auch an der Berichterstattung der letzten Tage über Chemnitz. Es gibt nur noch die mediale Haudraufkeule, welche in Gut und Böse teilt. Soll heißen dort der Böse Nazi, hier der angepasste Gutbürger! Darum ist es immens wichtig das dieser Bürger nicht wach werden darf, aus seinem dauerbeschalten medialen Spassraum und anfängt über das System in dem er lebt nach zu denken. Wenn das der Fall werden sollte, dann wird das System mit der gleichen Härte zurück schlagen, welche sie Herr Broeckers, nun schon seit Jahren mit herabwürdigenden Etikettierungen und Diffamierungen zu spüren bekommen. Aber in diesem Fall wird es wohl noch um einiges härter ausfallen. Zur Faktenverwischung müßte man schnell einen Krieg vom Zaun brechen, am intensiven Zündeln ist man ja schon seit längeren!

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