Snowy White und andere Weihnachtsmusik

Als “In The Skies” von Peter Green 1979 erschien, nahm ich das 5-Minuten-Stück  Slabo Day  sechs Mal hintereinander auf eine Kassette auf, bei längeren Strecken im Auto wollte ich einfach nicht, dass diese akustischen Entspannungschwingungen aufhören. Denn man musste damals noch zurückspulen, was a) dauerte, und b) Bandsalatgefahr mit sich brachte. Deshalb lieber 30 Minuten am Stück.  Hier eine Live-Version von Snowy White (“Midnight Blues”) , der auch auf dem Original seines Freunds Peter Green damals die traumhafte Leadgitarre spielte.

 

Die Rückseite dieser Kassette begann mit einer in den 70ern noch ungewöhnlichen, sehr simplen drum machine, die dann aber  “one, two – one two three four” in JJ Cale`s unnachahmlichen  Laid-Back-Groove  “Call me the Breeze” aufgeht. Es war das erste Stück auf seiner ersten LP (“Naturally”, 1972), später oft gecovert, aber auch die Kracherversion von Lynyrd Skynyrd kam an den Mix, den JJ  in seinem Heimstudio gebastelte hatte, nie heran. Viele seiner Songs wurden erst berühmt, wenn andere Größen sie nachspielten, so  Santana oder Eric Clapton, der “After Midnight” und “Cocaine” zu Hits machte. Aber für meine Ohren bleiben Cale`s strukturell so simplen und im Detail so subtilen Songs ihren Interpreten immer überlegen. Auch “Sensitive Kind” , das 2012 auch vom dem im Juli 2024 gestorbenen Vater und Mentor der britischen Blues-und Rockmusik, John Mayall, eingespielt wurde.

Ende der 80er hatten wir in Kalifornien in einem gemieteten Van erstmals einen CD-Spieler im Auto und mussten einen Plattenladen ansteuern, wo ich die gerade erschienen CD der Traveling Wilburys kaufte und eine weitere von Tom Petty: familiengerechte ride along music. Später zuhause machte ich daraus dann wieder eine Kassette, die unsere Kids bis heute mitsingen können: “It*s allright, riding along in the breeze”. Die erste Seite begann mit Learning To Fly , dann kam wen ich mich recht entsinne Into The Great White Open und gefolgt von der  Hymne I won`t back down. die Johnny Cash später noch mit seinem Bariton veredelte. So wie John Mayer dann auch Tom Petty`s wunderbares “Free Fallin`” noch ein bisschen schwebender machte.

Wenn wir wie in der letzten Sendung des 3. Jahrtausend am Ende ein Buch verlosen und Robert während der Ziehung in der Lostrommel rührt und singt, sprechen wir vorher kurz über das Lied. “Ich würde dieses Mal gern was Spanisches singen, muss kurz überlegen”…meinte er und ich schlug “ En Muelle de San Blas” vor – “Was, das kennst du?” -” Ja, wunderbares Lied” – “Stimmt. Das ist toll. Aber das können wir nicht machen, es ist einfach zu traurig”.  Das stimmt, es ist traurig, schön und wahr, – wobei der Großmeister im traurigen Überbringen der Frohen Botschaft  natürlich Bob Dylan bleibt :  “Death  Is Not the End” – aber hier die mexikanische Band Mana`  mit dem Lied über die Braut, die an der Mole auf den nie zurückkehrenden Bräutigam wartet.

Mit dem Album  Clandestino kam Manu Chao Ende der 90er überall in die Weltmusik-Charts, denn nicht nur die Texte, auch der fröhliche Groove – Bongo Bong – waren ansteckend. Und weil ich wie Robert die geschätzte Leserschaft nicht nur mit Traurig-Schönem zurücklassen möchte – sondern sie vielmehr Hochleben lassen will – passte es wunderbar, dass ich das unlängst erschienene neue Album von Manu Chao entdeckte, das wieder genauso ansteckend fröhlich schwingt. Hier deshalb  – mit besten Wünschen zu Weihnachten –  Viva Tu!

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Erschienen am 10. Juni 2024

Mathias Bröckers: Inspiration – Konspiration – Evolution. Gesammelte Berichte aus dem Überall,  Fifty-Fifty (Juni 2024), 464 Seiten, 30 Euro

 

 

 

 

 

8 Comments

  1. Danke – für meine Ohren eine sehr schöne Musikauswahl zum Fest. An unserem Blogchef ist scheinbar ein kleiner DJ verlorengegangen,
    Wenn Chaos, Schrecken und Krieg herrschen und man den Eindruck hat, dass homo sapiens einfach nicht anders kann, als sich an die Gurgel zu gehen, dann zeigt die Sprache der Musik, dass Menschen auch das Potential haben, diesen destruktiven Nihilismus zu überwinden. Und wenn sie sich erinnern, dass sie unsterbliche Seelen sind – wie es in dem großartigen Dylan-Song oben heißt – könnten sie morgen dazu übergehen, nur noch zu singen, zu musizieren und zu tanzen. In diesem Sinne: frohe Weihnachten!

  2. Vielen Dank für die sorgfältig zusammengestellte Liste. Es war für mich der Beginn meiner heutigen musikalischen Reise: ich versandete auf YouTube und hörte mir nach der Liste unzählige alte Songs an. Es war einfach wunderbar! Ich wünsche allen schöne Weihnachtstage.

  3. Auch hier: Danke sehr! Prima music, prima lyrics, prima Tag.
    Meine herausragende Rückentdeckung – oder so – war dies Jahr der Gitarrist Dave Ball, dessen Namen ich seinerzeit zwar nicht auf dem Schirm gehabt hatte, während er allerdings doch schon durch sein mehr oder weniger kurzes Engagement anno ’71 bei Procul _Harum ganz großen Eindruck (bei mir wie bei der halben Welt) gemacht hatte; siehe bzw. höre zum Beispiel “Repent Walpurgis” (Procul Harum):
    https://www.youtube.com/watch?v=wQC7Kk4WOPU&ab_channel=Robert%C5%81ukowski
    Dann rollte der Ball auch schon weiter zu Bedlam, um die anscheinend jedweder Verhaftung abholde Kugel einmal mit einem 30sec- Intro der seltsameren Art einzuführen, das – oder die – sich in einem 5min- Quantengitarrensolo auflöst…
    https://www.youtube.com/watch?v=X8sVZbV6ABU&ab_channel=DaveBall

    all the best
    -p

  4. Danke für die wunderschöne Musik, und Frohe Weihnachten ringsherum! Tip top Liste! 🙂

  5. Wer solche Musiker schätzt, kann kein schlechter Mensch sein 😉 (Nicht, daß ich das anderweitig irgendwie angenommen hätte). Doch stelle ich einen gewissen Zusammenhang her mit Ihrer sonstigen Arbeit, Herr Broeckers, die man vermutlich am besten mit dem unsterblichen Dreiklang

    Dem Wahren, Schönen, Guten!

    subsumieren könnte

  6. Süßer die Kanonen nie donnern … als zur Weihnachtszeit.

    Da schweigen sie nämlich manchmal, wenn das Fußvolk die Politik selber in die Hand nimmt, weil es nicht einsieht, im Schützengraben zu zittern, während die Reichen und Mächtigen, die sie dorthin beordert haben, selber in der warmen Stube am Weihnachtsbaum sitzen und entspannt den Weihnachtsfrieden genießen.

    „Genau 110 Jahre ist es her. Die Geschichte vom Weihnachtsfrieden 1914 sollte man aber eigentlich jedes Jahr erzählen. Zwar gab es inoffizielle Waffenstillstände zwischen verfeindeten Kräften auch zu anderen Zeiten der Geschichte. Doch nie zuvor und nie wieder danach Verbrüderungen dieses Ausmaßes. Mitten in den Schrecken des Ersten Weltkriegs zeigen sie eine tiefe Sehnsucht der Menschen nach Frieden. (…)
    Dass es inmitten dieses Horrors massenweise zu Verbrüderungen zwischen Männern kommt, die eigentlich Feinde sind, zu Menschlichkeit, wo Hass auf allen Seiten propagiert wird, ist unglaublich. (…)

    Die Soldaten wollen nach diesem kleinen Frieden erst recht nicht weiterkämpfen. Doch er dauert in den meisten Fällen nur einige Tage, teils auch Wochen. Es wäre kein weiterer Schuss gefallen, sagt später der Schotte Murdoch McKenzie Wood, ehemaliger Major, in einer Rede im Parlament, ,falls wir uns selbst überlassen worden wären’.“

    https://web.de/magazine/wissen/geschichte/weihnachtsfrieden-1914-wunder-stillen-heiligen-nacht-38989568

  7. „O du fröhliche“ und „Stille Nacht“ entstanden in Krisenzeiten und im Originaltext von „O Tannenbaum“ verarbeitete der Dichter ziemlich drastisch seinen Liebesleid als schmählich Verlassener.

    „O du fröhliche“ wurde für Kinder geschrieben – von einem evangelischen Theologen, der kurz zuvor ein Rettungshaus für bedürftige Kinder gegründet hatte. Die Melodie (sizilianisches Marienlied „O sanctissima“) soll ihm ein italienisches Findelkind vorgesungen haben. „Stille Nacht“ spielte ein große Rolle beim Weihnachtswunder 1914 bei der Verbrüderung über die Frontlinien hinweg.

    https://web.de/magazine/wissen/geschichte/geschichten-weihnachtsliedern-liebesfrust-wunder-krieg-36449690

    Vielleicht ist es eine tiefgründige Wehmut, die aus einfachen Liedchen feierliche Evergreens machten, die dennoch nie auf Kitsch-Niveau absanken?

  8. In Zeiten der Zensur… der verengten Meinungskorridore…des Neu-Jakobinertums
    ist das Hymne ! AOL Sessions Bonnie Raitt -” I Will Not Be Broken ”

    That was then and this is now
    I found my way back here somehow
    Knew you’d have to let me go
    I told you once I told you so

    Take me down
    You can hold me but you
    Can’t hold what’s within
    Pull me round
    Push me to the limit
    Maybe I may bend
    But I know where I’m not going
    I will not be broken
    I will not be broken

    I will not be
    Someone other than who I am
    I will fight to make my stand
    Cause what is livin’ if I can’t live free
    What is freedom if I can’t be me

    Take me down
    You can hold me but you
    Can’t hold what’s within
    Pull me round
    Push me to the limit
    Maybe I may bend
    But I know where I’m not going
    I will not be broken
    I will not be broken
    I will not be

    I won’t let you near it
    I will let my spirit fly
    Fly
    High
    Oh take me down

    Take me down
    You can hold me but you
    Can’t hold what’s within
    Pull me round
    Push me to the limit
    Maybe I may bend
    But we both know where I’m not going
    I will not be broken
    I will not be broken
    I will not be

    http://www.youtube.com/watch?v=TKZ8KlAwPhs

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