Ich schwör!

weapons-of-mass-destruction-700x4374Das “Funkhaus Europa” (WDR) hat mich für seine Reihe “Ich schwöre” zu Verschwörungstheorien befragt. Eigentlich kein Thema für eine Unterhaltungssendung und für fünf Minuten – aber ich hatte davor schon einen anderen Termin im Studio und hab dann noch ein paar Minuten dran gehängt, die hier zu hören sind.

Wer sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen will, dem sei hier nochmals der von Andreas Anton, Michael Schechtsche und Michael Walter herausgegebene Band “Konspiration – Soziologie des Verschwörungsdenkens”. Eine wissenschaftlich fundierte Auseinnandersetzung mit dem Phänomen Verschwörungstheorien scheint angesichts des inflatorischen Gebrauchs des Begriffs mehr als überfällig. Als  Instrument der Diffamierung, Ridikuliserung und Pathologisierung von Kritik ist er zur Allzweckwaffe der Verteidigung jedweder Orthodoxie geworden, zur eliminatorischen Diskurskeule Nummer Eins. Wer Skepsis und Zweifel an einer orthodoxen “Wahrheit” hat und alternative Hypothesen ins Spiel bringt, wird als  gefährlich, lächerlich oder gaga klassifiziert: Ende der Diskussion.

Waren die Hoffnungen, mit denen ich Juli 2002  im Vorwort zu “Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9.”  für eine kritische Konspirologie plädierte, vielleicht zu optimistisch ? :

“Dieses Buch ist eine Einladung zur Anti-Conspiracy-Conspiracy, zur Gegen-Verschwörungs-Verschwörung. Es versucht eine Einübung in den konspirologischen Blick und begreift auch die makroskopische Welt als Bündel von Wahrscheinlichkeiten, aus dem erst durch den individuellen Akt der Beobachtung (Wahr-Nehmung) Realität entsteht. Es plädiert dafür, die Konspirologie aus der Verbannung als schmutzige, unscharfe Erkenntnistheorie zu befreien und als kritische Wahrnehmungswissenschaft ernst zu nehmen. Wenn es vor einigen Jahrhunderten naiv war und als Aberglauben galt, hinter den Dingen unsichtbare Drahtzieher und Interessen anzunehmen, sollte es im vor uns liegenden Jahrhundert als naiv gelten, hinter der Wirklichkeitssimulation der Medien keine Drahtzieher und Interessen zu vermuten. (…)

Hätten sich die Medien, um ihrem verfassungsgemäßen Auftrag zu genügen, mit dem Instrumentarium einer kritischen Konspirologie, einer skeptisch-paranoiden Wahrnehmung ausgestattet, wäre der nahezu flächendeckende Ausfall eines investigativen, recherchierenden, um Objektivität bemühten Journalismus zu vermeiden gewesen. Nur weil verschwörungstheoretisches Denken als Tabu galt, dröhnte aus allen Kanälen unhinterfragt dieselbe Propaganda. Doch ich wage die These, dass sich dies nach der Erfahrung mit der Rezeption des 11.9. ändern wird und die »schmutzige« Erkenntnistheorie des Verschwörungsdenkens als Werkzeug eines »sauberen« Journalismus zunehmend unverzichtbar wird.”

Update: Die derzeit orthodoxe, offizielle Verschwörungstheorie vom Superschurken Osama Bin Putin erreicht in der sog. Qualitätspresse mittlerweile höchstes Kabarett-Niveau:  “Putins Tiger reißt fünfzehn chinesische Ziegen”.  War’s damals die “Pardon” oder die Schülerzeitung die textete “Deutscher Schäferhund leckt Sorayas Brustkrebs weg!” – es war jedenfalls Satire. Die FAZ aber meint’s mit solchen Verschwörungsheadlines ernst: selbst unschuldige Zicklein in China sind vor Vladimir dem Schrecklichen nicht mehr sicher….

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