Alte Nazis, neue Faschisten und der War On Drugs

Dass der Chef-Manager des Holocaust, Adolf Eichmann, nicht 1960 nach jahrelanger Fahndung des israelischen Mossad in Argentinien gekidnappt  werden mußte, sondern sein Aufenthaltsort und sein Job bei Mercedes Benz Argentinien, den er 1951 angetreten hatte, u.a. der “Organisation Gehlen” (BND-Vorläufer) und der CIA  lange bekannt waren, ist dank der langjährigen Recherchen von Gaby Weber mittlerweile kein Geheimnis mehr (hier ihre Videodokumentation “Desinformation – Ein Lehrstück über unerwünschte Geschichte”).   Dass bei dieser Deckung des NS-Verbrechers durch deutsche Dienste die “Operation Geschäftsfreund” eine Rolle gespielt haben könnte – die diskrete Forderung von Staatschef Ben Gurion an Adenauer, die israelische Atomwaffenproduktion mit 2 Milliarden Mark zu fördern um im Gegenzug vor Enthüllungen der NS-Verstrickung seines Kanzleramtschefs Globke verschont zu bleiben – ist wahrscheinlich ein Grund dafür, dass immer noch Teile der Eichmann,- und BND-Akten aus den 1950er Jahren geheim gehalten werden, deren komplette Freigabe Gaby Weber seit Jahren einklagt.

Eichmann war nicht der einzige Massenmörder, der im Kalten Krieg noch gebraucht wurde, sein Kollege Klaus Barbie, der “Schlächter von Lyon”, der nach dem Krieg nach Bolivien entkommen war, stand seit 1945 auf der Payroll der amerikanischen Geheimdienste und auch des BND. Er organisierte mit weiteren alten SS-Kadern unter anderem einen schwunghaften Waffenhandel, beriet den bolivianischen Diktator in Sachen Aufstandsbekämpfung  und machte sich auch ansonsten für die geostrategischen Interessen seiner neuen Dienstherren stark. Dass Barbie in diesem Rahmen auch in Drogengeschäfte mit Kolumbiens damaligem Kokain-Boss Pablo Escobar verwickelt war, wie jetzt gemeldet wird, ist da keine besondere Überraschung.

cia_drugsDrogenhandel ist eine Standardprozedur imperialer Politik, seit britische Kanonenboote Mitte des 19. Jahrhunderts in China den “Freihandel” mit Opium durchsetzten. “Ohne Opium hätte es kein Empire gegeben”, resümierte Prof. Carl A. Trocki in seiner Studie “Opium, Empire and the Global Political Economy” (1999) und wer Prof. Alfred McCoys monumentales “Die CIA und das Heroin” (2003) zur Kenntnis nimmt weiß, dass dies auch für das amerikanische Imperium unserer Tage gilt. Vietnam…Nicaragua…Kosovo…Afghanistan… wo immer regime changes,  Warlords, “Freiheitskämpfer” unter der Hand finanziert werden müssen, wird mit Drogen gehandelt. Kein anderes Produkt bietet – dem “War On Drugs” sei Dank – solche Handelsspannen. Ebenfalls eine Standardprozedur ist,  dass für diese illegale imperiale Politik auf Faschisten zurückgegriffen wird. Man mag sie eigentlich nicht, aber es sind “unsere Hurensöhne” (G.W.Bush) – und Spezialisten wie der Folterexperte Barbie werden für die Drecksarbeit einfach gebraucht. So wie aktuell wieder die gewalttätigen Faschisten in der Ukraine. Wenn von dort demnächst in größerem Stil mit illlegalem Stoff gehandelt wird wäre das also auch keine große Überraschung…

7 Comments

  1. Der größte “Vorzug” all der Faschisten, Terroristen, Diktatoren, Mafiosi etc. derer sich die US-Strategen zur Durchsetzung ihrer krummen Geschäfte bedienen, ist, dass Washington sie aufgrund ihrer verbrecherischen Vergangenheit als jederzeit erpressbare Lakaien komplett in der Hand hat. Und wenn sie nicht mehr gebraucht werden, geben sie noch einen nützlichen Kriegsgegner ab, dessen Stärken und Schwächen man aus den Jahren der Kooperation gut kennt.

    Das zynische US-Imperium in seiner selbsternannten Auserwähltheit hat ein existenzielles Interesse am weltweiten Verbrechen in allen Spielarten, weil es dieses als Nährboden zur Ausbreitung der eigenen Macht instrumentalisiert.

  2. Sehr interessant die Doku und die Arbeit von Gaby Weber. Danke für diese Links. Einmal mehr ein Beleg dafür, wie Geschichte zurechtgebogen und -gebogen wird. Hannah Arendt hat ja über den Eichmann-Prozess in Jerusalem von der “Banalität des Bösen” geschrieben… hinter dieser Banalität des “Schreibtischtäters” steckt aber mehr : ein Top-Manager und Agent, der zuerst für Rockefeller in Palästina, dann für Hitler in Deutschland und dann für CIA/BND in Argentinien tätig ist. Dasselbe bei Klaus Barbie – nicht nur ein Folterer und “Schlächter”, sondern auch er ein Agent, der stets im Namen und mit Deckung des Staats unterwegs war.
    Dass unsere “Wertegemeinschaft” mit solchen Kriminellen unter einer Decke steckt muss natürlich für die Öffentlichkeit unter derselben bleiben. Deshalb können noch nicht mal 50 Jahre alte Akten freigegeben werden. Über die aktuellen Eichmanns & Barbies, die für das US-Imperium weltweit morden, foltern und Drogen dealen erfahren wir nichts. Und wenn ein Journalist doch einmal dahinter kommt, wie zB Gary Webb hinter den Iran-Contra-Drogenschmuggel und die CIA als Verursacher der Crack-Epidemie – dann endet er mit zwei Kugeln im Kopf und einer offiziellen Diagnose: “Selbstmord”!

  3. > wo immer regime changes, Warlords,
    > “Freiheitskämpfer” unter der Hand
    > finanziert werden müssen, wird mit
    > Drogen gehandelt

    Dass ausgerechnet dem Fürsprecher von Hanf und LSD, Mathias Broeckers, der weltweite Drogenhandel derartig sauer aufstößt, hätte ich nicht gedacht.

    > Ebenfalls eine Standardprozedur ist,
    > dass für imperiale Politik auf
    > Faschisten zurückgegriffen wird.

    Aber nicht nur im Westen. Aus Sicht des Kreml gibt es böse Nazis und gute Nazis. Die bösen sind in der Ukraine, wo sich die besten Vertreter der „russischen Welt“ ihrer erwehren, heldenhaft und in der Freizeit. Die guten Nazis sind in Ländern der EU, wo sie gegen allgemeinen Werteverfall kämpfen. In Russland selbst leben etwa 70.000 gewaltbereite Rechtsradikale. Rückhalt finden sie in den obersten Riegen der Duma. Dmirj Diomuschkin ist einer der bekanntesten rechtsextremen Ideologen Russlands und Chef der Neonazi-Organisation „Slawische Kraft“. N24-Korrespondent Christoph Wanner hat Diomuschkins Aktivitäten beobachtet und dabei beunruhigende Einblicke in die rechtsradikale Szene in Russland erhalten.
    https://www.youtube.com/watch?v=fm4AcLZpmjQ (45 Min.)
    Sehr sehenswert, zumal sich der Autor überhaupt nicht als Russenbasher à la Golineh Atai betätigt.

    Noch etwas: Es wird immer behauptet, Russland habe nach dem Putsch in Kiew den Schwarzmeeflottenstützpunkt Sewastopol unter seine Kontrolle bekommen MÜSSEN. Daher sei die Krim-Annexion/Sezession zwar nicht legal, aber legitim gewesen. Dabei wird folgendes Faktum übersehen: Russland hatte sich räumlich längst umorientiert…

    NOWOROSSIJSK, 14. Juli 2009, aktualisiert 20:51 22.12.2014 (RIA Novosti). Russland baut bis 2020 in Noworossijsk einen neuen Hauptstützpunkt für seine Schwarzmeerflotte. Zudem soll in den nächsten Jahren eine neue Flotteninfrastruktur an der Schwarzmeerküste entstehen. Bislang befindet sich der Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol (Halbinsel Krim), wo auch die ukrainische Marine stationiert ist.
    http://de.sputniknews.com/militar/20090714/122338553.html

    Der Hafen Noworossijsk ist dem Warenumsatz nach der größte Seehafen Russlands.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Noworossijsk

  4. Jeder der einigenmaßen clever ist, sollte mal Folgendes sich zur Prüfung vorlegen :
    1.
    Den Glauben…Er hätte es mit beweiskräftigem Material zu tun…was er sich über GOOGlE zusammengesucht hat
    2.
    Zu Glauben…andere wären scharf auf seine
    Wortmeldung

    3.
    Zu Glauben…dass der, der den besten Spruch hat…Recht hat

    It’s a World of Mirrors…Motherfuckers 🙂

  5. @Gabor:
    1. Jede Erkenntnis ist subjektiv, es gibt keine objektive Wahrheit in der äußeren Welt. Ob du bei Google, in der Bibliothek suchst oder andere Menschen fragst – “beweiskräftig” wird es erst, wenn du und möglichst viele andere daran glauben.
    2. Wortmeldungen sind wichtig, sonst könnten wir uns gar nicht orientieren und wären noch dümmer als ohnehin….
    3. Gute Sprüche prägen sich besser ein. Wenn wir sie oft genug hören glauben wir sie auch wenn sie falsch sind. Das ist das Problem.

    Die Spiegelwelt heißt bei den Indern “Maya”, als Göttin ist sie die Mutter des Universums als Illusion. Zur (Selbst-)Reflektion sind diese Spiegel zu gebrauchen – “wahre” Antworten aber gibt nur ein Blick nach innen…

    “The essence of life is composting your own shit!”

  6. @Nada: Na na na, das driftet nun aber schon heftig ins Esoterische ab: “Jede Erkenntnis ist subjektiv, es gibt keine objektive Wahrheit in der äußeren Welt.”
    Ich kann mir “subjektiv” noch so sehr vorstellen, es gäbe da diesen Straßenbaum nicht; spätestens, wenn ich mir beim Versuch, durch ihn hindurchzugehen, eine fette Beule geholt habe, muß ich einsehen, daß er da stand, und zwar echt “objektiv”. 😉

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