Interveniert Russland gegen den IS ?

Dass es sich bei dem “Islamischen Staat” nicht um ein Zufallsprodukt, sondern um ein strategisches Werkzeug der CIA handelt, hatten wir hier  und hier schon vor einem Jahr geschrieben, mittlerweile ist es anhand freigegebener Dokumente bewiesen.  In dem Papier des Militärgeheimdiensts  ist schon 2012, Jahre bevor “IS” /”ISIS” /”Kalifat” öffentlich bekannt wurde, davon die Rede, dass die zum Kampf gegen die  Assad-Regierung von den westlichen Alliierten und ihrer saudischen Geldgeber aufgestellte und ausgerüstete Islamisten-Truppe das Ziel eines eigenen Staats habe:  “establishing a declared or undeclared Salafist Principality in eastern Syria.”

Mittlerweile rückt das Schreckensregime des IS langsam aber sicher auf Damaskus vor und es stellt sich für den Rest der Welt die Frage, ob ein Ende des Horrors im Nahen Osten mit einem blutigen aber immerhin gewählten Diktator wie Assad nicht doch eher zu erreichen ist als mit einer Horde fanatischer Barbaren, die das Kulturerbe der Menschheit in die Luft jagen und Hunderttausende zur Flucht zwingen. Da die Flüchtlinge mittlerweile hier in Massen eintreffen, stellt sich noch drängender die Frage, wie der Krieg in dieser Region eingedämmt werden kann. Wenn sich  nun  Meldungen bestätigen, dass Russland Kampfflugzeuge und Truppen nach Syrien verlegt – während der Kreml  dementiert meldet die israelische Website “Debka-File”unter Berufung auf gewöhnlich gut informierte Mossad-Kreise: “Russia gearing up to be first world power to insert ground forces into Syria” – wäre das eine erstaunliche Wendung auf dem geopolitischen Schachbrett.

Dass Russland solch einen Schritt nicht tun würde, ohne zuvor die USA und in diesem Fall auch Israel zu informieren – der mit den USA abgesprochene Abzug der Patriot-Batterien von der türkischen Grenze im August wäre dann als Vorbereitung zu sehen, dass russische Jets im syrischen Luftraum nicht versehentlich von NATO-Raketen beschossen werden – wird  als Indiz dafür interpretiert , das an den Meldungen etwas dran sein könnte. Die Zweifel freilich, die der pro-russische Blog “Vineyardsaker” äußert, sind auch nicht von der Hand zu weisen. Es scheint militärisch wenig Sinn zu machen, 1.200 km von Russland entfernt und in ringsum NATO-kontrollierter Umgebung eine militärische Intervention zu starten – jede Nachschubversorgung wäre vom guten Willen der USA abhängig. So sehr also die Russen ein Interesse an einer Eliminierung des IS haben, weil sie seinen Export ins eigene Land befürchten,  so gut werden sie sich überlegen, ob  sie dieses Risiko eingehen.

Dass die westlichen Medien diese Meldungen bis dato noch nicht mit einem Aufschrei quittiert haben, wo doch in der Ost-Ukraine monatelang jedes Wackelbild von einem rostigen Panzer als “russische Invasion” beschrieen wurde,  riecht verdächtig – für einen vorsichtigen russischen Bären, der hier durchaus zurecht eine Falle wittern könnte. Wo kämen wir auch hin, wenn ausgerechnet Putin jetzt den IS plattmacht, den Syrien-Konflikt entschärft und die Flüchtlingsströme eindämmt. Schon rein imagemäßig geht das gar nicht…

Update: Sehr lesenswerter Beitrag  von Reinhard Merkel, Strafrechtler an der Uni Hamburg, in der FAZ: “In Syrien sind Europa und die Vereinigten Staaten die Brandstifter einer Katastrophe. Es gibt keine Rechtfertigung für diesen Bürgerkrieg.”

4 Comments

  1. Langsam wird’s zu unübersichtlich, um die vielen gleichzeitig brennenden Zündschnüre noch wahrzunehmen. Vielleicht geht es hier auch nur um mediale Ablenkung, denn Saudi Arabien et al sind gerade mit Bodentruppen in Jemen einmarschiert, aber das scheint in heutiger Zeit der Wirrnis schon im medialen Grundrauschen unterzugehen. http://de.sputniknews.com/militar/20150902/304123691.html

  2. Ihr Update, ein Lichtblick, Herr Bröckers. Bravo und vielen Dank! Auch an Reinhard Merkel bei der FAZ.

    Allan Bloom hat 1987 ein Buch mit dem Titel “The closing of the American mind” herausgebracht, in dem er beklagt, wie sehr sich der Geist auch (oder gerade?) derjenigen Mitbürger mit höherem Bildungsabschluss durch die Abkehr von klassischen Setzungen im Bildungsbetrieb eben nicht, wie man es vom Relativieren usw. erwarten würde, weiter geöffnet, sondern verschlossen habe.

    Und das sehen wir doch hier auch. In Aristotelischer und Sokratischer Tradition dürfte Herr Merkel in der FAZ das, was er da geschrieben hat, nicht einfach so schreiben. Denn der Redaktor müsste ihm sagen: “Lösch diesen Artikel! Es sind Lügen, so etwas drucken wir nicht.” “Wie aber soll es Lüge sein?” “Nun, ja, es sind Aussagen, die, wenn sie wahr wären, keinen anderen Schluss zuliessen, als dass sehr zahlreiche andere Artikel Lügen zum Inhalt hatten. Und dass wir das nicht drucken, sagte ich bereits.” “Wenn nun also entweder nur die Darstellung, der Westen habe schon ganz schlüssig und nach seinen besten Möglichkeiten zum Nutzen des syrischen Volkes gehandelt, wahr sein kann, während die Darlegung, der Westen habe vor seinen eigenen Standards unzulässige Methoden angewandt, falsch sein muss, oder umgekehrt die erstere Darstellung falsch sein muss, weil die letztgenannte die zutreffende ist, dann kann in einem Leitmedium, dessen sich die Politiker und Entscheidungsträger des deutschen Sprachraums bedienen, um ihren Blick für das Richtige zu schärfen, nicht beides zugleich stehen. Eines muss raus oder schon in der Überschrift den Hinweis tragen, dass die Aussagen einer sachlichen Prüfung nicht standhalten und nur zur Wahrung der Pressefreiheit abgedruckt wurden.” “Wenn also eines von beiden raus muss oder im Rang seiner Verbindlichkeit tiefergestellt werden muss, dann ist immer noch nicht entschieden, welche der beiden Darstellungen das sein sollte. Wie also soll man vorgehen?” “Man muss die Darstellungen beider Lager auf ihre Wahrhaftigkeit und, wo es keine Sachdarstellungen, sondern Bezüge zu früher dazu gemachten Behauptungen oder Einordnungen sind, auf ihre schlüssige Vereinbarkeit mit den angerufenen höheren Prinzipien überprüfen.”

    Wir leben in einer Welt, in der das kaum ein Machtpolitiker in einer solchen Situation zu unternehmen empfiehlt. Das Weglassen einer Untersuchung ist die Methode der Wahl, um jegliche Positionen, die dem kritischen Beobachter für die eklatanten und himmelschreienden Fehler seiner Eliten die Augen öffnen könnten, ins Reich der blossen Meinung und Meinungsäusserung abzuschieben. So nach dem Motto: “So, könnt ihr mal sehen, wie toll unser Rechtsstaat immer noch ist; jetzt war sogar dieser nervige Besserwisser mal wieder an der Reihe für eine Doppelseite, da können wir uns nun wieder ungestört unserer Tagesordnung widmen.

    Die meisten unserer Politiker habe einen höheren Bildungsabschluss. Sie könnten noch wissen, wie man denkt und urteilt, aber sie handeln wie Leute, die das vergessen haben oder denen es nichts mehr bedeutet im Vergleich zu dem neuen Geschäft, das man betreiben kann, wenn man folgenschwer entscheidungsbefugt ist, ohne sich Stimmigkeitskriterien zu unteziehen.

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