Timothy Leary über #Occupy Wallstreet

Professor Timothy Leary (1920 – 1996) war seiner Zeit bekanntlich weit voraus. In einem seiner letzten veröffentlichten Texte (geschrieben 1990, überarbeitet 1994) , sah er die “#Occupy Wallstreet”-Generation voraus, die von neuer Kommunikations-Software Gebrauch macht und die Kontrolle durch  zentralisierte Regierungen und korrupte Behörden bekämpft. Michael Horowitz and Lisa Rein haben ein Exzerpt daraus auf truthout.com veröffentlicht.

 

The Function of Post-Democratic Government

The primary function of a free society in the post-democratic age is the protection of individual freedom from politicians who attempt to limit it.

This individual-freedom movement is new to human history because it is not based on geography, politics, class or religion. It has to do with changes, not in the power structure, not in who controls the police, but in the individual’s mind. It is a “head” revolution: a consciousness-raising affair.

Questioning Authority and Thinking for Yourself

This cultural meme involves intelligence, personal access to information, an anti-ideological reliance on common sense, mental proficiency, consciousness raising, street smarts, intelligent consumerism-hedonism, personal communication skills. The meme is not new. Countercultures go back at least as far as Hermes Trismegistus, and include Socrates and Sappho, Voltaire and Thoreau, Gurdjieff and Ginsberg.

But the rapid spread of this mutational meme from 1960 to 1990 was due to the sudden mass availability of neurochemical and electronic technology. Chemicals and screens spraying electronic information into eyedrums and earballs, activating brains. Suddenly, youth all over the world are wearing jeans and listening to John Lennon’s “Give Peace a Chance.” The individuality meme that swept American youth during the 1960s has infected the world. The McLuhan epidemic keeps spreading.

The signs of this awakening are always the same. Young minds exposed to electronic information suddenly blossom like flowers in the spring. The June 1989 demonstrations in Tiananmen Square were a classic replay of Chicago 1968 and Kent State 1970.

Power, Mao said, comes from the barrel of a gun. That may have been true in the industrial past, but in the cybernetic 1990s the very notion of political power seems anachronistic, kinky, sick. For the new breed, the concept of “political power” is hateful, evil, ghastly. The idea that any group should want to grab domination, authority, supremacy or jurisdiction over others is a primitive perversity – as loathsome and outdated as slavery or cannibalism.

It was not the Berlin Wall of concrete and guard houses that protected the “evil empire”; it was the electronic wall that was easily breached by MTV. McLuhan and Foucault have demonstrated that freedom depends upon who controls the technologies that reach your brain-telephones, the editing facility, the neurochemicals, the screen.

This sudden emergence of humanism and openness on a mass scale is new and revolutionary.

Hier geht es weiter: Mass Individualism Is New

 

Unterdessen haben die 99% gestern erstmals Krallen gezeigt und mit einem friedlichen Generalstreik den Hafen und das Bankenviertel von Oakland  stillgelegt. Auch in der Nacht gingen die Proteste weiter (Livestream), die Polizei hält mit  Tränengas und Gummigeschossen dagegen.  Was vor sechs Wochen mit ein paar Dutzend Aktivisten begann wächst sich zu einer Massenbewegung aus – nicht nur in der Bay Area, sondern everywhere….

Permakultur und Geldreform

Es war 1986, als ich Margit und Declan Kennedy  in ihrer Kommune in Steyerberg besuchte, um mehr über die spannenden Projekte zu erfahren, die die beiden Architekten und Wissenschaftler mit ihren KommunardInnen dort praktizierten und erforschten: Permakultur und Geldreform. Wir hatten uns für den Nachmittag verabredet, doch ein Stau auf der Autobahn hatte für eine mehr als 3-stündige Verspätung gesorgt, sodass die Kennedys mit Freunden  schon beim Abendbrot saßen als wir eintrafen. Was uns freilich gleich eine erste Lektion in Permakultur (PDF Download) bescherte, denn Declan ging in den Glasanbau, der ihr Reihenendhaus ringförmig umgab, um das Abendessen für die neu eingetroffenen Gäste zu ernten. Dieser Permakultur-“Wintergarten” mit seinem Gemüsen, Kräutern und Früchten war ebenso beeindruckend wie das ganze Konzept einer permanenten und diversifizierten Agro-Kultur, das auf dem Umland der Kommune praktiziert wurde. Der eigentliche Grund meines Kommens aber war damals die Arbeit von Margit Kennedy über “Geld ohne Zinsen und Inflation”, über das ich mit ihr ein Interview machen wollte. Irgendwo in meinen Regalen schlummert wahrscheinlich noch eine Kopie davon, doch da die Kennedys ihre Veröffentlichungen jetzt alle online gestellt haben (Kennedy Bibliothek), habe ich es jetzt wiederentdeckt. Nach 25 Jahren scheinen nicht nur die Überlegungen zu einer “Parkgebühr für Geld” (PDF Download) aktueller denn je…

Es geht voran…

Sage noch einer, “Occupy Wallstreet” hätte keine Wirkung. Jetzt ist sogar schon Angela Merkel  für die Einführung eines Mindestlohns, die Robin Hood Steuer für Börsentransaktionen ist überall wieder auf der Tagesordnung… kaum auszurechnen was passieren kann, wenn die Besetzer mehr und die Bewegung größer wird. Sogar  der Mainstream-Edelfeder Thomas Friedman fällt langsam auf, dass der US-Kongreß ein Hort “legaler Bestechung” geworden  ist und er fordert lautstark, was noch bis vor kurzem in der neoliberalen “New York Times” als anarchistisch-kommunistische Subversion gegolten hätte:

“1) If a bank is too big to fail, it is too big and needs to be broken up. We can’t risk another trillion-dollar bailout. 2) If your bank’s deposits are federally insured by U.S. taxpayers, you can’t do any proprietary trading with those deposits — period. 3) Derivatives have to be traded on transparent exchanges where we can see if another A.I.G. is building up enormous risk. 4) Finally, an idea from the blogosphere: U.S. congressmen should have to dress like Nascar drivers and wear the logos of all the banks, investment banks, insurance companies and real estate firms that they’re taking money from. The public needs to know.”

Das mit den Sponsoren-Logos ist eine prima Idee, sollte man nicht nur im Bundestag, sondern auch in Talkshows einführen – um dem klandestinen Lobbyismus, wie etwa am Wochenende in Sachen Atomlobby von der taz enthüllt, Paroli zu bieten.  Unterdessen haben die Kollegen der Website Salon.com schon mal den Entwurf einer “Neuen Unabhängigkeitserklärung”  vorgelegt – und was zwei Leute von Occupy Frankfurt im Gespräch mit dem Commerzbank-Chef fordern hat ebenfalls Hand und Fuß. Mit solchen Eckpunkten und Entwürfen hat die Occupy-Bewegung durchaus Chancen, einen revolutionären Umschwung einzuleiten… es geht voran. Und selbst wenn der  einsetzende Winter wachsenden Druck auf den Plätzen und Straßen schwierig macht und dann eine Million Schneemänner mit Guy Fawkes Maske für ein paar Wochen die Mahnwache übernehmen müssen…die 99% werden keine Ruhe geben. Schon gar nicht in Oakland, California. Dort,  so können sich die Älteren erinnern, nahmen einst die Proteste gegen den Vietnam-Krieg ebenso wie die “Free Speech”- und die Bürgerrechts,- und Studentenbewegung ihren Anfang, nachdem sich der Student Fred Moore 1961 auf den Treppen der Uni Berkeley zum  Hungerstreik gegen die Einberufung niedergelassen hatte.  (Zehn Jahre später war diese Ein-Mann-Friedensbewegung zu einer Millionenveranstaltung geworden und der Hippie Fred Moore gründete den “Homebrew Computer Club”, der u.a. Steve Jobs und ein halbes Dutzend weiterer PC-Pioniere hervorbrachte.) Und weil noch jede Westküsten-Idee mit Verspätung nach Europa schwappte wird der aktuelle Aufruf der Aktivisten zum stadtweiten Generalstreik gehört werden, zuerst in Oakland, dann überall in den USA…und dann irgendwann auch hier.

“The Western Left”, schreibt Slavo Zizec, “has come full circle: After abandoning the so-called ‘class struggle essentialism’ for the plurality of anti-racist, feminist, gay rights etc., struggles, ‘capitalism’ is now re-emerging as the name of THE problem.’ Die Antwort auf die Frage, welche sozialen Institutionen den “Kapitalismus” ersetzen können, ist offen. Dass sie aber überhaupt wieder gestellt wird, ist fraglos ein Fortschritt…

 

The Only Solution is World Revolution

“The only solution is WorldRevolution” heißt es auf der Website von Occupy Wallstreet und weiter:

“Occupy Wall Street is leaderless resistance movement with people of many colors, genders and political persuasions. The one thing we all have in common is that We Are The 99% that will no longer tolerate the greed and corruption of the 1%. We are using the revolutionary Arab Spring tactic to achieve our ends and encourage the use of nonviolence to maximize the safety of all participants. This #ows movement empowers real people to create real change from the bottom up. We want to see a general assembly in every backyard, on every street corner because we don’t need Wall Street and we don’t need politicians to build a better society.”

Anders als “from the bottom up”, ganz von unten, läßt sich eine demokratische Gesellschaft nicht aufbauen. Wenn das System der Repräsentation, die Volksvertreter, korrupt geworden sind, hilft nur die Vollversammlung an jeder Straßenecke. Anders als die meisten Medien und Journalisten, die die Führer,- und Forderungslosigkeit der Bewegung beklagen – und anders auch als die selbsternannten Experten, die schon genau wissen, wer diese Bewegung wohin steuert – scheinen mir diese Prinzipien von #ows der einzig richtige Ansatz zu sein, um tatsächlich eine Weltrevolution in Gang zu setzen. Wie das eigentlich geht, weiß  niemand – und diejenigen, die versucht haben, ihre Theorien darüber in die Praxis umzusetzen sind in der Geschichte gnadenlos gescheitert. Deshalb ist auch die Theorie,- und Ideologielosigkeit der Bewegung und die Weigerung sich von Partei,-oder Lobbyinteressen instrumentalisieren zu lassen, absolut richtig, ebenso wie das Konsensprinzip in den Vollversammlungen, sowie das Prinzip der Gewaltfreiheit. Anders geht’s nicht, wenn man von unten anfangen muß. Kompromisse – Realpolitik – kommen früh genug.Continue reading →

Die Robin Hood Tax

Die Leute von AdBusters, die mit dem Hacker-Kollektiv Anonymous zu den kreativen Anstiftern der Occupy-Bewegung zählen, haben  für die Demos am 29. Oktober ein Motto vorgeschlagen, über das nicht nur bei 99% Konsens bestehen dürfte, sondern  das auch den nach “konkreten Forderungen” dürstenden Medien Futter gibt: die sofortige Einführung einer Robin-Hood-Tax.

Am 29. Oktober, am Vorabend des G20-Gipfels in Frankreich, sollten die Völker der Welt sich erheben und fordern, dass die G20-Führer SOFORT eine 1% #ROBINHOOD tax auf alle Finanztransaktionen und Währungstransaktionen einführen. Wir müssen ihnen die klare Botschaft vermitteln: Wir wollen, dass Ihr einen Teil der ca. 1 Billion leicht verdienten Euro, die jeden Tag durch das globale Spielcasino fließen, bremst. Das wäre genug Geld, um beinahe jedes Sozialprogramm und jede Umweltinitiative in dieser Welt zu finanzieren.

Und es wäre ein Grund für 99%, solange zu protestieren, bis diese Forderung – als erster Schritt –  durchgesetzt ist.Continue reading →

Die wichtigste Bewegung der Welt

Vorletzte Woche besuchte die Autorin Naomi Klein  (2008 erschien ihr unbedingt lesenswertes Buch “Die Schock-Straegie” ) die Besetzer auf der Liberty Plaza in Manhattan und hielt eine (mit “human microphon” verstärkte) Rede, die jetzt auf deutsch übersetzt vorliegt: “Lasst uns diese wunderbare Bewegung so behandeln, als ob sie die wichtigste Sache der Welt wäre. Weil sie das auch wirklich ist.”

In der Tat, denn “wir sind der Markt” :  “Die “Märkte”, gegenüber denen sich die Politik ohnmächtig stellt, sind ein Fetisch.” – und wir, die 99 %, müssen den aufgeblähten Finanzsektor loswerden um nicht vollends von ihm erdrückt zu werden. Dazu müssen zuerst diejenigen Bank$ster und Finanz-Mafiosi vor Gericht, die die aktuelle Krise mit ihrem Betrugsschema gezielt verursacht haben – der Rechtsstaat, der Staatsanwalt,  ist hier gefordert, wie David DeGraw (Wallstreet-Besetzer, Autor, Blogger) im untenstehenden Video deutlich macht. Dieser Aufstand ist definitiv keine Frage von Links oder Rechts, es geht um Größeres und Grundsätzlicheres als um politische Gestaltung und Parteiinteressen – es geht darum, eine kleine Bande von Finanzterroristen, die die Politik gehijackt hat und die gesamte Bevölkerung erpresst, hinter Schloß und Riegel zu bringen. Und sodann ein Geld,-und Finanzsystem zu schaffen, das einen solchen Großbetrug künftig verhindert.

Continue reading →

Bank Transfer Day

Die Tagesschau fragt gerade mal ab, wie die Zustimmung zur “Occupy”-Bewegung ist, sie liegt aktuell bei 91%. Das ist schon ziemlich nah an den 99 %, für die die Aktivisten auf die Straße gehen – und jetzt vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt ihre Zelte aufgeschlagen haben. Vielleicht für die ARD ein Grund, künftig vor der “Tagesschau” nicht mehr ellenlang das Börsencasino und den Spekulationszirkus  zu featuren, sondern ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag nachzukommen –   und statt die von Goldman Sachs, J.P.Morgan und einer Handvoll anderen manipulierten Kurse als  gottgegeben zu kommentieren  mit dafür zu sorgen, dass diese gemeingefährliche Spekulation endlich in die Schranken gewiesen wird.

Unterdessen rufen die Aktivisten in Wallstreet schon mal dazu auf, den 5. November nicht zu vergessen – und die Bank zu wechseln. In Deutschland kommen als  Alternative zu den üblichen Verdächtigen die GLS-Bank und teilweise auch die Volks,-und Raiffeisenbanken und Sparkassen in Frage. Zwar spielen die paar Kröten, die ein Bruchteil der 99 % von den Großbanken abziehen, keine entscheidende Rolle, symbolisch aber ist ein solcher Bank-Transfer nicht zu unterschätzen, zumal wenn er als Schneeballeffekt Kreise zieht.

Für die “Ja, aber…”- Fraktion der “Occupy”-Kritiker, die Strukturen, Sprecher, Führer und Forderungen vermissen – hier wären schon mal ein paar, die für den Anfang durchaus reichen… Bis das geschafft ist, könnten die “Occupy”-Camper auf der EZB-Wiesen die häßliche, blau-gelbe Euro-Statue vielleicht mal  christo-mäßig verpacken…

Update In den USA verweigerten Großbanken ihren Kunden die Kontokündigung

Wie werden wir die Bank$ter los ?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zum Abschluß des alljährlichen Buchmessen-Besuchs war ich heute mittag noch auf der “Occupy Frankfurt” Demo, die bei herrlichem Wetter von der Hauptwache zur Europäischen Zentralbank führte. Die Frage, wie wir der Finanzmafia Herr werden, die die Regierungen am Nasenring über das Parkett zieht und 99% der Bevölkerung abzockt, konnte von den mindestens 7.000 Demonstranten (und Hundertausendende weltweit) zwar nicht abschließend geklärt werden – ein Rudel beißwütiger Anonymous-Vierbeiner wäre vielleicht nicht die schlechteste Lösung. Aber doch wenig aussichtsreich. Als notorischem Menschenfreund, der auch gierige Banker, gefräßige Spekulanten und hemmungslose Casino-Zocker am Leben lassen will, läge mir  aber eine etwas weniger brachiale Lösung näher. Wenn statt einer lachhaften “Finanztransaktionssteuer” auf ihre Geschäfte schlicht eine Umsatzsteuer von 19% erhoben würde, können sie mit ihren Swaps und Fuselanleihen gern weiter handeln. Da die Umsätze der Finanzblase ein Vielfaches der Realwirtschaft betragen wären  mit diesen Steuereinnahmen die diversen Staatsschulden ziemlich schnell bezahlt… ja sogar das Grundeinkommen für alle liesse sich locker finanzieren. Wenn sich die 99 %  dann noch auf ein neues, nachhaltiges Geldsystem einigen, ist die Sache schon fast geritzt…

Buchhaltung (2)

Diese Woche ist wieder Buchmesse und damit  Zeit, mal wieder den Nachttisch für Neues zu räumen und für ein paar Empfehlungen des Gelesenen:
Zu den wichtigsten Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts zählen für mich Wolfgang Pauli und Carl Gustav Jung, die in ihrem jeweiligen Fachgebiet – der Physik und der Psychologie – am weitesten in die Tiefe gingen, an die Schnittstelle von Geist und Materie, das Grenzgebiet von mentalen und stofflichen Vorgängen erforschten. Dabei befaßte sich der strenge Mathematiker und Quantenphysiker Pauli ebenso mit scheinbar esoterischen Bereichen wie Telepathie oder Alchemie wie der Psychiater Jung mit der Mathematik des “I Ging” oder mit Ufos, was beide mit ihren Fachkollegen kaum tiefergehend zu besprechen wagten, um nicht als Spinner abgstempelt zu werden. Umso wichtiger war ihnen ihre jahrzehntelange Zusammenarbeit und gegenseitige Motivation bei der Erforschung dieser Bereiche. Die Geschichte dieser Zusammenarbeit und Forschungen im Weltraum der Seele und des Mikrokosmos hat der Wissenschaftshistoriker Arthur I. Miller in einem spannenden Buch aufgschrieben: “137: C. G. Jung, Wolfgang Pauli und die Suche nach der kosmischen Zahl” . Die Zahl 137, oder genauer 1/137,035, ist eines der größten Mysterien überhaupt, es ist die Feinstruktur-Konstante, so etwas wie der Mindestabstand von Quantenteilchen. Wäre diese Zahl anders gäbe es… Nichts – keine Materie, keine Sterne, kein Universum. Aber sie läßt sich – und das macht die Mathematiker seit fast 100 Jahren verrückt – aus keiner der bekannten naturgesetzlichen Gleichungen ableiten. Sie ist einfach da…und niemand weiß warum.Continue reading →