Ob es wegen Majestätsbeleidigung war oder wegen Delegitimierung der Monarchie oder einfach wegen schlechter Laune weiß ich nicht. Aber ein empörter, verletzter oder einfach schlecht gelaunter Konsument meines Blogs hat mich bei Twitter angezeigt, weil ich dort ein Link auf “Queen Over” gezwitschert hatte:
Zugegeben waren Überschrift und “Mutter aller Schreckschrauben” nicht gerade pietätvoll, sie passten aber sehr gut zu den folgenden Recherchen von Heathcote Williams über die blutrünstigen Geschäfte dieser schrecklich netten Familie, die man bei allem Pop, Pomp und “nihil nisi bene” nicht vergessen sollte. Das sahen auch die laut NetzDG zur Untersuchung verpflichteten Zensurbehörden bei Twitter so und sandten mir heute einen Freispruch zu. Im “Rahmen der Twitter Regeln oder deutscher Gesetze” unterliegt er “nicht der Entfernung”. Da hatten wir aber noch mal Glück….
Als letzte Amtshandlung hatte sie noch die junge Schreckschraube Liz Truss als neue Premierministerin empfangen, jetzt hat die Mutter aller Schreckschrauben und einer schrecklich netten Familie 96-jährig selbst das Zeitliche gesegnet. Hier Näheres über die Dame, zu der wir Heathcote Williams anläßlich des Erscheinens von “Royal Babylon – The Criminal Record of British Monarchy” 2015 befragt hatten:
Das nach wie vor positive Image der Königsfamilie ist nur durch ein gehobenes Maß an Ignoranz und Selbstbetrug der Öffentlichkeit zu erklären, meint der britische Dramatiker und Autor Heathcote Williams. Die Fragen von Telepolis beantwortet er mit Passagen aus seinem investigative poem “Royal Babylon – The Criminal Record of The British Monarchy”, das jetzt auf Deutsch erschienen ist ( Die Windsors – Eine schrecklich nette Familie, Westend-Verlag). Ein notwendiges Antidot für das anschwellende Pomp,-und Popgedröhne anläßlich des Staatsbesuchs.
Die Queen und ihr Gemahl besuchen Deutschland und stehen einmal mehr im Fokus der Aufmerksamkeit. Sie aber sind not amused?
Heathcote Williams: Die Windsors sind ein Schandfleck im kulturellen Erbe Großbritanniens. Die Monarchie ist das Schmierfett der Kriege Großbritanniens, denn sie überzeugt ihre Soldaten, allzeit pflichtbewusst fürs Vaterland zu sterben. Um schließlich, nach Ehrung der Opfer staatlichen Gemetzels, die Profite der Waffenhändler zu vermehren. Waffenhersteller und ihre Kunden werden auf Schloss Windsor gern zum Tee geladen – Flugschauehrung inklusive – denn Monarchie und Militärgeschäft sind eng verwoben. In Großbritannien ist “Rüstungsindustrie” ein royaler Markenname.. Die Majestäten profitieren die ganze Zeit auch selbst vom Geschäft mit Waffen, dank ihrer Kronagenten, die ihre Unternehmensbeteiligungen verwalten und mit Lockheed und BAE Systems ungerührt Anteile an Streubomben-, Uranmunition und Landminenproduzenten halten.”
Die Briten aber scheinen doch ihre Royals immer noch zu schätzen.. Das Land hält sich trotz, nicht wegen seiner eigenen Vergangenheit, und sein infantiler Wunsch nach gütigen Eltern jenseits aller Politik verleitet es, unliebsame Fakten zu übersehen, so etwa der Monarchin Unterstützung für den hässlichsten politischen Akt von allen, das Töten. Das Königshaus wird als Symbol für den Patriotismus gesehen, für den Zusammenhalt und die Tradition Großbritanniens
Der Patriotismus der Königlichen selbst hält sich dagegen arg in Grenzen, wie man im Ersten Weltkrieg sah, im Jahr 1915, als der Monarch, während in Flandern Millionen für König und Vaterland der Tod ereilte, selbst lieber zum Rodeln in St. Moritz weilte. Er kehrte heim, um eine Rekordzahl von Sandringham-Fasanen abzuknallen, Teil der blutigen Schneise, die er alljährlich durch den Wildbestand des Gutes schlug. Ebenso beschloss George VI. 1939 zum eigenen Gemach, dass es nicht erquicklich sei, wenn der Krieg die “Jagdsaison auf Moorhühner in Balmoral” unterbrach. Großbritanniens militärisch-monarchischer Komplex ist eine zynische Industrie…
Die Wände des königlichen Balmore Castle im schottischen Hochland wurden mehr als ein Jahrhundert lang mit den Geweihtrophäen der Hirsche drapiert, die von Mitgliedern der königlichen Familie geschossen wurden. Die heutige Königin Elizabeth erlegte ihren ersten schon in jungen Jahren, angeleitet von ihrem Vater George VI. Dieser hatte einst bei einer viermonatigen Safari in Uganda einen Elefanten mit Stoßzähnen erlegt, von denen jeder 40 Kilo wog, und stolz von seinem Glück berichtet: “So viele Große sind ja nicht mehr übrig.”
Später zeigte George seiner ältesten Tochter den Kitzel auf Pirsch zu gehen und Hirsche zu erlegen. Die künftige Königin schoss ihren ersten 1945 mit sechzehn Jahren, und Gouvernante Crawfie erinnerte lebhaft, wie aufgeregt sie war.”Wir sprachen von nichts anderem als der Pirsch, von Geweihen und ihren Enden”, erzählte sie. ” Wir mussten mit ihr jedes aufregende Detail des Tages durchgehen, an das sie sich erinnerte. Dann wurde der Kopf des Hirsches abgeschlagen und bekam einen Ehrenplatz auf Balmoral.
Ihr späterer Mann Prinz Philip ist ebenfalls für seine Jagdleidenschaft bekannt.
Bis 1993 hatte der Herzog von Edinburgh, stolzer Besitzer von 56 Jagdgewehren, 30 000 Vögel vom Himmel geschossen, zwei Krokodile erlegt, ebenso wie unzählige Wildschweine, mehrere Hundert schottische Hirsche sowie einen Königstiger.1993, beim Fasanenschießen auf Gut Sandringham, häufig in Begleitung seiner Gemahlin, erlegte der Herzog 10 000 Stück in nur sieben Wochen. Seine Norfolk-Jagdpartien haben schon 150 000 geschossene Tiere “eingesackt”. Sollte der Herzog mal nicht richtig treffen, wird ein verletzter Vogel von einem Jagdhund zur royalen Jagdgesellschaft apportiert, woselbst Ihre Majestät, die Königin, schon seiner Ankunft harrt. Um mit einem passenden Schlagholz das letzte Leben aus dem Tier zu keulen.
Philip und sein Sohn Charles kommen auch gern nach Deutschland zum Schießen.
Prinz Philip geht besonders gern auf Schwarzwildjagd in Deutschland auf den Gütern seiner Freunde”, so stands im Independent. . Er und Prinz Charles sollen bei einer solchen Gelegenheit an einem einzigen Tag fünfzig Wildschweine weggemetzelt haben.
Was die königlichen Nachwuchsschützen betrifft beklagte ihre verstorbene Mutter Diana, dass ihre Söhne “so versessen seien aufs Töten”.
“Sie sind nie glücklicher als mit einer Flinte in der Hand”, bemerkte ihre Mutter, riet jedoch, sich nicht mit Waffen ablichten zu lassen.“Ich ermahnte sie”, erzählte sie, “denkt dran, dass es immer Leute in Hochhauswohnungen gibt, die nicht wollen, dass ihr Bambis tötet.”
Dianas Ablehnung von “Blutsportarten” und ihr Engagement gegen Landminen passte nicht so recht in die Gepflogenheiten der Windsors…
Als königliche Zuchtstute fühlte sie sich betrogen und eingesperrt und bezeichnete sich selbst als Gefangene von Wales. Angeekelt von einer Ehe ohne Liebe, musste sie sich immer wieder übergeben, weil ihr speiübel war von einem Ehemann, der sie zurückwies. Sie gebar einen Thronfolger, wie verlangt, und schließlich womöglich ein uneheliches Kind, um ihre angeknackste Selbstachtung zu reparieren. Dann wurde sie abgehört, abermals beleidigt und zurückgewiesen, woraufhin sie aus der Bahn geriet – oder aus ihr gestoßen wurde. Ob ihr Verfolgungswahn begründet war, man weiß es nicht, doch Gerüchte reichen aus, um Panik zu schüren, denn wer die Mächtigen erbost, wie sie es tat, ist in Gefahr. So weist Kronanwalt Mike Mansfield darauf hin, wie praktisch Dianas Unfall war, endete damit doch auch ihre Opposition gegen den Handel mit Landminen.
Opposition gegen Uranmunition – und die auf 6 Milliarden Dollar geschätzten königlichen Anteile an der Uranindustrie – kam erst gar nicht richtig auf.
Dank der Uraninvestoren finden sich nun radioaktive Isotopen auf einem Schießplatz des Verteidigungsministeriums in Dumfries im Fleisch von Würmern, die durch Uranmunition zu Mutanten geworden sind. Würmer sind ein Pfeiler des Ökosystems durch Belüftung des Bodens und indem sie die Nährstoffaufnahme von Pflanzen befördern, mit denen Prinz Charles angeblich gerne redet, auch wenn er nun vielleicht einen Geigerzähler braucht…
Wegen des karzinogenen Gemetzels wird es indes keine Entschuldigung des Palastes geben, sind doch mit Uran gehärtete Granatköpfe, die Beton durchschlagen, ein Exportschlager der Waffenschmiede Royal Ordnance. Die Uranmunition, an deren Produktion das britische Staatsoberhaupt Anteile hält, ist ein “hochmobiler, unterschiedsloser Killer” und wird als “permanenter Bodenkontaminant” bezeichnet, mit einer Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren. Anders als jede Erbmonarchie, wie “historisch” auch immer, verseucht Uranmunition die Umwelt für immer.
Das alles wird kein Thema beim Staatsbesuch sein, die deutschen Medien zelebrieren die Royals mit Pomp, als Pop, mit reichlich königlichem Schmarren.
Die belämmerten Untertanen der Welt winken und winken den Privilegierten in ihren goldenen Käfigen zu. ”Schau nur, die Königin!”, rufen sie atemlos wieder und wieder und sehen die Monstrosität vor ihren Augen nicht. Jene, die im Sternenstaub des Staatsfetischismus baden, stellen sicher, dass sich die Show ächzend weiterschleppt und eine königliche Hochzeit der Farce frisches Leben einhaucht. Wie ein Besuch in Hollywoods Traumfabrik, wo die Zelluloidmarionetten aus dem Lande Tralala, die einem weiteren Imperium Glanz verleihen, vor königlichen Berühmtheiten um die Wette kriechen und vergessen dass die Vereinigten Staaten von der Krone unabhängig sind.
Doch nun fällt den beiden jüngsten Erben von Ritus, Reichtum und Status bald ein Sechstel der Landmasse der Erde zu, ihnen gehört Kanada, Australien und der Rest. Und im Tausch bekommt die Welt ein steifes Lächeln. Die Königin ist die größte Grundeigentümerin der Welt, mit fast 27 000 000 Quadratkilometern weltweit. Ihre mordlustigen Erben werden ihre Besitzungen mehren wollen. Doch ist es höchste Zeit, dass sie jeden Quadratmeter zurückerstatten.
Nun ist es also soweit: Die Russen haben uns den Gashahn zugedreht und wollen ihn so schnell auch nicht wieder aufmachen. Aber unsere Politiker haben ja sicherlich einen genialen Plan, wie wir ohne russisches Gas durch den Winter kommen, nicht wahr? Außerdem: Wie läuft der Krieg in der Ukraine wirklich? Was steckt hinter den Skandalen bei der ARD? Und was gibt’s Neues von Julian Assange? Über all das und mehr berichten Robert Fleischer, Dirk Pohlmann und Mathias Bröckers in Ausgabe #82 des 3. Jahrtausends.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Aber mindestens so viele haben wir schon auf diesem Blog darüber verloren, dass es mit dem Industriestandort Deutschland vorbei ist, wenn er sich von billiger Energie aus Russland abschneidet. Zwar behauptet der Minister für De-Industrialisierung, Robert Habeck, dass die “Speicher gefüllt” wären und wir “über den Winter” kommen würden, was möglicherweise auch so kommen könnte. Aber im Frühjahr wird es ja nicht besser, und im dann kommenden Winter genauso wenig wie im Jahr darauf und in absehbarer Zukunft. Schon müssen die ersten Betriebe schließen – kleine Bäckereien ebenso wie große Aluminiumhütten – weil astronomische Energiekosten die Produktion unrentabel machen. Und weil seit Freitag auch “Nordstream 1” wegen einer weiteren defekten Turbine dicht ist, wird es jetzt richtig finster. Schon im März hatte BASF – der größte Chemistandort in Europa -angekündigt, dass bei einem Ausfall von russischen Gas die Produktion eingestellt werden muss und der Verlust von 100.000 Arbeitsplätzen droht (Notizen *12). Noch ein paar “Entlastungspakete” und ein bisschen Trinkgeld für Rentner und Studenten können Kriegskanzler Olaf dann nicht mehr helfen. Wenn nichts nachkommt sind die Speicher in zwei Monaten leer, weil das, was statt Russengas angeschippert werden soll (aus USA, Norwegen, Katar), bei Weitem nicht ausreicht. Und spätestens dann wird die Regierung vor der entscheidenden Frage stehen: Kniefall in Moskau, samt Entschuldigung für die verfehlte Sanktions,- und Kriegsbeteiligung und der Bitte um Belieferung via Nordstream 1 & 2 – oder den Industriestandort Deutschland, d.h. die “Wirtschaftslokomotive” der EU, an die Wand fahren. Also entweder mit Habeck in “dienender Führungsrolle” und Annalena “Egal was meine deutschen Wähler denken” Baerbock für die USA und ihren permanenten Krieg, oder auf den Spuren von Willy Brandt und Egon Bahr für einen “Wandel durch Annäherung” und Frieden mit Russland. Eine solche Initiative könnte das absehbare Debakel vielleicht noch abwenden und erhielte wohl auch Unterstützung aus weiteren EU-Ländern, doch die Scholz-Regierung hat sich mit ihrem Sanktionsimus und Bellizismus in eine Sackgasse manöveriert. An deren Ende aber nicht der versprochene Wendekreis kommt – “nur noch ein kurzes Stück, ein bisschen Sparen, weniger Duschen mehr Waschlappen, dann starten wir wieder durch…” – sondern der Crash. Das Ende des Geschäftsmodells Deutschland, mit billiger Energie aus Russland hochwertige Produkte für die ganze Welt herzustellen. Vorgestern noch Export-Weltmeister, gestern noch viertgrößte globale Wirtschaftsmacht, heute erstmals mit negativer Handelsbilanz, und morgen vom Weltmarkt abgehängte Kolonie des niedergehenden US-Imperiums. So schaut´s aus, wenn Gas aus ist. Und billiges Öl boykottiert wird. Und nachhaltige, erneuerbare Energie erst einen Bruchteil des aktuellen Bedarfs decken und erst in 20-30 Jahren fossile Energieträger ersetzen kann. Und sich Deutschland und Europa von den USA in einen Krieg treiben lassen, der weder militärisch noch wirtschaftlich gewonnen werden kann, weil er von grundlegend falschen Voraussetzungen ausgegangen ist. Nämlich erstens, dass die russische Wirtschaft etwa auf dem Niveau von Italien liegt und Sanktionen in kürzester Zeit zum ökonomischen Zusammenbruch und einem Regierungswechsel führen; und zweitens, dass die von der NATO zur größten europäischen Landstreitmacht hochgerüstete und ausgebildete ukrainische Armee die Donbass-Region und die Krim militärisch erobern könnte. Tatsächlich aber hat sie nicht einmal gegen die zahlenmäßig unterlegegen Truppen der “Speziellen Militäroperation” ein Chance und wird von der russischen Artilleriewalze systematisch zermürbt und zermahlen. Dazu hier ein Interview mit dem Schweizer Militärexperten Jacques Baud – über die irreführende Darstellung in den Medien und das westliche Unverständnis der russischen Kriegsführung. Eine Strategie, die von falschen Grundannahmen ausgeht, kann logischerweise nicht erfolgreich sein…wobei wir hier schon häufiger angemerkt haben, dass es nicht darum geht Kriege “zu gewinnen”, sondern sie permanent zu führen – weshalb die USA was die Ukraine betrifft auch gar kein Kriegsziel haben. Außer: “Russland schwächen” (Verteidigungsminister Austin) – wobei erstens völlig unklar ist, wie weit diese “Schwächung” – mit Fernziel “regime change” – gehen soll; und zweitens nach sechs Monaten deutlich geworden ist, dass es weder wirtschaftlich noch militärisch funktioniert, dass nicht Russland sondern Europa ruiniert wird und dass Zigtausende Ukrainer als Kanonenfutter ums Leben kommen. Also höchste Zeit, die Strategie zu überdenken und auszusteigen, zumindest für diejenigen, die außer den tragisch dahin geopferten Ukrainern als große Verlierer in diesem Spiel feststehen: Deutschland und Europa. Aber das Denken hat man in der Ampel-Regierung mittlerweile ganz offensichtlich eingestellt, was jetzt Vizekanzler und Wirtschaftsminister Habeck bei Maischberger live demonstrierte und offenbarte, dass dem immer noch beliebtesten Minister Deutschlands die wichtigste Eigenschaft eines Politikers – die “Inkompetenzkompesationskompetenz” (Odo von Marquard) – mittlerweile vollkommen abgeht. Sein schwachsinniges Gestammel konnte seine Unfähigkeit nicht überdecken, sondern stellte sie bloß. Bei diesem Führungspersonal fällt einem tatsächlich nur noch Reinhard Mey ein:
“Der Steuermann lügt, der Kapitän ist betrunken Und der Maschinist in dumpfe Lethargie versunken Die Mannschaft, lauter meineidige Halunken Der Funker zu feig um SOS zu funken Klabautermann führt das Narrenschiff Volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff.”
(wird fortgesetzt)
Die bisher erschienen “Notizen” hier Das Buch über die Geschichte und Hintergründe des Ukraine-Kriegs:
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine hat sich meine Morgenlektüre um zwei Quellen erweitert, auf die ich gerne wieder verzichten würde: die militärischen “Briefings” der Verteidigungsministerien aus Kiew und aus Moskau. Weil das, was dort behauptet wird, nicht direkt überprüft werden kann und auch kaum weitere unabhängige Quellen existieren, um die Angaben über Materialverluste, Landgewinne, Tote und Verwundete zu verifizieren – und gleichzeitig klar ist, dass beide Seiten propagandistisch stets zu ihren Gunsten über,- bzw. untertreiben – kann der Wahrheitsgehalt der jeweiligen Behauptungen nicht sofort, sondern wenn überhaupt erst im Nachhinein ermittelt werden. Wer sich im Propagandanebel des Kriegs ein Bild der Realität machen will, muss herausfinden, welche der beiden Parteien weniger lügt.
Meine Einschätzung nach den ersten Tagen, dass die russischen Briefings sachlicher und realitätsnäher sind als die ukrainischen, hat sich seitdem immer wieder bestätigt. Dass ich anfangs vermutete, der Krieg sei in wenigen Wochen erledigt, weil Russland haushoch überlegen ist, war der naiven Vorstellung gefolgt, dass die Russen so Krieg führen wie die Amerikaner und mit ihren Bomberstaffeln einfach alles in Schutt und Asche legen. Dass die “Spezielle Militäroperation” genannte Invasion ein andere Form der Kriegsführung war, stellte sich erst nach und nach heraus, ebenso wie die Finte mit dem Vormarsch Richtung Kiew in den ersten Tagen, von der sich die Russen vielleicht eine schnelle Kapitulation erhofft hatten, die dann nicht kam, ihnen aber auch ermöglichte, im Osten, wo sich der Kern der ukrainischen Armee eingebunkert hat, ihre Artillerie ungestört aufzufahren – und die ukrainische “Maginot-Linien” unter Beschuss zu nehmen. Mit Dauerfeuer, das erst endet, bis aus den jeweiligen Festungen und Stellungen keine Gegenwehr mehr erfolgt. So lässt sich das scheinbar langsame Vorrücken der russischen Streitkräfte erklären, nicht aber, dass auf diese Weise schon über 47.000 russische Soldaten ums Leben gekommen sein sollen, wie Kiew behauptet. Näher an der Wahrheit scheinen mir dagegen die Verlustzahlen der ukrainischen Truppen zu liegen, die laut einem Ende August geleakten Dokument bei 79.000 Toten und 42.000 Verwundeten liegen soll. Der ukrainische General Serhiy Krivonos spricht sogar von “hundertausenden” Toten.
Überprüfen kann ich diese Angaben nicht, wer weniger lügt, kann aber vielleicht ein Blick auf die Landkarte und die Frontlinie zeigen, die sich seit Monaten nicht zugunsten der Ukraine verändert, sondern nur zugunsten der Gebiete unter russischer Kontrolle. Was bei den gigantischen Verlusten der Russen, die Kiew täglich postet, eigentlich völlig unmöglich ist. Genauso unmöglich und bizarr wie die landauf landab kolportierte Behauptung, dass russische Truppen ein von ihnen selbst kontrolliertes Kernkraftwerk beschießen würden. Aber wenn CNN, BBC und “Tagessschau” es melden und melden, muss ja wohl was dran sein. So wie an der seit Wochen angekündigten “Gegenoffensive” der Ukraine, die schon nach zwei Tagen zu einem Desaster führte, was niemanden überraschen kann, der schon einmal “Command & Conquer”, “Starcraft” oder ähnliches gespielt hat: Bunker und geschützte Stellungen lassen sich auch von schwächeren Truppen lange verteidigen, wenn Munition und Versorgung gegeben sind. Wenn es aber zum Angriff auf freiem Feld übergeht, brauchte es mehr Männer und Material, um nicht hoffnungslos verloren zu sein und nieder gemäht zu werden. So wie es jetzt den ukrainischen Angreifern geschah, die aus ihren Stellungen in Städten, Dörfern und Stützpunkten Richtung Kherson hinaus auf die offene Steppe geschickt wurden, was (laut russischen Angaben) 1.700 von ihnen nicht überlebten, ebenso wenig wie Dutzende Panzer, vier Kampfjets sowie viele weitere Fahrzeuge. Immerhin wurden ein paar Dörfer zurückerobert, doch kaum als Erfolg der “Gegegnoffensive” überall gemeldet mussten sie schon wieder aufgegeben werden. Ein zweiter Anlauf endete dann mit 350 toten Soldaten und wiederum Tonnen von zerstörtem Material. Wenn sie sich fragen, welche Strategen es sind, die ihre Truppen derart ins offene Messer laufen lassen – es sind, laut CNN, amerikanische Experten, die diese Gegenoffensive vorbereitet haben. Also dieselben, die gerade von der Barfußtruppe der Taliban aus Afghanistan verjagt wurden. Dazu hatte ich vor einem Jahr schrieben:
“Die Leute sagen, das Pentagon hätte keine Strategie”, sagte der Militär-Stratege und Air-Force-Pilot John Boyd einmal, “aber sie liegen falsch. Das Pentagon hat eine Strategie und die lautet: Unterbreche niemals den Geldfluß, vermehre ihn.” Weil kein 4-Sterne-General und kein Politiker für verlorene Kriege zur Verantwortung gezogen wird, kann auch “Sleepy Joe” Biden, der einen halbwegs geordneten Abzug verschlafen hat, das Chaos in Kabul einfach den “den Afghanen” zuschreiben. Und seine Generäle müssen nach dem nunmehr versiegenden gigantischen Geldfluss im “Great War On Terror” neue Dollarströme generieren.
Dank der russischen “Intervention” in der Ukraine- pardon, so nennt man das nur, wenn USA und NATO militärisch angreifen – dank des russischen “Angriffskriegs”, der seit Dezember 2021 herbei geschrieben und dann mit schweren Angriffen auf die Donbass-Region ab Mitte Februar regelrecht provoziert wurde, fließen die Ströme jetzt reichlicher denn je. Und auch dieses Mal wird kein General, kein Stratege. kein Politiker für irgendetwas zur Verantwortung dafür gezogen: nicht für die Menschen, die zu Tausenden als Kannonenfutter verheizt werden, nicht für die Zerstörungen und das Leid, die der Krieg anrichtet, nicht für die Billionen, die in diesem brutalen Spiel – “Unterbreche niemals den Geldfluss!” – verballert werden. Und wenn auch in der Ukraine, wie in Afghanistan, Irak, Libyen…am Ende nur Gräber, Chaos und Ruinen bleiben, ist dieses schreckliche Gemetzel für die Pentagon-Strategen schon jetzt ein Erfolg. Es geht nicht um Frieden, Freiheit oder Menschenerechte, es geht um Krieg in Permanenz. (wird fortgesetzt)
Die bisher erschienen “Notizen” hier Das Buch über die Geschichte und Hintergründe des Ukraine-Kriegs:
Christian Ströbele ist 83-jährig in seiner Wohnung in Moabit gestorben. Sein Freund und Anwalt Jonny Eisenberg teilte mit: “Er hat selbst entschieden, dass er den langen Leidensweg, den ihm seine Erkrankungen zugemutet hat, nicht mehr fortsetzen wollte und lebenserhaltende Maßnahmen reduziert. Er war bis zuletzt bei vollem Bewusstsein. Nicht der Geist, der Körper wurde ihm zur Qual und hat ihn am 29. August 2022 verlassen.” Weil der Krebs ihn erwischt hatte, wollte er schon 2017 nach fünf Legislaturperioden nicht mehr kandidieren – und seine Pionierleistung, 2002 das erste Direktmandat für die Grünen gewonnen zu haben, nicht wiederholen. Es müsste ihm, der gegen den Kosovo,- und den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr stimmte, auch bei voller Gesundheit schwer fallen, angesichts des radikalen Bruchs der “Grünen” mit jeder Art von Friedenspolitik. Er war einer der wenigen, wenn nicht der einzige prominente Grüne, der sich gegen den Krieg einsetzte und der auch gegen die neoliberalen, anti-sozialen Hartz 4-“Reformen” unter Schröder/Fischer eintrat. Ein demokratischer Sozialist mit Rückgrat. Als die taz, die er entscheidend mit initiiert hatte, 1979 den Betrieb aufnahm, war Ströbele (Foto oben von taz-Fotograf Christian Schulz, 1983) für uns Jungspunde so etwas wie ein Papa – schon deutlich älter, mit einem ordentlichen Beruf als Anwalt und mit Erfahrung vor Gericht und in der Politik. Weil das Abenteuer von ein paar Dutzend Ungelernten jeden Tag eine Zeitung zu produzieren dazu führte, dass sie oft nicht mal zum Essen kamen, brachte Christian bei seinen Besuchen dann oft Paletten mit Joghurt, Käse oder Kuchen mit. Und setzte sich als gelernter Anti-Imperialist zum Beispiel dafür ein, dass die taz mit der Kampagne “Waffen für El Salvador” die dortige FMLN-Guerilla unterstützt. Die im taz-Kollektiv schwer umstrittene Kampagne kam nur mit knapper Mehrheit durch und brachte am Ende 4,7 Millionen Mark ein, von denen die ersten beiden Raten vom Kollegen Thomas Schmid via Schönefeld (DDR) -Kuba- Nicaragua in Aldi-Plastiktüten den Commandantes direkt zugestellt wurden. Ich stimmte damals mit Ströbele für diese Waffengeld-Sammlung, eine indigene Guerilla gegen ein CIA-gesteuertes, brutales Militärregime zu unterstützen, das sogar harmlose Würdenträger wie den Erzbischof Romero klatblütig ermordet, schien mir notwendig und recht. So wie mir die aktuellen Waffenlieferungen an die Ukraine absolut unnötig und unrecht scheinen. Denn anders als bei der FMLN haben wir es hier nicht mit einer Guerilla “von unten” zu tun, sondern mit einer “von oben” durch die NATO acht Jahre lang zur größten Landstreitmacht Europas aufgebauten Armee zu tun. Darüber hätte ich jetzt gerne nochmal mit ihm geredet und vielleicht auch gestritten, wie vor 20 Jahren etwa über 9/11 oder immer wieder mal über den traurigen Niedergang der Grünen. Dass sie jetzt zur führenden Kriegspartei in Deutschland pervertiert sind, konnte er nicht verhindern. Er war ein Aufrechter und ein Guter, integer bis in die Haarpsitzen. Ein seltenes Kaliber in der deutschen Politik – Friedenskämpfer und Menschenfreund, einer der letzten seiner Art. Möge er in Frieden ruhen. Der Kampf geht weiter…
Walter van Rossum hat mit Dirk Pohlmann und mir ein Gespräch geführt – und schreibt dazu auf Rubikon: “Hätte die Kalenderuhr nicht gerade sechs Monate geschlagen und somit einen triftigen Grund geliefert, die Kriegstrommeln mal wieder heftig zu schlagen — wir hätten glatt vergessen, dass da ein Krieg tobt, in den die Wertegemeinschaft des Westens tief verstrickt ist. Nur eines ist sicher: Verhandlungen sind ausgeschlossen, und je länger der Krieg dauert, umso weniger wird von der Ukraine übrig bleiben. Es werden zwar seitens des Westens endlos Waffen und Geld in die Ukraine geliefert, und während der fortschreitend wahnsinnige Präsident Volodymyr Selenskyj „den Russen in die Fresse hauen“ will und von der Rückeroberung der Krim faselt, während der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell den russisch-ukrainischen Krieg zu unserem Krieg erklärt und unser Olaf „dem russischen Imperialismus“ einen unerbittlichen Kampf androht, gehen hier allmählich die Lampen und Heizungen aus. Wenn es nicht so schauerlich wäre, dann erlebten wir die größte Groteske der letzten Jahrhunderte. Auf unseren Feldherrenhügeln macht man sich bereit, Russland zu vernichten, doch zuvor braucht man bitte bitte noch ein wenig Gas von den barbarischen Hunnen und vielleicht ein wenig Dünger und Weizen aus der Heimat der Niedertracht.
Fern des Schlachtenlärms zerlegt sich Europa gerade selbst, schier unirritierbar und aufs Äußerste entschlossen. Das alles ist mit Dummheit nicht zu erklären — oder wenigstens nicht nur. Es wird Zeit, die ruinösen Strategien des Westens beim Namen zu nennen. Die alte Welt wird untergehen in diesem kalkulierten Inferno. Wir könnten schon mal damit beginnen, die Ruinen zu begrünen.”
Im Rubikon-Exklusivgespräch diskutiert Walter van Rossum mit den Publizisten Mathias Bröckers und Dirk Pohlmann über den Stand der Dinge zum Ukraine-Krieg.
Dass die deutsche Regierung mit ihrer schwachsinnigen Sanktions,- und Embargopolitik die De-Industrialisierung des Landes betreibt, weil ein Industriestandort ohne billige Energieversorgung nicht konkurrenzfähig produzieren kann, ist für Leser dieser Notizen nichts Neues. Mittlerweile wird darüber auch im Mainstream der Nachrichten berichtet, denn es droht nicht nur ein Exodus der Industrie, sondern – so die Handwerkerinnung Haale Salle in einem offenen Brief an Olaf Scholz – der Ruin des ganzen Landes. Ein Feuilleton-Vogel der FAZ rümpft über den “Pfusch” der Handwerksmeister zwar die Nase, weil die “Textbausteine” von der AfD geliefert sein könnten – hat außer derartiger Kontaktschuld aber keinerlei Argumente zu bieten. Was nicht wundert, denn den Pfusch veranstalten Scholz und Habeck unter Anleitung von Joe Biden und nicht die ostdeutschen Handwerker, die ihn völlig zu Recht beklagen. Und verantwortlich sind nicht sie und ihre Kunden, sondern die Außenpolitik unter Annalena “Russland ruinieren” Baerbock, die Russland im Jahr 2022 einen Exportzuwachs von 38% beschert hat. Einem Dachdecker, der ein undichtes Dach so deckt, dass danach 38% mehr Regen durchkommt, würde man nicht nur Pfusch, sondern völlige Inkompetenz vorwerfen, doch für die Politik gelten solche Qualitätsanforderungen bekanntlich nicht. Weshalb sie einfach weitermachen mit ihrem ruinösen politischen Pfusch, der Deutschland und Europa an die Wand fährt: letzte Woche entsprach der Gaspreis einem Äquaivalent von 410 $ für ein Barrel Öl, die Stromkosten betrugen kosmische 503 Euro pro Mega-Watt-Stunde und damit fünfmal soviel wie vor einem Jahr. Willkommen am Ende des Geschäftsmodells Deutschland, mit billiger Energie aus dem Osten aufwändige Produkte herzustellen und weltweit teuer zu verkaufen.
Im April (Notizen #12) hatte ich über den konservativen russischen Politologen und Philosophen Alexander Dugin geschrieben, den die westlichen Medien zwar gern als “Putins Gehirn” bezeichnen, der aber faktisch keinen Einfluss auf den Kreml oder gar Putin persönlich hat. Weil er nach dem Maidan-Umsturz sofortige Angriffe auf Kiew und die Ukraine forderte, verlor er 2014 seine Professur an der Moskauer Staatsuniversiät. Seitdem macht der polyglotte, anti-liberale Heidegger-Verehrer vor allem im Ausland damit Schlagzeilen, dass am russischen Wesen die Welt und der dekadente Westen genesen könne. In Russland spielt Dugin damit keine wirklich bedeutende Rolle, stand aber schon lange auf der Schwarzen “Myrotvorets”-Liste des ukrainischen Geheimdiensts, sowie auf den Sanktionslisten des Westens. Am Samstag hatte er begleitet von seiner Tochter, der Journalistin Darya Dugina (29) auf einem Fest gesprochen. Sie fuhr danach mit seinem Wagen nach Hause und wurde 20 Kilometer vor Moskau durch eine explodierende Autobombe getötet. Wer für den Terroranschlag, der vermutlich auf ihren Vater gezielt hatte, verantwortlich sein könnte, ist unklar – die Verdächtigen aus russischer Sicht sind Kiews SBU und seine Kuratoren im MI-6 und der CIA. Auf ukrainischer Seite vermutet man einen inner-russischen Fraktionskrieg verschiedener politischer Gruppierungen…. – UPDATE: Laut FSB wurde eine verdächtige Täterin mittlerweile ermittelt, die sich vor einigen Wochen im Haus von Darya Dugina eingemietet und sie beschattet haben soll – und in Verbindung mit den rechtsradikalen Asow-Brigaden steht. Thomas Röper hatte Darja noch zwei Tage vor dem Anschlag getroffen, auch er ist überzeugt, dass die Ukraine hinter dem Anschlag steckt. Der Krieg wird schmutzig. Nach der Drohung mit nuklearem Terror – den Angriffen auf das von Russland kontrollierte Atomkraftwerk bei Zaporizhzhia – ist mit diesem politischen Mord vor den Toren Moskaus eine weitere terroristische Eskalationsstufe erreicht. Auf Facebook fand ich ein Statement von Alexander Dugin:
„Wie Sie alle wissen, wurde meine Tochter Darja Dugina am 20. August auf dem Rückweg vom Festival „Tradition“ in der Nähe von Moskau durch einen Terroranschlag des ukrainischen Nazi-Regimes brutal ermordet. Sie war ein schönes, orthodoxes Mädchen, Patriotin, Kriegsberichterstatterin, Expertin des zentralen Fernsehens und Philosophin. Ihre Auftritte und Reportagen waren stets tiefgründig, informiert und zurückhaltend. Sie hat nie zu Gewalt oder Krieg aufgerufen. Sie war ein aufsteigender Stern am Beginn seines Weges. Russlands Feinde haben sie heimtückisch ermordet…. Aber wir, unser Volk, lassen uns selbst durch so unerträgliche Schläge nicht brechen. Sie wollten unseren Willen mit blutigem Terror gegen die Besten und Schwächsten unter uns unterdrücken. Aber sie werden das nicht schaffen. Unsere Herzen sehnen sich nicht nach bloßer Rache oder Vergeltung. Das ist zu kleinlich, das ist nicht russisch. Wir wollen nur unseren Sieg. Meine Tochter hat ihr jungfräuliches Leben auf seinen Altar gelegt. Also siegt bitte! Wir wollten sie zu einem klugen Mädchen und einer Heldin erziehen. Möge sie die Söhne unseres Vaterlandes auch jetzt noch zu großen Taten inspirieren. Der Abschied von Darja Dugina (Platonowa), eine zivile Trauerfeier, findet am 23. August um 10 Uhr morgens im Ostankino-Fernsehzentrum statt.”
Dass der Mord an der jungen Journalistin von Seiten Kiews mit Gesten der Häme und im Westen eher achselzuckend wahrgenommen wird, weil ihr Vater ideologisch auf der falschen Seite steht, scheint mir ein weiteres Zeichen für die Verrohung des geistigen Klimas, für das intellektuelle Abgleiten in dumpfe Freund/Feind-Schemen und manichäisches Gut/Böse-Denken, für eine “Zeitenwende”, die in den Krieg führt. Dazu hatte ich unlängst nicht nur noch einmal bei meinem Hausheiligen Karl Kraus nachgeschlagen, um mir zur letzten “Zeitenwende” am Beginn des 20. Jahrhunderts ein Bild zu machen, sondern auch die Erinnerungen von Stefan Zweig (“Die Welt von gestern”) gelesen, der von dem europäischen “Klimawandel” in Kultur, Politik und öffentlicher Debatte am Kriegsbeginn 1914 erzählt. Als es “unmöglich” wurde….
“…mit irgendwem ein vernünftiges Gespräch zu führen. Die Friedlichsten, die Gutmütigsten, waren von der Blutrunst wie betrunken. Freunde, die ich immer als entschiedene Individualisten und sogar als geistige Anarchisten kannte, hatten sich über Nacht in fanatische Patrioten verwandelt und aus Patrioten in unersättliche Annexionisten. (Es ging damals um die “Einverleibung” Serbiens, MB) Jedes Gespräch endete in dummen Phrasen: “Wer nicht hassen kann, kann auch nicht richtig lieben.” und falschen Verdächtigungen. Kameraden, mit denen ich seit Jahren nie einen Streit gehabt hatte, beschuldigten mich ganz grob, ich sei kein Östereicher mehr, ich solle doch hinübergehen, nach Frankreich oder Belgien…”
Nicht nur wegen diesen Passage, die ich mir angestrichen hatte, kam mir die Lektüre wie ein Flashback aus der heutigen “Zeitenwende” vor, in der selbst die vermeintlich besten Köpfe, von der Killervirus-Panik offenbar weich gekocht, sich unumwunden für den Krieg gegen “Killer-Russen” begeistern. Und jeden, der da nicht mitzieht und widerspricht, als Kremlpropagandisten beschuldigt. Der Wiener Psychiater und Autor Ralph Bonelli ist jetzt an denselben Passagen in Stefan Zweigs Erinnerungen hängen geblieben und hat ein Video dazu gemacht: “Es wiederholt sich”.
(wird fortgesetzt)
Die bisher erschienen “Notizen” hier Das Buch über die Geschichte und Hintergründe des Ukraine-Kriegs:
Der EU-Kriegsdiplomat Joseph Borell, der in der Ukraine “auf dem Schlachtfeld” gewinnen will, hat ein Problem: “Wir müssen unseren Bürgern erklären, dass dies nicht der Krieg eines anderen ist”, sagte er in einem vergangene Woche in El Pais veröffentlichten Interview. “Die Öffentlichkeit muss bereit sein, den Preis für die Unterstützung der Ukraine und für die Bewahrung der Einheit der EU zu zahlen.” Denn: “Wir befinden uns im Krieg. Diese Dinge sind nicht umsonst.”
Mit Letzterem hat Borell sicher recht. Ebenso wie mit dem freimütig geäußerten Bekenntnis: “Wir werden oft für unsere Doppelmoral kritisiert. Aber in der internationalen Politik wird zu einem großen Teil mit zweierlei Maß gemessen. Wir legen nicht für alle Probleme die gleichen Kriterien an”. Okay, das halten wir mal fest, für’s Archiv (der “wertebasierten” internationalen Ordnung). Wie Borell den EU-Bürgern aber klar machen will, dass dies ihr Krieg ist und dass sie dafür zu zahlen haben, das wird auch bei großzügiger Auslegung jeglicher Doppelstandards von Tag zu Tag schwieriger. Denn die Bürger zahlen zwar schon reichlich, verstehen aber immer weniger, warum der Krieg in der Ukraine irgend etwas ihnen und mit der “Bewahrung der Einheit der EU” zu hat. Weder die kämpfenden Truppen, noch ihre Kriegsherren in Washington und London beziehungsweise in Moskau sind Mitglieder der Europäischen Union. Für die “Bewahrung der Einheit der EU” sind nicht sie zuständig, sondern die Politik von (ungewählten, aber zuständigen) EU-Bürokraten wie Borell und von der Leyen, die Europa mit ihren Sanktionen in den Ruin treiben und dafür sorgen, dass die ohnehin fragile “Einheit” der EU bald auseinander fällt. Der Winter wird kommen, und dank solidarischem FSK (Frieren, Stinken, Kaltduschen) werden die meisten ihn wohl überleben, aber: Danach wird`s nicht besser. Im Gegenteil. Abgeschnitten von preiswerter Energie aus dem Osten sind die europäischen Industrienationen global nicht mehr konkurrenzfähig und zum ökonomischen Niedergang verurteilt…und werden im worst case zuvor noch zum Opfer von nuklearem Terror, weil das durchgeknallte Regime in Kiew jetzt auf Atomreaktoren feuern lässt, die seit März von den Russen kontrolliert werden. Also alles tut um “den Preis für die Unterstützung der Ukraine” hoch zu treiben.
Dass es bei derart gemeingefährlichem, vermutlich drogeninduziertem Größenwahnsinn höchste Zeit ist, der betreffenden Person den Stecker zu ziehen, scheint jetzt auch seinen Ziehvätern in Washington zu dämmern, wo “Newsweek” nicht mehr umhin kommt, einen Wandel des “Zelensky-Narrativs” festzustellen und den demokratischen Freiheitshelden von gestern als “korrupten Autokraten” zu präsentieren. Dass der Ex-Komiker als Galionsfigur ausgedient hat, hatte sich schon mit der “Vogue”-Homestory vor zwei Wochen angedeutet (Notizen #41). Das “Wall Street Journal” lässt unterdessen Henry Kissinger zu Wort kommen, der schon im Frühjahr das WEF-Forum in Davos mit der Forderung nach Verhandlungen geschockt hatte und nunmehr, wo sich Joe Biden ebenso planlos wie mit Russland auch noch mit China anlegt, schwer besorgt ist. Wenn angesichts militärischer Eskalationsgefahr selbst ein unsterblicher Kriegsverbrecher wie Bloody Henry (99) nervös wird, sollte das allen derzeit amtierenden (Hühner-)Falken und ihren kommentierenden Laptop-Bombern und Sofa-Generälen ernsthaft zu denken geben. Ebenso wie die Einschätzung eines echten Fachmanns mit praktischer Erfahrung sowohl im Krieg wie auch mit War Games, die in der renommierten “Marine Corps Gazette” erschienen ist – und der russischen “Militäroperation” was das Kriegshandwerk betrifft “tiefgehende Anerkennung(profound appreciation)” ausspricht. Ooops? Haben Putins Trolle nun auch das ehrenwerte Organ der US-Marines unterwandert ? Dass sich die russische Kriegsführung durch “Vermeidung von Kollateralschäden” und Schonung von Infrastruktur auszeichnet, dass der Vorstoß auf Kiew eine Finte war, um die Artillerie im Osten zu positionieren, dass deren nahezu unendlicher Nachschub keine Gegenoffensive ermöglicht, sondern die in Bunkern und Befestigungen ausharrenden Truppen unweigerlich zermürben wird….derartige (realistische!) Einschätzungen der Lage, auch wenn sie von erfahrenen Fachleuten kommen – hinter dem Artikel-Pseudonym “Marinus” soll der emeritierte General Paul van Riper stecken – rangieren in den siegestrunkenen Westmedien freilich als defätistische “Kreml-Propaganda” und müssen ignoriert werden. Auch von unserem triumphalistischen Turbinen-Kanzler Scholz, der immer noch keinen “Diktatfrieden” Putins akzeptieren will und eher im WK1-Ludendorff-Stil auf weitere Gemetzel für einen “Siegfrieden” setzt. Bis zum letzten Ukrainer. Und auch wenn der Winter kommt, für den Gazprom heute eine frostige Warnung abgegeben hat: die schon jetzt turmhohen Erdgaspreise, die Ende Juli ein Vielfaches über dem langjährigen Mittel liegen, könnten sich dann von aktuellen 2.500 $ (für 1000 Kubikmeter) auf 4.000 $ erhöhen. Das Foto oben zeigt Olaf Scholz nach dem Schnüren der letzten “Entlastungspakete”, die bei den katastrophalen Folgen seiner “Sanktionspakete” nur einen heißen Tropfen auf den eiskalten Stein darstellten. Bei einer Party am Wochenende kam das Gespräch darauf, dass auch der schönen Schweiz, die ohne Not ihre bewährte Neutralität aufgegeben und sich dem Sanktionszirkus der NATO angeschlossen hat, alsbald Gas,- und Energieknappheit droht…schon hat ein Run auf Brennholz eingesetzt und der Bund verkündet, im Notfall gar die Gas-Transitleitung nach Italien anzuzapfen, was bei den Italienern verständlicherweise auf Unmut stösst. Aber was soll man tun, wenn’s wirklich kalt wird und man nicht heizen kann ? Zum Glück war in der Runde ein erfahrener Angehöriger der Schweizer Armee, die in ihren alpinen Festungen auf solche Kältenotstände vorbereitet sein muss. Seinen Profi-Tipp beim Ausfall von Heizung und Strom bei Minustemperaturen gebe ich gern an die kommenden FSK-Krisenstäbe der deutschen Bundesregierung weiter:”Nachhaltig hilft nur Thermo-Unterwäsche.”
(wird fortgesetzt)
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