Verschwörungstheorie? Aber sicher!

Seit den Terroranschlägen vom 11.September 2001 hat der Begriff “Verschwörungstheorie” eine erstaunliche Karriere gemacht – vom neutralen Ausdruck zum Schimpfwort, vom deskriptiven Begriff für eine auf Indizien und Spuren beruhenden Hypothesenbildung zur diskriminierenden Diskurskeule, vom analytischen Werkzeug zum Tabu. Über  “Mißbrauch und Tabuisierung eines analytischen Werkzeugs nach 9/11” erschien heute ein  Essay auf Telepolis.

Außerdem fragte mich die “Junge Welt”: Was bedeutet der 11. September für Sie?

“Erstmal Staunen, daß schon neun Jahre vergangen sind seit den Anschlägen – und daß die Verbrechen in dieser Zeit noch immer nicht aufgeklärt sind. Da geht das Staunen schon in Kopfschütteln und auch in Zorn über. Und in Entsetzen über den Zustand von Politik und Medien, die uns das Schauermärchen von Osama und den 19 Teppichmessern bis heute als Realität verkaufen.”

Das heißt, Sie setzen sich noch immer mit dem Tag auseinander ?

“Es war ja eher ein Zufall, daß ich mich überhaupt so intensiv damit befaßt habe. Im Sommer 2001 hatte ich mit einem Buch über Verschwörungen und Verschwörungstheorien begonnen, die ich strukturell anhand historischer Beispiele untersuchen wollte. Am 11. September riß mich ein Anruf aus dieser Arbeit und ich schaltete den Fernseher an: Die Türme standen noch, da wurde zum ersten Mal der Name Osama Bin Laden genannt. Blitzschnell wurde er dann vom Verdächtigen zum einzig möglichen Schuldigen. Und mit diesem Paradoxon – ein völlig überraschender, unfaßbarer Anschlag einerseits, aber andererseits zieht man den Täter sofort aus dem Hut – war ich wieder mitten in meinem Thema: Wie mit Verschwörungstheorien Feindbilder und Sündenböcke konstruiert werden und wie solchen Theorien – denen ja per se der definitive Beweis fehlt – in der Praxis immer wieder gern nachgeholfen wurde, mit Aktionen unter falscher Flagge.”

Das ganze Interview hier

Neun Jahre 9/11

Der Jahrestag nähert sich und wie das im leidigen, aber kaum zu ändernden Kalenderjournalismus so ist, gibt es ein bißchen Aufmerksamkeit für ein Thema, das eigentlich nie aus den Schlagzeilen hätte verschwinden dürfen, denn der Massenmord des 11.9.2001 ist bis heute nicht aufgeklärt. Für einen Artikel und ein Interview habe ich jetzt noch einmal die Texte gelesen, die ich in den Tagen danach geschrieben habe. Dass daraus die Serie “The WTC Conspiracy” werden und später ein Buch werden sollte, war weder geplant noch beabsichtigt. Ich hatte im Sommer 2001 begonnen, ein Buch über Verschwörungen und Verschwörungstheorien zu schreiben, die ich strukturell und anhand historischer Beispiele untersuchen wollte. Die Anschläge am 11.9., eine aktuelle Verschwörung, und die sofort aus dem Hut gezogene Theorie (Osama war’s!), lieferten dann sozusagen live und auf freier Wildbahn ein Anschauungsbeispiel dafür, wie Verschwörungstheorien propagandistisch genutzt werden.
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Die Drogenlüge

Im Jahr 1909 wurde das erste Globalisierungsgesetz auf den Weg gebracht: die Prohibtion von Drogen.Ein Jahrhundert später ist dieses Verbot nicht nur sozial- und gesundheitspolitisch gescheitert, sondern unterminiert durch seine Nebenwirkungen die Rechtsordnung und Gesellschaft in vielen Regionen der Welt. Das ist das Thema meines nächsten Buchs, das am 15. September erscheint :  “Die Drogenlüge – Warum Drogenverbote den Terrorismus fördern und Ihrer Gesundheit schaden”.
Im Folgenden ein Auszug aus der Einleitung:

Am Anfang war das Drogendelikt. Eva und Adam nahmen von der verbotenen Pflanze und wurden mit der Vertreibung aus dem Paradies bestraft. Theologen mögen einwenden, dass dies eine allzu profane Deutung des Sündenfalls sei, doch wenn wir die Geschichte aus dem Buch Genesis beim Wort nehmen, kann kein Zweifel daran be stehen, dass es sich bei der verbotenen Frucht um eine psychoaktive, bewusstseinsverändernde Pflanze – eine Droge – handelt. Und ebenso klar ist, dass Eva und Adam über ihre Eigenschaften im Dunkeln gelassen wurden: Die Autorität im Garten Eden hatte die Pflanze verboten, weil ihr Genuss angeblich tödlich sei. Mit dieser noblen Lüge – »nobel«, weil Gott per se nur das Beste für seine Ge- schöpfe im Sinn hat, und »Lüge«, weil es sich um Desinformation handelte – steht und fällt die ganze Dramaturgie der Geschichte. Denn was wäre geschehen, wenn Gott die Paradiesbewohner über »Risiken und Nebenwirkungen« des Präparats vom »Baum der Erkenntnis« sachgemäß aufgeklärt hätte? Eines kann man mit Sicherheit sagen: Der Menschheit wäre viel Ärger erspart geblieben. Vielleicht hätten die beiden es erst einmal Continue reading →