Der durchgeknallte Hefezopf

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Für die taz schrieb ich heute ein Porträt der wahnsinnigen Julia T.:

“Das schaffen nur ausgewiesene Spagatkünstler, sehr trainierte Spreizschrittartisten oder eben Julia T. Erst kündigt sie zünftig an, dem „Bastard“ Wladimir eine Kugel in den Kopf zu jagen, dann seine in der Ukraine lebendenden acht Millionen Russen „mit Atombomben“ zu vernichten, um schließlich in Russland nur noch „verbrannte Erde“ zu hinterlassen. Anschließend behauptet Julia T., das mit den Atombomben sei ihr untergeschoben worden von einem Stimmenimitator in russischen Diensten. Sie habe natürlich gesagt, dass alle Ukrainerinnen und Ukrainer von ihr vereint werden. Schon klar, als ehemalige Vizekanzlerin und Energieministerin hat man natürlich das Wohl des ganzen Landes und besonders seiner Minderheiten stets im Auge. Doch so etwas authentisch in die Kameras sülzen, während die ungefälschte Aufnahme der eigenen Vernichtungsfantasien weltweit kursiert, ist hohe PR-Kunst – nur hochflexible Janusköpfe kriegen so etwas hin, ohne rot zu werden. Julia T. ist eine Meisterin dieses Fachs und als Januskopf mit Hefezopf prädestiniert für allerhöchste Ämter.”

Weiter gehts hier.

Hat Putin Hörner ?

TOPSHOTS-GERMANY-RUSSIA-MERKEL-PUTIN-PROTESTViele Jahre, notierte einst Karl Kraus, habe er damit verbracht,  “den Journalismus und die intellektuelle Korruption, die von ihm ausgeht, mit ganzer Seelenkraft zu verabscheuen.” Wenn man liest, hört und sieht wie derzeit der Coup in Kiew zur “Revolution” hochgejazzt und Moskau als Hort des Bösen dämonisiert wird, kann man diese Abscheu aktuell und mit ebenso tiefer “Seelenkraft” nachvollziehen: “Wie wird die Welt regiert und in den Krieg geführt? Diplomaten belügen Journalisten und glauben es, wenn sie’s lesen.” Und da fragt sich zum Beispiel, wer den “Heute”-Moderator Claus Kleber derart geleimt hat, dass er  das schon im letzten Beitrag verlinkte Interview mit dem aus Russland zurückgekehrte Siemens-Chef wie ein exaltierter Inquisitor führte, der einen vom Leibhaftigen Besessenen verhört. Es fehlte nicht mehr viel bis zu der Frage, ob Putin Hörner hat und es im Kreml nach Schwefel riecht. Auch Frank Schirrmacher, der Kleber in der FAZ abwatschte, zitiert dazu den Pionier der Medienkritik: “Es sei egal, so hatte Karl Kraus als Erster ein Kennzeichen der Massenmedien definiert, ob man eine Operette oder einen Krieg lanciert. Gemeint war: Die dramaturgischen, auf Kunden oder Klicks zielenden Strukturen von Konflikt, Eskalation, Krise und Katastrophe, mit denen man über die Welt redet, verändern die Welt beim Reden.”

Dass ich mir vor Abscheu über das Mediendesaster des Jahrhunderts – die Nicht-Aufklärung von 9/11 – angewöhnt hatte, Journalisten als “Pre$$titutes” zu bezeichnen, war in gewisser Weise ebenfalls der Schule von Karl Kraus geschuldet, der schrieb: “Die Prostitution des Leibes teilt mit dem Journalisten die Fähigkeit, nicht empfinden zu müssen, hat aber vor ihm die Fähigkeit voraus, empfinden zu können.” Und in der Tat scheint die erregte Propaganda-Vorführung des ZDF-“Anchorman” ein Paradebeispiel für das, was sendende und schreibende Laptop-Bomber und Ledercouch-Bellizisten derzeit demonstrieren: intelektuelle Korruption im hochgradigen Bereich und teilnahmslose Kälte für das, was sie anrichten. Als amerikanische Industrielle 1898 einen Anlaß suchten, die Spanier aus Kuba zu vertreiben, schickte der Pressemagnat Hearst seinen Reporter und Zeichner Frederic Remington auf die Insel, um über den angeblichen Aufstand der Rebellen und den dort tobenden Bürgerkrieg zu berichten. Als dieser nichts davon vorfand und kabelte: “Hier ist kein Krieg. Ich möchte wieder zurückkehren”, kam von Hearst die berühmt gewordene Antwort: “Bleiben Sie. Sorgen Sie für die Bilder, ich sorge für den Krieg.”  Diesem Auftrag kommt die Journallie derzeit nahezu flächendeckend nach…

Und niemand erinnert daran, dass die Prussen und die Russen doch direkte Verwandte sind, ein Volk (!), wobei die Russen etwas nördlicher wohnten und die alten Preußen “po” (=unterhalb) von ihnen, weshalb sie die Porussen waren – aber wer weiß das heute noch in Dortmund oder Gladbach ? Hallo Südkurve und Borussen-Fans, hallo Gazprom Schalke 04 ! Beim Lokalderby wäre da nun wirklich eine gemeinsame Choreographie für gute Beziehungen mit Mütterchen Russland und Väterchen Wladimir angebracht. Schon um es der gleichgeschalteten Medien-Operette zu zeigen: unter Verwandten, Nachbarn, Blutsbrüdern ist man sich vielleicht nicht immer einig, aber man führt auf gar keinen Fall Krieg ! Im übrigen wäre ich dafür, England und seiner Geldwaschanlage City of London die EU-Mitgliedschaft zu kündigen und Russland eine Assoziation /Mitgliedschaft anzubieten.

Teile und herrsche

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“In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt,” fasste unlängst Egon Bahr (91), einer der Architekten von  Willy Brandts Ostverträgen, seine jahrzehntelangen Erfahrungen als Außenpolitiker vor einer Schulklasse zusammen. Doch ob die Schüler sich das angesichts der Lage in der Ukraine wirklich merken können, oder ob ihnen dank des Menschenrechts-und Demokratie-Gedröhnes der korporierten Medien nicht doch komplett das Gehirn gewaschen wird, ist fraglich. Es ist doch so schön und simpel, mit Putin als Mann fürs Böse und den USA und ihren Vasallen als den stets Guten – die natürlich NIE eine Eskalation der Ukraine-Krise wollten (und doch Milliarden dafür investierten), die den Völkerrechtsbruch der Krim-Annexion geißeln und so etwas NIE tun würden (obwohl sie vor genau vor 15 Jahren Bomben auf Jugoslawien regnen liessen), die natürlich Neo-Nazis, Alt-Faschisten und Antisemiten NIEMALS akzeptieren werden (und sie doch mit der Putsch-Regierung in Kiew an die Macht brachten und dort halten). Doch solche Zwischentöne bekommen weder diese Schüler noch sonst ein Konsument der Mainstreammedien wirklich zu hören, was sich durchzieht ist die dumpfe Schwarz-Weiß-Dichotomie der Propaganda: das machtbesessesne,  gefräßige, autoritäre Russland als Feind, dem es Einhalt zu gebieten gilt – und der friedfertige, bescheideneWesten als Verteidiger von Demokratie und Menschenrechten. Kriegstreiber ist allein der “Kreml-Herrscher” Putin, während es sich bei den schwer bewaffneten Putschisten die im Parlament von Kiew einen gewählten Präsidenten stürzten, natürlich um “Bürgerrechtler” handelt. Und bei der Oligarchin und Chefin der Regierunspartei Timoschenko um eine lupenreine Demokratin, der die CSU allen Ernstes den Friedensnobelpreis verleihen möchte. Dass sie alle Russen am liebsten mit Atombomben vernichten würde dürfte einer Nominierung jetzt freilich im Wege stehen. Nichts aber scheint der durchkorreographierten Propagandamühle im Wege zu stehen, die Schritt für Schritt und Sanktiönchen für Sanktiönchen die Interventionsgeilheit und damit den Krieg anheizt. Da mögen noch soviele weise alte Fahrensleute zu Vernunft und Zurückhaltung mahnen – wie etwa Peter Scholl-Latour oder Alt-Kanzler Helmut Schmidt  (95) oder der langjährige Außenpolitiker und Staatssekretär Willy Wimmer (CDU) in einem äußerst hörenswertes Gespräch  – gegen die Meute von Pre$$titutes und Politikern, die den Konflikt medial schüren, haben sie keine Chance. Wer die Liste der Journalisten liest, die der CIA-affinen “Atlantikbrücke” nahe stehen, bekommt eine Ahnung, welche Blätter oder Sender  sich hier besonders hervortun. Darunter auch viele “Kollegen” von öffentlich-rechtlichen Anstalten, die – qua Gesetz vom Gebührenzahler finanziert – eigentlich zu einer objektiven Information verpflichtet sind, doch statt  ausgewogener Berichterstattung lieber us-aEconmist-NWOmerikanische Außenpolitik und Propaganda betreiben. Und so kommt es, dass das ZDF schon den lieben Kleinen in seinen Kindernachrichten Volksverhetzung vom Feinsten bietet  – und kriegstreibende Poster wie das letzte Cover des “Economist” in den “heute”-Nachrichten zeigt, wo Claus Kleber derart penetrant den Chefpropagandisten gibt, dass der Siemens-Boss, den er zu seiner Russlandreise befragt, nur noch grinsen kann.

Eine ganz große Koalition aus CDU, SPD und Grünen – deren Vorstandspfeife Özdemir sich eilfertig wieder ein paar transatlantische Bonusmeilen verdiente und Schmidt für sein “Putin-Verständnis” kritisierte – marschiert einig wie nie und Seit an Seit mit dem großen Bruder USA, der NATO und der EU. Guantanamo, Drohenkrieg, NSA…das war gestern, jetzt müssen “Menschenrechte” und “Demokratie” im Osten durchgesetzt werden. Das Doping mit der superbösen Putin-Droge hat zusammengeschweisst, was nicht zusammen gehört: die Interessen Deutschlands und Europas und die der USA, denen es um nichts anderes als um globale Dominanz geht. Die also kein essentielles Interesse an einer guten Nachbarschaft von Europa und Russland haben, sondern an einem schwachen, zerstrittenen Europa und vor allem an einer Schwächung der Großmacht Russland. Dass sie dazu auch bereit sind, den Krieg nach Europa zu tragen, hat der US-geführte Balkankrieg gezeigt, bei dem u.a. die heutige Mafia-Hochburg Kosovo geschaffen und statt eines einigen und starken Jugoslawien ein halbes Dutzend streitender und unselbstständiger Kleinstaaten entstand. Dasselbe blüht jetzt – allen Lippenbekenntnissen zum Trotz – natürlich auch der Ukraine und nachdem der IWF heute die Katze aus dem Sack gelassen hat wird der Unfriede im Land weiter steigen: Voraussetzung für den Zufluss westlicher Milliarden, die das vor dem Staatsbankrott stehende Land dringend benötigt,  ist die Verpflichtung, die Gaspreise für die Bevölkerung um 50 % zu erhöhen. Das hatten sich die friedlich gegen die korrupte Janukowitsch-Regierung auf dem Maidan Protestierenden sicher anders vorgestellt, doch den bezahlten Provokateure und bewaffneten Faschisten, die diese Proteste für einen Putsch nutzten, waren die dahinter stehenden Absichten durchaus klar. Und diese Sturmtruppen werden jetzt auch dafür sorgen, dass die zu erwartenden Proteste gegen die weitere Strangulierung einer ohnehin verarmten Bevölkerung schnell blutig und zu einem Bürgerkrieg werden – und damit den erwünschten Grund zu einer militärischen Intervention liefern. Zuerst für Russland, das angesichts einer Gangsterbraut mit Ausrottungsphantasien als Präsdidentschaftskandidatin dann tatsächlich Grund haben könnte, seine 8 Millionen Landesleute zu schützen – und dann für die US-geführte NATO um weitere “Expansionen” des “neuen Hitlers” zu verhindern. Ich vermute mal, dass Putin nicht in diese Falle tappen wird, weil er sie durchschaut – und statt offen und militärisch ebenso verdeckt und subversiv vorgehen wird wie der Westen, notfalls mit einer eigenen Guerilla-Truppe, die dem “Rechten Sektor” paramilitärisch Paroli bietet. Das wird nicht schön für die Ukraine – und für den Rest der Welt. Zumal Russland natürlich nicht “isoliert” und eine unbedeutende “Regionalmacht” ist, wie Obama auf dem US-EU-Gipfel tönte, denn wie das “wandernde Auge” des Korrespondenten Pepe Escobar richtig feststellt:

“Was das Weiße Haus “die internationale Gemeinschaft” nennt – in etwa die “Haager Erklärung”-G7 plus ein paar europäische Lakaien –, könnte das unmöglich zugeben. Asien, auf der anderen Seite, identifiziert dies eindeutig. Für Beginner: China, Japan und Südkorea identifizieren Russland mit einer steten Versorgung mit Öl und Gas und weiteren Geschäften. Selbst wenn man berücksichtigt, dass Japan und Südkorea im Wesentlichen US-Protektorate sind, könnte nichts in ihren Berechnungen anachronistischer sein als ein westlich provozierter Neuer Kalter Krieg . Asien wird Russland nicht “isolieren” – und Asiaten und Russen wissen das, sosehr, wie das Weiße Haus es leugnet. Pekings Enthaltung beim “Verurteilen” Moskaus ist klassischer Deng Xiaoping-Stil à la “Übe dich in Zurückhaltung“, da China Russlands strategischer Partner ist und beide damit beschäftigt sind, an der Entstehung einer multipolaren Welt zu arbeiten. Von Pekings größter Ablehnung gegenüber US-Farbenstil-”Revolutionen” und Regimewechsel-Operationen sowie den einkreisenden “Schwenk nach Asien“-Operationen ganz zu schweigen.”

Bombenstimmung mit Panzer-Ursel und Bomben-Julia

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Es sieht nicht gut aus für die Ukraine: Russland hat mit dem Anschluss der Krim Fakten geschaffen, und wenn man das Programm der Präsidentschaftskandidatin der Regierungspartei, “Gasprinzessin” Julia Timoschenko, hört – “Verdammte russische Hunde erschießen!” und unsere forsche Panzer-Ursel tönt dass “die NATO nicht nur auf dem Papier besteht” und zur Mobilmachung an den “Außengrenzen” aufruft, scheint doch alles auf weitere Konfrontationen hinauszulaufen.Da die Ukraine pleite ist werden ihr jetzt – bevor irgendwelche Gelder aus dem Westen fliessen – die bitteren Pillen des IWF verabreicht, Proteste gegen diese Strangulierung wird es nicht geben – und wenn doch, ist der “Rechte Sektor” auf den Straßen, um sie abzustellen. Und was ist mit den  8 Millionen in der Ukraine lebenden Russen ? Madame Timoschenko hat da eine Idee: “Die muß man mit Atombomben vernichten.”

Strafverteidiger gegen Prohibition

hupenBeim 38. Strafverteidigertag, der am Sonntag in Dresden zu Ende ging, diskutierten 400 Strafverteidiger, Staatsanwälte, Richter und Rechtsgelehrte über drängende Fragen des Rechts und der Gesetzgebung. Dabei war in diesem Jahr auch das Pro und Contra der Entkriminialisierung illegalisierter Drogen das Thema einer Arbeitsgruppe (an der ich mit einem Referat über “Die Ökonomie des War On Drugs” teilnahm) . Die dort erarbeitete Erklärung (PDF) wurde dann vom Plenum des Strafverteidigertags verabschiedet:

“Bereits der 31. Strafverteidigertag kam 2007 zu folgendem Ergebnis:

Die Prohibition und die repressive Drogen(kriminal)politik – gepaart mit teilweise exorbitanten Strafen – haben nicht zur Lösung der Suchtproblematik beigetragen. Ein – neuer – gesellschaftlicher Diskurs ist erforderlich, um die Grundlage für eine von Vernunft geprägte, pragmatische sowie entkriminalisierende Drogenpolitik zu schaffen.“

Seither mehren sich sehr deutlich Stimmen, die den bisherigen Ansatz des „War on Drugs“ für gescheitert ansehen. Es gibt internationale Entwicklungen, die ganz offiziell eine Abkehr vom Prohibitionsansatz markieren.

In Deutschland hat sich dagegen – jedenfalls auf juristischem Gebiet – wenig bis gar nichts geändert. Immer noch verbringen schwerkranke Menschen wegen ihrer Krankheit viele Jahre in Haftanstalten. Immer noch werden berufliche Existenzen, z.B wegen des Umgangs mit Cannabis, zerstört, obwohl genau dieser Umgang inzwischen eine weitgehende gesellschaftliche Akzeptanz erlangt zu haben scheint. Beiden – den Schwerkranken, wie den Freizeitkonsumenten  – wird das BtMG in keiner Weise gerecht.

Nach wie vor enthält das BtMG Strafandrohungen, die ansonsten für Kapitalstraftaten reserviert sind – obwohl es sich auch dabei teilweise eher um Alltagsverhalten handelt. Dem Grundsatz, Strafrecht als „ultima Ratio“ zu verstehen, entspricht das BtMG damit nicht einmal ansatzweise.
Gleichzeitig dürfen bestehende Probleme im Umgang mit psychoaktiven Stoffen nicht verkannt werden. Das Abstinenzparadigma allerdings und die daraus abgeleitete Prohibition haben sich selbst in dieser Hinsicht nicht als probates Mittel erwiesen.Wenn dann auch noch die Repressionsstrategie immense Summen für eine im Ergebnis wirkungslose Strafverfolgung verschlingt, gleichzeitig Mittel für Forschung und Hilfsprojekte drastisch gekürzt werden, so ist dies nicht länger akzeptabel..
Der Prohibitionsansatz ist deshalb aufzugeben. Er gehört aber mindestens auf den parlamentarischen Prüfstand. Es muss in absehbarer Zeit fundiert darüber diskutiert werden, welcher Reformbedarf besteht. Dass Reformbedarf besteht, kann nicht mehr strittig sein. Ein bloßes „Weiter So!“ darf es daher nicht geben.
Deshalb unterstützt der 38. Strafverteidigertag ausdrücklich – als einen notwendigen ersten Schritt – die Initiative von 120 deutschen Strafrechtsprofessoren, die die Einrichtung einer Enquete-Kommission gefordert hat, da sie die strafrechtliche Drogenprohibition als „gescheitert, sozialschädlich und unökonomisch“ ansieht.”

Kein Euro diesen Faschisten!

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Die Rede zu dieser Landkarte wurde heute im Bundestag gehalten und im Liveticker auf SpOn referiert: “Ex-Minister Hans-Peter Friedrich spricht jetzt im Bundestag und kritisiert Altkanzler Gerhard Schröder scharf. Dieser hatte gesagt, Putin habe “Einkreisungsängste”. Diese Aussage nennt Friedrich “geradezu grotesk”. Putin versuche stattdessen “kaltblütig”, seine Machträume auszuweiten. Wenn Putin nun das Völkerrecht und internationale Abkommen breche, werde der Kreml-Chef das auch in Zukunft tun.”

Logisch, wir sehen ja, wie unverschämt nah er sein Land an unsere Militärbasen heranrückt und wie “kaltblütig” Putin Länder erobert ohne einen einzigen Schuß abzugeben. Während gleichzeitig das neue Regime in Kiew zum Krieg gegen die Krim und zur Visapflicht für alle Russen in der Ukraine aufruft. Die deutschen Medien sind unterdessen weiterhin voll auf der Linie von HP Friedrich und bedienen weiter das Zerrbild des nur blutrünstigen Iwan und der stets friedliebenden NATO, wie ZAPP sauber analysiert hat. Insofern hat man hierzulande eben auch nicht erfahren, dass die neue “Freiheits”-Regierung der Ukraine gleich mal alle russischen Sender abgeschaltet hat, und einen faschistischen  freundlichen Parlamentsabgeordneten (und Mitglied im Auschuß für Pressefreiheit!) mal kurz  mit ein paar Schlägern vorbeischickt, wenn ein ukrainischer Chefredakteur nicht auf Linie einschwenkt. Dieses  Video zeigt, welchen Typen die EU morgen einen Assoziierungsvertrag und Milliarden von Euro in die Hand drücken will.

Was tun ? Die Ukraine war schon gespalten bevor der Konflikt eskalierte und diese Spaltung weiter vorantrieb. Putin war und ist nicht mehr als ein russischer Nationalist, der sein Land vor der hard power der NATO und der soft power westlicher Konzerne und ihrer “NGOs” zu bewahren versucht. Anders als Obama, der von der 0,1%-Elite ins Amt gehievt ist und mit seinen Drohnen und der NSA  jeden Tag das Völkerrecht bricht, hat Putin eine große Mehrheit der gesamten Bevölkerung hinter sich – und anders als USA und NATO betreibt Russland keine globalen Feldzüge, seine “Machträume auszuweiten”. Es sichert sie allenfalls – wie auf der Krim und gegen einen russlandfeindlichen Putsch in der Ukraine, der von EU und NATO mit ihren “Entweder-Oder”- Ultimaten provoziert und von Proxies der nur an Destabilisierung interessierten USA inszeniert wurde. An einem “Haus Europa”, zu dem auch Russland gehört, hat die einzige Weltmacht kein Interesse – ihr geht es  allein um die Schwächung des neben China letzten verbliebenen Hindernisses der totalen globalen Dominanz. Dass man dazu besser einen kleinen Bürgerkrieg entfesselt, als ein gespaltenes Land zu versöhnen, gehört seit Jahrzehnten zum Standardprogramm von US-inszenierten regime changes. Dass sich aber EU und Deutschland willig vor diesen Karren spannen lassen,  und lieber einen Krieg bei und mit ihren direkten Nachbarn entfachen, statt eine eigenständige, ausgleichende Politik zu betreiben, ist fatal. Und einmal mehr scheint Gregor Gysi der einzige Politiker im Bundestag zu sein, der die vernünftigen und friedensbewahrenden Alternativen zu diesem Duckmäusertum aufzeigt:

Die Nazi-Versteher

putin_presidentdNach dem Ende der Sowjetunion entstand im ukrainischen Staatsgebiet die “Autonome Republik Krim”, die Hoheitsrechte in Finanzen, Verwaltung und Recht erhielt und  in ihrer Verfassung von 1998 Ukrainisch, Russisch und Krimtatarisch als Amtssprachen festlegte. Mit dem Referendum vom vergangenen Sonntag stimmten die 1,5 Millionen Wahlberechtigten für einen Anschluß ihrer Republik an die russische Föderation. Ich bin zwar kein wirklicher Völkerrechts-Experte, doch so eindeutig “illegal”, wie dieses Referendum von Politikern und in den Medien bezeichnet wird, scheint es nicht zu sein. Auch der Freistaat Bayern könnte gemäß seiner Verfassung morgen seine Staatsbürger zur Urne rufen und über den Austritt aus der Bundesrepublik abstimmen lassen – in Venedig geschieht das übrigens gerade, weil offenbar viele Venetier keinen Bock mehr auf Italien haben und EU und NATO ihnen auch nicht wirlich geheuer sind. Völkererchtlich ist das in Ordnung – nur erfährt man in den Zeitungen darüber nichts, während gleichzeitig im medialen Dauerfeuer die Wahlbürger der Krim quasi zu Kriminellen gemacht werde, wegen ihres “völkerrechtswidrigen” Votums.

Mit solchen Zweifeln an der Eindeutigkeit des Völkerrechtsbruchs auf der Krim gilt man freilich derzeit gleich als “Putin-Versteher” und macht sich damit der Wehrkraftzersetzung schuldig. Hinweise darauf, dass die Abwahl Janukovitschs nicht demokratisch und rechtsgemäß verlief und das neue Regime entscheidende Posten mit lupenreinen Faschisten besetzt hat, werden als russische Propagandaparolen abgetan. Dass neben der Bevölkerung Kiews auch Nazis auf dem Maidan protestiert haben, wurde hierzulande zumindest gelegentlich noch berichtet, dass die neo-nazistische “Swoboda”-Partei und der para-militärische “Rechte Sektor” jetzt an den Schaltstellen von Armee, Polizei und Justiz sitzen und Typen wie der Swoboda-Chef und NPD-Freund  Oleg Tjagnibok das Sagen haben  –  “Schnappt euch die Gewehre, bekämpft die Russensäue, die Deutschen, die Judenschweine und andere Unarten” ist aus einer seiner Brandreden gegen die “russisch-jüdische Mafia” überliefert – ist aber kein Thema. Es handelt sich, so der allgemeine Tenor und sogar die taz gestern in einem peinlichen Leitartikel auf ihrer Titelseite,  um “vermeintliche Faschisten”.   Wer derzeit kein “Putin-Versteher” sein will muß eben  eine instante Totalerblindung des rechten Auges simulieren und zum “Nazi-Versteher” werden. Weil: Wer Vladimir zum Adolf machen will kann das in Kiew herbeigeputschte Timoschenko/Swoboda-Regime natürlich nicht mit echten Nazis in einen Topf werfen. Es sind nur “vermeintliche”, weil: “unsere” Nazis,  und für “Freiheit” und “Menschenrechte” unterwegs

Obama hat den Präsidenten des Regimes ins Weisse Haus eingeladen – die hiesige SPD hingegen hat Gregor Gysi von gemeinsamen Gesprächen ausgeladen, weil er letzte Woche im Bundestag als einziger in der Ukraine-Debatte eine vernünftige und pragmatische  Rede gehalten hat.  Doch De-Eskalation ist seitens der GroKo und des großen Bruders USA nicht erwünscht weshalb man weiterhin den Nazi-Versteher geben muß und den Kreml als einzigen und alleinigen Hort des Bösen geisseln. Wer aber auf dem Maidan geschossen und damit die Krise entscheidend eskaliert hat,  ist weiterhin nicht Gegenstand von ernsthaften Ermittlungen oder investigativem Journalismus. Je länger sich diese Nicht-Ermittlungen und Nicht-Erwähnungen in den Medien hinziehen, umso klarer wird, dass Russland oder Janukovitsch wohl nichts damit zu tun hatten, denn sonst wäre das längst an der großen Glocke herausgehängt worden. Und umso deutlicher schälen sich die “Opposition” und die CIA als Hauptverdächtige heraus – aber das zu äußern, ist schon mehr als Wehrkraftzersetzung und Putin nur verstehen. Es bedeutet, ihm Recht zu geben und beizupflichten – auch in dem, was er in seiner heutigen Rede zur Krim über die USA, NATO und den Westen sagt:

“Diese folgen nur dem Recht des Stärkeren. Sie glauben, dass nur sie immer im Recht sind.” Egal ob auf dem Balkan, im Irak, Afghanistan oder Libyen – immer habe sich der Westen, so Putin, verhalten “wie es ihm eben passt”. Mit Verweis auf das Kosovo und die westliche Kritik am Krim-Referendum sagte er: “Das sind keine doppelten Standards mehr, das ist schon Zynismus.”

In der Tat. Und auch sein Hinweis an die Deutschen “1990 nicht zu vergessen” ist berechtigt: die Wiedervereinigung verdanken wir dem Versprechen, dass eine Osterweiterung der NATO nicht stattfinden wird. Da dieses Versprechen seitdem permanent und nachhaltig gebrochen wurde – und die Krim seit hunderten von Jahren zu Russland gehört – müßte eine deutsche Regierung nicht nur Verständnis für das russische Verhalten zeigen, sondern an vorderster Front an einer De-Eskalation der Krise arbeiten, statt als Nazi-Versteher und Putin-Basher den Konflikt weiter anzuheizen. Als Deutsche sind wir nicht nur Gorbatschow – der das Krim-Votum gut geheißen hat – sondern allen Russen etwas schuldig!

Zocker unter sich

putin-schachGerade las ich noch in der heutigen Sonntagszeitung, dass Putin verrückt sei, wobei ihm der Autor, ein russischer Theaterwissenschaftler, vor allem ökonomischen Unverstand unterstellte, da kommt eine Meldung, die das Gegenteil zu belegen scheint: er habe den Aktiensturz und den Kursniedergang des Rubel genutzt, und  um günstig Aktien der staatseigenen Monopole aufzukaufen, die von europäischen Investoren panisch auf den Markt geworfen worden seien. Fast 30 %  der Aktien soll Putin so zurückgeholt und Russland in wenigen Tagen um 20 Milliarden Dollar reicher gemacht haben. Während in der Ukraine jetzt die economic hit men des IWF einreiten und vor der Kreditvergabe u.a. verlangen, die Gaspreise drastisch zu erhöhen – auf dass die Bürger, die (neben bezahlten Agenten und Scharfschützen) ja auch auf dem Maidan wirklich protestiert haben, jetzt gefälligstselbst in die Tasche greifen um neben dem maroden Staatshaushalt vor allem die Renditen der  Finanzhaie “internationalen Investoren” zu bedienen. Und natürlich zuläßt, dass die NATO ihre Raketen direkt vor der russischen Haustür aufstellen darf. Das sollten sich die UkrainerInnen aber wirklich drei mal überlegen und sich besinnen, dass ihre Zukunft nicht in der Rolle als Frontlinie und Schlachtfeld einer kommenden Konfrontation liegt, sondern eine neutrale Rolle als Brücke zwischen Russland und dem Westen viel größere Chancen bietet. Um solche Einsichten aber überhaupt zu gewinnen, wäre aber zuallererst eine Mediation der zerstrittenen Volksgruppen und Landesteile notwendig – ohne dass Putin militärisch und die USA mit weiteren Milliarden die Spaltung vorantreiben, mit einem neutralen, unvorbelasteten Vermittler vom Kaliber Kofi Annan, wie es Gregor Gysi letzte Woche im Bundestag anregte.

Während sich im geopolitischen Schach die Zocker nichts schenken und auch vor Gewalt nicht zurückschrecken, endet das Spiel für Deutschlands berühmetsten Zocker im Gefängnis. Weil Uli Hoeneß auf eine Revision verzichtet überschlägt sich ganz Deutschland mit Respektsbekundungen, als ob er noch eine Wahl hätte, das Urteil nicht zu akzeptieren. Der schnelle Prozess, die äußerst lasche Verteidigung und die Akzetanz des Strafmaßes  lassen vielmehr darauf schliessen, dass hier lieber ein Ende mit kleinem Schrecken als der Schrecken weiterer Justizrecherechen gesucht wurde, der möglicherweise noch mehr als “nur” Steuerhinterziehung ans Licht bringen könnte. Der Schweizer “Tagesanzeiger” zitiert Experten im Devisen-Spekulationsgeschäft, die Hoeneß die Kompetenz dazu nicht zutrauen und vermutet: “Die Geschichte mit den Devisengeschäften könnte eine Schutzbehauptung sein, um anderes zu verdecken.”   Dass außer der ebenso manischen wie dilletantischen Order-Flut über diese Zockerkonten auch noch Geldwäsche und Schmiergelder gelaufen sein könnten ist jedenfalls ein naheliegender Verdacht. Vielleicht hat der Patron und Gutmensch Uli Hoeneß seinem FC Bayern noch viel mehr Gutes getan als in den Würdigungen seines Lebenswerks derzeit herausgestellt wird und bewahrt ihn (und den gesamten Profi-Fußball) vor einem noch größeren Skandal.

Unterdessen haben Bewohner der Halbinsel Krim mit großer Mehrheit für den Beitritt zur russischen Föderation gestimmt. Was USA/NATO bei ihren Feldzügen immer versuchen aber selten gelingt – die “hearts and minds” der Bevölkerung zu gewinnen – scheint Putin geschafft zu haben, ohne einen einzigen Schuss abzugeben. Dass die Legalität dieses Referendums völkerrechtlich umstritten ist – wäre die amtierende Regierung in Kiew  illegal ins Amt gekommen (was man nach 72,8 % der Parlamentsstimmen für die Abwahl Janukovichs annehmen kann, denn laut ukrainischer Verfassung wären dazu  75 % notwendig gewesen!), dann wäre das Abspaltungsverlangen der Krim-Bevölkerung keineswegs ein derart eindeutiger Völkerrechtsbruch, wie ihn  die Medien durch die Bank darstellen. Auch hier scheint der Zocker Putin sich durchaus an die Spielregeln gehalten, und sie nicht wie die neue Regierung mit ihrer verfassungswidrigen Selbsternennung gebrochen zu haben. Wenn EU und USA über “verschärfte” Sanktionen beraten sollten sie darauf achten, dass ihnen am Pokertisch alles andere als ein “Verrückter” gegenüber sitzt. Wenn jetzt die ersten Hilfsgelder aus dem Westen an die Ukraine fliessen ist Russland mit ihm Boot – durch einen cleveren Kreditvertrag über 3 Milliarden Dollar der wenige Tage vor dem Putsch geschlossen wurde, fliesst das Geld erstmal nach Moskau. Die “internatonalen Investoren” werden sich mit dem Beutemachen gedulden müssen…

PS: Mein in den letzten Wochen insinuierter Vorwurf einer einseitigen  propagandistischen Berichterstattung der Mainstreammedien in Sachen Ukraine muß ich zurücknehmen: es gibt noch eine Enklave des ausgewogenenen Journalismus: die “Anstalt”: