Während Deutschlands Jungstar Vincent Keymer (18) beim Schach-Worldcup in Aserbaidschan den weltbesten Spieler Magnus Carlsen erstmals in einer klassischen Partie besiegte – am Ende im Schnellschach-Tiebreak das Match dann aber doch verlor – geht es auf dem geopolitischen Schachbrett zur Zeit gar nicht mehr mit “klassischer” Bedenkzeit zu, sondern rapide und schnell wie im Blitzschach. Die halbe Welt steht Schlange, um der BRICS-Gemeinschaft beizutreten, die Handel mit ihren “5-R” -Landeswährungen (Renmibi/Real/Rupie/Rubel/Rand) treiben und an einer gemeinsamen Verrechnungseinheit jenseits des US-Dollars arbeitet und mit der EAEU (Eurasia Economic Union) ökonomisch und mit der SCO (Shanghai Cooperation Organization sicherheitspolitisch kooperiert. Bis vor kurzem kaum vorstellbar formiert sich ein starkes Gegengewicht zur militärischen, ökonomischen und finanziellen Hegemonie der USA, auch wenn eine Alternative zum “Petrodollar” – wie Michael Hudson hier erläutert – nicht von heute auf morgen aus dem Boden gestampft werden kann. Aber der Weg dorthin wird beim BRICS-Gipfel nächste Woche in Südafrika skizziert und angegangen. Mit Gästen aus ganz Afrika, die wie gerade in Niger zunehmend die Schnauze voll haben von ihren alten/neuen Kolonialmächten.
Unterdessen geht es mit Deutschland und der EU weiter bergab: wie die Strategie “Russland ruinieren” mit einem “Sanktions-Paket” nach dem anderen nach hinten losgeht, haben mittlerweile zwar fast alle gemerkt, von den ARD-Faktenverdrehern wird der Irrsinn aber immer noch schöngerechnet. Die Russen bedanken sich jetzt schon bei De-Industrialisierungsminister Robert Habeck für seine großartige Unterstützung, die Russland 2022 nach Kaufkraftparität auf Platz 5 der wirtschaftsstärksten Nationen gehievt hat, vor Deutschland und den anderen EU-Ländern. Für die es, was die ökonomische Zukunft angeht, ebenfalls recht finster aussieht: der neue eiserne Vorhang, den Europa Richtung Osten hochzieht, zeigt Wirkung. Wie es nicht anders zu erwarten war, weil sowohl der wirtschaftliche wie auch der militärische Krieg von völlig falschen Voraussetzungen ausgeht:
“Vorgestern noch Export-Weltmeister, gestern noch viertgrößte globale Wirtschaftsmacht, heute erstmals mit negativer Handelsbilanz, und morgen vom Weltmarkt abgehängte Kolonie des niedergehenden US-Imperiums. So schaut´s aus, wenn Gas aus ist. Und billiges Öl boykottiert wird. Und nachhaltige, erneuerbare Energie erst einen Bruchteil des aktuellen Bedarfs decken und erst in 20-30 Jahren fossile Energieträger ersetzen kann. Und sich Deutschland und Europa von den USA in einen Krieg treiben lassen, der weder militärisch noch wirtschaftlich gewonnen werden kann, weil er von grundlegend falschen Voraussetzungen ausgegangen ist. Nämlich erstens, dass die russische Wirtschaft etwa auf dem Niveau von Italien liegt und Sanktionen in kürzester Zeit zum ökonomischen Zusammenbruch und einem Regierungswechsel führen; und zweitens, dass die von der NATO zur größten europäischen Landstreitmacht hochgerüstete und ausgebildete ukrainische Armee die Donbass-Region und die Krim militärisch erobern könnte.”
So hieß es hier vor einem Jahr über das Ende des Geschäftsmodells Deutschland, mit billiger Energie aus Russland hochwertige Produkte für die ganze Welt herzustellen. Dieser Niedergang ist inzwischen amtlich konstatiert und wird auch von reichlicher Schönfärberei nicht aufzuhalten sein – allein mit Propaganda lässt sich keine Wirtschaft sanieren. Und auch kein Krieg gewinnen, wie es endlich auch den westlichen Mainstreammedien zu dämmern scheint, die von der Sorge umgetrieben werden, dass die Ukraine nicht nur Massen an Menschen und Material, sondern auch die „die Kontrolle über das (westliche) Narrativ“ verliert.
Beim ehemalige Nachrichtenmagazin indes wird weiter sturheil der Endsieg halluziniert, denn “Russland hat in den vergangenen 17 Monaten enorme Niederlagen in der Ukraine erfahren.” So wie die russische Wirtschaft am Boden liegt, weil die Sanktionen wirken, und die Industrie ruiniert ist, weil sie keine Halbleiter mehr haben, und das Militär für seine Raketen schon “Chips aus Waschmaschinen” (U.vd Leyen) ausbauen muss, um weiter Krieg zu führen (oder wie letzte Woche zum Mond zu fliegen), oder so wie wir nach Gepard, Leopard & Co (die gerade bei der Army-2023 in Moskau als Beutestücke ausgestellt sind) jetzt nur noch Taurus-Raketen liefern müssen, um die Schlacht – nun aber wirklich – zu wenden…usw.usf… Je länger die Litanei der Lügen (siehe Notizen*95 ) wird – hier die Fortsetzung – um so weniger haben sie noch mit der Wirklichkeit zu tun. Es ist ein kriminelles, zynisches Illusions-Theater, das täglich hunderte, tausende Menschenleben fordert und mehr mit den blutigen Opferritualen der Frühzeit zu tun hat als mit irgendeiner Form von Zivilisation.
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Zuletzt erschienen:
Mathias Bröckers : Vom Ende der unipolaren Welt, Fifty-Fifty (Oktober 2022), 288 Seiten, 20 Euro
Der internationale Bestseller über die Geschichte und Hintergründe des Ukraine-Kriegs:








