In dem Kapitel über den “Machtwechsel der Räuberbarone” hatten wir schon gesehen, dass mit König Donalds zweitem Amtsantritt nun keineswegs der “Erlöser” auf den Thron zurückgekehrt ist, der alle Probleme zum Wohle aller beseitigen wird. So etwas ist in einer Plutokratie mit demokratischer Fassade, wo die Ultrareichen entscheiden, welche Kandidaten sie im Schaukampf um die Krone nach vorne bringen, schlechterdings auch unmöglich. Weil Donald dieses Mal mit Elon den Ultrareichsten überhaupt im Rücken hatte und man ihm nicht mehr den Zwitscherkanal für direkte Ansprachen an die Untertanen abklemmen konnte, hat er gewonnen. Und ist natürlich seinen Geldgebern verpflichtet, wie es auch seine Vorgänger im exzeptionalistischen Königreich waren und wie es bekanntlich auch schon bei der Erfindung der Demokratie vor 2500 Jahren in Athen ablief, als Aristokraten, Oligarchen und Demokraten gegeneinander standen, die “Demokraten” aber nie ohne den einen oder anderen Oligarchen oder Ultrareichen im Rücken ans Ruder kommen konnten.
Stimmberechtigt waren in Athen ohnehin nur die „freien Männer“, die etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten. Das Szenario jede/r wählt mit kannten die Griechen nur als Alptraum unter dem Begriff „Ochlokratie“: Herrschaft des Pöbels. Doch auch dem reduzierten demos der Wahlberechtigten war nicht wirklich zu trauen: „Die Masse ist in ihren Auffassungen unstet und wetterwendisch, für ihre Fehlleistungen macht sie andere verantwortlich“, befand der Historiker Thukydides und schlug eine Regierungsform die „dem Namen nach eine Demokratie, in Wirklichkeit die Herrschaft des Ersten Mannes“ ist. Der Philosoph Aristoteles plädierte dann für eine „Herrschaft der Angesehenen und Besitzenden“, denn in der Demokratie liege die Gefahr, „dass die Armen, weil sie Mehrheit bildeten, das Vermögen der Reichen unter sich aufteilen“.
Als etwa 2000 Jahre später anno 1787 dann im exzeptionalistischen Königreich, den “Vereinigten Staaten von Amerika”, die erste Demokratie der Neuzeit gegründet wird, formuliert einer der Väter der Verfassung, James Madison, ganz in diesem Sinne: „Die erste Verantwortung der Regierung ist es, die Minderheit der Reichen vor der Mehrheit zu schützen.“
Das ist den Regierungen des exzeptionalistischen Königreichs in den letzten zwei Jahrhunderten so gut gelungen, dass ihr Land zum reichsten und mächtigsten der Erde wurde und auch König Donald agiert ganz in diesem Geist der Verfassungsväter. Und völlig im Rahmen der sogenannten „repräsentativen Demokratie“, die im Sinne von Thukydides und Aristoteles zwar dem Namen nach Demokratie ist, de facto aber eine Oligarchie, die Herrschaft von wenigen Reichen. Aber eben nicht von allen, denn auch wenn alle das Madison-Gesetz unterstützen, sind sich die Oligarchen untereinander keineswegs einig, sondern bilden Bündnisse, Fraktionen und diskrete Bruderschaften um ihre jeweiligen Interessen durchzusetzen.
Als Donald die erste Wahl gewann war deshalb einigen Beobachtern sogleich der im Königreich bekannte “Yankee & Cowboy-War” zwischen den Räuberbaronen der Ostküste und denen des Südens in den Sinn gekommen. Und dass man zum Erkennen der Lage wissen sollte, welche Geldgeber mit welchen Interessen und Ideologien hinter den jeweiligen Protagonisten stehen. Was den “Republikaner” Donald und seine Opponenten von den “Demokraten” in den Wahlkämpfen betrifft, standen ideologisch Nationalismus und Protektionismus gegen Globalismus und offene Grenzen und außenpolitisch eine sich auf Hegemonie in der eigenen Hemisphäre beschränkende “Donroe-Doktrin” gegen die von den sogenannten “Neocons” betriebenen Interventionen und Expansionen in aller Welt. Und damit auch gegen den von ihnen geplanten und begonnen Stellvertreterkrieg mit Russland in der Ukraine, den Donald in seiner ersten Amtszeit mit Raketen und Sanktionen aber brav weiter geführt hatte, weil man dem Außenseiter und “Anfänger” auf dem Thron entsprechende Berater und Minister beiordnen und ihn mit einem Absetzungsverfahren unter Druck setzen konnte. In seiner zweiten Amtszeit frei davon kann Donald jetzt seinen Zielen ungehindert nachgehen, exekutiert königliche Erlasse und Dekrete im Minutentakt und hat das unter “Sleepy Joe” fast eingeschlafene Weiße Haus zu einer geschäftigen Konzernzentrale gemacht.
Noch mehr Furore als DOGE, die von König Donald eingeführte und Chefberater Elon geleitete Kontrolle der Regierungsausgaben, die wie einst ihr Namensvetter in der Oligarchen-Republik Venedig die Ultrareichen unter Kontrolle halten soll, hat in den ersten 50 Tagen seiner Amtszeit nur sein Telefonat mit König Wladimir gemacht, und die daraufhin wieder aufgenommenen diplomatischen Beziehungen zwischen den Königreichen sowie erste Gesprächen über eine Beendigung des Kriegs in der Ukraine.
Doch dass die beiden größten, mit Nuklear-Raketen ausgestatteten Mächte wieder mit einander reden und einen regionalen Konflikt beenden wollen, der zu einem zerstörerischen Weltkrieg eskalieren könnte, ist erstaunlicherweise nicht überall mit Erleichterung aufgenommen worden, sondern vor allem in Europa mit Entsetzen. “Frieden ist gefährlicher als Krieg” verkündete die Regentin Dänemarks und will jetzt dafür sorgen, dass der Krieg unbedingt weiter geht, zusammen mit der “Koalition der Willigen”, die in London zusammengetrommelt wird und für die sämtliche Herolde und Lautsprecher in der Europäischen Union ins Horn blasen. Und Donald als “Verräter” der Ukraine, Europas, der “Demokratie” und der “regelbasierten interationalen Ordnung” porträtieren, weil er ein Kriegsende verhandeln will. Die einst als “Friedensbündnis” gegründete “Europäische Union”, die den permanenten Kriegen unter den Königreichen ein Ende setzten wollte, mutierte gleichsam über Nacht zu einem Kriegsbündnis: wer weiter Nein zum Nuklearkrieg sagt, gilt jetzt als gefährlicher Russlandversteher, wer die orgiastische Verschuldung zur Aufrüstung beklagt als verantwortungsloser Wehrkraftzersetzer, wer verhandeln will als autokratischer Feind der “liberalen Demokratie”.
Diese Bruchstelle zwischen vermeintlichen “Autokraten” (=böse) und vermeintlichen “Liberalen” (= gut) wird in dem Theater über die Verhandlungen, das heißt dem Kampf über die Kontrolle der künftigen “Kolonie” Ukraine deutlich sichtbar: angeführt von den Briten (und ihrer nach wie vor mächtigen “Corporation of London”, dem autonomen “Vatikan” der internationalen Finanzspekulation ) stehen die EU-Krieger (mit Kanada und Australien) auf dem geopolitischen Schachbrett gegen das exzeptionalistische Königreich, das Riesenreich der Russen und die globale Großwerkstatt China.
Die drei Riesen wollen das sinnlose Schlachten in der Ukraine beenden und “Klein-Britannien” hält mit den EU-Zwergen dagegen, Frankreichs “Micron” genannter Mini-Napoleon will sein Dutzend Atomraketen gegen das größte Nukleararsenal der Welt in Anschlag bringen, der kommende deutsche Kanzler und Schwarzfelsen-Bruder Friedrich hat schon gedroht, mit der Wunderwaffe Taurus auf Moskau zu feuern und der deutsche Spionagechef will den Krieg mindestens noch fünf Jahre hinziehen, “um Europa sicherer zu machen”.
Wäre das Ganze ein Comic müsste er “Die spinnen, die Europäer!” heißen, aber es ist Realtragödie, in der täglich Tausende sinnlos ihr Leben verlieren oder verwundet werden und den europäischen Herrschern fällt nichts anderes ein als den Wahnsinn immer weiter zu treiben. Und der Führerin des EU-Politbüros zu folgen, um mit gigantischen Kriegs-Krediten den ganzen Kontinent zu re-militarisieren um (in fünf Jahren?) richtig einsteigen zu können.
Sie sind wirklich irre geworden, die Eurokraten, gehirngewaschen von einer langen Linie der Russophobie haben sie für ihre desaströse Politik nur ein einziges “Argument”: “Die Russen kommen!” – aber auf die Frage “Wieso, weshalb, warum?” keine einzige Antwort. “Gekommen” – bis nach Paris, bis nach Berlin – sind die Russen in der langen Geschichte der Königreiche bekanntlich bisher zwei Mal, doch nicht weil sie irgendetwas holen oder rauben wollten oder auf attraktive Mademoiselles und Fräuleins scharf waren, sondern weil zuvor eine aufgerüstete europäische “Koalition der Willigen” Russland erobern wollte. Die Künste, Mühen und Opfer, sich solcher Rattenplagen zu entledigen und die Biester in ihre heimatlichen Löcher zurück zu jagen, sind tief in der historischen DNA des Landes verankert. Die realitätsblinden und geschichtsdementen EU-Krieger arbeiten unterdessen – “Wer sich seiner Geschichte nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.” – mit Aufrüstung und “Kriegswirtschaft” offensichtlich an einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Diese verdammten Russen kommen nur, wenn man ihnen auf die Pelle rückt…
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Erschienen am 10. Juni 2024
Mathias Bröckers: Inspiration – Konspiration – Evolution. Gesammelte Berichte aus dem Überall, Fifty-Fifty (Juni 2024), 464 Seiten, 30 Euro

















