Eine neue Inquisition

17.12.14 20:36-BildschirmkopieHeute die Fortsetzung des Artikels “Die Königin der Folter” :

“Er würde es jederzeit wieder tun, hatte Ex-Vizepräsident Dick Cheney die Veröffentlichung des Senatsreports über die Foltermethoden der CIA kommentiert, der Bericht sei nichts weiter “als ein Haufen Mist” – und wurde mit diesem zynischen Kommentar seiner Rolle als “Darth Vader” des ehemaligen Bush-Regimes einmal mehr gerecht. Tatsächlich sind nicht diese Untersuchungsergebnisse “Mist”, die unter anderem zeigen, dass die Regierung Anweisungen gab, aus bestimmten Gefangenen Geständnisse über eine Verbindung von “Al Qaida” und Saddam Hussein herauszuholen, um einen Kriegsanlass zu produzieren. “Mist” sind vielmehr die mit Folter-Methoden erpressten Erkenntnisse.

Dies ist schon seit 1631 bekannt, als der Jesuit und Schriftsteller Friedrich Spee seine Kritik der Hexenprozesse “Cautio Criminalis” veröffentlichte und die Frage beantwortete, was von solchen Geständnissen zu halten ist:

Welches sind die Beweise derer, die auf der Folter erpressten Geständnisse für wahr halten? – Auf diese Geständnisse haben alle Gelehrten fast ihre ganze Hexenlehre gegründet, und die Welt hat’s ihnen, wie es scheint, geglaubt. Die Gewalt der Schmerzen erzwingt alles, auch das, was man für Sünde hält, wie lügen und andere in üblen Ruf bringen. Die dann einmal angefangen haben, auf der Folter gegen sich auszusagen, geben später nach der Folter alles zu, was man von ihnen verlangt, damit sie nicht der Unbeständigkeit geziehen werden. […] Und die Kriminalrichter glauben dann diese Possen und bestärken sich in ihrem Tun. Ich aber verlache diese Einfältigkeit.

Da wegen dieser Unzuverlässigkeit schon im alt-testamentarischen jüdischen Recht das Geständnis eines Täters keine Beweiskraft hatte, wurden damals weniger die Verdächtigen, sondern eher die Zeugen gefoltert, um mit diesen Geständnissen externe Beweise für die Schuld des Verdächtigen zu erlangen. Auch die “Heilige Inquisition”, deren Verfahren Friedrich Spee beobachtete, optimierte mit solchen Geständnissen ihre “Quellenlage” und fütterte auf diese Weise ihre Fiktionen von Hexen, Zauberei und Teufeln mit “realen” Beweisen und Dokumenten. Wer die jetzt veröffentlichten Protokolle der Folter von 119 Gefangenen in CIA-Gewahrsam liest, kann den Eindruck bekommen, dass es bei diesen brutalen Verhören eben darum ging: Wie einst auf diesen erfolterten Geständnissen “die Gelehrten fast ihre ganze Hexenlehre gründeten”, so gründete die CIA ihre “Lehre” von Al Qaida – die im 9/11-Report dargelegte Geschichte von Osama Bin Laden und 19 “Hijackern” als Alleintätern und globale Gefahr – fast ausschließlich auf den Geständnissen des “Kronzeugen” Khalid Scheich Mohamed (KSM) beruht.”

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Die Königin der Folter

17.12.14 20:36-BildschirmkopieAm Montag wird – wie hier am 18.12. schon angekündigt – die deutsche Übersetzung des vielleicht wichtigsten politischen Dokuments des Jahres ausgeliefert, der CIA-Folterreport. Hier ein Interview mit dem Herausgeber Wolfgang Nescovic in “Kulturzeit”. Für  Telepolis habe ich dazu einen längeren Beitrag geschrieben, dessen 1. Teil  heute erschienen ist:

“Kaum mehr als vier Wochen nach seiner Publikation in den USA erscheint jetzt der offizielle Bericht des US-Senats zum Internierungs- und Verhörprogramm der CIA jetzt auch in deutscher Sprache. Auch wenn der veröffentlichte CIA-Folterreport nur aus einem Bruchteil des gesamten Berichts mit zahlreichen Schwärzungen besteht, sind die mehr als 600 Seiten das vielleicht wichtigste Dokument des Jahres.Nicht weil die Dokumentation der grausamen Folterpraxis am Image der Vereinigten Staaten kratzt, das sich global betrachtet ohnehin auf historischem Tiefpunkt befindet, sondern weil seine Veröffentlichung zeigt, dass es in der selbst erklärten Bastion der Menschenrechte und Demokratie tatsächlich noch Menschen gibt, die diesen Anspruch ernst nehmen und eine wirksame demokratische Kontrolle geheimdienstlicher Operationen zumindest anmahnen. Wenn diese existiert, dann müsste dieser Bericht Konsequenzen haben und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Wer diese außer Bush, Cheney, Rumsfeld, Tenet et. al. konkret sind, lässt sich trotz der Schwärzungen entschlüsseln – und eine von ihnen ist die “Königin der Folter.”

“Sie hatte eine ungewöhnliche Menge Einfluss bei der CIA. Sie war smart und durchsetzungsfähig. Und ihre Trumpfkarte war, dass sie manchmal Präsident Bush persönlich berichtete”, schrieb Jane Mayer 2008 über eine leitende Managerin der “Alec-Station”, der Bin Laden-Abteilung der CIA. Sie nannte noch nicht den Namen der “großen Rothaarigen mit glänzend rotem Lippenstift”, die nicht nur für die Entführungen und “erweiterten Vernehmungen” zuständig und unter anderem dafür verantwortlich war, dass der deutsche Staatsbürger Khalid el-Masri in ein afghanisches Foltergefängnis verschleppt wurde. Sie war auch schon Teil eben jener CIA-Einheit war, die vor 9/11 dafür sorgte, dass die späteren “Hijacker” Khalid al-Midhar und Nawaf al-Hazmi in San Diego unbehelligt blieben – obwohl al-Midhar seit 1998 auf der Terror-Watchlist stand.”

Weiter  gehts hier:    “Die Königin der Folter”

Ich bin kein Charlie mehr

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Ich war ja  Charlie, aber nachdem ich gesehen habe, wieviele Gewalttäter da mitmachen, bin ich aus dieser Kirche gleich wieder ausgetreten. Nicht aus mangelndem Mitgefühl für die Opfer, nicht aus mangelndem Abscheu vor dem Wahnsinn, mit Maschinengewehren auf Zeichner loszugehen, auch nicht aus einem Hauch von Verständnis für die Motive der Täter – aber dieser “Solidaritäts”-Hype, dieser Brummton der Betroffenheit,  war einfach nicht mehr auszuhalten. Diese ganzen Parasiten, die  auf der Tragödie ihr Süppchen kochen, die “Brennpunkte” mit 5% Nachrichten und 95 % Blabla, die Experten und Leitartikler die davon faseln dass “der Islam” jetzt “ein Problem” hätte (als ob “das Christentum” ein  “Problem” damit hatte, dass George W.Bush verkündete, “Gott” hätte ihm befohlen, “den Irak von der Tyrannei zu befreien”) – kurz: wer da alles und wie mit mir als Charlie für die “Freiheit” und gegen den “Terror” streitet ist mir nicht geheuer, weshalb ich dem grassierenden Charlietum, dem allfälligen Hebdonismus, nach kaum zwei Tagen wieder entsagen mußte. Den überlebenden Mitarbeitern von “Charlie Hebdo” geht es wohl ähnlich: “Wir kotzen im Strahl auf all diese Leute, die auf einmal unsere Freunde sein wollen”, sagt etwa der Zeichner Bernhard Holtrop.

Weil ich auf einer anderen Baustelle ziemlich beschäftigt war, konnte ich den ganzen Merkwürdigkeiten des Falles  – der Identifizierung  der Täter über den im Fluchtauto liegen gebliebenen Ausweis, dem Selbstmord eines ermittelneden Kommissars, die Tatsache, dass die erschossenen Täter den Geheimdiensten zuvor bekannt waren und “überwacht” wurden, dem merkwürdigen Kopfschuss ohne Blut auf den Polizisten  – nicht weiter nachgehen. Fragen scheint es jedenfalls eine Menge zu geben, sie müssen gestellt und beantwortet werden, von den Journalisten und von der Polizei. Nur wenn sie beantwortet werden, wenn die bisher ja nur verdächtigen (und erschossenen), nicht aber wirklich überführten Täter ermittelt, ihre Motive und Hintergründe aufgeklärt sind, kann über angemessene Reaktionen auf diesen Anschlag diskutiert werden. “Vereint gegen den Terror” zu sein, wie die massenhaften “Charlie”-Demos interpretiert wurden, bringt gar nichts,  wenn die Ursachen und die Hintermänner des Terrors im Dunkeln bleiben. Und danach sieht es leider – mal wieder – aus.

“Wer nicht kritisch über die liberale Demokratie reden will, sollte auch über den religiösen Fundamentalismus schweigen” kommentierte Slavoj Žižek die Ereignisse und den “falschen” Konflikt Liberalität vs. Fundamentalismus. Dem kann man nur zustimmen wenn man das ganze aktuelle Geschwalle über “den Islam” zur Kenntnis nimmt. Es geht nicht um Koran vs. Bibel, um Moslems vs. Christen vs. Juden, Religion vs. Aufklärung, Zivilisation vs. Barbarei – es geht um Oben gegen Unten. Es geht um die “liberalen Demokratien”, die Terror vor ihrer Haustür verabscheuen, ihn aber anderswo seit je betrieben haben und betreiben und sich dann wundern, wenn er zurückschlägt; die den radikalen bewaffneten Islamismus herangezüchtet und aufgerüstet haben und mit ihm wie jetzt in Libyen, Syrien und anderswo gemeinsame Sache machen; die sich den “Clash of Civilisations” ausgedacht und in Gang gesetzt haben um nach dem Wegfall des “Kommunismus” einen neuen Weltfeind zu schaffen, der die Rüstungsbudgets sichert. Und einen “war on terror” der niemals aufhört, weil man Terror nicht mit Terror bekämpfen kann und jede Drohne, jede in die Luft gejagte Hochzeitsgesellschaft stets neue Terroristen produziert. Ad infinitum.

FAZ not amused: Volksverhetzung

Da der FAZ-Artikel, der unser Buch als “rassistische Esoterik” bezeichnet mittlerweile auch online zugänglich ist, können Leser  die Komikerqualitäten des Rezensenten Reinhold Veser selbst nachvollziehen. Dass hinter der schrillen Aufegregtheit das Bellen eines betroffenen Hundes steckt, wird schon in der rhetorischen Eingangsfrage ziemlich deutlich: “Wie nennt man es, wenn jemand über die Sprache eines anderen Volkes schreibt, diese sei eine „Neuerfindung“, die „als Bauernsprache keine Worte für die Tiere hat, die nicht auf Feld und Flur leben“? Volksverhetzung?”  Die “rassistische Esoterik” in der Überschrift war ja schon stark, aber jetzt gleich zum Einstieg auch noch Volksverhetzung, zwar mit vorsichtigem Fragezeichen aber doch deutlich insinuiert. Das ist schon toll. Und wäre auch ein ernstzunehmeder Vorwurf, wenn wir uns das mit der “Bauernsprache” ausgedacht hätten, um gegen das Volk der Ukraine zu hetzen. Aber das haben wir nicht. Vielmehr haben wir uns in dem kurzen Abschnitt zur Geschichte der Ukraine und in dem noch kürzeren über die ukranische Sprache auf einen der bekanntesten Söhne der Stadt Kiew, den weltberühmten Schriftsteller Michail Bulgakow gestützt. Hier ist die Passage:

Der in Kiew aufgewachsene Arzt und Schriftsteller Michail Bulgakow beschrieb diese schreckensreichen Jahre in seinem autobiografisch geprägten Roman “Die weiße Garde”, in dem er aus seiner tiefen Abneigung gegen die roten Revolutionäre keinen Hehl macht, den entstehenden ukrainischen Nationalismus aber noch viel furchtbarer findet, vor allem weil er »die russische Bevölkerung terrorisiert mit einer scheußlichen Sprache, die es gar nicht gibt«. In dieser Neuerfindung liegt für Bulgakow die Wurzel des Nationalismus, und schon in seinem ersten Roman erweist sich der spätere Autor von “Der Meister und Margarita” als der satirische Großmeister der Weltliteratur, wenn er die neue Sprachverwirrung mit beißendem Spott beschreibt:
»Vorgestern fragte ich diese Kanaille Doktor Kurizki, der kann seit November vorigen Jahrs plötzlich kein russisch mehr. Früher Kurizki, jetzt ukrainisch Kuryzky. Ich frage ihn also, wie Kater (russisch Kot) auf ukrainisch heißt, das wußte er noch (Kit), aber als ich ihn fragte, wie der Wal (russisch Kit) heißt, glotzt er mich an und schweigt.«
Die Etablierung des Ukrainischen, das nichts anderes als Russisch mit ein paar abgeleiteten Vokalen ist und als Bauernsprache keine Worte für die Tiere hat, die nicht auf Feld und Flur leben, die Einführung dieses Dialekts als Nationalsprache war für den Wortkünstler Bulgakow nicht ein neuer, patriotischer Anfang, sondern ein Rückschritt in einen beschränkten, bornierten Nationalismus. Fast ein Jahrhundert später ist der von Bulgakow thematisierte Sprachenstreit immer noch hochaktuell: Bei einer Debatte über das von Präsident Janukowitschs »Partei der Regionen« eingebrachte Gesetz, dass Minderheitssprachen in den Regionen als zweite Amtssprachen genutzt werden können, flogen noch 2012 im Kiewer Parlament nicht nur schlagkräftige Argumente, sondern auch die Fäuste. (Seite 35)

Aus diesen Sätzen abzuleiten, dass sich Bröckers und Schreyer der Volksverhetzung schuldig gemacht haben, ist schon irre – und funktioniert auch nur, weil die Quelle Bulgakow einfach unterschlagen wird. Dies aber – das aus dem Zusammenhang gerissene, irreführende  Zitieren – kann nicht mehr mit komischer Verrücktheit entschuldigt werden. Es verletzt nicht nur – einem selbst erklärten Qualitätsblatt wie der FAZ eigentlich unwürdig – grundlegende journalistische Regeln, sondern erfüllt auch den Tatbestand der Demagogie. Tut also selbst genau das, was es den Autoren zu Unrecht vorwirft. Und ist einmal mehr ein Beispiel für den Niedergang des Journalismus, den wir in unserem Buch beklagen.

PS.: Was den ukrainischen Nationalismus betrifft hat Regierungschef Jazenuk bei seinem Besuch gerade eine Kostprobe abgeliefert, die an rechtsradikaler  Geschichtsklitterung  kaum zu überbieten ist: “Wir können uns alle sehr gut an die sowjetische Invasion der Ukraine und Deutschlands erinnern.” Wir vermuten mal dass es im Erinnerungskastl von Herrn Veser ähnlich tickt…

SPIEGEL sei Dank: MH-17-Absturz geklärt!

Das Recherchebüro CORRECT!V war mir bis dato nicht aufgefallen, doch es scheint ein Laden zu sein, dessen Namen man sich nicht merken muß. Es arbeitet mit dem “Allgemeen Dagblad” und dem “Spiegel” zusammen – und hat jetzt in den Absturz der MH-17 in der Ukraine geklärt: Putin war’s. Wer sich die ebenso aufwändige wie nichtssagende Bilderstrecke nicht ansehen möchte, kann hier bei Telepolis  eine Zusammenfassung der Recherche lesen.   Die Beweiskette dürftig zu nennen, wäre stark übertrieben – sie ist schlicht lachhaft, wie Telepolis-Leser Merkur 59 in einer kurzen Wortanalyse zeigt:

glaubt

anonym bleibender Luftwaffenexperte versichert

könne sich nur gehandelt haben

könne, müsse, wie schon einmal passiert sei

seien

Wenn das der Fall ist, hätte man

wären hätte müssen

Der Bericht suggeriert, dass dies vielleicht auch deswegen geschehen
sei

wären geworden

könnte es also sein

mit der Möglichkeit, dass dies … sein könnte

Womöglich war sich die Nato aber nicht so sicher

abgefeuert worden sein könnte

will einen Zeugen getroffen haben

—–

Soweit die Sachlage. Fazit: der Russe wars!

 Update: Hier wird die “dichte Beweiskette” sachlich auf Dichtigkeit überprüft: CORRECT!V korrigiert

FAZ not amused: “Rassistische Esoterik”

An Beschimpfungen bin ich ja viel gewohnt, aber “rassistische Esoterik” ist neu. So überschreibt der FAZ-Redakteur Reinhard Veser seine Rezension von “Wir sind die Guten” (FAZ, 6.1.2015, noch nicht online)und der Mann schäumt derart mit heißer Luft, dass es schon eine Freud ist – unfreiwillig komisch.. Hier eine kleine Stellungnahme auf unserer Website zum Buch.

Je Suis Charlie

Die Zeichnung bringt auf den Punkt, was heute in Paris geschehen ist. So unklar noch ist, wer die schreckliche Tat wirklich begangen hat, scheint eine “islamistische” Motivlage ziemlich deutlich zu sein – weshlab sowohl Islamisten als auch Islamhasser, wie der Postillon vermerkt, den Anschlag “ganz großartig” finden. Alle anderen, also alle normalen Menschen, können sich nur traurig und mit Grausen abwenden. Und allen Muslimen, Juden, Christen, Buddhisten, Hindus zurufen: Satire darf alles ! Wer Witze über seinen persönlichen Wunderglauben mit Feuer und Schwert bekämpfen will gehört weggesperrt – auslachen hilft bei solchen Wahnsinningen nicht. Doch so laut wir “Satire darf alles!” und “Jetzt erst recht!” rufen – so deutlich sollte uns diese Zeichnung von Ruben L. Oppenheimer auch mahnen, das schreckliche und noch ungeklärte Verbrechen nicht sofort zu instrumentalisieren und den Fehler zu wiederholen, Terror mit Terror zu bekämpfen.

Update: Pepe Escobar zur Frage Blowback oder False Flag

Further Up On The Road

“2014 könnte interessant werden: 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs, 75 Jahre nach Beginn des Zweiten, 25 Jahre nach dem Mauerfall….und immer noch nix dazugelernt ? Schaun wir mal, wie sich der Kalte Krieg – “böser” Putin (trotz freigelassener Oligarchen,Pussy-Tussis und Snowden-Asyl) vs. “guter” Obama (trotz NSA, Drohenmorden und Guantanamo) weiter entwickelt. ARD, CNN & Co. sind auf jeden Fall durch RT.com zu ergänzen, wie überhaupt  beim Medienkonsum die Sensibilisierung des persönlichen BB (Bullshit & Brainwashing) -Detektors dringender denn je angeraten ist…”

So lautete vor einem Jahr an dieser Stelle die Prognose… und sie lag schon recht gut, denn auf die rhetorische Eingansfrage, ob die Welt noch immer nix dazugelernt kann man heute mit einem eindeutigen “Nö” antworten. Der Krieg zwischen Ost und West ist heiß geworden und hat in der Ukraine schon tausende Menschenleben gefordert. Diese Eskalation – und der permanent im roten Bereich drehende BB-Detektor angesichts der Darbietung dieses Konflikts in den “Leitmedien”- waren  der Grund, warum ich mich Anfang Mai kurzer Hand entschloss, ein Buch darüber zu schreiben. Die Penetranz des Schwarz-Weiß-Films mit dem alleinigen Schurken Putin war ebensowenig auszuhalten wie die völlige Unterschlagung der geschäftlichen und militärischen Agenda von USA/NATO/EU. Weil ich mit Paul Schreyer gleich einen perfekten Ko-Autor fand konnte “Wir sind die Guten” sehr schnell fertigestellt werden  und schon am 1. September erscheinen. Dass es mittlerweile seit 16 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste ist  – obwohl es abgesehen von einer kurzen Erwähnung in der “Süddeutschen”  in den großen Zeitungen nicht rezensiert wurde – spricht nicht nur Bände über den verwahrlosten Zustand der Leitmedien, die eines der meistgelesenen politischen Sachbücher des Jahres einfach ignorieren weil es nicht in ihr Narrativ paßt, sondern auch über den Verlust  an Deutungs,- und Interpretationshoheit, den diese Medien dank des Internets erfahren haben. Um ein Buch, eine Idee, eine Meinung einem großen Publikum bekannt zu machen,  braucht es die Leitartikler und Feuilletons von FAZ bis taz einfach nicht mehr und merkwürdigerweise scheinen es die Journalisten zu sein, die das als Letzte merken  – sie wundern sich immer noch, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung ihre Berichterstattung in Sachen Ukraine als wenig objektiv und einseitig empfindet. Da kommt der Pegida-Schlachtruf “Lügenpresse” – recycelt aus dem PR-Arsenal von Joseph Goebbels – gerade recht, um sich mit spitzen Fingern von diesem “Mob” zu distanzieren – und die nur zu berechtigte Kritik mit dumpfem Rassismus und Rechtsradikalismus zusammenzurühren und als “Verschwörungstheorie” – auch 2014 ein Dauerbrenner in der Liste der Unwortedes Jahres  –  zu entsorgen. Von Selbstkritik und Besserungsbeteuerungen war jedenfalls nach den vernichtenden Umfrageergebnissen in Sachen Medienvertrauen wenig bis nichts zu hören. Es wird also weiter sinken und wir können die BB-Warnung  von vor einem Jahr nur verschärft wiederholen.

Was den neuen Kalten Krieg betrifft, bin ich pessimistisch – nicht nur militärische Aufrüstungsprogramme  auch eine allgemeine geistige Mobilmachung sind im vollen Gange. Die Vereinigten Staaten sind pleite, ihre Staatsschulden haben sich in wenigen Jahren mehr als verdoppelt – wären sie in der EU, die “Pleite-Amis” müßten noch vor den Griechen von der Troika gefeuert werden; zudem haben sie sich mit dem gegen Russland gerichteten Drehen an der Ölpreis-Schraube ins eigene Knie geschossen: die Fracking-Blase – die mit Abermilliarden kreditierte heimische Öl-Exploration – droht zu platzen: wenn der Ölpreis noch länger auf dem aktuellen Niveau von 60 $/Barell verharrt, steht ein neues Finanzdesaster ähnlich der 2008 geplatzten “Housing-Bubble”   ins Haus. Zudem wankt die globale Herrschaft des Petro-Dollar, denn China und Russland haben zum Jahresende begonnen ihre Geschäfte in Landeswährung abzurechnen. Das kommt, nicht nur wegen des 725 Milliarden $  Pipeline-Deals der beiden Länder, einer tektonische Plattenverschiebung im globalen Wirtschaftssystem gleich – die anglo-amerikanische Finanzherrschaft ist ernsthaft angeknackst, wenn Russland und China – der Rohstoffriese und der Wirtschaftsriese, die knapp ein Drittel des globalen BSP generieren –  sich  der Kontrolle durch die westliche Hochfinanz entziehen. Und wie das so ist, wenn Imperien an Einfluß verlieren, bleibt als Lösung nur Krieg – zumal wenn man, wie die USA,  von dem Ziel einer  globalen “Full Spectrum Dominance” nicht lassen will. Dass der nächste Krieg für dieses Ziel in Europa stattfinden müßte und die EU in der Ukraine kräftig mit dabei ist, das Pulverfass dafür scharf zu machen  – was zwar ganz im Sinne der anglo-amerikanischen Strategie, nicht aber im Sinne Europas sein kann – hat in Brüssel offenbar noch niemand gemerkt. Dass dieses Schlafwandeln endlich aufhört – statt wie vor 100 Jahren zum großen Knall zu führen – ist vielleicht der wichtigste politische Wunsch für 2015.

Ansonsten schauen wir – mit Musik  – was uns im neuen Jahr Further Up On The Road erwartet, wir hören noch einmal die alten Begleiter, die uns verlassen haben – Johnny Winter, Jack Bruce, Joe Cocker – vergiessen mit diesen wunderbaren Fingerpickern ein paar Tears in Heaven und beschliessen die kleine Neujahrsansprache mit einem Good Spliff . Danke für die Aufmerksamkeit und alles Gute für’s Neue Jahr.