Es gibt noch viele ehrenwerte Menschen auf der Welt, die gegen Israels mörderischen Besatzungskrieg aufstehen, allerdings nicht in der “Wertegemeinschaft” des Westens, sondern im globalen Süden. Wie im Jemen, wo Millionen protestieren und Sanktionen gegen Israel fordern, was in der “Wertegemeinschaft” der Krokodilstränen auf taube Ohren stößt. Weshalb es die Jemeniten nicht bei Massenprotesten belassen, sondern mit ihrer Huthi-Armee seit Ende letzten Jahres die Zufahrt zum Suez-Kanal für Frachter von und nach Israel blockieren. Nachdem die US-geführte Operation “Wohlstandssicherung” einige Kriegsschiffe in die Region geschickt hat, die Raketen auf vermeintliche Huthi-Stellungen in Jemen gefeuert haben, sind auch amerikanische und britische Schiffe von der Blockade betroffen. Die mit der Koalition der Willigen ebenfalls zum Golf von Aden geschickte Fregatte “Hessen” des Bundesmarine ist bis dato nur durch friendly fire aufgefallen, weil sie eine US-Aufklärungsdrohne abgeschossen hatte, anstatt wie ihre Kollegen die Huthi-Attacken abzuwehren und mit 2-Mio-Dollar-Raketen auf 2000 Dollar-Drohnen zu feuern. Dass ein solche Gurkentruppe die jemenitischen Kämpfer kaum erschrecken kann, wundert nicht. Klar, sie könnten das wunderschöne Sanaa mit ihren Bomben vom Weltkulturerbe auf Parkplatzniveau reduzieren, sie könnten zigtausende Frauen, Kinder und Alte töten, verwunden, verhungern lassen um “den Terror zu besiegen”. Aber mehr können sie nicht. Die Huthis dagegen haben sich acht Jahre lang gegen die amerikanischen Raketen der Saudis und Emirate verteidigt und als sie selbst zum Angriff übergingen, und die riesigen Raffinerien der Nachbarn abfackelten, waren diese schnell zu einem Waffenstillstand bereit. Sie wissen sich zu wehren, sie können kämpfen und haben keine Angst, auch amerikanische und britische Kriegsschiffe zu beschießen. Und das nicht nur im Roten Meer, sondern auch im Indischen Ozean bis hinunter zum Kap der Guten Hoffnung. Diese Ausweitung ihrer Blockade,- und Sanktionsaktivitäten hat der Militärsprecher der Huthis vergangenen Freitag angekündigt und dabei schon von drei durchgeführten Angriffen in dieser Region gesprochen. Der Führer der Ansar-Allah-Bewegung, Mali al-Houthi, sagte: “Wir kündigen an, die Durchfahrt israelischer Schiffe aus dem Indischen Ozean und Südafrika in Richtung Kap der Guten Hoffnung zu verhindern. Die Kräfte im Jemen werden den Kampf zur Unterstützung des palästinensischen Volkes fortsetzen”.
Auch wer wie ich als “Lumpenpazifist” gegen jede militärische Gewaltanwendung ist, kann eigentlich nur den Hut (bzw. Wickelmütze) vor diesen Huthis ziehen. Sie haben keine Panzer, keine Navy, keine Flugzeuge und fordern das US-Imperium mit ihrer Blockade heraus, sie wollen den Krieg in Gaza mit Sanktionen beenden und tun ihr Mögliches, diese auch durchzusetzen. Um nebenbei der Welt zu demonstrieren, um welchen Papiertiger es sich bei NATOstan und “the worlds finest fighting force” (B.Obama) handelt: Gegen wehrlose Länder militärisch übermächtig, doch sobald sich jemand wehrt – überfordert. “Kleiner Wüstenkrieg im Jemen gefällig ? – Kommt nur ran!” scheinen die Huthis zu sagen und zu ahnen, das durchaus riskieren zu können, weil NATOstan außer Bombenteppich und Parkplatzplanierung nichts drauf hat.
Das bringt uns zu einem anderen Kriegsschauplatz, wo diese Überforderung nach zwei Jahren und riesigen Leichenbergen zwar unübersehbar geworden ist, der Westen aber noch immer kein Narrativ für die militärische Niederlage gefunden hat. Stattdessen werden hysterisch letzte Strohhlame (Wunderwaffen) als illusorische game changer gefordert und der offenbar verrückt gewordene französische Präsident Emanuel Macron will jetzt Interventionstruppen schicken und trommelt für eine Koalition der Willigen. Da Russland angekündigt hat, dass jedes teilnehmende Land dadurch zum legitimen Kriegsziel wird, zögern die EU-Länder allerdings, denn die hypersonischen Raketen Russlands sind nicht zu stoppen.
Und so fragt denn auch seit über einer Woche “der Präsident des Russischen Journalistenverbandes, Wladimir Solowjow, alle französischen Zuschauer seiner Fernseh-Talkshow, welche Stadt sie zuerst von den Russen dem Erdboden gleichgemacht sehen wollen: Lyon, Toulouse oder Paris…? “., schreibt Gilbert Doctorow, und weiter: “In gewisser Weise zeigen die nervösen, man könnte auch sagen hysterischen Reden Macrons, dass selbst die schlausten Köpfe im Westen die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Zusammenbruchs der ukrainischen Kriegsanstrengungen und das Hissen der weißen Flagge durch Kiew, wie es der Papst in der vergangenen Woche gefordert hat, erkannt haben.”
Im deutschen Bundestag sind derart schlaue Köpfe rar, dort muss sich der Kanzler, der keine Taurus nach Kiew schicken will, mit dem Oppositionsführer über das schon lange offene Geheimnis streiten, dass die deutschen Marschflugkörper auch mit nuklearen Sprengköpfen ausgestattet werden können. Auch wenn die Bundeswehr selbst nicht über Nuklearbewaffnung verfügt, müssen die Russen jeden herankommenden Taurus für einen potentiellen Atomangriff halten und entsprechend reagieren. Berlin, Paris, London… was hätten wir denn gern, oder gleich alle drei ? Gegen Kinzhal gibt es keine Verteidigung, wie hier seit Jahren immer wieder deutlich gemacht, was nichts anderes heißt, als dass jeder Versuch mit Taurus anzugreifen einem Selbstmordkommando gleichkommt. Würden nur Gaga-Oberst Kiesewetter und Puschen-General Hofreiter samt Strack-Zimmermann hops gehen bei ihrem heiligen Krieg für Rheinmetall wäre das, um im Jargon unserer Bundesluftwaffen-Clowns zu bleiben, keineswegs ein “show stopper”,. Für unsere lieben goldigen Mitmenschen aber “kollateral” ausgesprochen tragisch und katastrophal.
Vor allem für die lieben Kleinen, die nicht wie ich schon im zweiten Schuljahr ( Kubakrise/Atomkriegsgefahr/ Die Russen kommen!) “Duck & Cover” trainiert haben: Wenn die Sirene heult, Ranzen übern Kopf und ducken! Dass bis dato nur unsere amerikanischen Freunde so eine perverse Bombe eingesetzt hatten und der Schulranzen überm Kopf nichts nützt, erfuhr ich erst viel später. Wenn aktuell die Bundesbildungsministerin und der Lehrerverband fordern, Kinder und Jugendliche “auf den Kriegsfall vorzubereiten” sollte man es besser gleich erzählen – und einen Kursus anschließen, warum in Sachen Krieg die beste Vorbereitung immer in seiner Vermeidung besteht…
*
Wenn Sie die Arbeit an diesem Blog unterstützen wollen: kaufen, empfehlen, verschenken Sie meine Bücher. Vielen Dank!
Mathias Bröckers: JFK -Staatsstreich in Amerika, Westend (Oktober 2023), 304 Seiten, 14 Euro
Mathias Bröckers : Vom Ende der unipolaren Welt, Fifty-Fifty (Oktober 2022), 288 Seiten, 20 Euro